Eigenschaften/WirkungenATC-Code
L02AE04
Wirkungsmechanismus
Durch den Ersatz der Aminosäure Glycin durch D-Tryptophan an Position 6 von Gonadorelin entsteht ein Agonist, dessen biologische Aktivität stärker ist als die des natürlichen Hormons Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH). Diese erhöhte Wirkung kann auf eine verstärkte Affinität für die Hypophysenrezeptoren und eine langsamere Inaktivierung im Zielgewebe zurückgeführt werden.
Pharmakodynamik
Bei der einmaligen und intermittierenden Gabe von GnRH wird die Freisetzung von LH und FSH aus der Hypophyse stimuliert. Bei einer kontinuierlichen Dosierung hingegen, wie sie bei der verzögerten Freisetzung nach der Injektion von Pamorelin LA 3,75 mg erfolgt, kann ein «paradoxer» Effekt beobachtet werden: Die Plasmaspiegel von LH, FSH, Testosteron und Östrogen/Progesteron sinken nach einem vorübergehenden Anstieg zu Beginn der Behandlung innerhalb von etwa 2 Wochen auf Kastrationsniveau ab.
Bei gesunden prämenopausalen Frauen betrug die Zeit bis zur Suppression von Östradiol ca. 4,2 Tage (geometrischer Mittelwert) und die Dauer der Suppression von Östradiol ca. 26,7 Tage (geometrischer Mittelwert). Trotz einer hohen individuellen Variabilität wurde insgesamt 5 Tage nach der i. m. Injektion von Pamorelin LA 3,75 mg die Suppression von Östradiol während etwa 30 Tagen beobachtet.
In der Reproduktionsmedizin führt die selektive Hypophysensuppression, die zuvor mit Triptorelin bei der Behandlung eines unfruchtbaren Paares erreicht wurde, zu einem besseren Erfolg der Ovarialstimulation unter exogenen Gonadotropinen.
Bei der Stimulation mit Gonadotropinen kommt es aufgrund des raschen Anstiegs der Estradiolkonzentration im Plasma häufiger zu einem frühen LH-Peak mit Luteinisierung des unreifen Follikels, und der Therapiezyklus muss dann abgebrochen werden. Dies betrifft etwa 30 % der nicht vorbehandelten Patientinnen im Rahmen eines IVF-Programms und 30–50 % der Zyklen beim polyzystischen Ovarialsyndrom. Die vorgängige Behandlung mit Triptorelin führt zu einer vollständigen hypophysären Suppression (Herunterregulation) mit Blockierung der LH-Freisetzung. Die ovarielle Stimulation wird ausschliesslich durch Gabe exogener Gonadotropine gesteuert. Dies führt zu einer Verbesserung der Follikelreifung, der Eizellenaktivität und Anzahl der Schwangerschaften sowie zu einer geringeren Inzidenz des Hyperstimulationssyndroms und weniger Behandlungsabbrüchen.
Die Derivate Triptorelin-Embonat und -Acetat sind in Bezug auf Pharmakodynamik und Toxizität gleichwertig und austauschbar.
Klinische Wirksamkeit
Prostatakarzinom
In einer randomisierten klinischen Studie der Phase III (EORTC 22961) mit 970 Patienten mit lokal fortgeschrittenem Prostatakarzinom (hauptsächlich T2c-T4, mit Patienten im Stadium T1c bis T2b mit Befall der regionären Lymphknoten), die mit Strahlentherapie behandelt wurden, erhielten 483 Patienten eine kurze (6 Monate) kombinierte Androgen-Suppression und 487 Patienten eine lange (3 Jahre) kombinierte Androgen-Suppression. Insgesamt betrug die Gesamtmortalität nach 5 Jahren 19 % in der Gruppe «kurze Hormontherapie» und 15 % in der Gruppe «lange Hormontherapie», was einem relativen Risiko von 1,42 entspricht. Die spezifisch auf das Prostatakarzinom zurückzuführende 5-Jahres-Mortalität betrug 4,78 % in der Gruppe «kurze Hormontherapie» und 3,2 % in der Gruppe «lange Hormontherapie», was einem relativen Risiko von 1,71 entspricht.
Endometriose
Das Therapiekonzept bei Endometriose mit Pamorelin LA 3,75 mg besteht in einer zeitlich begrenzten und reversiblen Hemmung der Freisetzung hypophysärer Gonadotropine. Dadurch sinkt der Östrogen- und Progesteronspiegel auf ein Niveau, das dem einer Kastration entspricht. Die Folge ist eine Verbesserung der Symptome wie Dysmenorrhoe, Tenesmen, Dysurie, Dyspareunie, Unterleibs- und Sakralschmerzen sowie die Resorption ektopischer Endometriose-Herde.
Mammakarzinom
In klinischen Studien mit prämenopausalen Frauen mit Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom im Frühstadium wurde Triptorelin eingesetzt, um die ovarielle Sekretion von Östradiol, der Hauptquelle für Östrogen, zu unterdrücken. Basierend auf Studien bei gesunden Frauen und bei Frauen mit Endometriose wird der Effekt von Triptorelin 3 bis 4 Wochen nach der ersten Gabe erreicht.
Zwei Phase-III-Studien (SOFT und TEXT) untersuchten den Nutzen einer fünfjährigen Suppression der ovariellen Funktion in Kombination mit Tamoxifen (T) oder einem Aromatase-Hemmer (Exemestan - E) bei prämenopausalen Frauen mit Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom im Frühstadium.
Triptorelin war die Hauptbehandlung zur Erreichung einer ovariellen Suppression (91,0 % der randomisierten Patientinnen in der SOFT-Studie und 100 % in der TEXT-Studie). Bei den übrigen 9 % der Frauen in der SOFT-Studie erfolgte eine bilaterale Ovariektomie oder eine bilaterale Bestrahlung der Ovarien.
Die SOFT-Studie umfasste n = 2023 Patientinnen nach Brustoperation, die nach Abschluss der adjuvanten oder neoadjuvanten Chemotherapie prämenopausal blieben, sowie prämenopausale Frauen, die keine Chemotherapie erhalten hatten und bei denen adjuvantes T (Tamoxifen) allein als adäquate Behandlung angesehen wurde. Die Patientinnen wurden randomisiert, um E + ovarielle Suppression, T + ovarielle Suppression oder T allein zu erhalten. In der TEXT-Studie wurden Frauen nach Brustoperation aufgenommen und randomisiert einer Behandlung mit T + ovarielle Suppression oder E + ovarielle Suppression zugeteilt; die Patientinnen, welche eine Chemotherapie erhielten, begannen diese nach der Randomisierung gleichzeitig mit dem GnRH-Analogon. Die Wirksamkeit beider Studien wurde anhand des primären Endpunkts krankheitsfreies Überleben (DFS) nach 5 Jahren und sekundärer Endpunkte einschliesslich brustkrebsfreies Intervall (BCFI), rezidivfreies Intervall (DRFI) und Gesamtüberleben (OS) beurteilt.
Die SOFT-Studie war zur Beantwortung der Frage nach dem Mehrwert der ovariellen Suppression in Kombination mit Tamoxifen als adjuvante Behandlung bei prämenopausalen Frauen mit Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom im Frühstadium ausgelegt.
Ergebnisse der SOFT-Studie:
Diese Analyse der Frage nach der ovariellen Suppression verglich das DFS (krankheitsfreies Überleben) von Patientinnen, die nach dem Zufallsprinzip T + ovarielle Suppression oder nur T zugeteilt wurden. Bei einer medianen Nachbeobachtung von 67 Monaten (5,6 Jahre) wurden bei 14,7 % der Patientinnen in der Intent-to-treat-Population (ITT) Fälle von DFS berichtet.
Insgesamt hatten 53,3 % der Patientinnen eine vorgängige Chemotherapie erhalten (d.h. Patientinnen, die tendenziell ein hohes Risiko für ein Mammakarzinom-Rezidiv hatten). Der absolute Unterschied nach fünf Jahren war bei den Patientinnen, die zuvor eine Chemotherapie erhalten hatten, signifikanter: DFS 80,7 % (T + ovarielle Suppression) gegenüber 77,1 % (nur T) (Tabelle 1).
Tabelle 1: Frage nach der ovariellen Suppression: Wirksamkeitsergebnisse nach 67 Monaten bei Patientinnen, die zuvor eine Chemotherapie erhalten hatten (ITT-Population)
Wirksamkeitsparameter
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Nur T (n = 542)
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T+ovarielle Suppression (n = 542)
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Nur T vs. T+ovarielle Suppression Hazard Ratio (95 %-KI)
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Ereignisse:
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Häufigkeit ohne Ereignis ( %)
|
Ereignisse:
|
Häufigkeit ohne Ereignis ( %)
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DFS[a]
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122
|
77,1
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107
|
80,7
|
0,82 (0,64 bis 1,07)
|
BCFI
|
116
|
78,0
|
97
|
82,5
|
0,78 (0,60 bis 1,02)
|
DRFI
|
90
|
83,6
|
82
|
84,8
|
0,87 (0,64 bis 1,17)
|
OS[b]
|
57
|
90,9
|
39
|
94,5
|
0,64 (0,42 bis 0,96)
|
BCFI = Mammakarzinom-freies Intervall, KI = Konfidenzintervall, DFS= krankheitsfreies Überleben, DRFI = rezidivfreies Intervall, ITT = Intent-to-Treat, SFO = ovarielle Suppression, OS = Gesamtüberleben, T = Tamoxifen
a Krankheitsfreies Überleben ist definiert als die Zeit bis zum ersten Auftreten eines lokalen Rezidivs oder Fernrezidivs, eines kontralateralen Mammakarzinoms oder Tod jeglicher Ätiologie.
b Unreife Daten zum Gesamtüberleben nach 67 Monaten.
Kombinierte Ergebnisse der SOFT- und TEXT-Studien
Die TEXT-Studie war zur Bewertung der Rolle von Aromatase-Hemmern (AIs) (Exemestan) in der adjuvanten Therapie prämenopausaler Frauen mit Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom im Frühstadium ausgelegt, die mit ovarieller Suppression behandelt werden.
Die Analyse der AI-Frage kombinierte die TEXT- und SOFT-Studien und verglich das DFS von nach dem Zufallsprinzip zugewiesenen Patientinnen mit E + ovarieller Suppression vs. solchen mit T + ovarieller Suppression. In die Analyse wurden insgesamt 4690 Patientinnen einbezogen.
Nach einer medianen Nachbeobachtung von 68 Monaten (5,7 Jahre) wurden DFS-Ereignisse bei (11,0 %) der Patientinnen in der ITT-Population berichtet. Insgesamt verbesserte sich das geschätzte DFS nach 5 Jahren um 91,1 % (95 %-KI 89,7 % bis 92,3 %) bei Patientinnen mit E + ovarieller Suppression gegenüber 87,3 % (95 %-KI 85,7 % bis 88,7 %) bei Patientinnen mit T + ovarieller Suppression (HR 0,717; 95 %-KI 0,602 bis 0,855; p = 0,0002). Tabelle 2 zeigt die Wirksamkeitsergebnisse für Patientinnen in der AI-Analyse, die eine vorgängige Chemotherapie erhalten hatten.
Tabelle 2: Frage nach der AI: Wirksamkeitsergebnisse nach 68 Monaten bei Patientinnen, die zuvor eine Chemotherapie erhalten hatten (ITT-Population)
Wirksamkeitsparameter
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E+ovarielle Suppression (n = 544)
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T+ovarielle Suppression (n = 543)
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Hazard Ratio E+ovarielle Suppression vs. T+ovarielle Suppression (95 %-KI)
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Ereignisse:
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Häufigkeit ohne Ereignis ( %)
|
Ereignisse:
|
Häufigkeit ohne Ereignis ( %)
|
DFS[a]
|
81
|
84,3
|
98
|
80,6
|
0,838 (0,625 bis 1,125)
|
BCFI
|
72
|
86,1
|
90
|
82,2
|
0,818 (0,600 bis 1,116)
|
DRFI
|
61
|
88,0
|
77
|
84,6
|
0,808 (0,577 bis 1,131)
|
OS[b]
|
46
|
91,8
|
35
|
94,1
|
1,387 (0,894 bis 2,154)
|
AI = Aromatase-Inhibitor; BCFI = Mammakarzinomfreies Intervall, KI = Konfidenzintervall, DFS = krankheitsfreies Überleben, E = Exemestan, DRFI = rezidivfreies Intervall, ITT = Intent-to-treat, SFO = ovarielle Suppression, OS = Gesamtüberleben, T = Tamoxifen
a Krankheitsfreies Überleben ist definiert als die Zeit bis zum ersten Auftreten eines lokalen Rezidivs oder Fernrezidivs, eines kontralateralen Mammakarzinoms oder Tod jeglicher Ätiologie.
b Unreife Daten zum Gesamtüberleben nach 68 Monaten.
Eine aktualisierte Analyse nach einer medianen Nachbeobachtung von 8 Jahren bestätigte die Ergebnisse der 5-Jahres-Analyse.
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