Dosierung/AnwendungDa die Ampullen kein Konservierungsmittel enthalten, sind sie nur für einen Patienten zu verwenden (siehe auch «Haltbarkeit»).
Mivacron als Injektion beim Erwachsenen
Mivacurium wird intravenös appliziert. 0,07 mg/kg (0,06–0,09 mg/kg) ist die mittlere Dosis, die benötigt wird, um eine sichtbare Zuckung des Adductor pollicis als Antwort auf eine Stimulation des Nervus ulnaris (ED95) zu unterdrücken.
Folgendes Dosierungsschema wird für die tracheale Intubation empfohlen
I.Eine Dosis von 0,2 mg/kg über mindestens 30 Sekunden appliziert ergibt gute bis sehr gute Verhältnisse zur Trachealintubation innerhalb von 2–2,5 Minuten.
II.Eine Dosis von 0,25 mg/kg appliziert in geteilten Dosen (0,15 mg/kg und 30 Sekunden später 0,1 mg/kg), ergibt gute bis sehr gute Verhältnisse zur Trachealintubation innerhalb von 1,5–2,0 Minuten nach der Injektion der ersten Dosis.
Beim gesunden Erwachsenen liegt der empfohlene Bolus zwischen 0,07 und 0,25 mg/kg (siehe auch Dosierungsempfehlung bei Übergewicht). Die Relaxationsdauer ist dosisabhängig. Dosen von 0,07, 0,15, 0,20 und 0,25 mg/kg ergeben einen klinisch wirksamen Block von ungefähr 13, 16, 20 und 23 Minuten.
Ist eine rasche Injektion von Mivacron erwünscht (5 bis 15 Sekunden), soll eine Dosis von 0,15 mg/kg Körpergewicht nicht überschritten werden. Wenn höhere Dosen verwendet werden, soll die Injektion langsam über 30 bis 60 Sekunden erfolgen, um kardiovaskuläre und kutane Nebenwirkungen zu vermindern.
Ein vollständiger Block kann durch eine Erhaltungsdosis von Mivacron verlängert werden. Unter Narkosebedingungen verabreichte Dosen von 0,1 mg/kg verlängern den klinisch wirksamen Block um je ca. 15 Minuten. In Abständen verabreichte Dosen bewirken keine Kumulation. Die Wirkung von Mivacron wird verstärkt durch eine Isofluran- oder Enfluran-Narkose.
Sobald eine Isofluran-, Sevofluran- oder Enfluran-Narkose eingeleitet ist, sollte die relaxierende Dosis von Mivacron bis zu 25% reduziert werden. Halothan scheint nur eine geringe potenzierende Wirkung auf Mivacurium zu haben, so dass eine Dosisreduktion wahrscheinlich nicht nötig ist.
Hat die Spontanerholung begonnen, ist sie in ungefähr 15 Minuten vollständig. Sie ist unabhängig von der verabreichten Mivacurium-Dosis. Der neuromuskuläre Block kann auch mit einer Standarddosis eines Cholinesterasehemmers rückgängig gemacht werden. Da die Spontanerholung nach Mivacurium rasch ist, ist eine Aufhebung nicht routinemässig nötig. Die Erholungsphase würde sich nur um 5–6 Minuten verkürzen.
Mivacron als Infusion beim Erwachsenen
Es kann auch eine Mivacurium-Infusion verwendet werden, um den neuromuskulären Block aufrechtzuerhalten. Bei den ersten Anzeichen einer Spontanerholung von der relaxierenden Dosis ist eine Infusionsrate von 8–10 µg/kg/min (0,5–0,6 mg/kg/h) zu empfehlen. Die initiale Infusionsrate sollte entsprechend der Antwort auf die periphere Nervenstimulation und klinischen Kriterien angepasst werden. Die Anpassung erfolgt in Zuwachsraten von 1 µg/kg/min (0,06 mg/kg/h). Im Allgemeinen sollte eine Rate für mindestens 3 Minuten beibehalten werden vor der nächsten Anpassung. Im Schnitt wird eine Infusionsrate von 6–7 µg/kg/min den neuromuskulären Block über eine längere Periode zwischen 89% und 99% aufrechterhalten. Während einer ausgewogenen Isofluran- oder Enfluran-Narkose muss eine bis zu 40%ige Reduktion der Infusionsrate in Erwägung gezogen werden. Eine Studie hat gezeigt, dass mit Sevofluran die Mivacurium-Infusionsrate um bis zu 50% reduziert werden sollte. Mit Halothan kann eine geringere Reduktion nötig werden.
Die Spontanerholung nach einer Mivacurium-Infusion ist unabhängig von der Infusionsdauer und vergleichbar mit der Einzeldosierung. Dauerinfusionen mit Mivacurium zeigten keine Tachyphylaxie oder kumulative neuromuskuläre Blockade.
Mivacurium (2 mg/mL) kann unverdünnt verwendet werden. Mivacurium ist mit folgenden Infusionen kompatibel:
Natriumchlorid-Infusion (0,9% w/v), Glucose-Infusion (5% w/v), NaCl (0,18% w/v) + Glucose (4% w/v)-Infusion und Ringer-Laktat für Injektion (USP).
In einer Verdünnung von 0,5 mg/mL ist Mivacurium chemisch und physikalisch stabil für mindestens 48 Stunden bei 30 °C. Da Mivacron jedoch kein Konservierungsmittel enthält, sollte die Verdünnung unmittelbar vor Gebrauch hergestellt und sobald als möglich danach appliziert und nicht verwendete Lösung entsorgt werden.
Spezielle Dosierungsanweisungen
Säuglinge zwischen 2 und 6 Monaten
Bei Säuglingen zwischen 2 und 6 Monaten besitzt Mivacron eine ähnliche ED95 wie bei den Erwachsenen (0,07 mg/kg). Hingegen zeigt Mivacron in dieser Altersgruppe einen schnelleren Wirkungseintritt, eine kürzere klinische Wirkdauer und eine schnellere Spontanerholung. Die empfohlene Bolusdosis, verabreicht über mindestens 15 Sekunden, liegt zwischen 0,1 und 0,15 mg/kg. Während einer Halothannarkose wird mit einer Dosis von 0,15 mg/kg ein klinisch wirksamer neuromuskulärer Block von durchschnittlich 9 Minuten Dauer erreicht.
Zur Trachealintubation wird eine Dosis von 0,15 mg/kg empfohlen. Ungefähr 1,4 Minuten nach Applikation dieser Dosis ist der maximale neuromuskuläre Block erreicht und die Intubation sollte zu diesem Zeitpunkt möglich sein.
Aufgrund der kürzeren Wirkdauer von Mivacron beim Säugling muss die Applikation der Erhaltungsdosis in kürzeren Abständen erfolgen als bei den Erwachsenen. Aufgrund der vorhandenen Daten kann angenommen werden, dass während einer Halothannarkose mit einer Erhaltungsdosis von 0,1 mg/kg ein zusätzlicher klinisch wirksamer Block von ungefähr 7 Minuten Dauer erreicht wird.
Säuglinge zwischen 2 und 6 Monaten benötigen gewöhnlich auch eine höhere Infusionsrate als Erwachsene. Während einer Halothannarkose wird zur Aufrechterhaltung eines neuromuskulären Blockes von 89–99% eine mittlere Infusionsrate von ungefähr 11 µg/kg/min (0,7 mg/kg/h) oder eine Rate von 4–24 µg/kg/min (0,2–1,4 mg/kg/h) benötigt.
Hat die Spontanerholung eingesetzt, dauert es bis zur vollständigen Erholung ungefähr 10 Minuten.
Säuglinge und Kinder zwischen 7 Monaten und 12 Jahren
Bei Säuglingen und Kindern zwischen 7 Monaten und 12 Jahren besitzt Mivacron eine im Vergleich mit den Erwachsenen höhere ED95 (ungefähr 0,1 mg/kg), einen schnelleren Wirkungseintritt, eine kürzere klinische Wirkdauer und eine schnellere Spontanerholung. Die empfohlene Bolusdosis für diese Altersgruppe, verabreicht über mindestens 15 Sekunden, beträgt 0,1–0,2 mg/kg. Wird Mivacron während einer ausgewogenen Opiat- oder Halothannarkose verabreicht, erfolgt nach einer Dosis von 0,2 mg/kg ein klinisch wirksamer neuromuskulärer Block von durchschnittlich 9 Minuten Dauer.
Zur trachealen Intubation wird eine Dosis von 0,2 mg/kg empfohlen. Ungefähr 2 Minuten nach Applikation dieser Dosis ist der maximale neuromuskuläre Block erreicht und die Intubation sollte zu diesem Zeitpunkt möglich sein.
Aufgrund der kürzeren Wirkdauer von Mivacron bei Säuglingen und Kindern muss die Applikation von Repetitionsdosen im Allgemeinen häufiger erfolgen als bei den Erwachsenen. Aufgrund der vorhandenen Daten kann angenommen werden, dass während einer Opiat- oder Halothannarkose mit einer Erhaltungsdosis von 0,1 mg/kg ein zusätzlicher klinisch wirksamer Block von ungefähr 6–9 Minuten Dauer erreicht wird.
Säuglinge und Kinder benötigen gewöhnlich auch eine höhere Infusionsrate als Erwachsene. Bei Säuglingen von 7–23 Monaten wird während einer Halothannarkose zur Aufrechterhaltung eines neuromuskulären Blockes von 89–99% eine mittlere Infusionsrate von ungefähr 11 µg/kg/min (0,7 mg/kg/h) oder eine Rate von 3–26 µg/kg/min (0,2–1,6 mg/kg/h) benötigt. Bei Kindern von 2–12 Jahren liegt die äquivalente mittlere Infusionsrate während einer Opiat- oder Halothannarkose ungefähr im Bereich von 13–14 µg/kg/min (0,8 mg/kg/h) oder bei einer Rate von 5–31 µg/kg/min (0,3–1,9 mg/kg/h).
Der neuromuskuläre Block wird durch Inhalationsanästhetika potenziert. Eine Studie hat gezeigt, dass bei Kindern von 2–12 Jahren die Infusionsrate von Mivacurium um bis zu 70% reduziert werden sollte, wenn gleichzeitig Sevofluran verabreicht wird.
Hat die Spontanerholung eingesetzt, dauert es bis zur vollständigen Erholung ungefähr 10 Minuten.
Neugeborene und Säuglinge unter 2 Monaten
Bis weitere Daten vorliegen, kann Mivacron für Neugeborene und Säuglinge unter 2 Monaten nicht empfohlen werden.
Mivacron bei älteren Patienten
Bei älteren Patienten kann die Anschlagszeit, die Relaxationsdauer und die Erholungsgeschwindigkeit bei einer einzelnen Bolusinjektion von Mivacron im Vergleich zu jungen Patienten um 20–30% verlängert sein. Ältere Patienten können aber auch eine niedrigere Infusionsrate oder kleinere oder weniger häufige Repetitionsdosen brauchen.
Mivacron bei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen
Bei Patienten mit klinisch signifikanten kardiovaskulären Erkrankungen sollte Mivacron mit besonderer Vorsicht angewendet werden (Histaminfreisetzung). Die relaxierende Dosis soll über 60 Sekunden verabreicht werden. Mivacron wurde so mit einer nur geringen hämodynamischen Wirkung bei Herzoperationen verwendet.
Mivacron bei reduzierter Nierenfunktion
Bei Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz ist der klinisch wirksame Block mit 0,15 mg/kg Mivacron um 1,5× länger als bei den Kontrollpatienten.
Aufgrund reduzierter Plasmacholinesterase-Spiegel kann bei Patienten mit akuter oder chronischer Niereninsuffizienz eine Verlängerung und Verstärkung der neuromuskulären Blockade auftreten (vgl. «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Mivacron bei reduzierter Leberfunktion
Bei Patienten mit terminaler Leberfunktion ist der klinisch wirksame Block mit 0,15 mg/kg Mivacron ungefähr 3× länger als bei den Kontrollpatienten. Diese Verlängerung ist bedingt durch eine merkliche Verminderung der Plasmacholinesterase.
Mivacron bei reduzierter Wirksamkeit der Plasmacholinesterase
Mivacron wird durch die Plasmacholinesterase hydrolysiert. Deren Aktivität kann jedoch vermindert sein, wenn eine genetische Veränderung der Plasmacholinesterase besteht, z.B. wenn der Patient heterozygot oder homozygot ist bezüglich des atypischen Plasmacholinesterase-Gens, aber auch bei verschiedenen pathologischen Veränderungen (z.B. Leberinsuffizienz) (vgl. «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen») und bei Kombination mit bestimmten Substanzen (siehe «Interaktionen»).
Die Möglichkeit eines verlängerten neuromuskulären Blockes nach der Mivacron-Anwendung muss in Betracht gezogen werden bei einer reduzierten Aktivität der Plasmacholinesterase. Eine nur geringe Reduktion, d.h. innerhalb von 20% im Bereich der unteren Limite, bedingt keine klinisch signifikante Änderung der Dauer (weitere Informationen über homozygote und heterozygote Patienten, vgl. «Kontraindikationen» und «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Mivacron bei Adipositas
Bei übergewichtigen Patienten (mehr als 30% über Idealgewicht) sollte die relaxierende Dosis nach dem Ideal- und nicht nach dem aktuellen Gewicht berechnet werden.
Überwachen der Mivacron-Dosis
Wie bei allen neuromuskulären Blockern ist auch während der Anwendung von Mivacron die neuromuskuläre Funktion zu überwachen, um die Dosis den individuellen Bedürfnissen anzupassen.
Mit Mivacron wird zu Beginn der Relaxation kein signifikantes Verschwinden des Vierfachreizes (TOF) gesehen. Es ist oft möglich zu intubieren, bevor die TOF-Antwort des Adductor pollicis ganz verschwindet.
Wie bei anderen neuromuskulären Blockern müssen unbedingt vor der Applikation einer Repetitionsdosis Zeichen der Erholung von der vorgängig applizierten Dosis anhand des TOF oder von Muskelbewegungen sichergestellt werden.
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