Dosierung/AnwendungAllgemeine Richtlinien
Die Empfindlichkeit auf Antikoagulantien ist individuell verschieden und kann sich im Verlauf der Behandlung ändern. Daher ist es unerlässlich, die Blutgerinnung fortlaufend zu kontrollieren und die Dosierung entsprechend anzupassen.
Übliche Dosierung
Die Dosierung von Marcoumar ist durch Bestimmung des INR-Wertes (INR= International Normalized Ratio) oder durch einen anderen adäquaten Test (z.B. chromogene Substratmethode) zu überwachen (s. «Kontrolle der Therapie mit Marcoumar»). Die erste Bestimmung muss vor Beginn der Behandlung mit Marcoumar erfolgen.
In Abhängigkeit von der Indikation sind folgende INR-Werte anzustreben:
Indikation
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INR-Richtwerte
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Längere Immobilisation
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2,0–3,0
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Therapie tiefer Venenthrombosen, Lungenembolie und TIA
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2,0–3,0
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Rezidivierende tiefe Venenthrombosen
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2,0–3,0
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Myokardinfarkt (Morbus embolicus)
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2,0-3,0
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Vorhofflimmern
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2,0–3,0
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Herzklappenersatz, mechanisch
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2,0–3,5
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Herzklappenersatz, biologisch
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2,0–3,0
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Es wird empfohlen, je nach Ausgangswert der Gerinnungsparameter, am 1. Behandlungstag 1½ bis 2, evtl. 3 Tabletten (entsprechend 4,5 bis 9 mg Phenprocoumon) und am 2. Behandlungstag 2 Tabletten (entsprechend 6 mg Phenprocoumon) zu verabreichen.
Ab dem dritten bis vierten Tag muss regelmässig der INR-Wert bestimmt werden, um den Reaktionstyp des Patienten festzulegen (Hypo-, Normo-, Hyperreaktion).
·Liegt der INR-Wert niedriger als die angestrebten Richtwerte (s. Tabelle oben), werden täglich 1½ Tabletten Marcoumar (entsprechend 4,5 mg Phenprocoumon) gegeben.
·Liegt der INR-Wert im angestrebten INR-Bereich wird täglich 1 Tablette Marcoumar (entspricht 3 mg Phenprocoumon) gegeben.
·Liegt der INR-Wert höher als der therapeutische Bereich (>3,5) wird täglich ½ Tablette Marcoumar (entsprechend 1,5 mg Phenprocoumon) gegeben. Bei INR-Werten >4,5 soll keine Marcoumar Gabe erfolgen.
Die Fortsetzung der Behandlung erfolgt mit kleineren Gaben von Marcoumar, ½-1½ Tabletten täglich (Erhaltungsdosis).
Sinkt im Verlaufe einer Behandlung mit Marcoumar der Grad der Antikoagulation unter den unteren therapeutischen Grenzwert, empfiehlt es sich, eine Dosisanpassung vorzunehmen und nach zwei Tagen die Gerinnungswerte erneut zu kontrollieren.
Gleichzeitig sollte nach einem Grund für das Absinken des INR-Wertes gesucht werden.
Die gerinnungshemmende Wirkung von Phenprocoumonum setzt mit einer Latenzzeit von 36-72 Stunden ein, bis zur vollen Wirkung ist mit 7 Tagen zu rechnen. Deshalb muss, wenn eine rasche Antikoagulation erforderlich ist, die Therapie mit Heparin/LMH eingeleitet werden.
Postoperative Prophylaxe der tiefen Venen-Thrombose/längere Immobilisation
Bei den meisten thrombosegefährdeten Patienten ist eine 3- bis 4wöchige Prophylaxe mit Marcoumar angezeigt. Die Antikoagulation sollte zumindest solange erfolgen, bis der Patient ausreichend mobil ist. Zu frühes Absetzen vergrössert die Thrombosegefahr.
Nach Geburten sollte Marcoumar vom zweiten oder dritten Tage an gegeben werden, wenn kein erhöhtes Blutungsrisiko besteht.
Akute Thrombose oder bereits bestehende Embolie
Bei akuter Thrombose oder Lungenembolie ist die Einleitung der Antikoagulantientherapie durch Applikation von Heparin unerlässlich. Nach Überwindung der akuten Krankheitsphase - das heisst frühestens nach zwei, in schweren Fällen nach bis zu zehn und mehr Tagen - kann die Behandlung mit Marcoumar weitergeführt werden. Am ersten Übergangstag sollte der Patient neben der unverminderten Menge von Heparin die volle Initialdosis von Marcoumar erhalten, denn Heparin hat keine Nachwirkung, während Marcoumar die bereits erwähnte Latenzzeit bis zum Eintritt des gerinnungshemmenden Effekts aufweist. Während dieser Umstellung ist eine besonders sorgfältige Kontrolle der Gerinnungsverhältnisse notwendig. Die Dauer der Behandlung mit Heparin hängt von der Zeitspanne bis zum Erreichen des erwünschten Grades der Antikoagulation ab. Die Behandlung mit Marcoumar richtet sich nach den klinischen Bedürfnissen; sie kann sich über mehrere Monate, gegebenenfalls Jahre erstrecken, im Sinne einer Prophylaxe.
Therapie vor einer Operation/temporäre Überbrückung mit Heparin
Vorteile und Risiken eines perioperativen Bridgings bei Patienten, die mit Vitamin-K-Antagonisten (oralen Antikoagulanzien) behandelt werden, müssen sorgfältig abgewogen werden. Patienten, die erstmals eine orale Antikoagulationstherapie nach einer Operation erhalten, müssen besonders sorgfältig hinsichtlich eines ausreichenden Schutzes vor perioperativen Thromboembolien und eines akzeptablen Blutungsrisikos überwacht werden. Üblicherweise wird eine Bridging-Therapie mit niedermolekularem Heparin (Dosierung basierend auf dem Risikolevel) durchgeführt, bis sich der INR im therapeutischen Bereich befindet.
Vor einer Operation muss Marcoumar durch ein Antikoagulans mit wesentlich kürzerer Halbwertszeit ersetzt werden. Dazu wird Marcoumar rechtzeitig vor der Operation abgesetzt (ca. 5 bis 10 Tage vor dem Eingriff) und der INR-Wert kontrolliert. Im Anschluss erfolgt eine Heparinisierung, wenn der INR-Wert den therapeutischen Bereich verlässt (INR <2,0).
Die erneute Gabe von Marcoumar - die Umstellung von Heparin auf Marcoumar - kann postoperativ erst durchgeführt werden, wenn die Blutungsgefahr vorbei ist. Am Anfang der Umstellung wird die Heparinisierung beibehalten, d.h. es erfolgt die gleichzeitige Gabe von Marcoumar und Heparin. Heparin wird erst abgesetzt, sobald zwei INR-Werte im Abstand von 24 h im therapeutischen Bereich liegen (INR-Wert ≥2,0). Die INR-Werte werden in dieser Umstellungsphase engmaschig kontrolliert.
Vorgehen bei vergessener Einnahme einer Dosis
Der antikoagulierende Effekt von Marcoumar hält über 24 Stunden an. Sollte der Patient vergessen, Marcoumar zum vorgesehenen Zeitpunkt einzunehmen, sollte die Einnahme am gleichen Tag und so früh wie möglich erfolgen. Der Patient sollte eine ausgelassene Dosis jedoch nicht durch Verdopplung der Dosis am nächsten Tag ersetzen, sondern den behandelnden Arzt oder die Ärztin kontaktieren.
Absetzen der Behandlung
Das Absetzen der Behandlung mit Marcoumar kann ohne langsames Ausschleichen der Dosierung erfolgen.
Kontrolle der Therapie mit Marcoumar
Eine Kontrolle der Wirkung von Marcoumar mittels Messung des INR-Wertes oder eines adäquaten Tests (z.B. chromogene Substratmethode) ist unerlässlich. Die erste Bestimmung erfolgt vor Behandlungsbeginn, die weiteren Kontrollen finden ab dem 3.-4. Tag statt. Bei ausreichender Erfahrung mit der Erhaltungsdosis kann man sich - dank der konstanten Wirkung des Präparates - später auf grössere Intervalle (z.B. eine Bestimmung alle vier Wochen) beschränken, sofern der Zustand des Patienten oder die sonstige Medikation keine abrupte Veränderung erleidet. Häufigere Kontrolle ist erforderlich bei gleichzeitiger Gabe von Arzneimitteln (s. «Interaktionen»), welche die Wirkung oder die Ausscheidung der Antikoagulantien beeinflussen (z.B. Antibiotika, Salizylate).
Für den therapeutischen Bereich gelten die diesbezüglichen Angaben der Bestimmungsmethode beziehungsweise des dazu eingesetzten Thromboplastinreagens.
Antidot: s. «Überdosierung».
Aufhebung der Antikoagulation
Abhängig von der klinischen Symptomatik und den INR-Werten sollte über eine Aufhebung der Antikoagulation entschieden werden. Bei wiederholten, erhöhten INR-Werten mit und ohne Hämorrhagien, sollte die Marcoumar Behandlung kontrolliert werden und die INR-Werte können durch i.v. Gabe von Vitamin K eingestellt werden (s. «Überdosierung»).
Spezielle Dosierungsanweisungen
Patienten mit Leberfunktionsstörungen
Leberfunktionsstörungen haben keinen signifikanten Effekt auf die Phenprocoumon Clearance. Dennoch führen Leberfunktionsstörungen zu einem erhöhten Ansprechen auf Vitamin-K-Antagonisten. Daher sollte eine Dosisreduktion in Erwägung gezogen werden und eine engmaschigere Kontrolle ist erforderlich. Allerdings ist Marcumar aufgrund des erhöhten Blutungsrisikos bei schweren Schäden des Leberparenchyms kontraindiziert (s. «Kontraindikationen», «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Patienten mit Nierenfunktionsstörungen
Nierenfunktionsstörungen haben keinen signifikanten Einfluss auf die Eliminationshalbwertszeit. Da chronische Nierenfunktionsstörungen die Wirkung von Vitamin-K-Antagonisten verstärken, sollte eine Reduktion der Dosis erwogen werden. Eine engmaschigere Kontrolle ist erforderlich. (s. «Pharmakokinetik»).
Ältere Patienten
Ältere Patienten, besonders über 75-Jährige, brauchen in der Regel eine niedrigere Dosierung als jüngere Patienten, um den gleichen INR-Wert zu erreichen.
Kinder und Jugendliche
Die Sicherheit und Wirksamkeit von Marcoumar bei Kindern und Jugendlichen ist nicht gezeigt. Zur Dosierung bei Kindern unter 14 Jahren liegen nur unzureichende Daten vor. Es ist besondere Vorsicht geboten und der INR-Wert sollte häufiger kontrolliert werden.
Art der Anwendung
Die Tabletten unzerkaut mit Flüssigkeit schlucken, nicht vorher auflösen.
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