Eigenschaften/WirkungenFomivirsen ist ein Phosphorothioat-Oligonukleotid, das konstruiert wurde, um die Replikation des humanen Cytomegalie-Virus durch einen Antisense-Mechanismus zu hemmen. Die Nukleotid-Sequenz von Fomivirsen ist komplementär zu einer Sequenz in mRNA-Transkripten der Major Immediate Early Region 2 (IE2) des humanen CMV. Diese Region der mRNA kodiert mehrere, für die Regulierung der viralen Genexpression verantwortliche Proteine, die für die Replikation infektiöser CMV unbedingt notwendig sind. Die Bindung von Fomivirsen an die Ziel-mRNA wird für die Hemmung der IE2-Proteinsynthese und folglich für die Hemmung der Virusreplikation verantwortlich gemacht. In vitro Studien haben gezeigt, dass sequenz- unabhängige Mechanismen ebenfalls zu antiviralen Wirkung beitragen können.
Antivirale Aktivität in vitro
In menschlichen Fibroblasten-Zellinien betrug die mediane effektive Hemmkonzentration (EC50) von Fomivirsen in Bezug auf die Virusantigenproduktion rund 0,34 ± 0,25 µM. Bei Zugrundelegung molarer Konzentrationen war die Wirkstärke von Fomivirsen mindestens 40-mal grösser als die von Ganciclovir. In diesen Konzentrationen wurde auch die Virus-induzierte Plaque-Bildung und die Bildung infektiöser Viren durch Fomivirsen gehemmt. Bei einem EC50-Wert von 0,03 ± 0,02 µM erwies sich Fomivirsen in den Zellen des Netzhautpigmentepithels als ein noch wirkungsvollerer Inhibitor der Replikation des humanen CMV. Die Wirksamkeit von Fomivirsen war in 21 unabhängigen klinischen Virusisolaten gleichbleibend gut; hierunter befanden sich einige Isolate, die gegen einen oder mehrere für die Behandlung der CMV-Retinitis zugelassene DNA-Polymerasehemmer (Ganciclovir, Foscarnet oder Cidofovir) resistent waren. Das Fehlen einer Kreuzresistenz mit den DNA-Polymerasehemmern steht im Einklang mit dem anderen Wirkungsmechanismus von Fomivirsen. Die antivirale Wirksamkeit von Fomivirsen ist nicht auf die Hemmung zellulärer Prozesse zurückzuführen, da bei Konzentrationen, die bis zu 100-fach über der antiviralen EC50 (Â≥50 µg/ml) lagen, keine Wirkung auf Zellwachstum, Stoffwechsel oder Lebensfähigkeit erkennbar war.
Resistenz
Durch anhaltenden In-vitro-Selektionsdruck war es möglich, einen Klon humaner CMV zu isolieren, der 10-mal weniger empfindlich auf die Replikationshemmung reagiert als der ursprüngliche Stamm. Die molekulare Grundlage der Resistenz wurde nicht geklärt, sie ist jedoch nicht auf eine Mutation am mRNA-Zielort zurückzuführen. Da die Selektion eines resistenten Virusstamms möglich war, ist es ebenfalls möglich, dass bei der klinischen Anwendung von Fomivirsen resistente Stämme auftreten.
Klinische Studien
Eine randomisierte, kontrollierte klinische Studie zur Evaluation der sofortigen Behandlung im Vergleich zur verzögerten Behandlung mit einer Fomivirsen-Dosis von 165 µg wurde an Patienten mit einer neu diagnostizierten CMV-Retinitis durchgeführt. Die Patienten in der sofort behandelten Gruppe erhielten drei wöchentliche Dosen von 165 µg (Initialbehandlung) und anschliessend alle zwei Wochen eine Dosis von 165 µg (Erhaltungsbehandlung). Die Patienten in der verzögert behandelten Gruppe wurden wöchentlich auf eine Progression der Erkrankung untersucht; wenn es zum Fortschreiten kam, konnten diese Patienten Fomivirsen nach dem gleichen Dosierungsplan erhalten wie die sofort behandelte Gruppe. Bei Zugrundelegung der primären Wirksamkeitsparameter (blinde Bewertung der Fundusphotographien) zeigten die Ergebnisse in der Intent-to-treat-Analyse in der sofort behandelten Gruppe eine mittlere Zeit bis zum Fortschreiten der Retinitis von 71 Tagen gegenüber 13 Tagen in der verzögert behandelten Gruppe.
Eine weitere randomisierte, kontrollierte Studie wurde mit einer Fomivirsen-Dosis von 330 µg zum Vergleich von zwei Dosierungsplänen bei Patienten mit einer fortgeschrittenen CMV-Retinitis durchgeführt. Die Patienten wurden randomisiert einem der beiden Dosierungsschemata zugeordnet: entweder der Verabreichung von drei wöchentlichen Dosen von 330 µg (Initialtherapie), gefolgt von 330 µg (Erhaltungstherapie) alle zwei Wochen, oder der Gabe von zwei Dosen von 330 µg (eine am Tag 1, eine am Tag 15) (Initialtherapie), gefolgt von 330 µg alle vier Wochen (Erhaltungstherapie).
Die Intent-to-treat-Analyse zeigte keinen signifikanten Unterschied der mittleren Zeit (Median) bis zur Progression zwischen den Dosierungsschemata auf; die anhand der Fundusphotographie ermittelte, interpolierte mittleren Zeit bis zum Fortschreiten der CMV-Retinitis betrug 90+ Tage. Überdies wurde zwischen den Patienten, die zu Beginn gleichzeitig orales Ganciclovir einnahmen, und jenen, die keines erhielten, kein Unterschied in bezug auf die Zeit bis zum Fortschreiten der CMV-Retinitis festgestellt.
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