Eigenschaften/WirkungenATC-Code
B01AC16
Wirkungsmechanismus
Integrilin enthält das Acetatsalz des wirksamen Bestandteils Eptifibatid, eines synthetischen zyklischen Heptapeptids, das aus sechs Aminosäuren einschliesslich eines Cysteinamid- und eines Mercaptopropionyl (des-amino-cysteinyl)-Rests besteht. Eptifibatid wirkt durch Hemmung der Bindung von Fibrinogen, von Willebrand-Faktor und anderen Adhäsivliganden an die Glykoprotein-(Gp) IIb/IIIa Rezeptoren. Die Wirkung auf die Thrombozytenfunktion ist innert Stunden reversibel. Dies wird auf die rasche Dissoziation von Eptifibatid von Gp IIb/IIIa auf intakten Thrombozyten und die rasche Clearance von Eptifibatid aus dem systemischen Kreislauf zurückgeführt.
Pharmakodynamik
Eptifibatid hemmt die Thrombozytenaggregation dosis- und konzentrationsabhängig, wie dies durch die Ex-vivo-Thrombozytenaggregation mit Adenosindiphosphat (ADP) und anderen Agonisten zur Induktion der Thrombozytenaggregation aufgezeigt wurde. Die Wirkung von Eptifibatid ist unmittelbar nach intravenöser Bolusinjektion von 180 µg/kg zu beobachten. Bei anschliessender Dauerinfusion von 2,0 µg/kg/min führt dieses Therapieschema bei physiologischen Calciumkonzentrationen bei mehr als 80% der Patienten zu einer mehr als 80%igen Hemmung der ADP-induzierten Ex-vivo-Thrombozytenaggregation. 4 Stunden nach Beendigung der Dauerinfusion von 2,0 µg/kg/min geht die Thrombozytenaggregationshemmung um mehr als 50% der Thrombozytenfunktion des Ausgangswertes zurück. Bestimmungen der ADP-induzierten Ex-vivo-Thrombozytenaggregation bei physiologischen Calciumkonzentrationen (D-Phenylalanyl-L-prolyl-L-argininchlormethylketon [PPACK]-Antikoagulans) bei Patienten mit instabiler Angina pectoris und Nicht-Q-Zacken-Myokardinfarkt ergaben eine konzentrationsabhängige Hemmung mit einer IC50 (50% Hemmkonzentration) von 557 ng/ml und einer IC80 (80% Hemmkonzentration) von 1107 ng/ml.
Klinische Wirksamkeit
ESPRIT-Studie:
Die ESPRIT (Enhanced Suppression of the Platelet IIb/IIIa Receptor with Eptifibatid Therapy)-Studie war eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie (n = 2064) für die Indikation nicht-notfallmässige PCI mit intrakoronarem Stenting.
Alle Patienten erhielten eine routinemässige Standardversorgung und wurden in randomisierter Weise entweder Placebo oder Eptifibatid zugewiesen (2 Bolusdosen von 180 µg/kg Körpergewicht und einer Dauerinfusion bis zur Klinikentlassung oder über maximal 18–24 Stunden).
Der erste Bolus und die Infusion wurden gleichzeitig eingeleitet, und zwar unmittelbar vor dem PCI-Verfahren, gefolgt von einem zweiten Bolus 10 Minuten nach dem ersten. Die Infusionsrate betrug 2,0 µg/kg/min bei Patienten mit einem Serum-Kreatininwert ≤175 Mikromol/l bzw. 1,0 µg/kg/min bei einem Serum-Kreatininwert >175 bis zu 350 Mikromol/l.
Fast alle Patienten im Eptifibatid-Behandlungsarm der Studie erhielten Acetylsalicylsäure (99,7%) und 98,1% der Patienten erhielten ein Thienopyridin (95,4% Clopidogrel und 2,7% Ticlopidin). Am Tag der PCI, vor Katheterisierung, erhielten 53,2% der Patienten ein Thienopyridin (52,7% Clopidogrel, 0,5% Ticlopidin), in den meisten Fällen in Form einer Aufsättigungsdosis (300 mg oder mehr). Der Placebo-Arm war vergleichbar (Acetylsalicylsäure 99,7%, Clopidogrel 95,9%, Ticlopidin 2,6%).
Im Rahmen der ESPRIT-Studie wurde ein vereinfachtes Therapieschema mit Heparingabe während der PCI angewendet, bestehend aus einem initialen Bolus von 60 Einheiten/kg, mit einer angestrebten ACT von 200-300 Sekunden. Der primäre Endpunkt war: Tod (D), MI, dringliche Revaskularisierung des Zielgefässes (urgent target vessel revascularization, UTVR) und akute antithrombotische Notfalltherapie mit dem GP IIb/IIIa-Inhibitor (RT) innerhalb von 48 Stunden nach der Randomisierung.
Ein MI wurde anhand der Kriterien des Zentrallabors für die CK-MB identifiziert. Die Diagnose eines enzymatischen MI galt als gesichert, wenn mindestens zwei innerhalb von 24 Stunden nach dem PCI-Verfahren bestimmte CK-MB-Werte die obere Normgrenze um den Faktor ≥3 überstiegen. Eine Validierung durch das CEC war dann nicht erforderlich. Ein MI konnte auch angenommen werden nach Beurteilung eines Prüfarztberichtes durch das CEC.
Die Analyse des primären Endpunktes (Vierfach-Komponenten-Endpunkt aus Tod, MI, dringliche Revaskularisierung des Zielgefässes [UTVR] und thrombolytischer Bail-out [TBO] innerhalb von 48 Stunden) zeigte eine 37% relative und 3,9% absolute Reduktion in der Eptifibatid-Gruppe (6,6% Ereignisse gegenüber 10,5%, p = 0,0015). Die Ergebnisse in Bezug auf die primäre Zielgrösse wurden hauptsächlich auf die geringere Inzidenz an enzymatischem MI zurückgeführt, identifiziert als frühzeitiger asymptomatischer Anstieg der kardialen Enzyme nach der PCI (80 von 92 MI in der Placebogruppe im Vergleich zu 47 von 56 MI in der mit Eptifibatid behandelten Gruppe). Die klinische Relevanz solcher enzymatischer MI ist nicht geklärt.
Ähnliche Ergebnisse erhielt man auch für die 2 sekundären Endpunkte, beurteilt am Tag 30: Den Dreifach-Komponenten-Endpunkt aus Tod, MI und UTVR, und die robustere Kombination von Tod und MI.
Die reduzierte Inzidenz dieser Ereignisse bei Patienten, die mit Eptifibatid behandelt wurden, war schon frühzeitig während der Behandlung zu beobachten.
Danach, und bis zu einem Jahr, gab es keine weitere Zunahme des Effekts.
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