ZusammensetzungWirkstoff: Natrii valproas.
Dragées zu 150 mg, 300 mg und 600 mg.
Sirup: 5 ml (= 1 Messlöffel) zu 300 mg.
Retardkapseln (long) zu 150 mg und 300 mg.
Minipacks (long) mit Retard-Minitabletten zu 500 mg und 1000 mg.
Deklarationspflichtige Hilfsstoffe
Dragées, Minipacks mit Retard-Minitabletten: keine.
Sirup: Edulc.: Saccharinum natricum, Natrii cyclamas; Color: E 124, Conserv.: E 216, E 218, Vanillinum, Excip. ad solutionem.
Retardkapseln zu 150 mg: Color: E 132.
Retardkapseln zu 300 mg: Color: E 104, E 132.
Eigenschaften/WirkungenNatriumvalproat, der Wirkstoff von Orfiril, wirkt antikonvulsiv. In Tierexperimenten konnte z.B. gezeigt werden, dass Natriumvalproat vor pentylentetrazol-induzierten Anfällen schützt.
Es erhöht im Zentralnervensystem auf enzymatischem Wege den Spiegel der Gamma-Aminobuttersäure (GABA), eines physiologischen Hemmers prä- und postsynaptischer Entladungen. Die Anhebung erklärt sich über eine Hemmung der Gamma-Aminobutyrat-Alpha-Ketoglutarat-Transaminase (GABA-T), wodurch der Abbau von GABA in Ketoglutarsäure verhindert wird. Durch den Anstieg des GABA-Spiegels wird die Erregungsschwelle erhöht und somit werden hypersynchrone Entladungen aufgefangen bzw. verhindert.
Orfiril kann sowohl in der Monotherapie als auch in der Kombinationstherapie mit anderen Antiepileptika benutzt werden.
Kontrollierte klinische Studien haben gezeigt, dass Orfiril auch bei der Behandlung manischer Episoden bei Patienten mit bipolaren manisch-depressiven Störungen wirksam ist. Auch für die antimanische Wirkung scheinen die GABAergen Eigenschaften des Natriumvalproates verantwortlich zu sein.
PharmakokinetikAbsorption
Orfiril Dragées und Sirup sind bioäquivalent. Die einzelnen Darreichungsformen sind gegenseitig austauschbar. Die magensaftresistenten Dragées werden erst im Dünndarm resorbiert, beim Sirup beginnt die Resorption schon im Magen.
Die in den Orfiril long Retardkapseln enthaltenen Minitabletten werden im Magen rasch freigesetzt und gelangen unabhängig von der Magenmotilität kontinuierlich in das Duodenum.
Die biologische Verfügbarkeit von oralen Natriumvalproat-Formulierungen beträgt nahezu 100%. Im Plasma liegt der Wirkstoff als Valproinsäure vor.
Distribution
Die maximale Plasmakonzentration von Valproinsäure wird bei Orfiril Dargées innerhalb von 4 Stunden, beim Sirup innerhalb von 2 Stunden nach Einnahme erreicht. Die maximale Plasmakonzentration von Valproinsäure wird bei Orfiril long innerhalb von etwa 9 Stunden nach Einnahme erreicht. Sie ist etwas niedriger als bei unretardierten Darreichungsformen.
Der sogenannte therapeutische Bereich der Wirkstoffkonzentration liegt für die Behandlung der Epilepsie bei 40-100 µg/ml, für die Behandlung der manischen Episoden bei 50-100 µg/ml. Das scheinbare Verteilungsvolumen beträgt 0,13-0,16 l/kg. Die Plasmaproteinbindung von Valproinsäure beträgt 90-95%. Eine lineare Beziehung zwischen verabreichter Dosis und Wirkung ist nicht zu erstellen, ebensowenig eine verlässliche Dosis-Plasma-Relation. Die Konzentrationen im Liquor cerebrospinalis erreichen 6-16% der Plasmakonzentration.
Metabolismus
Valproinsäure wird als Propionsäure in eine Reihe von Metaboliten umgewandelt. Die Metabolisierung erfolgt in der Leber. Es sind aktive und inaktive antikonvulsive Metaboliten beschrieben worden. Die antikonvulsive Wirksamkeit der aktiven Metaboliten ist aber ohne klinische Bedeutung.
Elimination
Der Q0-Wert (extrarenale Eliminationsfraktion) beträgt 0,95; nur etwa 1-3% erscheinen unverändert im Urin. Die Plasmahalbwertszeiten sind bei Patienten mit Epilepsie mit 5-20 Stunden errechnet worden.
Kinetik in besonderen klinischen Situationen
Bei Hypoproteinämie (z.B. bei Leber- oder Niereninsuffizienz) ist die Plasma-Eiweiss-Bindung von Valproinsäure vermindert. Die dadurch bedingte Erhöhung der freien Plasma-Faktion von Valproinsäure ist zu berücksichtigen und die Dosis entsprechend zu reduzieren. Das scheinbare Verteilungsvolumen ist erhöht und die Eliminationshalbwertszeit ist verlängert.
Kinder unter 10 Jahren haben eine kürzere biologische Halbwertszeit als Erwachsene.
Indikationen/AnwendungsmöglichkeitenOrfiril ist vor allem und vorzugsweise als Monotherapie bei den generalisierten Formen der primären (idiopathischen) Epilepsie indiziert: Petit-Mal/Absenzen, massive bilaterale Myoklonien, Grand-Mal mit oder ohne Myoklonien, photosensible Epilepsie.
Orfiril allein oder in Kombination mit anderen Antiepileptika ist auch bei den folgenden Indikationen wirksam:
sekundäre, generalisierte Epilepsien, vor allem beim West- und beim Lennox-Gastaut-Syndrom;
epileptische Äquivalente mit einfacher oder komplexer Symptomatologie (psychosensorielle und psychomotorische Formen);
Epilepsien mit sekundärer Generalisierung;
Mischformen (generalisierte und äquivalente).
Behandlung manischer Episoden bei Patienten mit bipolaren manisch-depressiven Störungen. Eine günstige Wirkung bei der Prävention manischer Phasen ist nicht belegt.
Dosierung/AnwendungEpilepsie-Behandlung
Die Einstellung auf Orfiril muss einschleichend vorgenommen werden, z.B. mit 150 mg, besonders dann, wenn Orfiril als Begleitmedikation zu einer bestehenden antiepileptischen Therapie aufgebaut wird. Während der Phase der allmählichen Aufdosierung sollen Wirksamkeit und Verträglichkeit von Arzt und Patient aufmerksam beobachtet werden.
Die Dosierung hängt ab von der Diagnose und davon, ob Orfiril als Monotherapie oder in Kombination mit anderen Antiepileptika verabreicht wird.
Übliche Dosierung
Die Initialdosis beträgt 5-10 mg/kg Körpergewicht, die alle 4-7 Tage um etwa 5 mg erhöht werden sollte. Die mittlere Tagesdosis beträgt für Erwachsene und ältere Patienten im allgemeinen 20 mg/kg Körpergewicht, für Jugendliche 25 mg/kg Körpergewicht und für Kinder 30 mg/kg Körpergewicht. Die volle Wirkung ist in einigen Fällen erst nach 4-6 Wochen zu beobachten.
Dies ergibt folgende Dosen pro Tag:
Kleinkinder (½-3 Jahre): 150-450 mg;
Kinder (3-6 Jahre): 300-600 mg;
Schulkinder (7-14 Jahre): 450-1500 mg;
Jugendliche und Erwachsene: 1200-2100 mg.
Es liegen keine ausreichenden Erfahrungen mit den retardierten Darreichungsformen bei Kindern unter 6 Jahren vor. Deshalb sollten für diese die zur Verfügung stehenden konventionellen Darreichungsformen mit niedrigem Wirkstoffgehalt (z.B. Orfiril Sirup oder Orfiril 150 magensaftresistente Dragées) verwendet werden.
Dosierung bei manischen Episoden (Erwachsene)
Die mittlere Tagesdosis beträgt 20 mg/kg Körpergewicht Natriumvalproat. Die individuelle Dosis richtet sich nach dem klinischen Effekt, wobei Plasmaspiegel zwischen 50-100 µg/ml erreicht werden sollten. Eine maximale Tagesdosis von 60 mg/kg Körpergewicht sollte nicht überschritten werden.
Hinweise zur Einnahme von Orfiril Dragees und Sirup
Die Tagesdosis kann auf 2-4 Einzelgaben verteilt werden. Orfiril Dragees sollten unzerkaut etwa 1 Stunde vor dem Essen mit reichlich Flüssigkeit (z.B. 1 Glas Wasser) eingenommen werden. Orfiril Sirup sollte zum oder nach dem Essen mit etwas Flüssigkeit eingenommen werden.
Hinweise zur Einnahme von Orfiril long Retardkapseln und Retard-Minitabletten
Die Tagesdosis kann auf 1-2 Einzelgaben verteilt werden.
Die Retardkapseln sollten unzerkaut mit reichlich Flüssigkeit (z.B. 1 Glas Wasser) eingenommen werden. Die Kapseln können auch durch Auseinanderziehen geöffnet und die darin enthaltenen Retard-Minitabletten z.B. in Pudding, Joghurt oder Getränke eingestreut werden. Dieses Vorgehen empfiehlt sich bei Schluckschwierigkeiten. Die Minitabletten sollten nicht zerkaut werden, weil sonst der Retardierungseffekt verloren geht.
Die in den Minipacks der Orfiril long 500 mg bzw. - 1000 mg enthaltenen Retard-Minitabletten werden in gleicher Weise wie die geöffneten Retardkapseln eingenommen (ein ausführlicher Öffnungs- und Anwendungshinweis ist in der Information für Patienten enthalten).
Unverdauliche Reste der Minitabletten können im Stuhl erscheinen. Die Wirksamkeit von Orfiril long wird dadurch nicht beeinträchtigt, weil der Wirkstoff im Laufe der Darmpassage aus dem Tablettengerüst (Matrix) vollständig herausgelöst wird.
Wird Orfiril in Kombination oder als Substitutionstherapie zu einer früheren Medikation gegeben, muss die Dosis der bis dahin eingenommenen Antiepileptika, besonders des Phenobarbitals, unverzüglich vermindert werden. Falls die vorausgegangene Medikation abgesetzt wird, hat dies ausschleichend zu erfolgen.
Bei der Verabreichung von Tagesdosen über 45 mg/kg ist eine sehr sorgfältige Überwachung erforderlich (siehe «Vorsichtsmassnahmen»).
AnwendungseinschränkungenKontraindikationen
Überempfindlichkeit auf valproinsäurehaltige Arzneimittel, Störungen der Leber- und Pankreasfunktion, hämorrhagische Diathese.
Anwendung bei Kleinkindern, bei denen die gleichzeitige Behandlung mit mehreren Antiepileptika erforderlich ist.
Vorsichtsmassnahmen
In seltenen Fällen sind schwere Schädigungen der Leber mit tödlichem Ausgang beobachtet worden. Am häufigsten betroffen sind Säuglinge und Kleinkinder, die an schweren epileptischen Anfällen leiden, besonders wenn zusätzlich eine Hirnschädigung, mentale Retardierung und/oder eine angeborene Stoffwechselerkrankung vorliegen. Bei dieser Patientengruppe sollte Valproinsäure mit besonderer Vorsicht und als Monotherapie angewendet werden. Die Erfahrung hat gezeigt, dass jenseits des 10. Lebensjahres die Häufigkeit der Lebererkrankungen beträchtlich abnimmt. In der Mehrzahl der Fälle wurden Leberschäden innerhalb der ersten 6 Monate der Therapie beobachtet, insbesondere zwischen der 2. und 12. Woche und zumeist bei der gleichzeitigen Anwendung anderer Antiepileptika.
Schwerwiegenden oder tödlichen Lebererkrankungen können unspezifische Symptome wie Zunahme der Anfallshäufigkeit, körperliches Unwohlsein, Appetitverlust, Erbrechen, unterschiedlich lokalisierte oder generalisierte Ödeme, Lethargie, Oberbauchbeschwerden, Bewusstseinsstörungen mit Verwirrtheit, Unruhe und Bewegungsstörungen vorausgehen. Hinsichtlich dieser Symptome sollten die Patienten, besonders jene unter 15 Jahren, engmaschig überwacht werden. Der Patient und seine Angehörigen sind zu informieren, dass bei Auftreten solcher Symptome unverzüglich der Arzt zu konsultieren ist. Ergänzend sollte eine laborchemische Prüfung der Leberfunktion, des Gerinnungsstatus und der Amylase durchgeführt werden, in jedem Fall vor Beginn der Therapie, dann zunächst in kurzen Abständen (nach 1, 3, 5, 7, 9 Wochen) und später in vierwöchigen Abständen bis zum Ende der ersten 6 Behandlungsmonate.
In sehr seltenen Fällen wurden auch Pankreatitiden mit ähnlichen Beschwerden wie zu Beginn von Lebererkrankungen beobachtet.
Besteht der Verdacht, dass eine schwere Leberfunktionsstörung oder eine Schädigung der Bauchspeicheldrüse vorliegt, muss Orfiril sofort abgesetzt werden. Mit der Frage nach einer ursächlichen Pankreatitis ist vor jedem chirurgischen Eingriff im Falle einer akuten/schmerzhaften Abdominalsymptomatik die Amylase zu bestimmen.
Bei Jugendlichen und Erwachsenen sind in jedem Fall vor Therapiebeginn sowie im ersten Halbjahr monatliche Kontrollen des klinischen Befundes und der Laborparameter (Thromboplastinzeit, Leberenzyme u.a.) anzuraten.
Valproat kann zu Gerinnungsstörungen führen. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn eine eindeutig verlängerte Thromboplastinzeit (erniedrigter Quick-Wert) von sonstigen veränderten Laborparametern begleitet ist, wie Erniedrigung von Fibrinogen und Gerinnungsfaktoren oder Anstieg von Bilirubin oder Leberenzymen.
Vor einem chirurgischen Eingriff sind die Koagulationsparameter zu prüfen. Patienten mit vorausgegangener Knochenmarkschädigung müssen streng überwacht werden.
Orfiril kann auch bei bestimmungsgemässem Gebrauch das Reaktionsvermögen so weit verändern, dass die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Strassenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt wird. Dies gilt in verstärktem Masse im Zusammenwirken mit Alkohol.
Gleichzeitige Behandlung mit anderen Antiepileptika (namentlich Lamotrigin): siehe «Interaktionen».
Bei Patienten mit Niereninsuffizienz oder Hypoproteinämie muss der Anstieg an freier Valproinsäure im Serum in Betracht gezogen und die Dosis ggf. reduziert werden.
Durch abruptes Absetzen der Natriumvalproatbehandlung können der Therapieerfolg gefährdet und erneute epileptische Anfälle ausgelöst werden.
Nach Abbrechen der Behandlung wurde bei einigen Patienten mit bipolaren Störungen über Symptome wie Kopfschmerzen, Schmerzen, Schwindel und Schläfrigkeit berichtet.
Schwangerschaft/Stillzeit
Schwangerschaftkategorie D.
Es gibt klare Hinweise auf Risiken für den menschlichen Fötus, aber der therapeutische Nutzen für die Mutter kann überwiegen.
Das Risiko der Entwicklung einer Meningomyelocele ist bei Exposition in der Frühschwangerschaft (1. Trimenon) erhöht (Inzidenz: 1-2% der Exponierten). Daneben kommen andere Fehlbildungen und - wie bei allen Antiepileptika - ein fetales Antiepileptika-Syndrom vor. Das Risiko einer Fehlbildung erhöht sich bei einer Kombinationstherapie mit anderen Antiepileptika. Bei Frauen im gebärfähigen Alter sollte vor Beginn der Behandlung auf die Notwendigkeit von Planung und Überwachung einer eventuellen Schwangerschaft hingewiesen werden.
Falls Valproinsäure unverzichtbar ist, sollte in der Schwangerschaft, insbesondere im ersten Trimenon, die niedrigste anfallskontrollierende Dosis angewendet werden und auf eine Kombination mit anderen Antiepileptika verzichtet werden.
Pränatal-diagnostische Massnahmen zur Früherkennung von Schädigungen (Ultraschall, Alpha-Fetoprotein-Bestimmung) werden empfohlen.
Valproinsäure passiert die Plazenta und wird in vergleichbaren Konzentrationen im Plasma des Föten wie in dem der Mutter gefunden.
Valproinsäure tritt in die Muttermilch über. Die Mengen sind jedoch gering und bedeuten im allgemeinen kein Risiko für das Kind, so dass ein Abstillen in der Regel nicht nötig ist.
Unerwünschte WirkungenHepathopathien
Erscheinungsbedingungen: In sehr seltenen Fällen sind schwere Leberschädigungen, bisweilen mit tödlichem Verlauf, bei Patienten beobachtet worden, die Valproat erhielten.
Säuglinge und Kleinkinder unter 3 Jahren mit einer schweren Epilepsie und zusätzlichen Gehirnschäden, einer verzögerten Entwicklung der Psyche und/oder einer metabolischen oder degenerativen Krankheit genetischen Ursprungs sind am meisten von diesem Risiko betroffen.
Über 3 Jahre nimmt die Erscheinungsinzidenz progressiv mit dem Alter auf signifikante Weise ab (Dreifuss F. E., Neurology, 1986, 36, suppl. 1, 175).
Bei der Mehrzahl der berichteten Fälle wurden die Leberschädigungen während der ersten 6 Behandlungsmonate beobachtet, am häufigsten zwischen der 2. und 12. Woche, und im allgemeinen während gleichzeitiger Anwendung anderer Antiepileptika.
Auffällige Symptome und Nachweis
Die frühzeitige Diagnose basiert vor allem auf dem klinischen Bild. Insbesondere sollen zwei Erscheinungsarten, welche einem Ikterus vorausgehen können, vor allem bei Risikopatienten, in Betracht gezogen werden.
Allgemeine, nicht spezifische Symptome, die gewöhnlich plötzlich auftreten, wie Asthenie, Anorexie, Niedergeschlagenheit, Schläfrigkeit, manchmal von plötzlichem Erbrechen oder Abdominalschmerzen begleitet; andererseits ein Wiederauftreten der epileptischen Krisen.
Es wird empfohlen, den Patienten - oder, wenn es sich um ein Kind handelt, die Familie - so zu informieren, dass bei Auftreten dieses Krankheitsbildes sofort der Arzt konsultiert wird.
Dieser wird neben der klinischen Prüfung eine sofortige Kontrolle der klinisch-chemischen Laborparameter durchführen.
Unter den klassischen Tests sind diejenigen am zweckdienlichsten, welche die Proteinsynthese und im besonderen die Prothrombinzeit widerspiegeln. Die Bestätigung einer anormal langen Prothrombinzeit, besonders, wenn diese von anderen biologischen Anomalien begleitet ist (signifikante Abnahme des Fibrinogens und der Gerinnungsfaktoren, Bilirubinerhöhung, Transaminasenzunahme - siehe auch «Vorsichtsmassnahmen») soll zum Absetzen der Valproat-Behandlung führen.
Hyperammonämie
Es wurde über Fälle von isolierter Hyperammonämie berichtet, bei denen die üblichen Leberfunktionstests nicht signifikant verändert waren. Sofern nicht gleichzeitig klinische Symptome auftreten, zwingen sie nicht zum Absetzen der Behandlung.
Pankreatitiden
Es wurde über einige Fälle akuter Pankreatitis bei Patienten berichtet, die meistens mit hohen Dosen von Natriumvalproat oder Valproinsäure behandelt wurden. Nach deutlicher Reduktion der Dosis oder völligem Absetzen von Valproat/Valproinsäure klingt die Störung ab.
Es wird empfohlen, bei allen mit Valproat behandelten Patienten, die über akute Abdominalschmerzen klagen, die Serum-Pankreas-Enzyme zu bestimmen.
Wirkungen auf das Blutbild
Die Verabreichung von Valproat kann zu einer Reduktion der Thrombozytenzahl um 10 000 bis 30 000/mm³ führen. Sie ist meistens dosisabhängig und vorübergehend.
Es wird deshalb empfohlen, vor Beginn der Valproat-Behandlung und 3 resp. 6 Monate nachher sowie vor jedem chirurgischen Eingriff die Thrombozyten zu zählen, insbesondere dann, wenn die Dosierung über 30 mg/kg/Tag liegt.
Valproat hemmt die zweite Phase der Plättchenaggregation; es wurde über verlängerte Blutungszeiten berichtet. Selten wurden Anämien und Leukopenien beobachtet.
Über eine Gerinnungsstörung unter Valproat, entsprechend der Willebrand-Krankeit Typ I, wurde in der Literatur berichtet. Deshalb wird eine hämatologische Untersuchung (Blutbild mit Thrombozyten, Blutungszeit und Koagulationsbilanz mit Bestimmung des Faktors VIII) vor Behandlungsbeginn empfohlen sowie vor einem chirurgischen Eingriff und im Falle von Hämatomen oder spontanen Blutungen.
Wirkungen auf das Zentralnervensystem
Zu Behandlungsbeginn wurden einige Fälle von Hyperaktivität und Irritabilität verzeichnet, vor allem beim Kind. Dosisabhängig wird gelegentlich eine Somnolenz beobachtet. Ein Haltetremor, vor allem der Hände, der aber lediglich vorübergehend war, wurde einige Male beobachtet. Er kann eine Dosisreduktion notwendig machen.
Zentrale Wirkungen im Sinne einer Bewusstseinstrübung (im allgemeinen ohne weiteres reversibel) wurden vereinzelt bei Patienten beobachtet, bei denen Natriumvalproat ohne Einschleichen mit anderen Antiepileptika, vor allem mit Phenobarbital, kombiniert wurde.
Bei einer Langzeittherapie mit Orfiril zusammen mit anderen Antiepileptika, insbesondere Phenytoin, kann es zu Zeichen einer Enzephalopathie kommen mit vermehrten Krampfanfällen, Antriebslosigkeit, Stupor, muskulärer Hypotonie, choreatiformen Dyskinesien und schweren Allgemeinveränderungen im EEG.
Wirkung auf den Appetit und das Körpergewicht
Die Verabreichung von Valproat kann zu einer Appetitsteigerung und damit zu einer Gewichtszunahme führen (5-10% der Fälle). Dies trifft vor allem bei Jugendlichen und jungen Frauen zu.
Magen-Darm-Störungen
Sie treten vor allem in Form von Übelkeit und Magenschmerzen auf. Durch eine einschleichende Dosierung und die Einnahme zu Beginn der Mahlzeiten konnte die Häufigkeit dieser Nebenerscheinungen drastisch gesenkt werden. Sie können übrigens ohne weiteres auch symptomatisch bekämpft werden.
Andere unerwünschte Wirkungen
Beobachtet wurden Amenorrhöen und unregelmässige Regelblutungen. Darüber hinaus wurde über eine Veränderung der Geschmacksempfindung, Amblyopie, Tinnitus sowie vorübergehende und/oder dosisabhängige Haarausfälle berichtet.
Einzelfälle eines nach Absetzen von Natriumvalproat reversiblen Fanconi-Syndroms (metabolische Acidose, Phosphaturie, Aminoacidurie, Glucosurie) sind aus der Literatur bekannt.
In Ausnahmefällen wurde über das Auftreten von Vaskulitis berichtet, selten über reversiblen oder nicht-reversiblen Gehörverlust.
Bei Behandlung mit Natriumvalproat konnten Hautreaktionen wie exanthemischer Rash beobachtet werden. In seltenen Fällen wurde über das Auftreten von Lyell-Syndrom, Stevens-Johnson-Syndrom und polymorphem Erythem berichtet.
InteraktionenWirkungen von Valproat auf andere Medikamente
Valproinsäure ist ein Hemmer der Cytochrom P450-Isoenzyme CY2C9 und CYP3A. Die dadurch zu erwartenden metabolischen Effekte können entsprechenden Schemata entnommen werden. Folgende Interaktionen sind von besonderer Bedeutung:
Neuroleptika, MAO-Hemmer, Antidepressiva und Benzodiazepine
Orfiril kann die Wirkung anderer Neuropsychotropika, wie Neuroleptika, MAO-Hemmer, Antidepressiva und Benzodiazepine potenzieren, so dass eine klinische Überwachung und eine eventuelle Dosisanpassung erforderlich ist.
Phenobarbital
Orfiril erhöht die Plasmakonzentration von Phenobarbital (durch Hemmung des hepatischen Katabolismus) und bewirkt eine Sedation, hauptsächlich bei Kindern. Gleich zu Beginn der Behandlung müssen die Phenobarbital-Dosen herabgesetzt werden (1/3 bis ¼), mit gleichzeitiger klinischer Überwachung und eventueller Kontrolle des Phenobarbital-Plasmaspiegels.
Primidon
Orfiril erhöht die Plasmaspiegel von Primidon, wodurch die Nebenwirkungen zunehmen (Sedierung). Nach längerem Gebrauch hört diese Interaktion auf. Eine klinische Überwachung und eventuelle Anpassung der Primidon-Dosis werden besonders zu Beginn der Kombinationstherapie empfohlen.
Phenytoin
Orfiril erniedrigt den Gesamtplasmaspiegel von Phenytoin. Vor allem die ungebundene Phenytoin-Fraktion wird erhöht, so dass Überdosierungserscheinungen auftreten können (Valproinsäure verdrängt Phenytoin von seinen Eiweissbindungen und verlangsamt seinen hepatischen Katabolismus).
Klinische Überwachung empfiehlt sich. Bei einer Konzentrationsbestimmung von Phenytoin muss vor allem der ungebundene Anteil in Betracht gezogen werden.
Carbamazepin
Bei der Kombination von Natriumvalproat/Valproinsäure und Carbamazepin wurde über klinische Toxizität berichtet, da Natriumvalproat/Valproinsäure die Toxizität von Carbamazepin potenzieren kann. Eine klinische Überwachung wird daher besonders zu Beginn der Kombinationsbehandlung empfohlen, die Dosis muss eventuell angepasst werden.
Lamotrigin
Bei gleichzeitiger Gabe von Lamotrigin und Natriumvalproat kommt es zu einer ausgeprägten Erhöhung der Lamotriginspiegel, weil die Elimination von Lamotrigin gehemmt wird. Im allgemeinen wird empfohlen, nur ein Viertel der üblichen Dosis von Lamotrigin zu geben, wenn gleichzeitig Natriumvalproat eingesetzt wird.
Zidovudin
Natriumvalproat/Valproinsäure kann die Plasmakonzentration von Zidovudin erhöhen, wodurch dessen Toxizitätsrisiko steigt.
Wirkungen anderer Medikamente auf Valproinsäure
Enzyminduzierende Antiepileptika (namentlich Phenytoin, Phenobarbital, Carbamazepin) erniedrigen die Valproinsäure-Serumkonzentration. In Assoziation ist die Behandlung je nach Blutkonzentration anzupassen. Bei der Kombination von Felbamat und Natriumvalproat kann man eine Zunahme der Serumkonzentration von Valproinsäure beoachten. Die Überwachung der Plasmaspiegel ist erforderlich.
Mefloquin steigert den Metabolismus der Valproinsäure und besitzt darüber hinaus eine konvulsionsfördernde Wirkung; daher besteht bei einer Kombination das Risiko des Auftretens epileptischer Anfälle. Die gleichzeitige Verabreichung von Orfiril und Substanzen mit hoher Eiweissbindung (Aspirin) kann eine Erhöhung der freien Serumkonzentration von Valproinsäure bewirken. Durch die gleichzeitige Einnahme von Cimetidin oder Erythromycin können die Serumspiegel von Valproinsäure steigen (Abnahme seines hepatischen Metabolismus).
Andere Interaktionen
Valproinsäure beeinflusst gewöhnlich die Enzymsysteme nicht, weshalb es auch bei Frauen, die unter hormoneller Antikonzeption stehen, die Gesamtplasmaspiegel an Östrogen und Gestagen nicht senkt. Aus dem gleichen Grund senkt es auch den Gesamtplasmaspiegel der Anti-Vitamin-K-Mittel nicht. Hingegen kann sie eine Erhöhung der freien Plasmafraktion von Warfarin bewirken, da kompetitiv Warfarin aus seiner Albuminbindung verdrängt wird. Bei einer Behandlung mit Vitamin -K-Antagonisten ist daher eine besonders sorgfältige Überwachung des Prothrombinspiegels erforderlich.
ÜberdosierungDas Vergiftungsbild ist gekennzeichnet durch Verwirrtheitszustände, Sedation bis hin zum Koma, Muskelschwäche, und Hypo- bzw. Areflexie.
Ein spezifisches Antidot ist nicht bekannt. Die Therapie muss sich deshalb auf allgemeine Massnahmen zur Entfernung des Arzneistoffes aus dem Organismus und Stützung der Vitalfunktionen beschränken.
Initial sind eine Magenspülung und die Gabe von Aktivkohle, sowie intensivmedizinische Überwachung erforderlich. Hämodialyse und forcierte Diurese können wirksam sein, Peritonealdialyse ist wenig wirksam. Über die Wirksamkeit der hämatogenen Kohleperfusion sowie der kompletten Plasmasubstitution und Transfusion liegen keine ausreichenden Erfahrungen vor. Aus diesem Grunde wird eine intensive internistische Therapie einschliesslich Kontrolle der Plasmakonzentration empfohlen. Die intravenöse Gabe von Naloxon zur Aufhellung der Bewusstseinstrübung ist in einem Fall als wirksam beschrieben worden.
Sonstige HinweiseHinweise für Diabetiker und Kinder
Orfiril Sirup enthält die Süsstoffe Saccharin-Natrium und Natriumcyclamat. Ansonsten ist die Lösung zucker- und alkoholfrei und daher, unter ärztlicher Aufsicht, auch für Diabetiker und Kinder geeignet.
Haltbarkeit
Unter 25 °C und trocken aufbewahren.
Wichtigste Inkompatibilitäten
Es wird empfohlen, keine kohlensäurehaltigen Getränke wie Mineralwasser oder ähnliches mit der nicht magensaftresistenten Lösung (Sirup) zusammen einzunehmen.
IKS-Nummern43223, 43225, 54268.
Stand der InformationSeptember 2000.
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