Eigenschaften/WirkungenATC-Code
L03AB07
Wirkungsmechanismus
Interferone sind eine Familie natürlich vorkommender Proteine, die von den eukaryotischen Zellen im Rahmen der Immunantwort auf virale Infektionen und andere biologische Stimuli gebildet werden. Interferone sind Zytokine, die antiviral, antiproliferativ und immunmodulatorisch wirken. Die Interferone werden in drei Hauptgruppen eingeteilt: IFN-alpha, IFN-beta und IFN-gamma. Interferon alpha und beta gehören der Interferon-Klasse I, Interferon gamma der Interferon-Klasse II an. Die verschiedenen Interferone besitzen sich überschneidende, aber klar voneinander unterscheidbare biologische Wirkungen und können sich auch in Bezug auf ihre Synthesestellen in der Zelle unterscheiden.
Interferon beta wird im Körper von verschiedenen Zelltypen, u.a. den Fibroblasten und Makrophagen, produziert. Natürliches Interferon beta und das rekombinante Interferon beta in Avonex sind glykosyliert und haben eine durch Stickstoff verknüpfte komplexe Kohlenhydratkomponente. Die Glykosylierung anderer Proteine beeinflusst ihre Stabilität, Aktivität, biologische Verteilung und Halbwertszeit im Blut. Die Wirkungen von Interferon beta, die von der Glykosylierung abhängig sind, sind bisher noch nicht vollständig erforscht.
Interferon beta-1a ADNr wird durch rekombinante Techniken aus CHO (Chinese Hamster Ovary) Zellen, die ein gentechnisch hergestelltes Plasmid mit einem humanen Interferon beta-1a-Gen enthalten, gewonnen.
Pharmakodynamik
Avonex entwickelt seine biologische Wirksamkeit durch Bindung an spezifische Rezeptoren auf der Oberfläche der menschlichen Zellen. Durch diese Bindung wird eine komplexe Kaskade intrazellulärer Abläufe eingeleitet, die zur Expression zahlreicher interferoninduzierter Genprodukte und Marker führt, darunter 2',5'-Oligoadenylat-Synthetase, beta2-Mikroglobulin und Neopterin. Diese Substanzen wurden im Serum und in den Zellfraktionen von Patienten gemessen, die mit Avonex behandelt wurden. Nach einer einzelnen intramuskulären Gabe von Avonex bleibt der Serumspiegel dieser Substanzen 4 Tage bis eine Woche lang erhöht, wobei die Signifikanz dieser Veränderung in Bezug auf den Wirkungsmechanismus von Avonex bei Multipler Sklerose zur Zeit noch unklar ist.
Klinische Wirksamkeit
Eine Studie mit Patienten mit rezidivierender Multipler Sklerose hat gezeigt, dass – gemessen mit der Erweiterten Invaliditätsskala (Expanded Disability Status Scale – EDSS) – das Fortschreiten der Invalidität durch die intramuskuläre Gabe von einmal wöchentlich 30 µg Avonex signifikant verzögert werden konnte.
Als weiterer Nutzen der Behandlung von Patienten mit rezidivierender Multipler Sklerose mit Avonex konnte eine Verringerung der jährlichen Exazerbation um ein Drittel nachgewiesen werden. Diese Wirkung auf den Verlauf der multiplen Sklerose wurde nach einer ein- bis zweijährigen Behandlung beobachtet.
Analog zu den beschriebenen klinischen Vorteilen ist bei der Behandlung mit Avonex auch bei den Markern, die zur Beurteilung der Krankheitsintensität herangezogen werden (Kernspintomographie – NMR – mit Läsionsdarstellung mit Gadolinium), eine signifikante Verringerung feststellbar.
Eine weitere randomisierte, doppelblinde Studie mit 383 Patienten (Avonex n=193, Placebo n=190) zeigte, dass Avonex das Schubrisiko bei Patienten mit einem einzelnen demyelinisierenden Ereignis reduzieren konnte (p=0,002). Ebenfalls wurde ein signifikanter Effekt von Avonex auf MRT Parameter beobachtet. Unter der Behandlung mit Avonex konnte zu allen Zeitpunkten (6, 12 und 18 Monaten) eine Reduzierung der Anzahl neuer oder vergrösserter T2 Läsionen (p=0,01, p<0,001 und p<0,001), eine Verringerung des T2 Läsionsvolumens (p<0,001, p=0,004, p<0,001) sowie eine Reduzierung der Anzahl (p=0,03, p=0,02 und p<0,001) und des Volumens (p=0,03, p=0,03 und p<0,001) Gadolinium-aufnehmender Läsionen gezeigt werden.
Titration: In einer Dosis-Titrationsstudie, in welcher keine Titration gegen eine einschleichende Titration (wöchentliche Erhöhung der Dosis um ein Viertel über 3 Wochen) verglichen wurde, konnte eine statistisch signifikante Reduktion des Schweregrades und der Inzidenz von grippeähnlichen Symptomen bei einschleichender Behandlung gezeigt werden. Die Wirkung der Titration wurde von der ersten Woche an beobachtet und dauerte während der 8 Wochen der Studie an.
Die Wirksamkeit und Sicherheit einer Dosis von 30 µg Avonex wurde durch eine randomisierte, doppelblinde Dosisvergleichsstudie an 802 Patienten mit schubweise verlaufender Multipler Sklerose (Avonex 30 µg n=402, Avonex 60 µg n=400) bestätigt. Bei Verabreichung von höheren Dosen an Patienten mit schubweise verlaufender MS konnte kein zusätzlicher Nutzen beobachtet werden. Die Studie zeigte keine statistisch signifikanten Unterschiede oder Trends zwischen der 30 µg resp. 60 µg Dosierung von Avonex bezüglich klinischen und allgemeinen MRT-Wirksamkeitsparametern.
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