Eigenschaften/WirkungenATC-Code
B01AD02
Pharmakotherapeutische Gruppe: Antithrombotisches Mittel.
Wirkungsmechanismus
Der Wirkstoff von Actilyse ist ein gentechnologisch hergestelltes humanes Glykoprotein, das Plasminogen direkt zu Plasmin aktiviert. Bei intravenöser Verabreichung bleibt Actilyse im Kreislauf relativ inaktiv, bis es an Fibrin bindet. Durch die Bindung an Fibrin wird Actilyse aktiviert, induziert die Umwandlung von Plasminogen zu Plasmin und führt damit zur Auflösung des Fibringerinnsels.
Pharmakodynamik
Aufgrund seiner relativen Fibrinspezifität bewirkt Actilyse bei Verabreichung einer Gesamtdosis von 100 mg eine mässige Senkung der zirkulierenden Fibrinogen-Werte auf ca. 60% nach 4 Stunden, wobei diese nach 24 Stunden wieder auf 80% ansteigen. Plasminogen und Alpha-2-Antiplasmin fallen nach 4 Stunden auf 20% bzw. 35% ab, und steigen nach 24 Stunden wieder auf über 80% an. Eine ausgeprägte und langdauernde Senkung des Fibrinogenspiegels im Blut ist nur bei wenigen Patienten zu beobachten.
Klinische Wirksamkeit
Patienten mit akutem Myokardinfarkt
Bei Patienten mit akutem Myokardinfarkt wurden zwei Dosisschemata von Actilyse untersucht. Es erfolgte keine vergleichende Beurteilung der Wirksamkeit dieser beiden Schemata.
Beschleunigte Infusion bei Patienten mit akutem Myokardinfarkt
Die beschleunigte Infusion von Actilyse wurde im Rahmen einer internationalen, multizentrischen Studie (GUSTO) untersucht, in der 41021 Patienten mit akutem Myokardinfarkt randomisiert vier Thrombolyse-Schemata zugeteilt wurden. Die Verabreichung von 100 mg Actilyse über 90 Minuten, in Kombination mit einer gleichzeitigen intravenösen Heparin-Infusion, hatte eine geringere Mortalität nach 30 Tagen (6,3 %) zur Folge als die Verabreichung von Streptokinase, 1,5 Millionen IE über 60 Minuten mit subkutanem oder intravenösem Heparin (7,3 %). Die absolute Reduktion der 30-Tages-Mortalität unter Actilyse gegenüber Streptokinase von 1 % war statistisch signifikant (p = 0,001).
Mit Actilyse behandelte Patienten wiesen 60 und 90 Minuten nach der Thrombolyse eine höhere Durchgängigkeitsrate von Infarkt-bezogenen Gefässen auf als mit Streptokinase behandelte Patienten. Nach 180 Minuten oder später wurden keine Unterschiede bei der Durchgängigkeitsrate beobachtet.
Eine grosse Mortalitätsstudie (ASSENT 2) mit etwa 17000 Patienten zeigte, dass Alteplase und Tenecteplase im Hinblick auf die Reduktion der Mortalität therapeutisch äquivalent sind (6,2 % für beide Behandlungen, nach 30 Tagen). Die Anwendung von Tenecteplase war mit einer signifikant niedrigeren Inzidenz von nicht-intrakraniellen Blutungen verbunden als die Anwendung von Alteplase (26,4 % versus 28,9 %, p = 0,0003). Die Verringerung des Blutungsrisikos steht wahrscheinlich im Zusammenhang mit der höheren Fibrin-Spezifität von Tenecteplase und dem gewichtsabhängigen Dosisschema.
3-stündige Infusion bei Patienten mit akutem Myokardinfarkt
In einer doppelblinden, randomisierten Studie (5013 Patienten), die Actilyse mit Placebo verglich (ASSET-Studie), zeigten Patienten, denen innerhalb von 5 Stunden nach Beginn der Symptome eines akuten Myokardinfarkts Actilyse infundiert wurde, eine Verbesserung des 30-Tages-Überlebens gegenüber mit Placebo behandelten Patienten. Nach 1 Monat betrug die allgemeinen Mortalitätsrate in der Actilyse-Behandlungsgruppe 7,2 % und in der Placebogruppe 9,8 % (p = 0,001). Dieser Vorteil in der Actilyse-Gruppe gegenüber der Placebogruppe blieb über 6 Monate erhalten (10,4 % vs. 13,1 %, p = 0,008).
In einer doppelblinden, randomisierten Studie (721 Patienten), die Actilyse mit Placebo verglich, hatten Patienten, denen innerhalb von 5 Stunden nach Symptombeginn Actilyse infundiert wurde, 10 – 22 Tage nach der Behandlung eine bessere linksventrikuläre Funktion als die Patienten der Placebogruppe, wenn die globale Ejektionsfraktion mittels Kontrastventrikulographie bestimmt wurde (50,7 % versus 48,5 %, p = 0,01). Bei den mit Actilyse behandelten Patienten fiel der Infarkt signifikant um 20 % kleiner aus [bestimmt über die kumulative freigesetzte HBD-(α-Hydroxybutyratdehydrogenase)-Aktivität] als bei den mit Placebo behandelten Patienten (p = 0,001). Mit Actilyse behandelte Patienten hatten weniger Episoden von kardiogenem Schock, Kammerflimmern und Perikarditis. Zudem war die 14-Tages-Mortalität bei den mit Actilyse behandelten Patienten auf 2,8 % verringert, gegenüber 5,7 % bei den mit Placebo behandelten Patienten (nicht signifikant). In der Actilyse Gruppe waren 6 Patienten mit dokumentierten hämorrhagischen Schlaganfall und 1 Patient mit einem ischämischen Schlaganfall, während in der Placebo Gruppe keine Schlaganfälle auftraten. Diese Daten belegen zwar nicht eindeutig eine signifikante Reduktion der Mortalität in dieser Studie, weisen aber auf eine Tendenz hin, die durch die Ergebnisse der ASSET-Studie unterstützt wird.
In einer placebokontrollierten Studie (LATE) mit 5711 Patienten mit akutem Myokardinfarkt und 6 bis 24 Stunden zurückliegendem Symptombeginn wurde die Infusion von 100 mg Actilyse über 3 Stunden mit Placebo verglichen. Unter Actilyse wurde eine nicht-signifikante Reduktion der 30-Tages-Mortalität um 14,1 % (95%-KI: 0 – 28,1 %; p > 0,05) beobachtet. In einer vom Steering Committee verlangten Überlebensanalyse zu Patienten, die innerhalb von 12 Stunden nach Symptombeginn behandelt wurden, wurde eine signifikante Reduktion der Mortalität um 25,6 % zugunsten von Actilyse (95%-KI: 6,3 – 45 %; p = 0,023) beobachtet.
Patienten mit akuter massiver Lungenembolie
In einer randomisierten Vergleichsstudie zwischen Alteplase und Urokinase bei 63 Patienten mit angiographisch dokumentierter akuter massiver Lungenembolie war in beiden Behandlungsgruppen eine signifikante Reduktion der einer durch die Lungenembolie induzierten pulmonalen Hypertonie zu beobachten. Der pulmonäre arterielle Mitteldruck (PAPm) sank in beiden Gruppen innert 12 Std. von 28±7 mmHg auf 17±6 mmHg. Die pulmonale Hämodynamik verbesserte sich unter Actilyse signifikant schneller als unter Urokinase (Behandlung x Zeit-Interaktion: p=0.0006).
Patienten mit akutem ischämischem Hirnschlag
Zum akuten ischämischen Hirnschlag wurden mehrere Studien durchgeführt. Die NINDS-Studie ist die einzige Studie ohne obere Altersbegrenzung, d.h. sie schliesst auch Patienten über 80 Jahren ein. Alle anderen Studien schlossen Patienten über 80 Jahren aus. Der Nutzen einer Thrombolyse bei Patienten mit akutem ischämischem Hirnschlag sollte individuell gegen die erwarteten Risiken abgewogen werden.
Zwei placebokontrollierte, doppelblinde Studien (NINDS t-PA Stroke Trial, Teil 1 und Teil 2) schlossen Patienten mit messbarem neurologischem Defizit ein, die innerhalb von 3 Stunden nach Symptombeginn ein Screening absolvieren und die Behandlung beginnen konnten. Vor der Behandlung wurde eine Computertomographie (CT) des Schädels angefertigt, um eine symptomatische intrakranielle Blutung auszuschliessen. Ausserdem wurden Patienten ausgeschlossen, die mit einem erhöhten Blutungsrisiko einhergehende Störungen, ein geringes neurologisches Defizit, eine sich schnell bessernde Symptomatik vor Beginn der Studienbehandlung oder einen Blutzuckerspiegel < 50 mg/dl oder > 400 mg/dl aufwiesen. Die Patienten wurden randomisiert einer Behandlung mit 0,9 mg/kg Actilyse (maximal 90 mg) oder Placebo zugeteilt. Actilyse wurde als initialer Bolus von 10 % der Dosis über 1 Minute mit anschliessender intravenöser Dauerinfusion der restlichen Dosis über 60 Minuten verabreicht.
Die initiale Studie (NINDS-Teil 1, n = 291) beurteilte die neurologische Besserung 24 Stunden nach Eintritt des Hirnschlags. Der primäre Endpunkt, der Anteil der Patienten mit einer Besserung des Punktwertes auf der Hirnschlagskala der National Institutes of Health (NIHSS-Skala) um 4 Punkte oder mehr oder vollständiger Wiederherstellung (NIHSS-Score = 0), fiel zwischen den Behandlungsgruppen nicht signifikant unterschiedlich aus. Eine sekundäre Analyse wies anhand der folgenden Skalen für die Beurteilung des Hirnschlags auf ein besseres Behandlungsergebnis nach 3 Monaten im Zusammenhang mit der Actilyse-Behandlung hin: Barthel-Index, Modifizierte Rankin-Skala (mRS), Glasgow Outcome Scale und NIHSS-Skala. In einer zweiten Studie (NINDS-Teil 2, n = 333) war das Behandlungsergebnis nach 3 Monaten der primäre Endpunkt. Ein positives Behandlungsergebnis war definiert als minimale oder keine Behinderung auf den vier zur Beurteilung des Hirnschlags eingesetzten Skalen: Barthel-Index (Punktwert ≥95), Modifizierte Rankin-Skala (Punktwert ≤1), Glasgow Outcome Scale (Punktwert = 1) und NIHSS-Skala (Punktwert ≤1). Die Odds-Ratio für ein positives Behandlungsergebnis betrug in der Actilyse-Gruppe 1,7 (95%-KI: 1,2 – 2,6). Im Vergleich zu Placebo betrug die absolute Zunahme der Anzahl der Patienten mit minimaler oder keiner Behinderung 13 % (mRS 0 – 1) (OR: 1,7; 95%-KI: 1,1 – 2,6). Darüber hinaus war auch auf anderen neurologischen Skalen und Invaliditäts-Skalen ein einheitlicher Nutzen von Actilyse zu beobachten. Sekundäre Analysen zeigten auf allen vier zur Beurteilung des Hirnschlags eingesetzten Skalen auf der Grundlage der Mediane der Punktwerte einheitlich eine funktionelle und neurologische Besserung. Diese Ergebnisse wiesen eine hohe Übereinstimmung mit den 3-Monats-Daten zur Wirkung der Behandlung in Teil 1 der Studie auf. Nach Behandlung mit Actilyse wurden signifikant mehr symptomatische intrakranielle Blutungen (gemäss NINDS-Definition) innerhalb von 36 Stunden beobachtet als unter Placebo (Actilyse 6,4 %; Placebo 0,65 %). Hingegen kam es bei den mit Actilyse-behandelten Patienten im Vergleich zu Placebo nicht zu einer erhöhten 90-Tages-Mortalität oder erhöhten Inzidenz von schwerwiegenden Behinderungen (Actilyse 20,5 %; Placebo 17,3 %).
Eine gepoolte Analyse mit 2775 Patienten aus 6 grösseren randomisierten klinischen Studien (NINDS Teil 1 und 2, zwei ECASS-Studien und ATLANTIS Teil A und B) untersuchte den Behinderungsstatus von mit Actilyse oder Placebo behandelten Patienten. In dieser Analyse nahm die Chance auf ein positives Behandlungsergebnis nach 3 Monaten zu, je kürzer die Zeit bis zur Actilyse-Behandlung gewesen war. Symptomatische intrakranielle Blutungen waren bei 5,9 % der mit Actilyse behandelten Patienten gegenüber 1,1 % der Kontrollen zu beobachten (p < 0,0001) und zeigten einen Zusammenhang mit dem Alter, nicht jedoch mit der Zeit bis zur Behandlung. Diese Analyse bietet starke Unterstützung für die Feststellung, dass eine schnelle Behandlung mit Actilyse mit einem besseren Behandlungsergebnis nach 3 Monaten verbunden ist. Darüber hinaus liefert sie Evidenz, dass das therapeutische Fenster bis auf 4,5 Stunden ausgedehnt werden kann.
In einer grossen Beobachtungsstudie (SITS-MOST: The Safe Implementation of Thrombolysis in Stroke-Monitoring Study) wurde die Sicherheit und Wirksamkeit von Actilyse bei der Behandlung von akuten Hirnschlägen innerhalb von 3 Stunden im routinemässigen klinischen Alltag bestimmt und mit den Ergebnissen randomisierter klinischer Studien (RCT) verglichen. Bei allen Patienten mussten die Bedingungen der europäischen Fachinformation (EU-SPC) für Actilyse eingehalten werden. Es wurden Behandlungs- und Verlaufsdaten von 6483 Patienten aus 285 Zentren in 14 europäischen Ländern erhoben. Primärer Endpunkt waren symptomatische intrakranielle Blutungen innerhalb von 24 Stunden und die Mortalität nach 3 Monaten. Die in der SITS-MOST-Studie beobachtete Rate von symptomatischen intrakraniellen Blutungen zum Tage 7 war der aus randomisierten Studien beschriebenen Rate ähnlich: 7,3 % (95%KI: 6,7 – 8,0) in der SITS-MOST-Studie versus 8,6 % (95%-KI: 6,1 – 11,1) in RCT. Die Mortalität betrug in der SITS-MOST-Studie 11,3 % (95%-KI: 10,5 – 12,1) gegenüber 17 % (95%-KI: 13,9 – 20,7) in RCT. Die Ergebnisse der SITS-MOST-Studie weisen darauf hin, dass die innerhalb von 3 Stunden nach Eintreten des Hirnschlags erfolgende Anwendung von Actilyse im routinemässigen klinischen Alltag ebenso sicher ist wie in klinischen Studien beschrieben.
Die ECASS-III-Studie war eine placebokontrollierte, doppelblinde Studie bei Patienten mit akutem Hirnschlag und einem Behandlungs-Zeitfenster von 3 bis 4,5 Stunden. Die Studie schloss Patienten mit messbarem neurologischem Defizit ein, bei denen die Bedingungen der europäischen Fachinformation (EU-SPC) mit Ausnahme des Zeitfensters eingehalten wurden. Nach Ausschluss einer Hirnblutung oder eines grösseren Infarkts mittels Computertomographie wurden Patienten mit akutem ischämischem Hirnschlag randomisiert und doppelblind im Verhältnis 1:1 entweder intravenöser Alteplase (0,9 mg/kg Körpergewicht) oder Placebo zugeteilt. Primärer Endpunkt war eine Behinderung nach 90 Tagen, aufgeteilt nach günstigem (modifizierte Rankin-Skala [mRS] 0 bis 1) oder ungünstigem (mRS 2 bis 6) Verlauf. Wichtigster sekundärer Endpunkt war eine globale Verlaufsanalyse anhand der Kombination aus vier neurologischen Skalen und Invaliditäts-Skalen. Sicherheitsendpunkte umfassten Mortalität, symptomatische intrakranielle Blutungen und schwerwiegende unerwünschte Ereignisse. Insgesamt wurden 821 Patienten (418 Alteplase/403 Placebo) randomisiert. Mehr der mit Alteplase (52,4 %) als der mit Placebo (45,2 %; Odds-Ratio [OR]: 1,34; 95%-KI 1,02 – 1,76; p = 0,038) behandelten Patienten erzielten ein günstiges Ergebnis. Auch bei der globalen Analyse ergab sich ein besseres Behandlungsergebnis unter Alteplase (OR: 1,28; 95%-KI: 1,00 – 1,65; p = 0,048). Die mit Alteplase behandelten Patienten wiesen eine höhere Inzidenz von (symptomatischen / nicht-Symptomatischen) intrakraniellen Blutungen auf als die mit Placebo behandelten Patienten (alle intrakraniellen Blutungen: 27,0 % versus 17,6 %, p = 0,0012; symptomatische intrakranielle Blutungen gemäss NINDS-Definition: 7,9 % versus 3,5 %, p = 0,006; symptomatische intrakranielle Blutungen gemäss ECASS-III-Definition 2.4% versus 0.2 %, p = 0.008). Die Mortalität war gering und fiel unter Alteplase (7,7 %) und Placebo nicht signifikant unterschiedlich aus (8,4 %; p = 0,681). Die Ergebnisse der ECASS-III-Studie zeigen, dass Actilyse bei Verabreichung zwischen 3 und 4,5 Stunden nach Symptombeginn den klinischen Verlauf bei Patienten mit akutem ischämischem Hirnschlag signifikant verbessert.
Die Sicherheit und Wirksamkeit von Actilyse bei der Behandlung von akuten ischämischen Hirnschlägen im Zeitfenster von bis zu 4,5 Stunden zwischen Erstsymptomen und Behandlungsbeginn (onset to treatment time, OTT) wurde anhand eines laufenden Registers zu akuten ischämischen Hirnschlägen untersucht (SITS-ISTR: The Safe Implementation of Thrombolysis in Stroke registry). Es wurden die Daten für das primäre Behandlungsergebnis und Mortalitätsdaten von 21566 Patienten, die im Zeitfenster 0 bis 3 Stunden behandelt wurden, mit den Daten von 2376 Patienten, die 3 bis 4,5 Stunden nach Eintreten des akuten ischämischen Hirnschlags (Daten von 2010) behandelt wurden verglichen. Die Inzidenz von symptomatischen intrazerebralen Blutungen (gemäss SITS-MOST-Definition) war im Zeitfenster 3 bis 4,5 Stunden etwas höher (2.2 %) als im Zeitfenster bis 3 Stunden (1.7 %). Die Mortalitätsrate nach 3 Monaten fiel für das Zeitfenster 3 bis 4,5 Stunden (12,0 %) vergleichbar hoch aus wie für das Zeitfenster 0 bis 3 Stunden (12,3 %).
Ältere Patienten (> 80 Jahren)
Metaanalysen von adjustierten Daten von 6756 Patienten, darunter auch Personen über 80 Jahren, aus neun randomisierten Studien, in denen Alteplase mit Placebo oder unverblindeten Kontrollen verglichen wurde, untersuchten das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Alteplase bei Patienten > 80 Jahren.
Die Wirkung der Alteplase-Behandlung war bei Patienten bis 80 Jahren [mittlere Behandlungsverzögerung 4,1 Stunden: 990/2512 (39 %) mit Alteplase behandelte Patienten vs. 853/2515 (34 %) Patienten in der Kontrollgruppe erzielten ein gutes Behandlungsergebnis an Tag 90/180; OR 1,25, 95 %-KI 1,10 – 1,42] ähnlich wie bei jenen über 80 Jahren [mittlere Behandlungsverzögerung 3,7 Stunden: 155/879 (18 %) mit Alteplase behandelte Patienten vs. 112/850 (13 %) Patienten in der Kontrollgruppe erzielten ein gutes Behandlungsergebnis; OR 1,56, 95 %-KI 1,17 – 2,08].
Bei Patienten über 80 Jahren, die bis zu 3 Stunden nach dem Ereignis mit Alteplase behandelt wurden, wurde ein gutes Behandlungsergebnis bei 55/302 (18,2 %) im Vergleich zu 30/264 (11,4 %) in der Kontrollgruppe erzielt (OR 1,86, 95 %-KI 1,11 – 3,13); bei jenen Patienten, die zwischen 3 und 4,5 Stunden nach dem Ereignis mit Alteplase behandelt wurden, war das Behandlungsergebnis bei 58/342 (17,0 %) gut, im Vergleich zu 50/364 (13,7 %) in der Kontrollgruppe (OR 1,36, 95 %-KI 0,87 – 2,14).
Eine weitere Metaanalyse, die auf Basis derselben Datenbank mit einer Kohorte von Patienten, welche die Auswahlkriterien in der Fachinformation erfüllen, durchgeführt wurde, zeigte, dass die Wahrscheinlichkeit eines guten Ergebnisses nach Schlaganfall (mRS 0–1 an Tag 90/180) bis zu 4,5 Stunden nach Einsetzen der Schlaganfall-Symptome erhöht war, wobei der Nutzen einer früheren Behandlung grösser war (p-Wert für Interaktion 0,0203), und nicht vom Alter abhing (p-Wert = 0,7383).
Eine parenchymatöse Blutung Typ 2 trat innerhalb von 7 Tagen bei 231 (6,8 %) der 3391 mit Alteplase behandelten Patienten auf; in der Kontrollgruppe lag die Zahl bei 44 (1,3 %) von 3365 Patienten (OR 5,55, 95 %-KI 4,01 – 7,70).
Eine parenchymatöse Blutung Typ 2 mit tödlichem Ausgang trat innerhalb von 7 Tagen bei 91 (2,7 %) der mit Alteplase behandelten Patienten auf; in der Kontrollgruppe lag die Zahl bei 13 (0,4 %) Patienten (OR 7,14, 95 %-KI 3,98 – 12,79).
Bei Patienten über 80 Jahren, die mit Alteplase behandelt wurden, trat eine intrakranielle Blutung mit tödlichem Ausgang innerhalb von 7 Tagen bei 32/879 (3,6 %) auf, im Vergleich zu 4/850 (0,5 %) in der Kontrollgruppe (OR 7,95, 95 %-KI 2,79 – 22,60).
Unter den mit Alteplase behandelten Patienten im Alter bis einschliesslich 80 Jahren trat eine intrakranielle Blutung mit tödlichem Ausgang innerhalb von 7 Tagen bei 59/2512 Patienten (2,3 %) gegenüber 9/2515 Patienten (0,4 %) in der Kontrollgruppe auf (OR 6,93, 95%-KI 3,42 – 14,02).
Bei Patienten über 80 Jahren mit einem akuten ischämischen Schlaganfall besteht aufgrund ihres Alters und eines höheren NIHSS-Ausgangswerts ein höheres Risiko für ein schlechtes Ergebnis.
Die Behandlung mit Alteplase erhöht bei Patienten über 80 Jahren mit einem akuten ischämischen Schlaganfall die Wahrscheinlichkeit eines guten Behandlungsergebnisses (mRS-Score 0 – 1) an Tag 90/180 ohne Anstieg der Mortalität nach 90 Tagen im Vergleich zur Kontrollgruppe (267/879 [30,4 %] gegenüber 259/850 [30,5 %], OR 0,95, 95%-KI 0,76 – 1,18).
Die Mortalität nach 90 Tagen ist in der jüngeren Patientengruppe (≤80 Jahre) unabhängig von der Behandlung niedriger (341/2512 [13,6 %] für die mit Alteplase behandelten Patienten ≤80 Jahren gegenüber 297/2515 [11,8 %] für die Kontrollgruppe ≤80 Jahren, OR 1,25, 95%-KI 1,05 – 1,49).
In der älteren Population (> 80 Jahre) mit akutem ischämischem Schlaganfall, die mit Alteplase behandelt wurde, trat eine symptomatische intrakranielle Blutung bei 78/879 (8,9 %) auf, im Vergleich zu 17/850 (2 %) in der Kontrollgruppe (OR 4,80, 95%-KI 2,81 – 8,20).
In der mit Alteplase behandelten jüngeren Population (≤80 Jahre) mit akutem ischämischem Schlaganfall trat eine symptomatische intrakranielle Blutung bei 153/2512 Patienten (6,1 %) gegenüber 27/2515 Patienten (1,1 %) in der Kontrollgruppe auf (OR 6,20, 95%-KI 4,09 – 9,38).
Das SITS-ISTR-Register umfasst 8658 Patienten > 80 Jahren, die < 4,5 Stunden nach Auftreten eines Schlaganfalls behandelt wurden. Hieraus wurden die Daten von 2157 Patienten, die > 3 bis 4,5 Stunden nach Auftreten eines Schlaganfalls behandelt wurden mit denen von 6501 Patienten, die < 3 Stunden behandelt wurden, verglichen.
Die funktionelle Unabhängigkeit (mRS-Score 0 – 2) nach 3 Monaten betrug 36 bzw. 37 % (adjustierte OR 0,79, 95 %-KI 0,68 – 0,92), die Mortalität lag bei 29,0 % bzw. 29,6 % (adjustierte OR 1,10, 95 %-KI 0,95 – 1,28) und sICH (gemäss SITS-MOST-Definition) traten bei 2,7 % bzw. 1,6 % (adjustierte OR 1,62, 95 %-KI 1,12 – 2,34) auf.
Kinder und Jugendliche
Daten aus einer nicht-randomisierten Registerstudie ohne Vergleichsgruppe zu Schlaganfallpatienten im Alter von 16 – 17 Jahren mit bestätigter Alteplase-Therapie stammen aus dem SITS-ISTR (Safe Implementation of Treatments in Stroke – International Stroke Thrombolysis Register, ein unabhängiges internationales Register).
Bei einer Zwischenanalyse der laufenden Registerstudie wurden Daten von insgesamt 32 pädiatrischen Patienten mit einer bestätigten Anwendung von Alteplase in der Altersgruppe von 16–17 Jahren in das SITS-Register aufgenommen. Die mediane Alteplase-Dosis in dieser Altersgruppe betrug 0,9 mg/kg (0,83 – 0,99 mg/kg). Bei 30 von 32 Patienten wurde die Behandlung innerhalb des Zeitfensters von 4,5 Stunden nach Auftreten der ersten Schlaganfallsymptome eingeleitet (22 innerhalb von 3 h; 8 innerhalb von 3 – 4,5 h; 1 innerhalb von 5 – 5,5 h; 1 Fall: keine Angaben). Das Körpergewicht betrug 58 – 90 kg. Bei den meisten Patienten lag ein mittelschwerer oder ein mittelschwerer bis schwerer Schlaganfall mit einem medianen NIHSS-Ausgangswert von 9,0 vor (1 – 30).
Bei 24 von 32 Patienten waren mRS-Scores am Tag 90 vorhanden. Am Tag 90 wiesen 16 von 24 Patienten einen mRS-Score von 0 – 1 auf (keine Symptome oder keine wesentliche Behinderung), und 5 weitere Patienten hatten mRS=2 (leichte Behinderung). Das heisst, dass 21 von 24 Patienten (annähernd 90%) am Tag 90 gemäss mRS ein günstiges Endergebnis erreicht hatten. Bei den übrigen 3 Patienten war das gemeldete Endergebnis eine mittelschwere (mRS=3; n=1), eine mittelschwere bis schwere Behinderung (mRS=4; n=1) bzw. war innerhalb von 7 Tagen der Tod eingetreten (mRS=6; n=1).
Bei sieben Patienten war kein mRS-Score am Tag 90 angegeben. Laut den letzten verfügbaren Informationen hatten 3 dieser 7 Patienten am Tag 7 mRS=2, 3 der 7 Patienten berichteten am Tag 7 über eine eindeutige allgemeine Verbesserung und 1 der 7 Patienten mit einem mittelschweren bis schweren Schlaganfall bei Studienbeginn hatte am Tag 7 mRS=4.
Das Register verfügte auch über Sicherheitsdaten zu den Nebenwirkungen Blutungen und zerebralem Ödem bei 31 von 32 Patienten. Bei keinem der 31 Patienten in der Alterskategorie 16 – 17 Jahre waren symptomatische intrazerebrale Blutungen (sICH, ICH-Typ PH2) aufgetreten. In 5 Fällen entwickelte sich nach der Alteplase-Behandlung ein zerebrales Ödem. Bei 4 von 5 Patienten mit zerebralem Ödem wurde entweder ein mRS zwischen 0 und 2 am Tag 90 angegeben oder sie zeigten am Tag 7 nach der Behandlung eine allgemeine Verbesserung. Bei einem Patienten wurde am Tag 90 mRS=4 (mittelschwere bis schwere Behinderung) angegeben. Keiner dieser Fälle verlief tödlich.
Zusammengefasst enthielt das SITS-Register 31 Berichte über Patienten zwischen 16 und 17 Jahren mit akutem ischämischem Schlaganfall, die gemäss den Empfehlungen für Erwachsene mit Alteplase behandelt worden waren. Obwohl die geringe Fallzahl keine statistische Analyse zulässt, zeigen die Gesamtergebnisse eine positive Tendenz, wobei diese Patienten die entsprechende Dosis für Erwachsene erhalten hatten. Im Vergleich zu Erwachsenen lassen die Daten kein erhöhtes Risiko für symptomatische intrazerebrale Blutungen oder Ödeme erkennen.
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