PharmakokinetikAbsorption
Zidovudin zeigt eine gute enterale Absorption. Die absolute Bioverfügbarkeit war für die getesteten Dosen 60-70%. Nach oraler Verabreichung einer Retrovir AZT Lösung in einer Dosierung von 5 mg/kg alle 4 Stunden betrug die mittlere maximale Plasmakonzentration im Steady-State (Cssmax) 7,1 µM (oder 1,9 µg/ml). Der entsprechende Talspiegel (Cssmin) war 0,4 µM (oder 0,1 µg/ml). In einer Bioäquivalenzstudie betrugen die Cssmax und Cssmin nach Verabreichung von Retrovir AZT Kapseln alle 4 Std. in einer auf 200 mg normierten Dosis 4,5 µM (1,2 µg/ml) resp. 0,4 µM (0,1 µg/ml).
Distribution
Beim Erwachsenen betrug der Quotient der Zidovudin-Konzentration zwischen Liquor und Plasma 2-4 Stunden nach Applikation 0,15-1,35. Zidovudin passiert die Plazenta und lässt sich im Fruchtwasser und fötalen Blut in ähnlichen Konzentrationen wie im Plasma der Mutter nachweisen. Zidovudin ist ausserdem in der Samenflüssigkeit und in der Muttermilch nachgewiesen worden.
Bei Kindern lag der Quotient für die Verteilung zwischen Liquor und Plasma 0,5-4 Stunden nach oraler Verabreichung zwischen 0,52 und 0,85 und 1-5 Stunden nach einer 1-stündigen Infusion bei 0,87. Während einer kontinuierlichen intravenösen Infusion betrug der Quotient im Steady-State 0,24.
Die Plasmaproteinbindung beträgt 34-38%.
Metabolismus
Beim Menschen werden ca. 74% einer oralen Dosis im Urin in Form eines Glucuronidmetaboliten, dem 3'-Azido-3'-Deoxy-5'-O-b-D-Glucopyranuronosylthymidin (GZDV) und 14% als Zidovudin (ZDV) ausgeschieden, was einer Wiederauffindungsrate von ca. 90% entspricht. Zwei weitere, mengenmässig weniger bedeutsame Metaboliten des Zidovudin wurden ebenfalls identifiziert und zwar 3'-Amino-3'-Deoxythymidin (AMT) und sein 5'-O-Glucuronid (GAMT). Es wird angenommen, dass die Umwandlung von ZDV zu AMT via reduktive (nicht oxidative) Biotransformation über das Cytochrom P450 (CYP450)-System erfolgt. Obwohl bisher wenig bekannt ist über die Hemmung oder Förderung der reduktiven Biotransformation über das CYP450-System, kann eine Induktion des CYP450-Systems die Umwandlung zum AMT-Metaboliten erhöhen. Da jedoch die Bildung von AMT einen weniger bedeutenden Stoffwechselweg darstellt, ist eine klinisch signifikante Erhöhung des AMT nach Verabreichung der empfohlenen Dosis von 2× täglich 300 mg Zidovudin unwahrscheinlich.
Elimination
In Studien zur intravenösen Verabreichung von Zidovudin war die Plasmahalbwertszeit in der terminalen Eliminationsphase 1,1 Stunden. Die mittlere Ganzkörperclearance war 27,1 ml/min/kg und das scheinbare Verteilungsvolumen 1,6 l/kg. Die renale Zidovudin-Clearance ist deutlich grösser als die Kreatinin-Clearance, was auf eine erhebliche tubuläre Sekretion hinweist.
Kinetik spezieller Patientengruppen
Kinder
Bei Kindern über 5-6 Monaten gleicht das pharmakokinetische Profil von Zidovudin dem von Erwachsenen.
Zidovudin wird aus dem Gastrointestinaltrakt gut resorbiert. Bei allen untersuchten Dosierungen lag die absolute Bioverfügbarkeit zwischen 60 und 74%; der Durchschnittswert betrug 65%.
Nach wiederholter Verabreichung von Zidovudin-Sirup in Dosen von 120 bzw. 180 mg/m2KO wurden maximale Plasmakonzentrationen (Cssmax) von 4,45 µmol/l (entspricht 1,19 µg/ml), bzw. 7,7 µmol/l (entspricht 2,06 µg/ml) ermittelt.
Nach intravenöser Gabe betrug die terminale Halbwertszeit zirka 1,5 Stunden und die Ganzkörperclearance 30,9 ml/min/kg. Die Ausscheidung erfolgte überwiegend über die Metabolisierung zum 5'-Glucuronid. Nach intravenöser Verabreichung wurden 29% der verabreichten Dosis unverändert und 45% als Glucuronid im Urin ausgeschieden. Da die renale Zidovudin-Clearance wesentlich grösser war als die Kreatinin-Clearance, ist eine signifikante tubuläre Sekretion anzunehmen.
Die bis jetzt erhobenen Daten über die Pharmakokinetik bei Neugeborenen und jungen Säuglingen zeigen, dass die Glucuronidierung von Zidovudin reduziert ist. Daraus ergibt sich bei Säuglingen unter 14 Tagen eine höhere absolute Bioverfügbarkeit, eine Reduktion der Clearance, und Erhöhung der Halbwertszeit. Bei älteren Säuglingen scheint die Pharmakokinetik vergleichbar mit der eines Erwachsenen zu sein.
Ältere Patienten
Die Pharmakokinetik von Zidovudin wurde bei Patienten über 65 Jahre nicht untersucht.
Schwangerschaft
Die Pharmakokinetik von Zidovudin wurde in einer Studie an acht Frauen im letzten Trimester ihrer Schwangerschaft untersucht. Bei fortschreitender Schwangerschaft ergaben sich keine Hinweise auf eine Anreicherung des Arzneistoffes. Die Pharmakokinetik entsprach weitgehend derjenigen bei nicht-schwangeren Erwachsenen. In Übereinstimmung mit einer passiven Plazentapassage des Arzneistoffes entsprachen die Zidovudin-Konzentrationen im Plasma der gerade geborenen Kinder den Plasmawerten der Mütter bei der Geburt.
Bioäquivalenz
Der Retrovir AZT Sirup erwies sich bei Patienten bezüglich der Fläche unter der Zidovudin-Plasmaspiegel/Zeit-Kurve (AUC) als bioäquivalent zu den Kapseln.
Die Resorption von Zidovudin war nach Gabe des Sirups geringfügig schneller als nach den Kapseln, im Mittel wurde die maximalen Plasmakonzentrationen nach 0,5 bez. 0,8 Stunden erreicht.
Die Mittelwerte für die Cssmax waren nach Umrechnung auf eine 200 mg-Normdosis 5,8 µM (1,55 µg/ml) für den Sirup und 4,5 µM (1,2 µg/ml) für die Kapseln.
Patienten mit Nierenfunktionsstörung
Im Vergleich zu Gesunden haben Patienten mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz um 50% erhöhte maximale Zidovudin-Plasmakonzentrationen. Die systemisch wirksame Substanzmenge, gemessen als Fläche unter der Zidovudin-Plasmakonzentrations/Zeit-Kurve (AUC) ist um 100% erhöht, die Halbwertszeit ist nicht signifikant verändert. Bei Niereninsuffizienz kumuliert der Hauptmetabolit, das Glucuronid, in erheblichem Masse, aber dies scheint keine Toxizität zu verursachen. Hämodialyse und Peritonealdialyse haben keinen wesentlichen Einfluss auf die Elimination von Zidovudin, während die Elimination des Glucuronidmetaboliten erhöht ist (vgl. «Dosierung/Anwendung»).
Patienten mit Leberfunktionsstörungen
Begrenzte Daten von Patienten mit Leberzirrhose deuten darauf hin, dass es bei Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion wegen verminderter Glucuronidierung zu einer Akkumulation des Zidovudin kommen kann. Eine Dosisanpassung kann notwendig sein. Aufgrund der beschränkten Daten können aber keine genauen Dosierungsempfehlungen gemacht werden (vgl. «Dosierung/Anwendung»).
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