Eigenschaften/WirkungenATC-Code
C01DA02
Wirkungsmechanismus / Pharmakodynamik
Nitroglycerin bewirkt eine Entspannung der gesamten glatten Muskulatur. Im Gefässsystem wirkt es vorwiegend auf die systemischen Venen und zusätzlich auf die grossen Koronararterien.
Bei geringer Dosis wird Nitroglycerin durch die mitochondriale Aldehyd-Dehydrogenase-Aktivität bioaktiviert und durch die glutathion-abhängige Organische-Nitrat-Reduktase in Nitrite und denitrierte Metaboliten (1,2-Glyceryldinitrat und 1,3-Glyceryldinitrat) umgewandelt. Die Nitrite werden ihrerseits durchCytochromoxidase oder durch saure Disproportionierung (H+) in Nitroxid (NO) oder ähnliche Verbindungen umgewandelt. Diese aktivieren die wasserlösliche Guanylcyclase und bewirken eine cGMP-Signalgebung durch die cGMP-abhängige Proteinkinase, was eine Entspannung der glatten Muskulatur bewirkt. Glyceryldinitrat, Mononitrat und Nitroglycerin werden bei hohen Dosen durch Cytochrom P450 Enzyme im glatten Endoplasmatischen Retikulum aktiviert, was direkt zur Bildung von NO führt.
Bei Angina pectoris beruht der grundlegende Wirkungsmechanismus auf einer Erhöhung der venösen Kapazität (venöses Pooling), was den Blutrückstrom zum Herzen vermindert. Dies bewirkt eine Abnahme des linksventrikulären enddiastolischen Drucks (= Vorlast) und in Zusammenhang damit auch des Füllungsdruckes, was wiederum zu einer Senkung des myokardialen Sauerstoffverbrauchs in Ruhe und v.a. unter Belastung und dadurch zu einer Steigerung der Belastungsfähigkeit führt.
Im Koronarsystem übt Nitroglycerin eine dilatatorische Wirkung sowohl auf die extramuralen zuführenden Gefässe als auch auf die kleinen Widerstandsgefässe aus.
Es bestehen Hinweise, dass das Medikament durch selektive Dilatation der grossen epikardialen Gefässe eine Umverteilung der Koronardurchblutung zugunsten der ischämischen subendokardialen Bezirke zu bewirken vermag, selbst wenn kleine exzentrische atherosklerotische Stenosen vorliegen.
Nitroglycerin löst auch spontane oder durch Ergometrin hervorgerufene Spasmen.
Nitroglycerin erweitert dosisabhängig das arterioläre Gefässbett, wodurch sich eine Verminderung des systemischen vaskulären Widerstands (Nachlast) und eine Verringerung der linksventrikulären systolischen Wandspannung ergibt. Das führt dann zu einer Reduktion des myokardialen Sauerstoffverbrauchs.
Für die meisten zur Langzeitbehandlung der Angina pectoris bestimmten Medikamente gibt es Dosierungsschemata, die so angelegt sind, dass Plasmakonzentrationen erreicht werden, die ständig höher sind als die geringste noch wirksame Konzentration. Ein solches Dosierungsschema ist aber wahrscheinlich für organische Nitrate nicht geeignet. In einigen kontrollierten klinischen Studien mit Prüfung der Belastungstoleranz wurde zwar nachgewiesen, dass die Wirksamkeit auch dann aufrechterhalten blieb, wenn das Pflaster kontinuierlich getragen wurde. In der Mehrzahl solcher kontrollierten Versuche wurde jedoch schon im Laufe des ersten Behandlungstages eine Toleranzentwicklung beobachtet, d.h. der Belastungstest ergab eine Abschwächung der Wirkung. Wie aus pharmakologischen Gründen nicht anders zu erwarten, wurde die Toleranz auch mit hohen transdermalen Dosen (über 4 mg/h) beobachtet.
Die Wirksamkeit der organischen Nitrate wird nach einer medikamentenfreien Unterbrechung wiederhergestellt. Das kürzeste für die Wiederherstellung der Ansprechbarkeit notwendige Intervall wurde noch nicht genau bestimmt. Es ist bekannt, dass Intervalle von 8-12 h genügen. Kürzere Unterbrechungen wurden noch nicht eingehend untersucht. Bei intermittierender Anwendung führte Nitroderm TTS in einer Dosierung von 0.4-0.8 mg/h (20-40 cm²) während 8-12 h zu einer erhöhten Belastbarkeit.
Die Resultate der kontrollierten klinischen Versuche lassen den Schluss zu, dass im Vergleich mit Placebo die intermittierende Verabreichung von Nitraten möglicherweise mit einer verminderten Belastungstoleranz während des letzten Teils des nitratfreien Intervalls in Zusammenhang steht. Die klinische Relevanz dieser Beobachtung ist nicht bekannt (s. «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Bei chronischer Herzinsuffizienz wird durch die venenerweiternde Wirkung von Nitroglyzerin der erhöhte linksventrikuläre Füllungsdruck vermindert, wobei das Herzminutenvolumen gleich bleibt oder leicht ansteigt.
Die günstigen Effekte von Nitroglycerin beschränken sich auf die schweren Formen der Herzinsuffizienz, bei denen die Symptome einer venösen Lungenstauung als Folge einer starken Erhöhung des linksventrikulären Füllungsdrucks im Vordergrund stehen. Ist eine Erhöhung des Schlagvolumens erwünscht, wird die Kombinationsbehandlung mit einem arteriellen Vasodilatator, z.B. Hydralazin empfohlen.
Klinische Wirksamkeit
Keine Angaben.
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