Orales Antidiabetikum aus der Gruppe derBiguanide ZusammensetzungWirkstoff: Buformini hydrochloridum 100 mg, Excipiens pro compresso obducto.
Eigenschaften/WirkungenSilubin retard senkt den erhöhten Blutzucker beim Diabetiker, ohne bei alleiniger Verabreichung den Patienten der Gefahr einer Hypoglykämie auszusetzen.
Im Gegensatz zu den betazytrop wirkenden Sulfonylharnstoffen stimuliert Silubin retard nicht die Insulin-Ausschüttung aus den Inselzellen der Bauchspeicheldrüse. Es kann seine Wirkung jedoch nur entfalten wenn noch endogenes oder exogen zugeführtes Insulin im Blut vorhanden ist. Es scheint, dass die Wirkung von Silubin retard auf einen vermehrten Glukoseverbrauch durch das Muskelgewebe in Anwesenheit von Insulin, auf eine Drosselung der Glukogenese und Glykogenolyse in der Leber sowie auf eine verminderte Glukoseresorption durch den Darm zurückzuführen ist.
Die Abnahme des Plasmainsulins unter Silubin retard bewirkt eine verminderte Lipogenese und - durch Überwiegen der lipolytisch wirksamen Hormone - einen gesteigerten Abbau von Körperfett. Hierdurch kommt es zu einer erwünschten Abnahme des Körpergewichts.
Ferner wird unter der Therapie mit Silubin retard die Konzentration von Triglyceriden und Cholesterin im Serum sowohl beim Diabetiker als auch beim Nichtdiabetiker herabgesetzt.
PharmakokinetikDie Blutzuckersenkung durch Silubin retard erfolgt allmählich. Die stärkste Wirkung zeigt sich nach etwa 2 bis 4 Stunden. Das Ausmass der Blutzuckersenkung ist dosisabhängig.
Aus Silubin retard wird der Wirkstoff infolge einer besonderen pharmazeutischen Zubereitung verzögert freigesetzt, so dass nach der Applikation ein gleichmässiger Blutspiegel über etwa 8 Stunden erzielt wird. Die maximalen Serumkonzentrationen nach 2 Dragées Silubin retard betragen 0,3-0,4 µg/ml und werden nach 2,5 Stunden erreicht. Ungefähr 80% der oral verabreichten Dosis sind systemisch verfügbar.
Silubin retard wird innerhalb von 24 Stunden nahezu völlig renal ausgeschieden. Die Eliminationshalbwertszeit bei normaler Nierenfunktion liegt bei 3-4 Stunden.
Indikationen/AnwendungsmöglichkeitenBlutzuckersenkung beim nicht-ketonurischen Diabetes der Übergewichtigen oder Diabetes der zweiten Lebenshälfte (Typ II-Diabetes), wenn eine ausschliessliche Diättherapie nicht ausreicht.
Dosierung/AnwendungDosierungsrichtlinien für den übergewichtigen, stabilen Erwachsenendiabetiker:
Therapie mit Silubin retard allein
Bei der Ersteinstellung sollte die Therapie mit je 1 Dragée Silubin retard morgens und abends zu den Mahlzeiten begonnen werden. Wenn diese Dosierung für eine befriedigende Einstellung nicht ausreicht, kann die Tagesdosis - unter ärztlicher Kontrolle - auf maximal 3 Dragées Silubin retard erhöht werden. Die Einnahme von 3 Dragées Silubin retard kann mit 2 Dragées morgens und 1 Dragée abends erfolgen, möglich ist aber auch die Einnahme von je 1 Dragée morgens, mittags und abends. Kann hierdurch ein ausreichender Behandlungserfolg nicht erreicht werden, ist die Behandlung mit einem Sulfonylharnstoff-Präparat angezeigt.
Kombinationstherapie mit Sulfonylharnstoff-Derivaten
Beginn mit 1 Dragée Silubin retard unter Beibehaltung der bisherigen Sulfonylharnstoff-Dosis. Weitere stufenweise Steigerung nach Bedarf in mehrtägigen Abständen unter Kontrolle von Blut- und Harnzucker bis zu maximal 3 Dragées Silubin retard pro Tag.
Silubin retard Dragées sind unzerkaut zu den Mahlzeiten einzunehmen.
AnwendungseinschränkungenKontraindikationen
Insulinmangeldiabetes (jugendlicher Diabetes; Typ I-Diabetes), ausgeprägte Stoffwechseldekompensation, besonders mit Ketose, hyperglykämisches Koma, Überempfindlichkeit gegenüber Buformin, Schwangerschaft und Stillzeit.
Unter besonderer Berücksichtigung der Laktatazidose-Gefährdung: Einschränkung der Nierenfunktion (Serumkreatinin über 1,2 mg/dl = 106,1 µmol/l), Zustände, die mit unzureichender Sauerstoffversorgung der Gewebe (Hypoxie) einhergehen können (Neigung zu Herz- und Ateminsuffizienz, Schock, interkurrente, fieberhafte Erkrankungen, Anämien), Einschränkung der Leberfunktion (Hepatitis, Leberzirrhose), Alkoholabusus, Pankreatitiden, Abmagerungskuren (unter 1000 kcal/Tag), konsumierende Erkrankungen, eine Woche vor Wahloperationen, vor einer intravenösen Urographie oder Angiographie, postoperativ und während Intensivtherapie, undisziplinierte Patienten, insbesondere Diabetiker, die sich den ärztlichen Kontrollen entziehen, alte Diabetiker (in der Regel über 65 Jahre) wegen der grösseren Gefahr der kardiovaskulären Komplikationen, der eingeschränkten Nierenfunktion und unregelmässiger Tabletteneinnahme.
Vorsichtsmassnahmen
Über Laktatazidose im Zusammenhang mit der Verabreichung von Biguaniden wurde wiederholt berichtet, in der Mehrzahl der Fälle nach Einnahme von Phenformin. Da Buformin ebenfalls zu dieser Substanzgruppe gehört und die Laktatazidose eine potentiell letale Stoffwechselstörung darstellt, sollten bei der Verabreichung von Silubin retard die nachfolgenden Vorsichtsmassnahmen beachtet werden:
Der Patient sollte vor und während der Behandlung auf das Vorhandensein laktatazidosefördernder Faktoren (Beeinträchtigung der Nieren- und Leberfunktion, Herz-, Kreislauf- und Ateminsuffizienz, Dehydratation, Verdacht auf Alkoholabusus) untersucht werden. Vorsicht ist ebenfalls bei Vorliegen von kardiovaskulären Risikofaktoren (Hypertonie, Rauchen) geboten.
Der Patient sollte vor dem Genuss von Alkohol im Verlauf der Biguanid-Therapie gewarnt werden. Ebenso sollte er instruiert werden, dass Störungen des Allgemeinbefindens oder sonstige körperliche Belastungen (fieberhafte Erkrankungen, Eintritt einer Schwangerschaft u.a.) immer Anlass sein sollten, Silubin retard abzusetzen und unverzüglich den behandelnden Arzt aufzusuchen.
Nachlassen der Wirkung auf den Blutzucker: Bei Stress, wie z.B. Fieber, Traumata, Infektionen oder chirurgischen Eingriffen, kann der Blutzucker ausser Kontrolle geraten und die Notwendigkeit eintreten, Silubin retard vorübergehend durch Insulin zu ersetzen.
Schwangerschaft/Stillzeit
Schwangerschaftskategorie D. Die Literatur zur teratogenen Wirkung beim Menschen sind widersprüchlich. Da sich aber eine teratogene Wirkung nicht ganz ausschliessen lässt, wird - wie bei allen oralen Antidiabetika - eine Umstellung vor einer und in der Schwangerschaft auf Insulin empfohlen.
Stillzeit: Über die Ausscheidung von Buformin in die Muttermilch ist nichts bekannt, doch wurde sie für andere Biguanide beschrieben. Deshalb ist der Einsatz von Silubin retard auch während der Stillzeit kontraindiziert, und es ist auf Insulin umzustellen.
Unerwünschte WirkungenAllergische Reaktionen sind selten. Gelegentlich werden Unverträglichkeiten im Magen-Darm-Bereich (z.B. Übelkeit, Erbrechen, Magenschmerzen, Durchfall) oder Metallgeschmack beobachtet. Wenn diese Begleiterscheinungen auch harmloser Natur sein können, ist bei ihrem Auftreten trotzdem an eine beginnende Laktatazidose zu denken (siehe unten).
Bei kombinierter Behandlung mit Sulfonylharnstoff-Präparaten, Insulin oder im Zusammenwirken mit Alkohol kann es zu einer Hypoglykämie kommen.
Laktatazidose
Symptome
Das klinische Bild der schweren Laktatazidose ist unspezifisch wie bei jeder schweren Azidose. Typische Zeichen im Prodromalstadium sind: Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Oberbauchschmerzen, Muskelschmerzen, Muskelschwäche, Adynamie, Verwirrtheit, Desorientierung, Unruhe, Untertemperatur und Unmöglichkeit, sich zu erheben.
In der ersten Phase ist der Blutdruck nicht erniedrigt, es bestehen aber häufig bereits Tachykardie und Tachypnoe (tiefe Kussmaulsche Atmung mit meist fehlendem Azetongeruch). Der Patient ist häufig bewusstseinsgetrübt, jedoch selten komatös.
In einer späteren Phase ist der Patient hypoton, selten normoton. Meist besteht Oligoanurie. Häufig fehlen Reflexe; manchmal sind die Pupillen - auch bei noch ansprechbaren Patienten - lichtstarr und entrundet.
Diagnose
Die Blutgas-Analyse bei einer Laktatazidose ergibt eine schwerste dekompensierte metabolische Azidose mit stark erniedrigtem Blut-pH, einem stark, meist unter 15 mmol/l erniedrigten Plasmabikarbonat sowie einem kompensatorisch stark erniedrigten pCO 2 . Das Anionen-Defizit ist meist auf über 30 mval/l erhöht. Die endgültige Diagnose kann jedoch nur durch Messung der Laktatkonzentration im Blut (über 6-7 mmol/l) gesichert werden. Die Blutzuckerwerte können normal, eventuell leicht erhöht, häufig jedoch auch erniedrigt sein.
Therapie
Grundsätzlich sollte bei einer Laktatazidose die zugrundeliegende Erkrankung (z.B. Schock, Hypoxie) behandelt werden. Bei Biguanid-induzierter Laktatazidose wird folgendes therapeutisches Vorgehen empfohlen:
Bei leichten Fällen (Blutlaktat unter 10 mmol/l, Blut-pH 7,1-7,2) Therapie der Dehydratation mit ausreichender Flüssigkeitszufuhr unter regelmässiger Kontrolle des zentralen Venendrucks. Eine gute Diurese von 50-100 ml/Std. muss erreicht werden. Je nach Ausgangsblutzuckerwert ist eine Therapie mit Insulin (1-6 E./Std.) und gegebenenfalls mit Glukose einzuleiten, da bei diesen Laktatazidosen offenbar ein relatives Insulindefizit (gleichzeitige Ketoazidose, Erhöhung Insulin-antagonistisch wirkender Hormone) besteht.
In schweren Fällen Erreichen stabiler Kreislaufverhältnisse (Dopamin®, Dobutamin) sowie einer ausreichenden Diurese (Furosemid). Flüssigkeitszufuhr (Venendruck) und Ausgleich der Azidose mit Natriumbikarbonat bis zu pH-Werten von 7,1-7,2. Insulin nach metabolischer Ausgangssituation (2-12 E./Std.), gegebenenfalls mit Glukose.
InteraktionenEine Abschwächung der blutzuckersenkenden Wirkung oraler Antidiabetika aus der Gruppe der Biguanide ist grundsätzlich möglich bei gleichzeitiger Gabe von: Chlorpromazin, Kortikosteroiden, Schilddrüsenhormonen, Östrogenen, Gestagenen, Nikotinaten, Saluretika, Sympathomimetika, Kalzium-Antagonisten, Furosemid, Isoniazid.
Eine Verstärkung der blutzuckersenkenden Wirkung ist möglich bei gleichzeitiger Gabe von: Fenfluramin, MAO-Hemmern, Sulfonylharnstoffen, Salizylaten.
Eine Erhöhung des Laktatazidose-Risikos ist durch eine Verringerung der Nieren-Clearance möglich bei gleichzeitiger Gabe von nicht-steroidalen Antirheumatika, Acetylsalizylsäure, i.v. Röntgenkonstrastmitteln sowie Alkohol.
ÜberdosierungBiguanide können bei Überdosierung eine Laktatazidose auslösen, die eine Notfallsituation darstellt und die sofortige Hospitalisierung erfordert (Symptome und Therapie s. Kapitel «Unerwünschte Wirkungen»).
Bei einer Biguanid-Überdosierung ist eine Hypoglykämie normalerweise nicht zu erwarten, kann jedoch bei gleichzeitiger Einnahme von Sulfonylharnstoffen, Insulin oder Alkohol auftreten.
Sonstige HinweiseHinweise
Die Behandlung der Zuckerkrankheit mit Silubin retard bedarf der regelmässigen ärztlichen Kontrolle. Bis zur optimalen Einstellung bzw. bei Präparatewechsel sowie durch unregelmässige Anwendung dieses Arzneimittels kann die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Strassenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt werden.
Die Grundlage jeder Diabetes-Behandlung ist die vom Arzt verordnete Diät. Ohne genaue Einhaltung dieser Diät ist weder mit Insulin noch mit Silubin retard oder anderen oralen Antidiabetika eine wirksame Behandlung des Diabetes mellitus möglich. Auch Silubin retard kann die Diät nicht ersetzen oder Diätfehler ausgleichen.
Der überwiegende Teil des Wirkstoffs von Silubin retard ist in Trägerstoffe eingelagert, die eine gleichmässige Langzeitwirkung des Präparates ermöglichen. Diese Trägerstoffe werden unverändert ausgeschieden und können im Stuhl mitunter als scheinbar intakte Dragées wiedergefunden werden. Die Wirkung von Silubin retard wird hierdurch nicht beeinträchtigt.
Haltbarkeit
Silubin retard ist 48 Monate haltbar und soll nach Ablauf des auf der Packung aufgedruckten Verfalldatums nicht mehr angewendet werden.
Stand der InformationMai 1994.
RL88
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