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Fachinformation zu Medikinet® MR:Salmon Pharma GmbH
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Zusammensetzung

Wirkstoffe
Methylphenidati hydrochloridum.
Hilfsstoffe
Kapselinhalt:
Sacchari sphaerae (enthalten Saccharum und Maydis amylum), Poly(alcohol vinylicus), Talcum, Macrogoli 3350, Acidi methacrylici et ethylis acrylatis polymerisatum 1:1, Polysorbatum 80, Natrii laurilsulfas, Natrii hydroxidum, Triethylis citras, Indigocarmini lacca aluminica (E 132, enthält Indigocarmini und Aluminii oxidum hydricum), Simethiconum emulsio (enthält Simethiconum, Methylcellulosum, Acidum sorbicum (E 200)), Silica colloidalis anhydrica.
Kapselhülle
Titanii dioxidum (E 171), Natrii laurilsulfas, Aqua purificata, Gelatina.
Zusätzlich in der Kapselhülle von Medikinet MR 10 mg/20 mg:
Erythrosin (E 127), Patentblau V (E 131).
Zusätzlich in der Kapselhülle von Medikinet MR 30 mg/40 mg:
Erythrosin (E 127), Ferrum oxydatum nigrum (E 172), Indigocarmini (E 132).
Medikinet MR 5 mg Kapseln enthalten 63,57 - 72,71 mg Saccharose und 0,05 mg Natrium.
Medikinet MR 10 mg Kapseln enthalten 127,14 – 145,42 mg Saccharose und 0,09 mg Natrium.
Medikinet MR 20 mg Kapseln enthalten 114,65 – 131,13 mg Saccharose und 0,09 mg Natrium.
Medikinet MR 30 mg Kapseln enthalten 69,60 – 79,61 mg Saccharose und 0,07 mg Natrium.
Medikinet MR 40 mg Kapseln enthalten 92,80 – 106,14 mg Saccharose und 0,09 mg Natrium.

Indikationen/Anwendungsmöglichkeiten

Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS)
Medikinet MR ist indiziert zur Behandlung einer seit dem Kindesalter fortbestehenden Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Rahmen einer therapeutischen Gesamtstrategie.
Die Behandlung soll nur von Ärztinnen bzw. Ärzten, die auf Verhaltensstörungen von Kindern und Jugendlichen bzw. Erwachsenen spezialisiert sind, begonnen werden und muss auch von ihnen überwacht werden.
Die Wirksamkeit von Medikinet MR bei der Behandlung von ADHS wurde in kontrollierten klinischen Studien an Kindern und Jugendlichen zwischen 6 und 17 Jahren und Erwachsenen ab 18 bis 65 Jahren, die die DSM-IV-Kriterien für ADHS aufwiesen, dokumentiert.
Ein Teil der Kinder, bei denen ADHS festgestellt wurde, haben die Symptome auch im Erwachsenenalter. Bei Erwachsenen soll die Symptomatik also bereits in der Kindheit begonnen haben, wenn eine Behandlung eingeleitet wird.
Die Anwendung von Medikinet MR sollte sich auf jene Patienten und Patientinnen beschränken, welche ein Präparat benötigen, bei dem die Wirkungen bei morgendlicher Einnahme bis zum Abend andauern.
Medikinet MR sollte als Teil eines umfassenden Therapieprogramms eingesetzt werden, wenn sich Verhaltensmassnahmen allein als unzureichend erwiesen haben. Ein umfassendes Therapieprogramm zur Behandlung von ADHS kann psychologische, pädagogische und soziale Massnahmen beinhalten.
Die Diagnose sollte entsprechend den DSM-IV-Kriterien oder der ICD-10-Klassifikation gestellt werden und sollte sich auf eine vollständige Anamnese und Untersuchung des Patienten stützen.
Eine Behandlung mit Methylphenidat ist nicht bei allen Patienten mit ADHS angezeigt, und die Entscheidung über die Anwendung des Arzneimittels muss auf einer sehr sorgfältigen Beurteilung des Schweregrads der Symptome des Patienten beruhen. Stimulanzien sind nicht zur Anwendung bei Patienten vorgesehen, die sekundäre umfeldbedingte Symptome und/oder andere primäre psychiatrische Störungen, einschliesslich Psychosen, zeigen. Geeignete pädagogische Massnahmen sind essenziell und eine psychosoziale Betreuung ist oft hilfreich.
Die spezifische Ätiologie dieses Syndroms ist unbekannt. Eine adäquate Diagnose kann nicht durch einen einzelnen diagnostischen Test gestellt werden. Sie erfordert den Einsatz medizinischer, spezieller psychologischer, pädagogischer und sozialer Ressourcen. Das Lernen kann, muss aber nicht, beeinträchtigt sein.
Durch die Behandlung mit Medikinet MR können die Hauptsymptome des ADHS wie mässige bis starke Ablenkbarkeit, rasch nachlassende Aufmerksamkeit, Impulsivität, verstärkte motorische Aktivität und gestörtes Sozialverhalten gemildert werden.

Dosierung/Anwendung

Abklärungen vor Behandlungsbeginn
Vor Beginn der Behandlung mit Methylphenidat ist es notwendig einen kardiovaskulären Status zu erheben und zu dokumentieren, Blutdruck und Herzfrequenz einschliessend. Da keine Langzeitdaten vorliegen, sollten regelmässige kardiovaskuläre Untersuchungen bei Vorliegen eines Risikofaktoren-Profils erfolgen (siehe unter «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Weiterhin ist vor Beginn der Behandlung das Gewicht und die Grösse zu erheben und in einer Wachstumskurve zu dokumentieren. Bei Erwachsenen sollte nur das Gewicht festgehalten werden.
Dosierung bei Kindern ab 6 Jahren und Jugendlichen
Medikinet MR (lang wirksame Methylphenidathydrochlorid-Kapseln) ist für die orale einmal tägliche Verabreichung am Morgen vorgesehen. Medikinet MR sollte mit oder nach dem Frühstück eingenommen werden, da dadurch eine ausreichend retardierte Freisetzung der Wirksubstanz und eine optimale Wirksamkeit gewährleistet werden können. Die Kapseln und deren Inhalt dürfen nicht zerkleinert oder zerkaut werden (siehe Rubrik «Spezielle Anweisungen für die Einnahme»).
Medikinet MR, als Einzeldosis verabreicht, ermöglicht eine vergleichbare Gesamtexposition (AUC) von Methylphenidat wie die gleiche Dosis Methylphenidat-Tabletten 2×/d verabreicht.
Patienten, die bereits Methylphenidat einnehmen
Die empfohlene Dosis Medikinet MR für Patienten, die gegenwärtig 2×/d Methylphenidat-Tabletten erhalten, ist nachfolgend angegeben.

Frühere Methylphenidat-Dosis

Empfohlene Medikinet MR-Dosis

10 mg Methylphenidat 2×/d

20 mg 1×/d

15 mg Methylphenidat 2×/d

30 mg 1×/d

20 mg Methylphenidat 2×/d

40 mg 1x/d

Für andere Dosierungsschemen von Methylphenidat sollte die Startdosis je nach klinischer Situation gewählt werden.
Dosistitration
Die Behandlung mit Medikinet MR erfordert eine individuelle Dosierung in Abhängigkeit von Wirksamkeit und Verträglichkeit. Die Dosistitration sollte mit einer niedrigst möglichen Dosis begonnen werden. Die Dosis Medikinet MR kann in wöchentlichen Intervallen in Schritten von 5 bis 10 mg eingestellt werden. Eine maximale Tagesdosis von 60 mg sollte nicht überschritten werden.
Übliche Dosierung
Dosierung bei Erwachsenen
Fortführung einer Therapie mit Methylphenidat
Medikinet MR sollte morgens und mittags mit oder nach einer Mahlzeit eingenommen werden, da dadurch eine ausreichend retardierte Freisetzung der Wirksubstanz und eine optimale Wirksamkeit gewährleistet werden können. Die Kapseln und deren Inhalt dürfen nicht zerkleinert oder zerkaut werden (siehe Rubrik «Spezielle Anweisungen für die Einnahme»).
Bei Erwachsenen, die schon im Kindes- bzw. Jugendalter eindeutig von einer Behandlung mit Medikinet MR profitiert haben, kann die Behandlung mit Medikinet MR zunächst in gleicher Tagesdosierung (mg/Tag) fortgeführt werden. Dabei ist regelmässig zu überprüfen, ob eine Dosisanpassung in Abhängigkeit von Wirksamkeit und Verträglichkeit erforderlich bzw. möglich ist.
Neueinstellung von Erwachsenen auf Medikinet MR
Jede Behandlung mit Methylphenidat erfordert eine individuelle Dosierung in Abhängigkeit von Wirksamkeit und Verträglichkeit, da das individuelle Ansprechen sehr stark variieren kann. Daher ist bei einer Neueinstellung von Erwachsenen auf Medikinet MR eine sorgfältige Dosistitration erforderlich. Die Dosistitration sollte mit der niedrigst möglichen Dosis beginnen.
Die Gesamtdosis (Tagesdosis) wird auf zwei Einnahmen morgens und mittags verteilt. Die empfohlene Initialdosis beträgt täglich 10 mg. Falls erforderlich, kann in Abhängigkeit von der Verträglichkeit und dem beobachteten Grad der Wirksamkeit die Tagesdosis jeweils wöchentlich in Schritten von 10 mg täglich erhöht werden.
Das Ziel der individuellen Titration sollte die geringste Tagesdosis sein, die eine zufriedenstellende Symptomkontrolle erzielt.
Bei erwachsenen Patienten kann im Vergleich zu Kindern und Jugendlichen eine höhere Tagesdosierung erforderlich sein, diese orientiert sich am Körpergewicht des Patienten. Die Tageshöchstdosis darf 1 mg/kg KG nicht überschreiten. Unabhängig vom Körpergewicht sollte eine Tageshöchstdosis von 80 mg Methylphenidathydrochlorid nicht überschritten werden, da aus klinischen Studien nur eingeschränkte Erfahrungen mit Tagesdosierungen von über 80 mg vorliegen.
Spezielle Dosierungsanweisungen
Hinweis: Wenn sich die Symptome nach Dosissteigerung über 1 Monat nicht bessern, sollte das Arzneimittel abgesetzt werden.
Sollten sich die Symptome verschlechtern oder sollten unerwünschte Wirkungen auftreten, sollte die Dosierung reduziert oder - wenn nötig - das Arzneimittel abgesetzt werden.
Die Wirkung tritt bei ausreichend hoher Dosis innerhalb einer Stunde nach Einnahme ein und hält über den Vormittag in der Regel bis in die frühen Nachmittagsstunden an.
Die Notwendigkeit und Höhe einer eventuellen Nachdosierung mit einer schnell freisetzenden Darreichungsform von Methylphenidat in den Nachmittagsstunden muss anhand der klinischen Symptomatik beurteilt werden. Grundsätzlich wird wegen der möglichen Beeinträchtigung des Nachtschlafs die letzte Gabe von Methylphenidat vor 16.00 Uhr empfohlen.
Medikinet MR muss von Zeit zu Zeit (spätestens aber nach 12 Monaten) abgesetzt werden und der Nutzen der Therapie neu bewertet werden. Es ist möglich, dass die symptomatische Besserung auch dann bestehen bleibt, wenn das Arzneimittel vorübergehend oder permanent abgesetzt wird. Die medikamentöse Behandlung soll und muss nicht auf unbestimmte Zeit ausgedehnt werden. Sie kann in der Regel während oder nach der Pubertät beendet werden. Dennoch können hyperkinetische Verhaltensstörungen auch im Erwachsenenalter andauern, weshalb eine Behandlung mit Medikinet MR über die Pubertät hinaus angezeigt sein kann.
Patienten mit Leberfunktionsstörungen
Es liegen keine systematischen Untersuchungen zu Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion vor.
Patienten mit Nierenfunktionsstörungen
Es liegen keine systematischen Untersuchungen zu Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion vor (s. «Pharmakokinetik»).
Ältere Patienten (>65 Jahre)
Die Anwendung von Medikinet MR bei älteren Patienten über 65 Jahren ist in kontrollierten Studien nicht untersucht worden und damit liegen keine kontrollierten Studiendaten in dieser Patientenpopulation vor.
Kinder (<6 Jahren)
In kontrollierten Studien wurde die Anwendung von Medikinet MR bei Patienten unter sechs Jahren nicht untersucht. Medikinet MR darf bei Patienten unter sechs Jahren nicht angewendet werden.
Spezielle Anweisungen für die Einnahme
Die Resorption des Wirkstoffes Methylphenidat kann durch Mahlzeiten beeinflusst werden.
Die Resorption von Methylphenidat aus Medikinet MR erfolgt bei Einnahme auf nüchternen Magen deutlich beschleunigt. Eine ausreichende Retardierung ist dann nicht mehr gewährleistet. Das muss bei der Dosiseinstellung bedacht werden.
Um daher eine optimale Wirksamkeit zu erreichen und zur Vermeidung hoher Plasmaspitzenwerte, muss Medikinet MR mit oder nach einer Mahlzeit eingenommen werden, da nur so eine lang anhaltende Wirkung gewährleistet ist. Die Kapseln sollten mit etwas Flüssigkeit eingenommen werden. Dabei dürfen die Kapseln und deren Inhalt nicht zerkleinert oder zerkaut werden. (siehe Rubrik «Dosierung bei Kindern und Erwachsenen»). Alternativ kann die Kapsel geöffnet, der Kapselinhalt auf eine kleine Menge (Esslöffel) Apfelmus oder Joghurt gestreut und dann unverzüglich eingenommen werden. Diese Zubereitung sollte nicht für eine spätere Einnahme aufbewahrt werden. Im Anschluss an die Einnahme des Kapselinhalts zusammen mit dem Apfelmus oder Joghurt sollte Flüssigkeit, z.B. Wasser, getrunken werden.

Kontraindikationen

·Ausgeprägte Angst- und Spannungszustände sowie ausgeprägte Agitiertheit, da Methylphenidat diese Symptome verstärken kann;
·Diagnose oder Anamnese von schwerer Depression, Anorexia-nervosa, psychotischen Symptomen, Suizidneigung, Manie, Schizophrenie, Borderline-Persönlichkeitsstörung, da Methylphenidat diese Zustände verschlechtern könnte;
·Alkohol- und Drogenabusus;
·familiäre Belastung oder Diagnose von Tourette-Syndrom;
·Glaukom;
·bei Patienten mit vergrösserter Prostata mit Restharnbildung;
·Phäochromozytom;
·Hyperthyreose;
·Herzrhythmusstörungen;
·vorbestehende Herz-Kreislauferkrankungen einschliesslich schwerer Hypertonie, Herzinsuffizienz, Angina pectoris, hämodynamisch signifikanter, angeborener Herzfehler, Kardiomyopathien, Herzinfarkt, potentiell lebensbedrohender Arrhythmien und Kanalopathien (Erkrankungen, die aufgrund von Dysfunktionen der lonenkanäle verursacht wurden);
·arterielle Verschlusskrankheit;
·vorbestehende zerebrovaskuläre Erkrankungen, wie zum Beispiel zerebrale Aneurysmen, Gefässabnormalitäten einschliesslich Vaskulitis oder Schlaganfall;
·Behandlung mit Monoaminooxidase-Hemmern (MAO-Hemmern) und während mindestens 14 Tagen im Anschluss an die Absetzung eines MAO-Hemmers (es kann dabei zu einer akuten arteriellen Hypertonie kommen) (siehe «Interaktionen»);
·bekannte Überempfindlichkeit gegenüber Methylphenidat oder einem der anderen lnhaltsstoffe des Präparates;
·Medikinet MR darf nicht eingenommen werden bei bekannter ausgeprägter Anazidität des Magens und einem pH-Wert über 5.5, bei H2-Rezeptorenblocker-, Protonenpumpen-Inhibitoren oder Antazidatherapie, da es dann zu einer raschen Freisetzung der gesamten Wirkstoffmenge kommen kann.

Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen

Bei Kindern und Erwachsenen mit strukturellen Anomalien am Herzen, die mit Stimulantien, einschliesslich Methylphenidat, behandelt wurden, wurde über plötzliche Todesfälle berichtet. Solche Ereignisse wurden vereinzelt auch bei Patienten mit vermuteten vorbestehenden kardiovaskulären Erkrankungen beobachtet. Bei Patienten mit strukturellen kardialen Anomalien oder kardiovaskulären Vorerkrankungen sollte Methylphenidat deshalb nicht angewendet werden.
In klinischen Studien bei Kindern und Erwachsenen zeigte sich, dass Methylphenidat gegenüber Placebo während des Tages den Ruhepuls und den systolischen wie auch den diastolischen Blutdruck erhöhen kann. In einer placebokontrollierten Studie bei Kindern, zeigte sich bei Studienendpunkt, dass Medikinet MR den Ruhepuls gegenüber Placebo nicht erhöhte; der Ruhepuls war sowohl unter Medikinet MR als auch Placebo um durchschnittlich 3 Schläge pro Minute erhöht. Bei Erwachsenen wurde eine durchschnittliche Steigerung des Ruhepulses von 3 bis 5 Schlägen pro Minute beobachtet vs 2 bis 3 Schlägen pro Minute unter Placebo.
In einer placebokontrollierten Studie bei Kindern lagen bei Studienendpunkt die mittleren Blutdruckveränderungen unter Medikinet MR bei 3 mmHg (systolisch) und 0 mmHg (diastolisch) vs durchschnittlich 2 mmHg (systolisch) und 1 mmHg (diastolisch) unter Placebo. Bei Erwachsenen lagen die mittleren Blutdruckveränderungen unter Medikinet MR bei etwa 3 mmHg (systolisch), und 0 bis 1 mmHg (diastolisch) und unter Placebo bei 1 bis 2 mmHg (systolisch) sowie -0.5 bis 2 mmHg (diastolisch).
Vorsicht ist deshalb angebracht bei der Behandlung von Patienten, deren Allgemeinzustand durch eine Erhöhung von Blutdruck oder Pulsfrequenz beeinträchtigt werden könnte. Um bestehende Herzkrankheiten zu erkennen, sollte bei Kindern und Erwachsenen, bei denen eine Behandlung mit Medikinet MR vorgesehen ist, eine sorgfältige Anamnese (einschliesslich Abklärung der Familiengeschichte in Bezug auf plötzliche Todesfälle oder ventrikuläre Arrhythmien) und eine körperliche Untersuchung durchgeführt werden. Falls erste Befunde auf eine solche Erkrankung hinweisen, sollten weitere kardiologische Untersuchungen durchgeführt werden (z.B. Elektrokardiogramm, Echokardiogramm).
Der kardiovaskuläre Status sollte beobachtet werden. Blutdruck und Herzfrequenz sollten bei jeder Dosisanpassung oder in angemessenen Abständen (mindestens aber alle 6 Monate) überprüft und dokumentiert werden und anschliessend, falls immer klinisch indiziert.
Bei Kindern und Erwachsenen, bei denen während einer Behandlung mit Medikinet MR Symptome wie Palpitationen, Brustschmerzen bei körperlicher Anstrengung, Synkopen oder andere Symptome auftreten, welche auf eine Herzerkrankung hindeuten, sollte umgehend eine kardiologische Abklärung erfolgen.
Während einer länger dauernden Therapie sind periodische hämatologische Untersuchungen (Differentialblutbild und Thrombozytenbestimmung) angezeigt.
Stimulanzien mit Wirkung auf das Zentralnervensystem einschliesslich Methylphenidat sind mit der Auslösung oder Verschlimmerung motorischer und verbaler Tics in Verbindung gebracht worden. Vor der Behandlung mit Stimulantien sollte deshalb eine klinische Beurteilung der Patienten hinsichtlich Tics durchgeführt werden. Dabei ist auch die Familienanamnese bei zu ziehen.
Bei der Langzeitbehandlung von Kindern mit Methylphenidat wurde über Wachstumshemmung (reduzierte Zunahme von Gewicht und/oder Körpergrösse) berichtet. Follow-up Untersuchungen bei Kindern zwischen 7 und 10 Jahren deuten darauf hin, dass Kinder, die konstant (z.B. 7 Tage pro Woche während 1 Jahr) Methylphenidat einnehmen, eine vorübergehende Verlangsamung der Wachstumsrate (im Durchschnitt 2 cm weniger Längenwachstum und 2,7 kg weniger Gewichtszunahme über 3 Jahre) zeigen können. Aus diesem Grunde sollten Kinder und Jugendliche, die eine Langzeitbehandlung benötigen, sorgfältig (mindestens alle 6 Monate) bezüglich Grösse, Gewicht und Appetit überwacht und in einer Wachstumskurve dokumentiert werden. Bei Patienten, bei denen Wachstum oder Gewichtszunahme nicht den Erwartungen entsprechen, sollte die Behandlung unterbrochen werden.
Es gibt klinische Hinweise darauf, dass während der Verabreichung von Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Methylphenidat vermehrt psychiatrische Störungen (einschliesslich Suchtverhalten und suizidales Verhalten) sowie Gewichts- und Appetitverlust auftreten. Eine sorgfältige Erfassung solcher Veränderungen oder aber von Anzeichen für Fehlgebrauch und Missbrauch des Medikaments muss bei jedem Besuch und jeder Dosisanpassung vorgenommen werden.
Methylphenidat soll nicht für die Prävention oder Behandlung normaler Ermüdungszustände und/oder Behandlung von Depressionen verwendet werden.
Vorsicht gilt besonders bei der Anwendung von Stimulantien zur Behandlung von ADHS bei Patienten, bei denen eine komorbide bipolare Störung vorliegen könnte, die sich aber aktuell im euthymen oder Erhaltungs-Intervall befinden, da bei solchen Patienten eine manische Episode ausgelöst werden kann. Vor Behandlungsbeginn mit Stimulantien muss bei Patienten mit komorbiden depressiven Störungen sehr sorgfältig abgeklärt werden, ob ein Risiko für eine bipolare Störung besteht. Zu diesen Abklärungen gehört die Aufnahme einer detaillierten psychiatrischen Anamnese, einschliesslich der Familienanamnese hinsichtlich Suizidalität, bipolarer Störungen und Depressionen. Eine gründliche laufende Überwachung dieser Patienten ist unabdingbar.
Psychotische (z.B. Halluzinationen) oder manische Symptome wurden bei Patienten mit einer psychotischen Erkrankung oder Manie in der Vorgeschichte unter der Behandlung mit Methylphenidat beobachtet. Falls solche Symptome auftreten, sollte sorgfältig geprüft werden, ob Medikinet MR eine kausale Rolle spielt; eine Beendigung der Therapie kann angemessen sein (siehe «Unerwünschte Wirkungen»).
Bei Patienten, die eine Therapie mit Methylphenidat beginnen, sollte auf das Auftreten oder die Verstärkung von aggressivem Verhalten geachtet werden. Eine sorgfältige Überwachung ist nötig. Aggression ist häufig mit ADHS assoziiert; dennoch wurde von unerwartetem Auftreten oder einer Verstärkung von Aggression während der Therapie mit Methylphenidat berichtet. Ein Therapieabbruch kann in Betracht gezogen werden (siehe «Unerwünschte Wirkungen»).
In seltenen Fällen sind Symptome von Sehstörungen vorgekommen. Dabei ist über Akkommodationsstörungen und verschwommenes Sehen berichtet worden.
Zur Wirksamkeit und Sicherheit und zur Dosierung bei Kindern unter 6 Jahren liegen keine ausreichenden Daten vor.
Serotoninsyndrom
Wie auch bei anderen serotonerg wirkenden Substanzen kann unter Methylphenidat ein Serotoninsyndrom, eine potentiell lebensbedrohliche Situation, auftreten, insbesondere dann, wenn Methylphenidat gleichzeitig verabreicht wird mit anderen serotonergen Arzneimitteln (siehe «Interaktionen»).
Die gleichzeitige Verabreichung von Methylphenidat und serotonergen Arzneimitteln wird nicht empfohlen, da dies zur Entwicklung eines Serotoninsyndroms führen kann. Die Symptome des Serotoninsyndroms können umfassen: Veränderungen des mentalen Status (z.B. Agitation, Halluzinationen, Delirium und Koma), autonome Instabilität (z.B. Tachykardie, labiler Blutdruck, Schwindel, Diaphorese, Flush, Hyperthermie), neuromuskuläre Symptome (z.B. Tremor, Rigidität, Myoklonus, Hyperreflexie, Koordinationsstörungen), Krampfanfälle und/oder gastrointestinale Symptome (z.B. Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö). Das Serotonin-Syndrom in seiner schwersten Ausprägung kann einem malignen neuroleptischen Syndrom ähneln, das Symptome umfasst wie Hyperthermie, Muskelrigidität, autonome Instabilität mit möglicher schneller Fluktuation der Vitalzeichen und Veränderungen des mentalen Zustands. Rasches Erkennen dieser Symptome ist wichtig.
Methylphenidat und serotonerge Arzneimittel müssen unverzüglich abgesetzt werden und eine geeignete Behandlung eingeleitet werden (siehe «Interaktionen»).
Für Wechselwirkungen mit zentral wirksamen alpha-2-Agonisten, wie Clonidin, siehe Interaktionen.
Priapismus
Im Zusammenhang mit der Behandlung mit methylphenidat-haltigen Produkten wurden sehr selten lang anhaltende und schmerzhafte Erektionen (Priapismus) berichtet, die eine sofortige ärztliche, gelegentlich eine chirurgische Intervention erforderten (s. «Unerwünschte Wirkungen»). Priapismus wurde nicht während des Therapiebeginns berichtet, sondern entwickelte sich nach einiger Zeit der Einnahme des Arzneimittels, oft im Anschluss an eine Dosiserhöhung. Priapismus trat auch während einer methylphenidat-freien Zeit (Therapiepause oder Therapieabbruch) auf. Patienten, die ungewöhnlich lang anhaltende oder häufige und schmerzhafte Erektionen entwickeln, sollten unverzüglich eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen.
Krampfanfälle
Es gibt klinische Hinweise darauf, dass Methylphenidat bei Patienten mit epileptischen Anfällen in der Anamnese oder mit vorbestehenden Abnormalitäten des EEG ohne epileptische Anfälle oder, in sehr seltenen Fällen, bei Patienten ohne vorherige epileptische Anfälle und Hinweise im EEG, die Krampfschwelle herabsetzen kann. Bei Auftreten von Konvulsionen sollte das Präparat abgesetzt werden.
Absetzen
Wird das Arzneimittel abgesetzt, ist eine sorgfältige Überwachung erforderlich, da es zu Entzugserscheinungen sowie zur Demaskierung von Depressionen oder von Effekten chronischer Überaktivität kommen kann. Gewisse Patienten müssen daher möglicherweise während längerer Zeit beobachtet werden.
Während Absetzung nach missbräuchlicher Anwendung ist eine engmaschige Beobachtung erforderlich, da dabei schwere Depressionen auftreten können.
Drogenscreening
Methylphenidathaltige Arzneimittel können zu einem falsch positiven Laborwert für Amphetamine führen, insbesondere bei Verwendung von Immunoassay-Methoden.
Patienten mit der seltenen hereditären Fructose-/Galactose-Intoleranz, einer Glucose-Galactose-Malabsorption oder einer Sucrase-Isomaltase-Insuffizienz sollten dieses Arzneimittel nicht anwenden.
Dieses Arzneimittel enthält weniger als 1 mmol Natrium (23 mg) pro Kapsel, d.h. es ist nahezu «natriumfrei».

Interaktionen

Andere Interaktionen
Gleichzeitige Anwendung mit zentral wirkenden alpha-2-Agonisten (z.B. Clonidin)
Bei gleichzeitiger Anwendung mit Clonidin wurden schwerwiegende Nebenwirkungen einschliesslich des plötzlichen Todes gemeldet. Die Sicherheit der Anwendung von Methylphenidat in Kombination mit Clonidin oder anderen zentral wirksamen alpha-2-Agonisten wurde nicht systematisch untersucht.
Gleichzeitige Anwendung mit Blutdruck erhöhenden Substanzen
Aufgrund der möglichen Erhöhung des Blutdrucks sollte in Kombination mit vasopressorischen Substanzen Medikinet MR mit Vorsicht angewendet werden.
Methylphenidat kann die blutdrucksenkende Wirkung von Antihypertensiva reduzieren.
Gleichzeitige Anwendung mit serotonergen Arzneimitteln
Es liegen Berichte über das Auftreten eines Serotoninsyndroms nach gleichzeitiger Anwendung von Methylphenidat und anderen serotonergen Arzneimittel vor.
Zu den serotonergen Arzneimitteln gehören beispielweise Triptane, selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs), Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRIs), Lithium, Fentanyl und seine Analoga, Tramadol, Dextromethorphan, Tapentadol, Meperidin, Methadon, Pentazocin oder Johanniskraut (Hypericum perforatum), oder Arzneimitteln, die den Serotonin-Stoffwechsel hemmen (einschliesslich MAOI, wie z.B. Methylenblau), der antibiotische Wirkstoff Linezolid oder Serotonin-Vorstufen wie z.B. Tryptophan-Supplementa.
Die gleichzeitige Anwendung von Medikinet MR und einem serotonergen Arzneimittel wird nicht empfohlen, da dies zur Entwicklung eines Serotoninsyndroms führen kann (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»). Es wurde gezeigt, dass Methylphenidat die extrazelluläre Konzentration von Serotonin und Noradrenalin erhöht und dass es eine schwache Fähigkeit zur Bindung an den Serotonintransporter zu haben scheint.
Das Serotoninsyndrom ist eine potentiell lebensbedrohliche Situation. Symptome können beispielsweise Veränderungen des mentalen Status, autonome Instabilität, neuromuskuläre Symptome, Krampfanfälle und/oder gastrointestinale Symptome umfassen. In seiner schwersten Ausprägung kann das Serotoninsyndrom Ähnlichkeit mit einem malignen neuroleptischen Syndrom aufweisen.
Schnelles erkennen dieser Symptome ist wichtig. Bei Verdacht auf Vorliegen eines Serotoninsyndroms ist Methlyphenidat umgehend abzusetzen, und es ist eine geeignete Behandlung einzuleiten (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Halogenierte Anästhetika: Im Verlauf einer Operation besteht das Risiko eines plötzlichen Blutdruckanstiegs. Wenn ein Chirurgischer Eingriff geplant ist, sollte Methylphenidat am Tag des Eingriffs nicht eingenommen werden.
Es liegen Berichte mit Hinweisen vor, dass Methylphenidat den Metabolismus von Anticoagulantien vom Cumarin-Typ, Antikonvulsiva (z.B. Phenobarbital, Phenytoin, Primidon) und einigen Antidepressiva (trizyklische Antidepressiva und selektive Serotoninwiederaufnahme-Inhibitoren) hemmen kann. Bei Beginn oder Absetzen von Methylphenidat kann es erforderlich sein, die Dosis dieser gleichzeitig verabreichten Arzneimittel anzupassen und die Wirkstoffkonzentration im Plasma zu bestimmen (bzw. bei Cumarin die Koagulationszeiten).
Gleichzeitige Anwendung mit Alkohol
Alkohol kann unerwünschte zentralnervöse Effekte von Psychopharmaka, Medikinet MR eingeschlossen, verstärken. Es ist deshalb ratsam, während der Behandlung auf Alkohol zu verzichten.
Anwendung mit anderen Arzneimitteln
Medikinet MR darf nicht zusammen mit H2-Rezeptorenblockern, Protonenpumpen-Inhibitoren oder Antazida eingenommen werden, da es dabei zu einer rascheren Freisetzung der gesamten Wirkstoffmenge kommen kann.

Schwangerschaft, Stillzeit

Schwangerschaft
Daten aus einer Kohortenstudie mit insgesamt etwa 3400 im ersten Trimenon exponierten Schwangerschaften deuten nicht auf ein insgesamt erhöhtes Risiko von Geburtsfehlern hin. Die Häufigkeit kardialer Fehlbildungen war leicht erhöht (gepooltes adjustiertes relatives Risiko 1,3; 95%-KI: 1,0–1,6), entsprechend 3 zusätzlichen Kindern mit kongenitaler kardialer Fehlbildung auf 1000 Frauen, die Methylphenidat im ersten Trimenon erhalten, im Vergleich zu nicht exponierten Schwangerschaften.
Es liegen Spontanberichte von kardiorespiratorischer Toxizität bei Neugeborenen vor, insbesondere wurde von fetaler Tachykardie und Atemnot berichtet.
In tierexperimentellen Untersuchungen an Ratten und Kaninchen wurden bei therapierelevanten Expositionen keine teratogenen Wirkungen beobachtet (siehe «Präklinische Daten»). Medikinet MR darf schwangeren Frauen nicht verabreicht werden, es sei denn, dies ist eindeutig notwendig.
Stillzeit
Es ist nicht bekannt, ob Methylphenidat und/oder seine Metaboliten in die Muttermilch übertreten; stillende Mütter sollten aus Sicherheitsgründen auf die Einnahme von Medikinet MR verzichten.

Wirkung auf die Fahrtüchtigkeit und auf das Bedienen von Maschinen

Medikinet MR kann Schläfrigkeit und Schwindel verursachen. Beim Lenken von Fahrzeugen, Bedienen von Maschinen oder bei anderen potentiell gefährlichen Aktivitäten ist daher Vorsicht geboten.

Unerwünschte Wirkungen

Häufigkeitsdefinition:
«Sehr häufig» (≥1/10), «häufig» (≥1/100 bis <1/10), «gelegentlich» (≥1/1000 bis <1/100), «selten» (≥1/10'000 bis <1/1000), «sehr selten» (<1/10'000), «nicht bekannt» (kann aus den verfügbaren Daten nicht abgeschätzt werden).
Unerwünschte Wirkungen bei Methylphenidat-Zubereitungen
Bei der Anwendung von methylphenidathaltigen Arzneimitteln sind unerwünschte Arzneimittelwirkungen beobachtet worden, die als Klasseneffekte zu deuten sind.
Die dabei am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen sind:
Infektionen und parasitäre Erkrankungen: Nasopharyngitis.
Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen: Anorexie, verminderter Appetit, mässig verringerte Gewichts- und Grössenzunahme bei längerer Anwendung bei Kindern.
Psychiatrische Erkrankungen: Schlaflosigkeit, Nervosität, Anorexie, Affektlabilität, Aggression, Unruhe, Angst, Depression, Reizbarkeit, anormales Verhalten, Rastlosigkeit, Schlafstörungen, Bruxismus*.
Erkrankungen des Nervensystems: Kopfschmerzen, Schwindel, Dyskinesie, psychomotorische Hyperaktivität, Somnolenz, Tremor.
Herzerkrankungen: Arrhythmie, Tachykardie, Palpitationen.
Gefässerkrankungen: Hypertonie.
Erkrankungen der Atemwege, des Brustraums und Mediastinums: Husten, Rachen- und Kehlkopfschmerzen.
Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts: Bauchschmerzen, Durchfall, Übelkeit, Magenbeschwerden und Erbrechen, Mundtrockenheit, Dyspepsie, Zahnschmerzen.
Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes: Alopezie, Pruritus, Hautausschlag, Urtikaria.
Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrankungen: Arthralgie.
Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort: Pyrexie, Unruhegefühl, Hyperhidrosis**, Wachstumsverzögerung unter längerer Anwendung bei Kindern.
Untersuchungen: Veränderung von Blutdruck und Herzfrequenz (meist Erhöhung), Gewichtsabnahme.
Unabhängig von ihrer Häufigkeit muss auch auf die folgenden klinisch bedeutsamen oder schwerwiegenden Nebenwirkungen bei methylphenidathaltigen Arzneimitteln hingewiesen werden:
Psychiatrische Erkrankungen: Suizid, Suizidversuch, Suizidgedanken, stereotype (krankhaft häufig wiederholte) Verhaltensweisen, taktile Halluzinationen, Logorrhoe.
Erkrankungen des Nervensystems: choreatische Bewegungsstörungen, Tics oder Verschlechterung bestehender Tics, reversible Nervenausfälle, Migräne, malignes neuroleptisches Syndrom.
Augenerkrankungen: Akkommodationsstörungen.
Herzerkrankungen: Plötzlicher Herztod, Herzinfarkt.
Gefässerkrankungen: zerebrovaskuläre Störungen bzw. Hämorrhagie, Vaskulitis, Raynaud-Syndrom, peripheres Kältegefühl (kalte Hände oder Füsse).
Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts: Leberfunktionsstörungen.
Erkrankungen der Haut und des Unterhautgewebes: Exfoliative Dermatitis, Steven-Johnson-Syndrom, Erythema multiforme, Arzneimittelexanthem.
Erkrankungen der Nieren und Harnwege: Hämaturie.
Erkrankungen der Geschlechtsorgane und der Brustdrüse: Gynäkomastie, Priapismus.
Daneben wurde über unerwünschte Arzneimittelwirkungen im Zusammenhang mit der Anwendung von Medikinet MR berichtet.
Daten aus klinischen Studien:
Die folgenden aufgeführten unerwünschten Wirkungen wurden entweder in den Studien bei pädiatrischen oder bei erwachsenen Patienten beobachtet und können für beide Patienten-Kollektive relevant sein.
Pädiatrische Patienten
Die Sicherheit von Methylphenidat wurde in zwei placebokontrollierten, klinischen Doppelblindstudien an 167 pädiatrischen Patienten (Kinder und Jugendliche) mit ADHS untersucht. Den Informationen in diesem Abschnitt liegen gepoolte Daten zugrunde.
In Tabelle 1 sind unerwünschte Arzneimittelwirkungen aufgeführt, die in diesen Studien bei ≥1% der mit Methylphenidat behandelten pädiatrischen Patienten (Kinder und Jugendliche) berichtet wurden.
Tabelle 1: Unerwünschte Arzneimittelwirkungen, die in zwei placebokontrollierten, klinischen Doppelblindstudien bei ≥1% der mit Methylphenidat behandelten Patienten (Kinder und Jugendliche) berichtet wurden

System/Organklasse
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen

Methylphenidat
(N=124)*
%

Placebo
(N=122)*
%

Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen

Appetitmangel

3,2

0

Psychiatrische Erkrankungen

Traurigkeit

2,4

0

Erkrankungen des Nervensystems

Kopfschmerzen

4,8

4,1

Einschlafschwierigkeiten

2,4

0

Augenzwinkern

1,6

0

Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts

Bauchschmerzen

3,2

1,6

* N>167, da aufgrund des Cross-over Designs einer der Studien die betreffende Patientenpopulation doppelt gezählt werden muss.
Die meisten unerwünschten Wirkungen waren von leichtem bis mässigem Schweregrad.
Erwachsene Patienten
Die Sicherheit von Methylphenidat wurde an 525 erwachsenen ADHS-Patienten untersucht, welche an zwei placebokontrollierten, klinischen Doppelblindstudien teilnahmen. Die Informationen in diesem Abschnitt stammen aus gepoolten Daten.
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen, die in diesen Studien von ≥1% der mit Methylphenidat behandelten Patienten angegeben wurden, sind in Tabelle 2 dargestellt.
Tabelle 2: Unerwünschte Arzneimittelwirkungen, die von ≥1% der erwachsenen Methylphenidat-Patienten in zwei placebokontrollierten, klinischen Doppelblindstudien angegeben wurden

System/Organklasse
Unerwünschte Arzneimittelwirkung

Methylphenidat
(N=327)
%

Placebo
(N=198)
%

Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen

Appetit vermindert

2,1

1,5

Psychiatrische Erkrankungen

Unruhe

6,1

4,0

Depressive Verstimmung

3,7

2,0

Einschlafstörung

3,7

0,5

Aggression

2,1

1,0

Schlafstörung

2,1

2,0

Derealisation

1,2

0,5

Durchschlafstörung

1,2

0,5

Stimmungsschwankungen

1,2

0

Nervosität

1,2

2,5

Erkrankungen des Nervensystems

Kopfschmerz

5,5

3,5

Schwindelgefühl

3,1

2,5

Aufmerksamkeitsstörungen

1,8

0,5

Tremor

1,5

1,0

Herzerkrankungen

Palpitationen

5,2

1,5

Tachykardie

1,5

0

Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts

Mundtrockenheit

4,0

0

Übelkeit

3,7

0,5

Diarrhoe

1,5

1,5

Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes

Hyperhidrosis

2,1

1,0

Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort

Ermüdung

2,8

2,5

Reizbarkeit

1,8

0,5

Unwohlsein

1,5

0,5

Durst

1,5

0

Reboundeffekt

1,2

0

Untersuchungen

Gewicht erniedrigt

2,1

0

Die meisten unerwünschten Arzneimittelwirkungen waren von leichtem bis mässigem Schweregrad.
Daten aus offenen Studien – Unerwünschte Wirkungen, die mit einer Häufigkeit ≥1% berichtet wurden
Die Sicherheit von Methylphenidat wurde in einer klinischen offenen Studie an 468 erwachsenen Patienten mit ADHS untersucht.
In Tabelle 3 sind unerwünschte Arzneimittelwirkungen aufgeführt, die in dieser Studie von ≥1% der mit Methylphenidat behandelten Patienten angegeben wurden.
Tabelle 3: Unerwünschte Arzneimittelwirkungen, die von ≥1% der mit Methylphenidat behandelten erwachsenen Patienten in einer offenen Studie angegeben wurden

System/Organklasse
Unerwünschte Arzneimittelwirkung

Methylphenidat
(N=468)
%

Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen

Appetit vermindert

1,7

Psychiatrische Erkrankungen

Unruhe

1,1

Erkrankungen des Nervensystems

Kopfschmerz

1,7

Daten aus Doppelblind- und offenen Studien - Unerwünschte Wirkungen, die mit einer Häufigkeit <1% berichtet wurden
Weitere unerwünschte Wirkungen, die in den klinischen Doppelblind- und offenen Studien mit einer Häufigkeit von <1% bei mit Methylphenidat behandelten pädiatrischen und erwachsenen Patienten auftraten, und die nicht in den Tabellen 1, 2 und 3 genannt sind, sind nachstehend aufgeführt.
Infektionen und parasitäre Erkrankungen
Bronchitis, Gastroenteritis, pustulöser Ausschlag, Sinusitis, Zahninfektion.
Gutartige, bösartige und nicht spezifizierte Neubildungen (einschl. Zysten und Polypen)
Neubildung der Brustdrüse.
Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen
Anorexie, Appetitsteigerung, Heisshunger, Polydipsie, anomaler Gewichtsverlust.
Psychiatrische Erkrankungen
Apathie, Weinen, Lustlosigkeit, Dysphorie, Bettnässen, akute Belastungsreaktion, Affektlabilität, Dissoziation, frühmorgendliches Erwachen, Erregbarkeit, impulsives Verhalten, Weinerlichkeit, psychomotorische Verlangsamung, Angst, Agitiertheit, Anspannung, Kommunikationsstörung, Panikattacke, Verlust der Libido, Tic.
Erkrankungen des Nervensystems
Logorrhoe, getrübter Bewusstseinszustand, orthostatischer Schwindel, Dysaesthesie, erhöhter Muskeltonus, unwillkürliche Muskelkontraktionen, Ischialgie, Somnolenz, Dyskinesie, Migräne, Parästhesie, Hypoästhesie.
Augenerkrankungen
Akkomodationsstörung, Blepharospasmus, Photophobie.
Erkrankungen des Ohrs und des Labyrinths
Ohrenschmerzen, Tinnitus, Vertigo.
Herzerkrankungen
Instabile Angina pectoris, Extrasystolen.
Gefässerkrankungen
Flush, Thrombose, Blutdruckfluktuation, Hypertonie, periphere Kälte, schlechte periphere Durchblutung.
Erkrankungen der Atemwege, des Brustraums und Mediastinums
Halsschmerzen, vergrösserte Tonsillen, Asthma, Dysphonie, Epistaxis, Rhinorrhoe, anomale Atmung, Tachypnoe.
Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts
Zahnschmerzen, Magenschmerzen, Magenbeschwerden, gastrointestinale Schmerzen, orale Hypoaesthesie, Hypersalivation, Erbrechen, abdominale Beschwerden, aufgetriebener Bauch, Flatulenz.
Leber- und Gallenerkrankungen
Alkoholische Fettleber.
Erkrankungen der Haut und des Unterhautgewebes
Erythem, Lippenbläschen, Ausschlag, Komedo, allergische Dermatitis, trockene Haut, Neurodermatitis, Pruritus, Hautreaktion, schwellendes Gesicht, Ausschlag generalisiert, Seborrhoe, Alopezie.
Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrankungen
Fibromyalgie, Muskelkrämpfe, Muskelverspannung, muskuloskelettale Beschwerden, Schmerz in einer Extremität, Syndrom der ruhelosen Beine, Myalgie, Arthralgie.
Erkrankungen der Nieren und Harnwege
Störungen bei der Entleerung der Harnblase, Harnblasenerkrankung, Pollakisurie.
Erkrankungen der Geschlechtsorgane und der Brustdrüse
Metrorrhagie, Oligomenorrhoe, Menorrhagie.
Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort
Asthenie, Brustkorbschmerz, Gefühl der Betrunkenheit, grippeähnliche Erkrankung, Fremdkörpergefühl, Druckgefühl, Beklemmungsgefühl, verringerter Durst, Brustkorbbeschwerden, Hunger, Sehen verschwommen, Sehverschlechterung.
Untersuchungen
Aktivierte partielle Thromboplastinzeit verlängert, Kreatinphosphokinase im Blut erhöht, Phosphor im Blut erniedrigt, Blutdruck erniedrigt, Blutdruck erhöht, Thyreotropin im Blut erniedrigt, Triglyzeride im Blut erhöht, Harnsäure im Blut erhöht, Gamma-Glutamyltranspeptidase erhöht, mittleres Erythrozyteneinzelvolumen erhöht, Schilddrüsenfunktionstest anomal, Transaminasen erhöht, Gewicht erhöht, Blutdruck diastolisch erhöht, Herzfrequenz erhöht, Alaninaminotransferase erhöht, Aspartataminotransferase erhöht.
Verletzung, Vergiftung und durch Eingriffe bedingte Komplikationen
Sturz, Verkehrsunfall.
Soziale Umstände
Erziehungsproblem, Tabakmissbrauch.
Die meisten unerwünschten Arzneimittelwirkungen waren von leichtem bis mässigem
Schweregrad.
Unerwünschte Wirkungen nach Markteinführung
Nachstehend sind unerwünschte Wirkungen aufgeführt, die nach der Markteinführung von Methylphenidat als unerwünschte Wirkung identifiziert wurden. Die unerwünschten Wirkungen sind nach Häufigkeitskategorie entsprechend den Spontanberichtsraten aufgeführt. Die Häufigkeitsangaben entsprechen dabei folgender Konvention:
Sehr häufig: ≥1/10.
Häufig: ≥1/100 bis <1/10.
Gelegentlich: ≥1/1000 bis <1/100.
Selten: ≥1/10'000 bis <1/1000.
Sehr selten: <1/10'000, einschliesslich Einzelfälle.
Erkrankungen des Immunsystems
Sehr selten: Hypersensibilitätsreaktionen.
Psychiatrische Erkrankungen
Einzelfälle: Logorrhoe.
Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems
Sehr selten: Leukopenie, Thrombozytopenie und Anämie.
Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen
Häufig: Rückgang des Appetites, in der Regel jedoch vorübergehend.
Erkrankungen des Nervensystems
Sehr häufig: Nervosität und Schlaflosigkeit. Sie treten zu Beginn der Behandlung auf, können jedoch in der Regel durch Reduktion der Dosis und/oder durch Auslassen einer zusätzlichen nicht retardierten Nachmittags- oder Abenddosis kontrolliert werden.
Häufig: Kopfschmerzen, Schläfrigkeit, Schwindel, Dyskinesie.
Sehr selten: Hyperaktivität, Konvulsionen, Choreoathetose, Tics bzw. deren Verstärkung und Tourette-Syndrom, toxische Psychosen (zum Teil mit optischen und taktilen Halluzinationen), vorübergehende depressive Verstimmung, zerebrale Arteriitis und/oder Okklusion.
Sehr selten wurden schlecht dokumentierte Fälle von malignem neuroleptischen Syndrom (MNS) gemeldet, wobei die Patienten in den meisten dieser Fälle auch noch andere Medikamente erhielten. Es ist ungewiss, welche Rolle Methylphenidat in diesen Fällen spielte.
Nicht bekannt: Dysphemie.
Augenerkrankungen
Selten: Akkommodationsstörungen und verschwommenes Sehen.
Herzerkrankungen
Häufig: Tachykardie, Palpitationen, Arrhythmien, Veränderungen von Blutdruck und Herzfrequenz (meist Erhöhung).
Selten: Angina pectoris.
Erkrankungen der Atemwege, des Brustraums und Mediastinums
Nicht bekannt: Epistaxis.
Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts
Häufig: Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Diese treten meist zu Beginn der Behandlung auf und können durch gleichzeitige Nahrungsaufnahme gelindert werden.
Mundtrockenheit.
Leber- und Gallenerkrankungen
Sehr selten: Leberfunktionsstörungen, von Erhöhung der Transaminase bis hin zu hepatischem Koma.
Erkrankungen der Haut und des Unterhautgewebes
Häufig: Rash, Exanthem, Pruritus, Urtikaria, Fieber, Haarausfall (Kopf).
Sehr selten: Thrombozytopenische Purpura, exfoliative Dermatitis, Erythema multiforme.
Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrankungen
Häufig: Arthralgie.
Sehr selten: Muskelkrämpfe.
Nicht bekannt: Trismus*.
Erkrankungen der Nieren und Harnwege
Nicht bekannt: Inkontinenz.
Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort
Selten: Bei Langzeitanwendung bei Kindern kann es zu mässig reduzierter Gewichtszunahme und geringfügiger Wachstumshemmung kommen.
Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von grosser Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdacht einer neuen oder schwerwiegenden Nebenwirkung über das Online-Portal ElViS (Electronic Vigilance System) anzuzeigen. Informationen dazu finden Sie unter www.swissmedic.ch.
* Auf der Grundlage der in ADHS-Studien bei Erwachsenen berechneten Häufigkeit (es wurden keine Fälle in pädiatrischen Studien berichtet).
** UAW aus klinischen Studien an erwachsenen Patienten, die mit grösserer Häufigkeit als bei Kindern und Jugendlichen berichtet wurde.

Überdosierung

Bei der Behandlung von Patienten mit einer Überdosierung muss auch der verzögert freisetzende Anteil von Methylphenidat-Formulierungen berücksichtigt werden.
Anzeichen und Symptome
Zu den Anzeichen und Symptomen einer Methylphenidat-Überdosierung, welche hauptsächlich von einer Überstimulierung des ZNS und überschiessenden sympathikomimetischen Wirkungen resultieren, gehören: Erbrechen, Agitiertheit, Muskelzuckungen, zerebrale Krampfanfalle mit nachfolgendem Koma, Verwirrung, Halluzinationen (akustisch und/oder visuell), übermässiges Schwitzen, Kopfschmerzen, Pyrexie, Tachykardie, Palpitationen, erhöhte Herzfrequenz, Sinusarrhythmie, Hypertonie, Mydriasis, Mundtrockenheit und Rhabdomyolyse.
Behandlung
Bei der Behandlung von Überdosen ist zu beachten, dass es ca. 4-6 h nach Verabreichung zu einer zweiten Freisetzung von Methylphenidat aus Medikinet MR (Methylphenidathydrochlorid-Kapseln mit modifizierter Wirkstofffreigabe) kommt.
Das Management besteht aus unterstützenden Massnahmen sowie der symptomatischen Behandlung von lebensbedrohenden Ereignissen (z.B. hypertensive Krise, kardiale Arrhythmien, Konvulsionen).
Unterstützende Massnahmen sollten den Patienten vor Selbstverletzung bewahren und ihn gegen äussere Reize abschirmen, welche die bereits vorhandene Übererregung verstärken könnten.
Falls die Anzeichen und Symptome nicht zu schwerwiegend sind und der Patient bei Bewusstsein ist, kann der Magen durch Auslösen von Erbrechen oder durch eine Magenspülung entleert werden. Vor Durchführung der Magenspülung müssen Agitiertheit und Anfälle gegebenenfalls unter Kontrolle gebracht werden und die Atemwege freigehalten werden. Die Wirksamkeit von Aktivkohle ist nicht nachgewiesen. Zur Aufrechterhaltung der Blutzirkulation und der Atmung sind intensivmedizinische Massnahmen zu ergreifen. Zur Reduktion einer allfälligen Hyperpyrexie können kühlende Massnahmen von aussen erforderlich sein.
Die Wirksamkeit einer Peritonealdialyse oder Hämodialyse bei Überdosierungen mit Methylphenidat sind nicht nachgewiesen.

Eigenschaften/Wirkungen

ATC–Code
N06BA04
Wirkungsmechanismus
Methylphenidat ist ein zentralnervöses Stimulans mit ausgeprägter Wirkung auf die mentalen wie auch auf die motorischen Aktivitäten. Sein Wirkungsmechanismus im Menschen ist noch nicht vollständig geklärt, es wird jedoch angenommen, dass die stimulierenden Effekte auf eine kortikale Stimulation und möglicherweise auf eine Stimulation des retikulären Aktivierungssystems zurückzuführen sind. Der Mechanismus, durch welchen Methylphenidat seine mentalen und verhaltensmässigen Wirkungen bei Kindern ausübt, ist weder genau ergründet noch liegen schlüssige Beweise vor, welche aufzeigen, wie diese Effekte mit dem Zustand des Zentralnervensystems zusammenhängen.
Pharmakodynamik
Keine Daten vorhanden.
Klinische Wirksamkeit
Nach dem Erhalt der Zulassung für die Behandlung von ADHS bei Kindern wurde Medikinet MR in zwei randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten klinischen Studien bei Erwachsenen mit ADHS untersucht: 363 Patienten wurden in der EMMA-Studie (1) bei einer Behandlungsdauer von 24 Wochen untersucht. In der QUMEA-Studie (2) wurden 162 Patienten über insgesamt 20 Wochen behandelt. Nach einer 8-wöchigen Doppelblindphase wurden alle Patienten in einer offenen Phase für weitere 12 Wochen mit Medikinet MR behandelt. Hauptzielparameter in beiden Studien war die Abnahme des Scores gemäss WRI (Wender-Reimherr-Interview = WRAADDS). Messzeitpunkt war Woche 24 (Studie 1) bzw. Woche 8 (Studie 2).
Die Tagesdosis wurde beginnend mit 10 mg täglich in Abhängigkeit von Wirksamkeit und Veträglichkeit in wöchentlichen Schritten individuell titriert (Studie 1) bzw. beginnend mit einer Dosis von 0,5 mg/kg Körpergewicht (Studie 2). Dabei sollte eine Dosis von 60 mg täglich (Studie 1) bzw. 1 mg/kg Körpergewicht (Studie 2) nicht überschritten werden. In der ersten Studie war Methylphenidat zum Endpunkt durchschnittlich niedriger dosiert, 0,55 mg/kg KG (verabreichte Tagesdosis min. 10 mg, max. 60 mg) im Vergleich zur zweiten Studie, durchschnittlich 0,9 mg/kg KG (verabreichte Tagesdosis min. 20 mg, max. 120 mg). Eine grössere Effektstärke für die Studienpopulation insgesamt wurde bei Verabreichung einer höheren durchschnittlichen Dosis (0,9 mg/kg KG) berechnet, wie es in der QUMEA-Studie der Fall war. In den klinischen Studien ergaben sich nur eingeschränkte Erfahrungen mit Tagesdosen über 80 mg täglich, da nur 2 Patienten mit 120 mg/Tag behandelt wurden.
Dosis-/Geschlechtseffekte
Aufgrund des Ergebnisses der ersten Studie (EMMA) kann nicht ausgeschlossen werden, dass es geschlechtsspezifische Unterschiede im Ansprechen auf Methylphenidat gibt und Frauen eventuell von geringeren Dosen profitieren. In dieser Studie zeigte sich bei Männern Wirksamkeit ausschliesslich im höchsten Dosisbereich mit MPH >0,7 mg/kg/KG. Bei Frauen hingegen zeigte sich Wirksamkeit bereits im niedrigen (<0,3 mg/kg KG) und mittleren Dosisbereich (0,3-0,7 mg/kg KG). Hinsichtlich der Symptomreduktion zeigte sich bei Frauen in der Hochdosisgruppe kein signifikanter Effekt und bezüglich der Response-Rate eine Wirksamkeit vergleichbar mit niedrigeren Dosisgruppen.
In der zweiten Studie (QUMEA) konnten diese Geschlechtseffekte nicht zuverlässig bestätigt werden, da der niedrige Dosisbereich nicht verabreicht wurde und nur wenige Patienten im mittleren Dosisbereich behandelt wurden. In der Hochdosis-Gruppe war die Response-Rate bei Frauen signifikant höher im Vergleich Verum vs. Placebo, bei Männern wurde ein nicht-signifikantes Ergebnis erzielt. Bezüglich des Hauptzielparameters (Reduktion des WRI in Woche 8) wurde sowohl bei Männern als auch Frauen eine signifikante Reduktion des Scores im Vergleich zu Placebo erzielt.
Für die gesamte Studienpopulation liegen folgende Daten vor:
Für die Abnahme des Gesamtscores WRI wurde in der EMMA-Studie in Woche 24 eine Veränderung gegenüber dem Ausgangswert von -18,88 für Verum und -13,99 für Placebo festgestellt. Dies entspricht einer Effektstärke von 0,39, 95% CI (0,18, 0,63, für die Effektstärke) p = 0,002 (ANOVA mit LOCF für fehlende Werte).
In der QUMEA-Studie betrug die Veränderung gegenüber dem Ausgangswert bis zur Woche 8 -13,2 für Verum und -6,2 für Placebo. Dies entspricht einer Effektstärke von 0,54, 95% CI (0,22, 0,85, für die Effektstärke) p = 0,0001 (ANOVA mit LOCF für fehlende Werte).
Die neuberechnete Responder-Rate betrug:
Responder: Patienten, die eine Reduktion des WRAADDS-Scorewerts von 30% oder mehr erreichten und die Studie nicht abbrachen.
Non-Responder: Patienten, die eine geringere Reduktion des WRAADDS-Scorewerts erreichten oder die Studie, aus welchen Gründen auch immer, abbrachen (für Woche 24 bzw. 8 lag kein Wert vor).
In der EMMA-Studie betrug die neuberechnete Responder-Rate 128 (53%) in der Verum-Gruppe vs. 44 (37%) in der Placebo-Gruppe (Woche 24, Fisher's exact test, zweiseitig, 0,0051). In der QUMEA-Studie betrug die neuberechnete Responder-Rate in Woche 8 41 (49%) vs. 14 (18%) (Verum versus Placebo, Fisher's exact test, zweiseitig, p<0,0001).
Medikinet MR wurde in einer weiteren randomisierten, doppel-blinden, placebo-kontrollierten klinischen Studie (Comparison of Methylphenidate and Psychotherapy Study - COMPAS-Studie) an 433 erwachsenen Patienten untersucht. Diese Studie wurde mit Medikinet MR durchgeführt, das national in Deutschland auch als «Medikinet adult» zugelassen ist.
Die Teilnehmer erhielten entweder eine kognitive Verhaltenstherapie in Gruppen oder ein allgemeines klinisches Management mit Einzelangeboten für Beratungsgespräche zusätzlich zur täglichen Gabe von Placebo oder Medikinet MR. Die Behandlung wurde über insgesamt 52 Wochen durchgeführt.
Hauptzielparameter der Studie war die Reduktion der ADHS Symptomatik, gemessen an der Abnahme des CAARS-O: L Scores zwischen Baseline und nach 12 Wochen Therapie.
Im Ergebnis konnte die Überlegenheit einer Kombination aus Gruppentherapie oder klinischem Management mit Medikinet MR im Vergleich zur jeweiligen Kombination mit Placebo im Sinne einer Verbesserung der ADHS-Symptome gezeigt werden.
Die ADHS-Symptome nahmen unter Medikinet MR deutlich ab (n = 210; adjusted mean ADHD Index score, 16,2; ES = −0,81) im Vergleich zu Placebo (n = 209; adjusted mean ADHD Index score, 17,9; ES = −0,50). Der Unterschied war statistisch signifikant (ADHD Index score Unterschied von Medikinet MR gegenüber Placebo –1,7; 97,5% CI, −3,0 zu −0,4; 95% CI, −2,8 zu −0,6; P = 0,003).
Die durchschnittliche Tagesdosis (SD) der 179 mit Medikinet MR behandelten Patienten betrug 48,8 (20,2) mg.
Die COMPAS-Studie zeigte, dass psychologische Interventionen unter kontrollierten Bedingungen bei Erwachsenen in der Kombination mit Medikinet MR bessere Behandlungseffekte (über insgesamt 52 Wochen) hervorbrachten als in Kombination mit Placebo.

Pharmakokinetik

Absorption
Erfolgt die Einnahme bei Erwachsenen morgens nach dem Frühstück, wird der nicht retardierte Anteil der Kapsel rasch gelöst und eine initiale maximale Konzentration nach durchschnittlich 2 Stunden erreicht. Danach wird nach Magenpassage im Dünndarm Methylphenidat aus dem retardierten Anteil der Kapseln freigesetzt und trägt zur Ausbildung einer Plateauphase über einen Zeitraum zwischen 3 h und 4 h bei, während der die Konzentrationen nicht unter 75% der maximal erreichten Konzentration absinken. Bei einmal täglicher Einnahme minimiert Medikinet MR im Vergleich zu zweimal täglicher Einnahme von schnell freisetzendem Methylphenidat die Schwankungen zwischen den maximalen und minimalen Konzentrationen. Der resorbierte Anteil von Methylphenidat bei einmal täglicher Anwendung ist vergleichbar zu dem konventioneller schnell freisetzender Formulierungen, die zweimal täglich verabreicht werden.
Medikinet MR vereinigt die Vorteile einer raschen Anflutung mit dem Aufbau einer länger anhaltenden Plateauphase.
Einfluss der gleichzeitigen Nahrungsaufnahme
Medikinet MR sollte mit oder nach einer Mahlzeit eingenommen werden (siehe Rubrik «Dosierung/Anwendung» unter «Spezielle Anweisungen für die Einnahme»).
Distribution
Im Blut werden Methylphenidat und seine Metaboliten zwischen Plasma (57%) und Erythrozyten (43%) verteilt. Die Plasmaproteinbindung von Methylphenidat und seinen Metaboliten ist gering (10-33%). Das apparente Verteilungsvolumen beträgt ca. 13,1 l/kg.
Metabolismus
Methylphenidat wird rasch und in grossem Umfang metabolisiert. Maximale Plasmakonzentrationen des entesterten Hauptmetaboliten Alpha-Phenyl-2-Piperidinessigsäure werden etwa 2-3 h nach Verabreichung von Methylphenidat erreicht und liegen 30-50-mal höher als jene des unveränderten Wirkstoffs. Die Halbwertszeit von Alpha-Phenyl-2-Piperidinessigsäure ist etwa doppelt so lang wie jene von Methylphenidat und die systemische Clearance beträgt durchschnittlich 0,17 l/h/kg. Es sind nur geringe Mengen an hydroxylierten Metaboliten, wie z.B. Hydroxymethylphenidat oder Hydroxyritalinsäure nachweisbar. Für den therapeutischen Effekt scheint in erster Linie der unveränderte Wirkstoff verantwortlich zu sein.
Elimination
Methylphenidat wird mit einer mittleren Halbwertszeit von 2 h aus dem Plasma eliminiert und die systemische Clearance beträgt durchschnittlich 10 l/h/kg. Nach oraler Verabreichung werden innerhalb von 48-96 h 78-97% der Dosis im Urin und 1-3% in den Fäzes in Form von Metaboliten ausgeschieden. Unverändertes Methylphenidat erscheint nur in geringen Mengen (<1%) im Urin. Der grösste Teil einer Dosis (60-86%) wird im Urin als Alpha-Phenyl-2-Piperidinessigsäure ausgeschieden.
Kinetik spezieller Patientengruppen
Hyperaktive Kinder
Die Pharmakokinetik von Methylphenidat bei hyperaktiven Kindern zeigt, verglichen mit jener bei gesunden Erwachsenen, keine Unterschiede.
Nierenfunktionsstörungen
Daten zur Elimination bei Patienten mit normaler Nierenfunktion deuten darauf hin, dass die renale Elimination von unverändertem Methylphenidat durch eine Niereninsuffizienz kaum vermindert wird. Die renale Elimination des Metaboliten Alpha-Phenyl-2-Piperidinessigsäure kann jedoch vermindert sein.

Präklinische Daten

Mutagenität
In einem in vitro Test (CHO-Zellen) wurde ein erhöhter Austausch von Schwesterchromatiden und Chromosomaberrationen festgestellt. In zwei weiteren in vitro Untersuchungen (AMES und Maus Lymphoma Mutationstest) konnten keine mutagenen Effekte gezeigt werden.
In einer in vivo Studie (Mikronukleus Test, gleiche Mäuse-Rasse wie bei der Untersuchung zur Karzinogenität) mit Gaben von bis zu 250 mg/kg wurden keine klastogenen oder aneugenen Effekte beobachtet.
Karzinogenität
In einer tierexperimentellen Lebenszeit-Studie an Mäusen verursachte Methylphenidat einen Anstieg der Häufigkeit von hepatozellulären Adenomen (gutartiger Lebertumor) und, nur in männlichen Spezies, ein vermehrtes Auftreten von Hepatoblastomen (bösartiger Lebertumor) bei einer Dosis von ca. 60 mg/kg/d (ca. 35-mal höher als die maximal empfohlene Dosis beim Menschen). Es wurde kein genereller Anstieg in der Häufigkeit von bösartigen Lebertumoren beobachtet. Die getestete Mäuserasse ist besonders anfällig auf die Entwicklung von Lebertumoren und die Bedeutung dieser Ergebnisse für den Menschen ist unbekannt.
Ähnliche Untersuchungen bei Ratten ergaben keine Hinweise auf Karzinogenität.
Reproduktionstoxizität
In einer Reproduktionsstudie an Kaninchen mit Methylphenidat wurden bei zwei Würfen bei einer Dosis von 200 mg/kg/d Spina bifida und malrotierte hintere Extremitäten beobachtet. Diese Dosis war zirka 116-mal höher als die maximal empfohlene Dosis (MRHD) von 60 mg beim Menschen.
Eine zweite Studie wurde mit einer hohen Dosis von 300 mg/kg/d durchgeführt, welche als toxisch für das Muttertier angesehen wurde. Es wurde jedoch keine Spina bifida in 12 überlebenden Würfen (92 Föten) beobachtet.
In tierexperimentellen Untersuchungen mit Ratten erwies sich Methylphenidat als nicht teratogen. Eine hohe Dosis von 75 mg/kg/d (44-mal höher als die MRHD) führte zur Entwicklung fetaler Toxizität, die sich in einem erhöhten Vorkommen von Föten mit verzögerter Ossifikation des Schädels und des Zungenbeins sowie Föten mit kurzen überzähligen Rippen manifestierte.
Jugendliche Verhaltensentwicklung
In tierexperimentellen Untersuchungen an jungen Ratten führte die wiederholte orale Gabe von Methylphenidat zu reduzierter Bewegungsaktivität bei 50 mg/kg/d (29-mal höher als MRHD), zurückzuführen auf überhöhte pharmakokinetische Aktivität von Methylphenidat. In den weiblichen Ratten wurde darüber hinaus bei der höchsten Dosis von 100 mg/kg/d (58x höher als MRHD) ein Defizit im Aneignen spezifischer Lernfähigkeiten festgestellt. Die klinische Relevanz dieser Ereignisse ist unbekannt.

Sonstige Hinweise

Beeinflussung diagnostischer Methoden
Methylphenidat kann falsch positive Labortests für Amphetamine induzieren, insbesondere mit «Immunoassay Screen Tests».
Haltbarkeit
Das Arzneimittel darf nur bis zu dem auf dem Behälter mit «EXP» bezeichneten Datum verwendet werden.
Besondere Lagerungshinweise
Ausser Reichweite von Kindern aufbewahren.
Medikinet MR in der Originalverpackung aufbewahren und nicht über 25°C lagern.

Zulassungsnummer

56847 (Swissmedic).

Packungen

Medikinet MR Kapseln zu 5 mg: Packungen mit 20, 30, 50 oder 100 Kapseln [A+]
Medikinet MR Kapseln zu 10 mg: Packungen mit 20, 30, 50 oder 100 Kapseln [A+]
Medikinet MR Kapseln zu 20 mg: Packungen mit 20, 30, 50 oder 100 Kapseln [A+]
Medikinet MR Kapseln zu 30 mg: Packungen mit 20, 30, 50 oder 100 Kapseln [A+]
Medikinet MR Kapseln zu 40 mg: Packungen mit 20, 30, 50 oder 100 Kapseln [A+]

Zulassungsinhaberin

Salmon Pharma GmbH, Basel.

Stand der Information

Januar 2023

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