Unerwünschte WirkungenDie wichtigste akute unerwünschte Wirkung einer Insulinbehandlung ist die Hypoglykämie (Blutzuckerabfall unter 2–3 mmol/l).
Die beobachteten Nebenwirkungen bei Patienten, die Insulin verwenden, sind hauptsächlich dosisabhängig und werden durch die pharmakologische Wirkung des Insulins verursacht. Bei allen Insulinen ist die Hypoglykämie generell die häufigste unerwünschte Wirkung. Eine solche kann auftreten, wenn die Insulindosis zu hoch im Vergleich zum Insulinbedarf ist. Die Häufigkeit variiert in den klinischen Studien und gemäss den Erfahrungen nach Markteinführung je nach Patientenpopulation und Dosierungsschema, sodass keine spezifische Häufigkeit angegeben werden kann, ist aber häufig bis sehr häufig.
Schwere Hypoglykämien können zu Bewusstlosigkeit und/oder zu Krämpfen mit vorübergehenden oder dauerhaften Störungen der Gehirnfunktion oder sogar zum Tod führen.
Die Warnsymptome einer Hypoglykämie sind
Neurovegetative Zeichen: Schwitzen, Hungergefühle, Zittern (neurovegetative Warnsymptome), Blässe, Herzklopfen, Kopfschmerzen.
Neuroglykopenische Zeichen: Konzentrationsstörungen, Verhaltensauffälligkeiten (Unruhe, Reizbarkeit, Aggressivität, Verwirrtheit, u.a.), Bewusstseinsstörungen, Koordinations-, Seh- und Sprachstörungen. Diese können über Benommenheit und Somnolenz bis zum Koma fortschreiten. Die Hypoglykämie kann auch zu epileptischen Anfällen führen oder als zerebraler Insult, z.B. mit Hemiparese, Aphasie, positivem Babinskizeichen, imponieren.
Abgeschwächte/veränderte Warnsymptome
Besonders bei Einstellung auf tiefe Blutzuckerwerte (z.B. bei Mehrfachinjektionen nach dem Basis-Bolus-Prinzip: Injektion von kurzwirkendem Insulin vor den drei Hauptmahlzeiten, eine Injektion von Depotinsulin am Abend), aber auch bei lang bestehendem Diabetes (u.U. mit Neuropathie), bei Präparatewechsel u.a. können die Warnsymptome der Hypoglykämie verändert und die neurovegetativen Symptome abgeschwächt sein oder erst spät auftreten. Dies wurde von einigen Patienten auch nach Umstellung von tierischem auf humanes Insulin, aber auch sonst gelegentlich bei Präparatewechsel beobachtet.
Der Insulin behandelte Diabetiker und seine Umgebung sind deshalb zu instruieren, dass sich eine Hypoglykämie auch überraschend und primär durch neuroglykopenische Zeichen wie Konzentrationsstörungen, Unruhe, Verhaltensauffälligkeiten und Bewusstseinsstörungen anzeigen kann, so dass er eventuell nicht früh genug mit Einnahme von Zucker reagiert.
Die Umstellung auf ein anderes Insulinpräparat soll nur unter sorgfältiger ärztlicher Kontrolle und nach genauer Instruktion erfolgen. Auch Dosis und Zeitpunkt der Injektion sollen nur nach Absprache mit dem Arzt oder auf seine Anweisung geändert werden.
Als Ursachen einer Hypoglykämie kommen in Frage: Auslassen einer Mahlzeit, Erbrechen, Durchfall, aussergewöhnliche körperliche Anstrengung, Insulinüberdosierung, endokrine Krankheiten wie Nebennierenrindeninsuffizienz, Hypothyreose u.a.
Therapie der Hypoglykämie siehe unter «Überdosierung».
Nach jeder schweren Hypoglykämie ist die Diabeteseinstellung zu überprüfen, der Patient ist anzuweisen, den Arzt über jede durchgemachte schwere Hypoglykämie zu orientieren.
Hyperglykämisches/ketoazidotisches Koma
Entwickelt sich als Folge eines überhöhten Blutzuckers langsam über Stunden und Tage. Erste Anzeichen sind Durst, grosse Urinmengen, Appetitlosigkeit, Müdigkeit, trockene Haut, schnelle und tiefe Atmung, Blutzucker über 20 mmol/l sowie hohe Glukose- und (meist) Acetonwerte im Urin. Als Ursachen kommen in Frage: Diätfehler, Auslassen resp. Verringern von Insulininjektionen oder erhöhter Insulinbedarf wegen Infektionen oder anderer Krankheiten.
Der Patient soll angewiesen werden, bei den ersten Anzeichen einer Überzuckerung sofort den Arzt aufzusuchen.
Die Häufigkeit von unerwünschten Wirkungen, die in klinischen Studien beobachtet wurde und bei welcher gemäss einer Gesamtbeurteilung ein Zusammenhang mit dem Insulin erwogen wird, ist untenstehend aufgelistet. Die Häufigkeit ist wie folgt definiert: gelegentlich (>1/1000, <1/100). Vereinzelte spontane Fälle werden als sehr selten definiert (<1/10’000).
Immunsystem
Urtikaria und Ausschlag – gelegentlich.
Anaphylaktische Reaktionen – sehr selten.
Symptome einer generalisierten Überempfindlichkeitsreaktion sind generalisierte Hautrötung, Jucken, Schwitzen, gastrointestinale Beschwerden, angioneurotische Ödeme, Atembeschwerden, Herzklopfen und Blutdrucksenkung. Generalisierte Überempfindlichkeitsreaktionen sind potentiell lebensgefährlich.
Nervensystem
Periphere Neuropathie – gelegentlich.
Eine rasche Besserung der Blutzuckereinstellung kann mit einem Zustand, der als «akuten, schmerzhaften Neuropathie» bezeichnet wird, assoziert werden, und ist in der Regel vorübergehend.
Augen
Refraktionsanomalien – gelegentlich.
Zu Beginn einer Insulintherapie können Refraktionsanomalien auftreten, die aber in der Regel von vorübergehender Natur sind.
Diabetische Retinopathie – gelegentlich.
Langfristige verbesserte Blutzuckereinstellung vermindert das Risiko der Progression einer diabetischen Retinopathie. Jedoch kann eine Intensivierung der Insulintherapie mit einer abrupten Verbesserung der Blutzuckereinstellung zu einer Verschlechterung einer diabetischen Retinopathie führen.
Allgemeine Störungen und Reaktionen an der Applikationsstelle
Ödeme – gelegentlich.
Zu Beginn einer Insulintherapie können Ödeme auftreten, die aber in der Regel von vorübergehender Natur sind.
Lipodystrophie – gelegentlich.
Eine Lipodystrophie kann an der Injektionsstelle auftreten, wenn die Einstichstelle innerhalb eines Injektionsbereiches nicht regelmässig gewechselt wird.
Lokale Überempfindlichkeitsreaktionen – häufig.
Bei einer Insulinbehandlung können lokale Überempfindlichkeitsreaktionen (Rötung, Schwellung, Juckreiz, Schmerzen und Hämatom an der Injektionsstelle) auftreten. Die meisten Reaktionen sind in der Regel vorübergehend und verschwinden im Laufe einer kontinuierlichen Behandlung.
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