PharmakokinetikAbsorption
Weil Gentamicin aus dem Magen-Darm-Trakt praktisch nicht absorbiert wird, ist der Einsatz einer peroralen Form zur Keimreduzierung im Darm möglich. Zur Behandlung systemischer Infektionskrankheiten muss Gentamicin intramuskulär oder intravenös verabreicht werden.
Bei intramuskulärer Verabreichung von Gentamicin 80 mg wurden normalerweise nach 30–60 Minuten Serumspitzenkonzentrationen von durchschnittlich 8 µg/ml bei Patienten mit normaler Nierenfunktion erreicht; die Serumspiegel sind bei Erwachsenen für 6–8 Stunden messbar.
Nach einer intramuskulären Dosis von 1 mg/kg wurden innerhalb von 30–60 Minuten folgende Serumkonzentrationen erreicht:
1,5 µg/ml für Kinder von ½ Jahr–5 Jahre,
2,0 µg/ml für Kinder von 5–10 Jahren,
2,8 µg/ml für Kinder über 10 Jahre,
wobei diese Konzentrationen bis 8 Stunden messbar waren.
Infundiert man Gentamicin über 2 Stunden, sind die Serumkonzentrationen ähnlich solchen, die mit der intramuskulären Verabreichung erzielt werden können.
Bei Patienten mit normaler Nierenfunktion sind die maximalen Serumkonzentrationen von Gentamicin ungefähr 12 µg/ml nach einer Kurzinfusion (30 Min.) von 80 mg Garamycin. Wird Patienten mit normaler Nierenfunktion 1,0 mg/kg Gentamicin i.v. oder i.m. alle 8 Stunden verabreicht, kumuliert es nicht im Serum.
Bei Säuglingen können mit einer einzigen Dosis von 2,5 mg/kg Serumspitzenkonzentrationen von 3–5 µg/ml erwartet werden.
Distribution
Das Verteilungsvolumen von Gentamicin liegt bei 0,2–0,3 l/kg und entspricht etwa dem Extrazellulärraum. Nach parenteraler Verabreichung lässt sich Gentamicin in Serum, Lymphe, Geweben, Sputum und in der perikardialen, pleuralen, synovialen und peritonealen Flüssigkeit nachweisen. Die Konzentrationen in der Nierenrinde können manchmal achtmal höher sein als die üblichen Serumspiegel. Die Konzentrationen in der Galle waren im Allgemeinen niedrig und deuteten auf eine minimale biliäre Exkretion hin. Gentamicin kann die lipoiden Membranen passieren, aber die Konzentrationen im Augenkammerwasser und in der Muttermilch sind niedrig. Gentamicin passiert die Plazentaschranke und erreicht im fötalen Kreislauf etwa 40% der mütterlichen Serumkonzentration. Da Aminoglykoside nach parenteraler Verabreichung nur schlecht in den Subarachnoidalraum diffundieren, sind die Gentamicin-Konzentrationen in der cerebrospinalen Flüssigkeit häufig niedrig und hängen von Dosis, Penetrationsrate und Grad der meningealen Entzündung ab.
Gentamicin ist zu etwa 30% an Human-Serum-Albumin und zu 10% an Erythrozyten gebunden.
Metabolismus
Gentamicin wird im menschlichen Organismus praktisch nicht metabolisiert und wird in unveränderter Form im Harn ausgeschieden.
Elimination
Nach Gabe an Patienten mit normaler Nierenfunktion werden 70% oder mehr der applizierten Dosis innerhalb von 24 Stunden im Urin durch glomeruläre Filtration (ohne Rückresorption) ausgeschieden. Ein kleiner Anteil wird auch über die Galle und den Fäces ausgeschieden.
Die Halbwertszeit variiert bei Patienten mit normaler Nierenfunktion von 1–3 Stunden und ist unabhängig von der Verabreichungsart. Bei Neugeborenen ist die Halbwertszeit in Abhängigkeit von der noch nicht voll entwickelten Nierenfunktion um etwa den Faktor 2 verlängert.
Endogene Kreatininclearance-Rate und Serumkreatininspiegel korrelieren stark mit der Serumhalbwertszeit von Gentamicin. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen können als Orientierungshilfe für die Dosisanpassung bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion dienen (siehe «Dosierung/Anwendung»).
Kinetik spezieller Patientengruppen
Bei Patienten mit deutlicher Nierenschädigung entsteht eine Senkung der Aminoglykosid-Konzentration im Urin und ihrer Penetration in das geschädigte Nieren-Parenchym. Die verminderte Ausscheidung des Antibiotikums sollte zusammen mit der potentiellen Nephrotoxizität und Ototoxizität der Aminoglykoside bei der Behandlung von Patienten mit Harnwegsinfektionen in Betracht gezogen werden.
Grossflächige Verbrennungen der Körperoberfläche (erhöhtes Volumen der Extrazellulärflüssigkeit) können die Pharmakokinetik verändern und zu einer reduzierten Serumkonzentration der Aminoglykoside führen. Messungen der Gentamicin-Serumkonzentration sind bei solchen Patienten von besonderer Wichtigkeit, da sie als Basis für die Anpassung der Dosis gelten.
Bei Anurie werden Serumhalbwertszeiten von 56–70 h gemessen. Bei Hämodialyse wird Gentamicin mit einer Halbwertszeit von 3–10 h eliminiert. Die Peritonealdialyse ist wesentlich weniger wirksam. Bei Patienten mit Mucoviscidose ist die Halbwertszeit stark verkürzt.
|