Eigenschaften/WirkungenATC-Code
M05BC01
Wirkungsmechanismus
Dibotermin alfa ist ein osteoinduktives Protein, das die Bildung von neuem Knochengewebe an der Implantationsstelle stimuliert. Dibotermin alfa bindet an Oberflächenrezeptoren von Mesenchymzellen und regt die Zellen zur Differenzierung in knorpel- und knochenbildende Zellen an. Die differenzierten Zellen bilden bei Abbau der Matrix trabekulären Knochen, wobei sich gleichzeitig eine Gefässeinsprossung zeigt. Der Prozess der Knochenbildung verläuft von der Aussenseite des Implantats zur Mitte, bis das gesamte InductOs-Implantat von trabekulärem Knochen ersetzt ist.
Der Umbau des umgebenden trabekulären Knochens erfolgt entsprechend den einwirkenden biomechanischen Kräften. Die Implantation von InductOs in den trabekulären Knochen führte zur vorübergehenden Resorption des das Implantat umgebenden Knochens, wonach dieser durch neuen, dichteren Knochen ersetzt wurde. Die Fähigkeit von InductOs, den Knochenumbau zu unterstützen, kann für die durch InductOs ausgelöste biologische und biomechanische Integration des neuen Knochens in den umliegenden Knochen bedingt sein. Die röntgenologische, biomechanische und histologische Untersuchung des durch InductOs erzeugten Knochens weist darauf hin, dass er biologisch und biomechanisch genau so funktioniert wie nativer Knochen.
Des Weiteren haben die präklinischen Studien gezeigt, dass sich der durch InductOs gebildete Knochen bei einer erneuten Fraktur auf eine Weise reparieren kann, die nicht von der des nativen Knochens zu unterscheiden ist.
In präklinischen Studien gab es Hinweise, dass die durch InductOs ausgelöste Knochenbildung ein sich selbst limitierender Prozess ist, der ein genau definiertes Knochenvolumen ergibt. Diese Selbstlimitierung hängt wahrscheinlich mit dem Abbau von Dibotermin alfa an der Implantationsstelle und der Anwesenheit von Inhibitoren des Knochen-Morphogeneseproteins (BMP) in den umliegenden Weichteilen zusammen. Ausserdem lieferten mehrere präklinische Studien Hinweise darauf, dass es auf molekularer Ebene einen negativen Rückkopplungs-Mechanismus gibt, der die Knochenbildung durch Knochen-Morphogeneseproteine einschränkt.
Der histologische Nachweis in tierexperimentellen Studien zur Lendenwirbelkörperfusion unter Verwendung eines anterioren oder posterioren Zugangs hat gezeigt, dass mit interkorporellen Vorrichtungen aus Titan, PEEK oder Allotransplantat verabreichtes Dibotermin alfa biokompatibel war und unabhängig vom chirurgischen Zugang oder dem Material der Vorrichtung durchweg hohe Fusionsraten erreichte und dabei weniger fibröses Bindegewebe im Vergleich zum Autotransplantat zeigte.
Klinische Studien zur Pharmakologie belegen, dass die Matrix allein nicht osteoinduktiv ist und in Biopsien, die 16 Wochen nach der Implantation entnommen wurden, bereits nicht mehr nachweisbar ist.
Pharmakodynamik
Siehe «Wirkungsmechanismus».
Klinische Wirksamkeit
Pharmakodynamische Informationen spezifisch für die anteriore Lendenwirbelfusion
Wirksamkeit und Sicherheit von InductOs wurden in einer randomisierten, kontrollierten, multizentrischen Nichtunterlegenheitsstudie mit 279 Patienten im Alter von 19 – 78 Jahren, die sich einer offenen anterioren Lendenwirbelfusion unterzogen, untersucht. Die Patienten hatten vor der anterioren Lendenwirbelfusion mindestens 6 Monate eine nicht chirurgische Therapie erhalten. Die Patienten wurden so randomisiert, dass sie eine Titan-Instrumentation für die Lendenwirbelkörperfusion entweder gefüllt mit InductOs oder einem autologen Knochentransplantat aus dem Beckenkamm erhielten.
24 Monate nach der Operation wurde gezeigt, dass InductOs dem autologen Knochentransplantat statistisch nicht unterlegen war, bei einer Erfolgsrate für die radiologisch bestimmte Fusion von 94,4% für InductOs im Vergleich zu 88,9% beim autologen Knochentransplantat (zweiseitiges 95% Konfidenzintervall [CI] auf Unterschied: -1,53, 12,46). Für Schmerz und Behinderung (Oswestry Bewertung) betrug die Erfolgsrate 72,9% bei der mit InductOs behandelten Gruppe gegenüber 72,5% bei der Gruppe, die das autologe Knochentransplantat erhielt (zweiseitiges 95% CI auf Unterschied: -11,2, 12,0).
Eine post-hoc Metaanalyse von 6 kontrollierten klinischen Studien mit Daten von Patienten, die mit InductOs oder autologem Knochentransplantat behandelt wurden, das mit einer CE-gekennzeichneten Instrumentation für die Lendenwirbelkörperfusion oder Allotransplantat-Zwischenstücken und verschiedenen chirurgischen Verfahren angewendet wurde, ergab, dass 24 Monate nach der Operation InductOs mit einer höheren Fusionserfolgsrate (95 %, 241 von 255 Patienten) einher ging als autologes Knochentransplantat (85 %, 177 von 209 Patienten), bei einem Quotenverhältnis (odds ratio) von 3,26 (95 % CI: 1,172, 9,075; p = 0,024). Die geschätzte absolute Differenz der Fusionserfolgsrate zwischen InductOs und autologem Knochentransplantat lag bei 11,7 % (95 % CI: 0,8 %, 22,5 %; p = 0,035).
In einer gepoolten Sicherheitsdatenanalyse von 8 klinischen Studien 24 Monate nach der Operation lag die Häufigkeit von Patienten mit Pseudarthrose, nach der Behandlung mit InductOs zweimal niedriger (4,8 %, 22 von 456 Patienten) im Vergleich zur Behandlung mit autologem Knochentransplantat (12,7 %, 31 von 244 Patienten).
Pharmakodynamische Informationen spezifisch für die akute Tibiafraktur
Die Wirksamkeit von InductOs wurde in einer multinationalen, randomisierten, kontrollierten Einfachblindstudie an 450 Patienten (im Alter von 18 – 87 Jahren; 81% männlich) mit offenen Tibiaschaftfrakturen, die operativ versorgt werden mussten, untersucht. Die Patienten erhielten (im Verhältnis von 1:1:1) eine Standardbehandlung (Kontrollgruppe), die eine intramedulläre (IM) Nagelosteosynthese und eine Routine-Weichteilbehandlung umfasste, eine Standardbehandlung plus InductOs 0,75 mg/ml, oder eine Standardbehandlung plus InductOs 1,5 mg/ml. Die Patienten wurden nach Verschluss der Weichteile 12 Monate lang nachbeobachtet.
In der Hauptstudie zur akuten Tibia-Fraktur erhöhte InductOs die Wahrscheinlichkeit der Frakturheilung. Bei Patienten, die mit 1,5 mg/ml InductOs behandelt worden waren, war das Risiko für Behandlungsversagen (sekundärer Eingriff zur Förderung der Frakturheilung) gegenüber den Patienten in der Gruppe mit Standardbehandlung um 44% gesenkt (RR = 0,56; 95%-Konfidenzintervall = 0,40 bis 0,78). Unabhängig davon wurden diese Ergebnisse von einem Radiologen-Gremium, dem die Behandlungsweise nicht bekannt war, bestätigt. Die Anzahl der sekundären und darüber hinausgehenden Eingriffe war bei den InductOs-Patienten signifikant reduziert, insbesondere in Bezug auf mehr invasive Eingriffe wie Knochentransplantation oder Austausch der Fixiernägel (p = 0,0326).
Der Anteil der Patienten, bei denen es nach Anwendung von InductOs 1,5 mg/ml zu einer Heilung kam, war bei jedem der im Zeitraum von 10 Wochen bis 12 Monate nach der Operation liegenden Kontrollterminen signifikant höher, was auf eine beschleunigte Frakturheilung hinweist.
Die Wirksamkeit von InductOs 1,5 mg/ml war im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant überlegen, sowohl bei Rauchern als auch bei Nichtrauchern.
Schwere der Frakturen: Die Behandlung mit InductOs 1,5 mg/ml war in allen Frakturklassen signifikant wirksam, einschliesslich schwerer Gustilo IIIB Frakturen (Reduzierung des Risikos für sekundäre Eingriffe im Vergleich zu standardmässig versorgten Patienten um 52%).
Bei dem 6 Wochen nach der Behandlung stattfindenden Kontrolltermin war der Anteil der Patienten mit verheilten Weichteilverletzungen in der mit InductOs 1,5 mg/ml behandelten Gruppe signifikant höher als in der standardmässig versorgten Gruppe (83% vs. 65%; p = 0,0010). Der Anteil an Patienten, bei denen Materialversagen (verbogene oder gebrochene Arretierschrauben) aufgetreten war, war in der mit InductOs 1,5 mg/ml behandelten Gruppe signifikant niedriger als in der standardmässig versorgten Gruppe (11% vs. 22%; p = 0,0174).
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