Zur Behandlung der Osteoporose ZusammensetzungWirkstoff: Natrii fluoridum 40 mg, Hilfsstoffe: Color.: E 104, E 132, Excipiens pro compresso obducto.
Eigenschaften/WirkungenDie Wirkung von Natriumfluorid auf den Knochen umfasst 3 Komponenten:
Natriumfluorid stimuliert die Osteogenese, indem es die Osteoblasten anregt, vermehrt Knochengrundsubstanz zu bilden. Als Folge davon kommt es zu einer Zunahme und Verbreiterung der Osteoidsäume.
Die Fluoridionen werden bei der langsamen Mineralisierung in den neuen Knochen eingelagert und anstelle des Hydroxylions in das Apatitkristall eingebaut. Es entsteht schwer löslicher Fluorapatit, der gegenüber der osteoklastären Knochenresorption stabiler ist. Hieraus resultiert eine verminderte Resorptionsrate des Fluorknochens.
Neben der Stimulierung des Knochenanbaus steigert Natriumfluorid aber auch die Knochenresorption. Diese betrifft vorwiegend den nicht fluoridierten alten Knochen (am Fluorknochen ist die Resorption verzögert). Ihr Ausmass erreicht jedoch nicht das der Knochenformation, so dass insgesamt ein Mehr an Knochenmasse, besonders im Bereich der Spongiosa, resultiert.
Ossin enthält Natriumfluorid in einer magensaftresistenten, dünndarmlöslichen Zubereitung und ist darüber hinaus mit einem Retardeffekt versehen.
PharmakokinetikNatriumfluorid ist eine anorganische Fluoridverbindung, die in wässriger Lösung fast vollständig dissoziiert. Das Atomgewicht von Natrium- und Fluoridionen steht im Verhältnis von 1,2:1, d.h. 100 mg Natriumfluorid enthalten 55 mg Natrium und 45 mg Fluor.
Die im Gastrointestinaltrakt des Menschen freigesetzten Fluoridionen werden zu 93-97% durch einfache Diffusion resorbiert. Als Resorptionsort kommen sowohl der Magen als auch das gesamte übrige Intestinum in Frage.
Die Resorptionsgeschwindigkeit ist abhängig von der gleichzeitig verabreichten Nahrung. Anorganische Ionen wie Kalzium, Magnesium und Aluminium können mit dem Fluoridion interferieren und die Fluorresorption beeinträchtigen. Das Ausmass der Resorptionshemmung hängt von der Konzentration aller beteiligten Ionen ab. Für eine Interaktion sind bei niedrigen Fluoridkonzentrationen hohe Konzentrationen der entsprechenden Gegenionen erforderlich und umgekehrt.
Unabhängig von der Dosierung werden im allgemeinen 50% des resorbierten Fluorids im Organismus retiniert und ins Skelett eingelagert, der Rest wird renal ausgeschieden. Eine Anreichung in Organen und Weichteilgeweben erfolgt in sehr geringen Mengen, ausgenommen in den Nieren, die aufgrund ihrer Ausscheidungsfunktion relativ viel Fluorid enthalten.
Bioverfügbarkeit: Die Resorption setzt wegen des magensaftresistenten Überzugs der Ossin-Dragées erst nach der Magenpassage ein. Die protrahierte F - -Freisetzung im Dünndarm bedingt eine langsame F - -Resorption. Maximale F - -Serumkonzentrationen werden erst über 4 Stunden nach Beginn der Resorption erreicht. Die langsame Resorption führt zu im Vergleich zum unretardiertem NaF niedrigen und im zeitlichen Verlauf weniger schwankenden F - -Serumkonzentrationen. Nach einmaliger Applikation von 1 Dragée Ossin an 9 Probanden wurde eine Resorptionsquote von 66±16% erreicht. Die Applikation von 2× täglich 1 Dragée Ossin führte bei 6 Probanden innerhalb von 3 Tagen zu Steady-state-Konzentrationen zwischen 130-220 ng/ml.
Indikationen/AnwendungsmöglichkeitenPrimäre Osteoporose (postmenopausale, senile und idiopathische Form).
Dosierung/AnwendungKontinuierliche Behandlung
2× täglich 1 Dragée (morgens und abends) mindestens über 1 Jahr.
Bei Auftreten von Gelenkschmerzen Absetzen der Medikation und Übergang auf
Intermittierende Behandlung
2× täglich 1 Dragée (morgens und abends) über 3 Monate. Nach einer Pause von 2-3 Monaten wird die Behandlung nach obigem Schema erneut aufgenommen.
Die Dragées werden unzerkaut nach dem Essen eingenommen.
Die Behandlungsdauer beträgt bis zu 4 Jahren.
AnwendungseinschränkungenKontraindikationen
Gebärfähige Frauen, Kinder und Jugendliche im Wachstumsalter, Personen mit schweren Nieren- und Leberfunktionsstörungen. Osteomalazie.
Vorsichtsmassnahmen
Die Behandlung der physiologischen Altersatrophie des Knochens stellt keine Indikation für den Einsatz von Ossin dar.
Das Risiko einer fehlerhaften Mineralisation des Knochens durch Natriumfluorid kann durch die Verabreichung von Calcium und bei Mangelernährung mit physiologischen Vitamin-D-Dosen herabgesetzt werden. Bei zusätzlicher Gabe von Vitamin D empfiehlt sich eine regelmässige Kontrolle des Serumcalciums, da die Gabe von Vitamin D zu Hypercalcämie und Hypercalcurie führen kann.
Etwa ab einer Kreatinin-Clearance von weniger als 30 ml/Min. (dies entspricht etwa einem Serum-Kreatininwert zwischen 180 und 270 µmol/l, entsprechend 20,3-30,5 mg/l), steigt bei gleichbleibender Fluorid-Zufuhr der Serumfluoridspiegel an (Gefahr einer durch Niereninsuffizienz bedingten Fluorintoxikation).
Während der Behandlung mit Fluoriden kann es zu einer Verminderung der Aspartat-Aminotransferase (AST, SGOT) und der Laktat-Dehydrogenase (LDH) kommen.
Ausserdem kommt es in der Regel, bedingt durch eine erhöhte Knochenneubildung und somit als Zeichen für das Einsetzen des erwünschten Therapieerfolges, zu einer Erhöhung der alkalischen Phosphatase. Es empfiehlt sich daher eine regelmässige Kontrolle der alkalischen Phosphatase im Verlaufe der Behandlung.
Obwohl Schädigungen des Blutbildes durch Ossin bisher nicht beobachtet wurden, sollten aus Sicherheitsgründen bei Patienten mit Bluterkrankungen während der Ossin-Behandlung regelmässig Blutbildkontrollen durchgeführt und gegebenenfalls Ossin abgesetzt werden.
Es ist empfehlenswert, jährlich eine Röntgenaufnahme der Lendenwirbelsäule seitlich anzufertigen, um rechtzeitig eine Fluorose zu erkennen. Erwünscht ist das Stadium Roholm I der Fluorose.
Schwangerschaft/Stillzeit
Schwangerschaftskategorie X.
Studien bei Tieren und Erfahrungen bei Menschen haben gezeigt, dass Fluorid den Fötus schädigt (gestörte Zahn- oder Skelettentwicklung). Ossin ist daher kontraindiziert für schwangere Frauen oder für Frauen, die schwanger werden können, sowie in der Stillzeit.
Unerwünschte WirkungenHäufig: Gelenkbeschwerden (Schmerzen besonders im Bereich der unteren Extremitäten), die frühestens nach 2-3 Monaten Behandlung auftreten. Je nach Schwere dieser Nebenwirkung muss die kontinuierliche Behandlung unterbrochen und auf das intermittierende Behandlungsschema übergegangen werden.
Selten: Magenunverträglichkeitserscheinungen. Allergische Hautausschläge.
Nach Aufnahme exzessiver Fluorid-Mengen infolge zu langfristiger Therapie kann es zu einer Osteosklerose und/oder zu ektopischen Kalzifikationen kommen, besonders bei zusätzlicher Verabreichung von Vitamin D oder Vitamin A.
InteraktionenOssin soll nicht gleichzeitig mit Antazida eingenommen werden, weil hierdurch der magensaftresistente Überzug vorzeitig aufgelöst wird und die Resorption von Ossin beeinträchtigt werden kann. Antazida sollten deshalb mindestens 2 Stunden vor den Ossin-Dragées eingenommen werden.
Wird eine zusätzliche Gabe von Calcium- oder Magnesiumpräparaten für angezeigt gehalten, sollte die Einnahme dieser Präparate entweder vor oder gleichzeitig mit der Einnahme von Ossin erfolgen.
ÜberdosierungSymptome
Bisher sind keine Vergiftungserscheinungen infolge von Überdosierung von Ossin bekanntgeworden. Nach oraler Aufnahme von Natriumfluorid in toxisch wirkenden Dosen sind folgende Symptome beschrieben worden: Salivation, Übelkeit, blutige Brechdurchfälle und Leibschmerzen. Im weiteren Verlauf Muskelschwäche, Tremor, tetaniforme Krämpfe, Temperatursteigerung, Blutdrucksenkung, Tachykardie, Dyspnoe, Exitus durch Herzversagen oder Atemlähmung. Bei Überleben evtl. Folgen von Leber- und Nierenschäden.
Therapie
Bei oraler Aufnahme von Natriumfluorid sofort reichliche Flüssigkeitszufuhr in Form von Milch und danach Auslösen von Erbrechen durch Reizen der Rachenwand. Am besten Magenspülung mit Kalkwasser oder mit 1%iger Kalziumchloridlösung. Natriumsulfat 30 g zur Entleerung des Darmes. Sofortige i.v.-Injektion von 20 ml einer 10-20%igen Kalziumglukonatlösung in viertel- bis halbstündlichen Abständen unter Kontrolle des Kalziumspiegels. Zur Prophylaxe des Kammerflimmerns Procainamid oder Lidocain. Schock-Bekämpfung, Bekämpfung der Austrocknung und des NaCl-Verlustes.
Sonstige HinweiseVerfalldatum beachten.
Stand der InformationMai 1996.
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