Zusammensetzung1 Praeparatio sicca enthält: Thiamphenicolum 500 mg resp. 750 mg (ut T.-3-glycinatis hydrochloridum), Excipiens pro vitro.
1 Solvens enthält: Natrii chloridi solutio 9 g/l 5 ml.
Eigenschaften/WirkungenUrfamycine (Thiamphenicol) gehört zur Gruppe der Phenicole. Es ist wirksam gegen die wichtigsten grampositiven und gramnegativen aeroben wie anaeroben Keime sowie Chlamydien, Gardnerella vaginalis, Bacteroides fragilis, Mykoplasmen und Rickettsien (vergleiche in-vitro-Spektrum).
Urfamycine hat eine vorwiegend bakteriostatische Wirkung, zeigt jedoch gegenüber schnellwachsenden Keimen oder bei Harnwegsinfektionen eine bakterizide Wirkung, da im Urin hohe Konzentrationen erreicht werden.
Der Wirkungsmechanismus von Urfamycine basiert auf einer Hemmung der Proteinsynthese der Bakterien.
Das antimikrobielle in-vitro-Spektrum umfasst:
Minimale Hemmkonzentrationen von Thiamphenicol
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MHK90 (µg/ml)
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Empfindliche Keime (MHK <= 0,5-4 µg/ml)
Haemophilus ducrei 0,25
Pneumococci 0,5
N. meningitidis 0,5
H. influenzae 0,5
Mycoplasma pneumoniae 0,5-2
Staph. pyogenes 1
Chlamydia trachomatis 1
Shigella sonnei 2
Neisseria gonorrhoeae 2
Staph. pneumoniae 2
Propionibacterium species 2-4
Fusobacterium species 4
Gardnerella vaginalis 4
Streptococci 4
Mässig empfindliche Keime (MHK = 8-64 µg/ml)
Bacteroides species 2-8
Clostridium species 2-8
S. typhi 8
Staphylococcus aureus 8-32
E. coli 32
Enterococci 32
Citrobacter 64
Salmonella 64
Staph. albus 64
Resistente Keime (MHK > 64 µg/ml)
Enterobacter > 64
Proteus > 64
K. pneumoniae > 64
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Empfindlichkeitstests
Bei durch mässig empfindliche Keime verursachten Infektionen ist die Durchführung eines Empfindlichkeitstests zu empfehlen, um eine eventuelle Resistenz auszuschliessen. Die Empfindlichkeit auf Urfamycine kann anhand von standardisierten Verfahren, wie sie beispielsweise vom National Committee for Clinical Laboratory Standards (NCCLS) empfohlen werden, mit Disk- oder Verdünnungstests bestimmt werden. Dabei werden vom NCCLS die folgenden Parameter als Empfindlichkeitskriterien empfohlen:
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Disktest (30 µg) Verdünnungstest
Durchmesser (mm) MHK (mg/l)
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sensibel > 18 < 8
intermediär 13-17 16
resistent < 12 > 32
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Laborresultate im Dilutionstest oder im standardisierten Disk-Diffusionstest sollten nach folgenden Kriterien interpretiert werden:
Mässig empfindliche Keime sind empfindlich bei hoher Dosierung oder wenn die Infektion auf Gewebe und Flüssigkeiten begrenzt ist, in denen hohe Antibiotikaspiegel erreicht werden.
Resistenz
Der Resistenzmechanismus bei gram-negativen Keimen (ausser P. aeruginosa) beruht auf der Synthese des Enzyms Acetyltransferase, das Thiamphenicol in inaktive Diacetylderivate umwandelt. Thiamphenicolresistente Keime zeigen auch meistens eine Resistenz gegenüber Streptomycin, Sulfonamiden und Tetracyclinen. Die Resistenz bei P. aeruginosa ist enzymunabhängig. Sie liegt in der Blockierung der Membranpermeabilität gegenüber dem Antibiotikum begründet.
PharmakokinetikAbsorption
Thiamphenicol wird nach oraler Verabreichung nahezu vollständig (> 90%) absorbiert; maximale Serumkonzentrationen werden innerhalb von 2 bis 3 Stunden erreicht. Die Resorption wird durch gleichzeitige Nahrungsaufnahme nicht beeinflusst.
Distribution
Thiamphenicol diffundiert gut in die Gewebe und extrazellulären Flüssigkeiten. Die Plasmaproteinbindung beträgt ca. 10%. In der Zerebrospinalflüssigkeit (insbesondere bei Meningitis) werden 50 bis 100% der korrespondierenden Plasmakonzentrationen erreicht. Hohe Thiamphenicolkonzentrationen werden auch in Leber, Lunge, Niere, Milz und den Geschlechtsorganen gefunden. Thiamphenicol passiert die Plazentaschranke und wird z.T. über die Muttermilch ausgeschieden.
Metabolismus
Im Organismus wird das Thiamphenicol praktisch nicht metabolisiert, so dass es im Blut in unveränderter, biologisch aktiver Form vorhanden ist.
Elimination
Innert 24 Stunden werden 50-70% der Dosis durch die Nieren ausgeschieden, 5-6% durch die Galle und 10-15% in den Fäzes. Bei Nierengesunden beträgt die Plasmahalbwertszeit 2-3 Stunden.
Kinetik in besonderen klinischen Situationen
Da Thiamphenicol nur in geringem Ausmass in der Leber inaktiviert wird, kann es bei Nierenfunktionsstörungen zu einer Akkumulation des Thiamphenicols kommen, da die Plasmahalbwertszeit verlängert wird (13 Stunden).
Indikationen/AnwendungsmöglichkeitenUrogenitalinfektionen: unspez. Urethritis, Zystitis, Pyelozystitis, Pyelonephritis, Prostatitis, Orchiepididymitis, Salpingitis.
Venerische Infektionen: spezifische Urethritiden (N. gonorrhoeae), unspez. Vaginitis.
Atemwegsinfektionen: Pneumonie, Bronchopneumonie (besonders durch H. influenzae), Bronchitis, Bronchiektasien, Lungenabszess, Keuchhusten usw.
Leber-, Gallenweg- und Darminfektionen: Typhus abdominalis und andere systemische Salmonellosen, Cholezystitis, Cholangitis, Angiocholitis, Enteritis, Gastroenteritis, alimentäre Intoxikationen usw.
Anaerobier-Infektionen: besonders der Bacteroides-Gruppe.
Andere Infektionen: Otitis media, Sinusitis, Otomastoiditis, H. influenzae-Meningitis, Peritonitis, chirurgische Infektionen.
Dosierung/AnwendungÜbliche Dosierung
Parenterale Anwendung
Erwachsene: 1 Fläschchen zu 500 mg alle 8 Stunden oder 1 Fläschchen zu 750 mg alle 12 Stunden auf intramuskulärem oder intravenösem Weg (Gesamttagesdosis: 1500 mg).
Kinder: 30 mg/kg Körpergewicht täglich auf intramuskulärem oder intravenösem Weg (verteilt auf 3 Einzelgaben).
Lokale Anwendung
Aerosol
Erwachsene: 2 ml des Fläschchens zu 500 mg (entsprechend 200 mg Thiamphenicol) 1-2mal täglich.
Kinder: 1 ml des Fläschchens zu 500 mg (entsprechend 100 mg Thiamphenicol) 1-2mal täglich.
Endobronchiale Instillation
5-10%ige Lösung: Erwachsene 250-500 mg pro instillationem.
Intrakavitäre Spülungen (intrapleural, intraperitoneal, intravesikal)
Erwachsene: 1-2 Fläschchen zu 500 mg pro Applikation (in 10 ml physiologischer Kochsalzlösung).
Spezielle Dosierungsanweisungen
Bei Typhus oder Salmonellosen
Erwachsene: 3 g täglich während 5 Tagen, danach 1,5 g täglich für weitere 14 Tage i.m. oder i.v.
Kinder: 100 mg/kg Körpergewicht täglich während 5 Tagen, danach 30 mg/kg Körpergewicht täglich für weitere 14 Tage i.m. oder i.v.
Bei Patienten über 60 Jahren
1 Fläschchen zu 500 mg alle 12 Stunden oder 1 Fläschchen zu 750 mg alle 18 Stunden (Gesamttagesdosis: 1000 mg).
Bei Kleinkindern
Bei Säuglingen bis zu 4 Wochen beträgt die Maximaltagesdosis 25 mg/kg Körpergewicht, bei Kleinkindern in den folgenden Monaten 30 mg/kg Körpergewicht.
Bei eingeschränkter Nierenfunktion
Die Dosierung ist entsprechend dem Grad der Niereninsuffizienz zu reduzieren.
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Kreatinin-Clearance empfohlene Tagesdosierung
(ml/min) (mg)
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75 1500
50-75 1000
25-50 750
20 500
10 250
0 125
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AnwendungseinschränkungenKontraindikationen
Urfamycine ist während der ersten drei Schwangerschaftsmonate bei Insuffizienz der Hämatopoese, bei schwerer Niereninsuffizienz sowie bei Überempfindlichkeit gegenüber dem Medikament oder anderer Phenicole kontraindiziert.
Vorsichtsmassnahmen
Die Behandlung mit Urfamycine soll normalerweise die Zeitdauer von 10 Tagen nicht überschreiten. Eine längere Behandlungsdauer (bis zu maximal 21 Tagen) ist nur bei Typhus und anderen schweren Salmonellosen angezeigt.
Es ist daher ratsam, besonders bei verlängerter Behandlung oder bei Behandlung mit erhöhten Dosen periodische Kontrollen des Blutbildes (Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten) vorzunehmen. Bei Auftreten einer Thrombozytopenie, Erythrozytopenie oder Leukopenie muss man neue Vorkehrungen treffen. Eine dosisunabhängige, irreversible aplastische Anämie, die mehrere Wochen nach der Behandlung auftreten kann, ist im Gegensatz zu Chloramphenicol jedoch mit Thiamphenicol noch nicht in Zusammenhang gebracht worden.
Antibiotika und Kontrazeptiva
Da oral verabreichte Antibiotika die Wirksamkeit oraler Kontrazeptiva herabsetzen können, sollten Patientinnen darauf hingewiesen werden, während der Behandlung mit Urfamycine zusätzliche empfängnisverhütende Massnahmen zu treffen.
Schwangerschaft/Stillzeit
Schwangerschafts-Kategorie C.
Tierstudien haben unerwünschte Effekte auf den Fötus gezeigt, aber es existieren keine kontrollierten Humanstudien.
Unter diesen Umständen soll das Medikament nur verabreicht werden, wenn der potentielle Nutzen das fötale Risiko übersteigt. Ein besonderes Risiko besteht am Ende der Schwangerschaft. Ein Grey-Syndrom wie bei Chloramphenicol ist jedoch mit Thiamphenicol bisher nicht in Zusammenhang gebracht worden.
Urfamycine geht in die Muttermilch über. In der Stillperiode ist es deshalb nur bei zwingender Indikation anzuwenden.
Unerwünschte WirkungenBlutstörungen
Urfamycine kann eine Knochenmarkinsuffizienz mit Verminderung von Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten hervorrufen.
Diese nach Absetzen der Therapie reversible Störung ist von der Dosis und der Dauer der Medikation abhängig. Bei klinischer Anwendung sind bis jetzt mit Thiamphenicol keine irreversiblen Knochenmarkaplasien oder andere irreversiblen Blutbildstörungen in Zusammenhang gebracht worden, wie dies z.B. bei Chloramphenicol der Fall war.
Gastro-intestinale Störungen
Übelkeit, Appetitlosigkeit, Brechreiz, Erbrechen, Durchfall, Glossitis, Stomatitis und Geschmacksstörungen kommen selten vor (unter 10% der Behandlungsfälle).
Allergische Reaktionen
Gelegentlich treten Ekzeme, Urtikaria und Juckreiz auf, die meistens mit Fieber verbunden sind. Bei Früh- und Neugeborenen muss im Hinblick auf die noch unreifen Stoffwechselaktivitäten die übliche Dosis reduziert werden. In dieser Altersgruppe kann es zu toxischen Reaktionen kommen, die unter besonders ungünstigen Verhältnissen sogar letal enden können.
ZNS-Störungen
Eine Optikusneuritis kommt selten nach Verabreichung hoher Dosen vor. Andere neurotoxische Reaktionen wie Kopfschmerzen, Depression, Verwirrung und Delirium sind sehr selten.
InteraktionenEine gleichzeitige Therapie mit Medikamenten, die ebenfalls das Knochenmark schädigen können, ist zu vermeiden (z.B. Phenazone, Phenylbutazone, Gold, Sulfonamide, Zytostatika).
Interaktionen entstehen im Rahmen des Lebermetabolismus gewisser Medikamente, da Thiamphenicol die mikrosomalen Enzyme in der Leber hemmt.
So ist auch die Wirkung oraler Kontrazeptiva herabgesetzt.
Gegenüber der bakteriziden Wirkung von Penicillinen und Cephalosporinen sowie gegenüber Makroliden, Lincomycin und Nalidixinsäure wirken Chloramphenicol-Antibiotika antagonistisch.
Während der Behandlung mit Urfamycine ist es zweckmässig, die Dosis von Antikoagulantien vom Cumarintyp, von oralen Antidiabetika, von Phenytoin und Cyclophosphamid zu reduzieren, um eine Wirkungsverstärkung dieser Substanzen zu vermeiden.
ÜberdosierungZur Behandlung einer akuten Überdosierung bei Erwachsenen wird eine Hämodialyse empfohlen. Bei Neugeborenen hingegen sollte eine Austauschtransfusion vorgenommen werden.
Sonstige HinweiseInkompatibilitäten
Das Thiamphenicolgylcinat i.v. sollte nicht gleichzeitig in derselben Lösung mit anderen Medikamenten verabreicht werden. Inkompatibilitäten bestehen gegenüber Tetracyclinen, Sulfametopyrazin, Penicillinen (Penicillin G, Oxacillin, Methicillin, Cloxacillin), Sulfonamiden und Novobiotin.
Thiamphenicolgylcinat ist jedoch kompatibel mit Kanamycin, Carbenicillin, Streptomycin, Ampicillin, Gentamycin und Lincomycin.
Haltbarkeit
Alle Medikamente sollten gut verschlossen in der Originalpackung vor Licht und Wärme (unter 30 °C) geschützt, an einem trockenen Ort und ausserhalb der Reichweite von Kindern aufbewahrt werden.
Sie dürfen nur bis zu dem auf der Verpackung mit «EXP» bezeichneten Datum verwendet werden.
Die gebrauchsfertige Injektionslösung ist bis zu 24 Stunden haltbar.
Stand der InformationJanuar 1995.
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