Warnhinweise und VorsichtsmassnahmenZur Wirksamkeit und Sicherheit und zur Dosierung bei Kindern unter 6 Jahren liegen keine ausreichenden Daten vor.
Equasym XR sollte nicht zur Behandlung von schweren exogenen oder endogenen Depressionen angewendet werden.
Plötzlicher Herztod und vorbestehende strukturelle Herzerkrankungen sowie andere schwere Herzkrankheiten
Kinder und Jugendliche
Bei Kindern mit kardialen strukturellen Anomalien am Herzen, die mit Stimulantien, einschliesslich Methylphenidat, behandelt wurden, wurde über plötzliche Todesfälle berichtet. Bei Kindern mit strukturellen kardialen Anomalien oder kardiovaskulären Vorerkrankungen sollte Methylphenidat deshalb nicht angewendet werden.
Arterielle Hypertonie und andere kardiovaskuläre Erkrankungen
Die Anwendung von Stimulantien verursacht eine moderate durchschnittliche Zunahme des Blutdrucks (um etwa 2-4 mmHg) und der Herzfrequenz (um etwa 3-6 Schläge pro Minute). Bei einzelnen Patienten können die Zunahmen deutlicher sein. Alle Patienten mit klinisch relevanten Veränderungen von Herzfrequenz und Blutdruck müssen überwacht werden. Besondere Vorsicht ist bei der Behandlung von Patienten geboten, deren Begleiterkrankungen durch eine Erhöhung des Blutdrucks und der Herzfrequenz beeinträchtigt werden könnten, wie Patienten mit vorbestehender arterieller Hypertension, Herzversagen, kürzlich aufgetretenem Myokardinfarkt oder ventrikulärer Arrhythmie.
Einschätzung des kardiovaskulären Status von Patienten, die mit Stimulantien behandelt werden
Um bestehende Herzkrankheiten zu erkennen, sollte bei Patienten, bei denen eine Behandlung mit Equasym XR vorgesehen ist, eine sorgfältige Anamnese (einschliesslich Abklärung der Familiengeschichte in Bezug auf plötzliche Todesfälle oder ventrikuläre Arrhythmien) und eine körperliche Untersuchung durchgeführt werden. Falls erste Befunde auf eine solche Erkrankung hinweisen, sollten weitere kardiologische Untersuchungen durchgeführt werden (z.B. Elektrokardiogramm, Echokardiogramm).
Der kardiovaskuläre Status sollte beobachtet werden. Blutdruck und Herzfrequenz sollten bei jeder Dosisanpassung oder in angemessenen Abständen (mindestens aber alle 6 Monate) überprüft und dokumentiert werden und anschliessend, falls immer klinisch indiziert.
Bei Kindern, die während der Behandlung mit Equasym XR Symptome entwickeln wie Palpitationen, Schmerzen in der Brust bei körperlicher Anstrengung, Synkopen oder andere Symptome, die auf eine Herzkrankheit deuten könnten, muss unverzüglich eine Herzuntersuchung vorgenommen werden.
Vorbestehende zerebrale Erkrankungen einschliesslich zerebraler struktureller Veränderungen
Patienten mit vorbestehenden zerebralen Anomalien, z.B. zerebralem Aneurysma und/oder Gefässanomalien wie Vaskulitis oder vorbestehendem Hirnschlag, sollten nicht mit Equasym XR behandelt werden.
Psychiatrische unerwünschte Wirkungen
Vorbestehende Psychose
Durch die Verabreichung von Stimulantien können bei Patienten mit vorbestehender psychotischer Störung die Symptome einer Verhaltensstörung, einer Gedankenstörung und von psychotischem Erleben verschlimmert werden.
Bipolare Störung
Vorsicht gilt auf jeden Fall bei der Anwendung von Stimulantien zur Behandlung von ADHS bei Patienten, bei denen eine komorbide bipolare Störung vorliegen könnte, die sich aber aktuell im gesunden Intervall befinden, da bei solchen Patienten eine gemischte/manische Episode ausgelöst werden kann (vergleiche «Kontraindikationen»). Vor dem Behandlungsbeginn mit Stimulantien muss bei Patienten mit komorbiden depressiven Symptomen sehr sorgfältig abgeklärt werden, ob bei ihnen ein Risiko für eine bipolare oder für eine psychotische Störung besteht. Zu diesen Abklärungen gehört die Aufnahme einer detaillierten psychiatrischen Krankengeschichte, einschliesslich einer Familien-Anamnese von Suiziden, bipolaren Störungen und Depressionen.
Auftreten neuer psychotischer oder manischer Symptome
Durch die Behandlung mit Stimulantien können bei Kindern und Jugendlichen ohne bisher festgestellte psychotische Störungen oder Manien bei normalen Dosen psychotische oder manische Symptome wie Halluzinationen, wahnhafte Störungen oder Manien ausgelöst werden. Wenn solche Symptome beobachtet werden, ist zu erwägen, ob das Stimulans in einem ursächlichen Zusammenhang steht und ein Abbruch der Behandlung angebracht ist. In einer Meta-Analyse von mehreren placebokontrollierten Kurzzeit-Studien wurden solche Symptome bei etwa 0,1% der mit Stimulantien behandelten Patienten festgestellt (4 Patienten mit Ereignissen bei insgesamt 3'482 Patienten, die über mehrere Wochen mit Methylphenidat oder Amphetamin bei normalen Dosen behandelt wurden), gegenüber 0% bei den mit Placebo behandelten Patienten.
Aggression
Bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS wird oft aggressives Verhalten oder Feindseligkeit festgestellt. Auch in klinischen Studien und Postmarketing-Beobachtungen zu Arzneimitteln für die Behandlung von ADHS wurde darüber berichtet. Obwohl es keine eindeutigen Hinweise dafür gibt, dass Stimulantien aggressives Verhalten oder Feindseligkeit hervorrufen, sollten Patienten am Anfang der ADHS-Behandlung sorgfältig auf das Auftreten oder die Verschlimmerung von aggressivem Verhalten oder Feindseligkeit überwacht werden (s. auch Abschnitt zu Suizidalität, da Feindseligkeit auch im Zusammenhang mit Suizidalität auftreten kann).
Bei Patienten, die eine Therapie mit Methylphenidat beginnen, sollte auf das Auftreten oder die Verstärkung von aggressivem Verhalten geachtet werden.
Eine sorgfältige Überwachung ist nötig. Aggression ist häufig mit ADHS assoziiert; dennoch wurde von unerwartetem Auftreten oder einer Verstärkung von Aggression während der Therapie mit Methylphenidat berichtet. Ein Therapieabbruch kann in Betracht gezogen werden. (siehe «Unerwünschte Wirkungen»)
Serotoninsyndrom
Wie auch bei anderen serotonerg wirkenden Substanzen kann unter Methylphenidat ein Serotoninsyndrom, eine potentiell lebensbedrohliche Situation, auftreten, insbesondere dann, wenn Methylphenidat gleichzeitig verabreicht wird mit anderen serotonergen Arzneimitteln. Dazu gehören selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI), trizyklische Antidepressiva, Phenothiazine, Triptane, Lithium, Fentanyl, Dextromethorphan, Tramadol, Tapentadol, Meperin, Methadon, Pentacocin, Johanneskraut (Hypericum) oder Wirkstoffe, die den Metabolismus von Serotonin beeinflussen, wie der antibiotische Wirkstoff Linezolid und der nicht-selektive MAO-Inhibitor Methylenblau, mit reversibler nicht-selektiver MAO-Hemmung oder Serotonin-Vorstufen (wie Tryptophan).
Die gleichzeitige Verabreichung von Methylphenidat und serotonergen Arzneimitteln wird nicht empfohlen, da dies zur Entwicklung eines Serotoninsyndroms führen kann. Die Symptome des Serotoninsyndroms können umfassen: Veränderungen des mentalen Status (z.B. Agitation, Halluzinationen, Delirium und Koma), autonome Instabilität (z.B. Tachykardie, labiler Blutdruck, Schwindel, Diaphorese, Flush, Hyperthermie), neuromuskuläre Symptome (z.B. Tremor, Rigidität, Myoklonus, Hyperreflexie, Koordinationsstörungen), Krampfanfälle und/oder gastrointestinale Symptome (z.B. Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö). Das Serotonin-Syndrom in seiner schwersten Ausprägung kann einem malignen neuroleptischen Syndrom ähneln, das Symptome umfasst wie Hyperthermie, Muskelrigidität, autonome Instabilität mit möglicher schneller Fluktuation der Vitalzeichen und Veränderungen des mentalen Zustands. Rasches Erkennen dieser Symptome ist wichtig.
Methylphenidat und serotonerge Arzneimittel müssen unverzüglich abgesetzt werden und eine geeignete Behandlung eingeleitet werden (Siehe «Interaktionen»).
Im Zusammenhang mit der Behandlung mit methylphenidathaltigen Produkten wurden sowohl bei Kindern und Jugendlichen als auch bei Erwachsenen über Einzelfälle von lang anhaltenden und schmerzhaften Erektionen (Priapismus) berichtet, die eine sofortige ärztliche Behandlung, gelegentlich auch eine chirurgische Intervention erforderten. (siehe «Unerwünschte Wirkungen»).
Priapismus wurde meist nicht während des Therapiebeginns berichtet, sondern entwickelte sich nach einiger Zeit der Einnahme des Arzneimittels, oft im Anschluss an eine Dosiserhöhung.
Priapismus trat auch während einer methylphenidatfreien Zeit (Therapiepause oder Therapieunterbruch) auf.
Patienten, die eine schmerzhafte Erektion entwickeln, die ungewöhnlich lang anhalten (mehr als 2 Stunden) oder häufig sind, sollten unverzüglich eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen. Die Medizinalpersonen sollen Patienten und ihre Eltern ausdrücklich auf dieses Problem und dessen Dringlichkeit hinweisen.
Suizidalität
Psychiatrische Erkrankungen sind mit einem wissenschaftlich nachgewiesenen erhöhtem Risiko für Selbstmordgedanken, Selbstverletzung und Selbstmord verbunden. Suizidale Verhaltensweisen (Suizidversuch und Suizidgedanken) wurden auch bei Patienten festgestellt, die mit Methylphenidat behandelt wurden.
Patienten, die wegen ADHS behandelt werden, sind um Hinblick auf das Auftreten oder die Verschlimmerung von psychopathologischen Symptomen wie Feindseligkeit und emotionale Labilität sorgfältig zu überwachen. Grundsätzlich ist nicht auszuschliessen, dass unter Therapie mit Methylphenidat sich Suizidalität (suizidale Gedanken, suizidales Verhalten) entwickelt oder sich verschlechtert.
Auch bei allgemeiner Verschlechterung des Zustandes, selbst ohne spezifische Hinweise auf Suizidalität, ist an eine mögliche Entwicklung von Suizidalität zu denken, und entsprechende Massnahmen sind durch Fachärzte einzuleiten (s. auch «Kontraindikationen»).
Solche Patienten müssen daher während der Behandlung besonders sorgfältig überwacht werden. Patienten (und deren Betreuer) sollten auf die dringende Notwendigkeit einer Überwachung des Zustandes (einschliesslich der Entwicklung von neuen Symptomen) und/oder der potentiellen Möglichkeit des Auftretens von Suizidgedanken, suizidalem Verhalten und selbstschädigenden Absichten hingewiesen werden und sofort medizinischen Rat einholen, wenn derartige Symptome auftreten. Dabei ist zu beachten, dass das Auftreten von manchen Symptomen, wie z.B. Ruhelosigkeit, sowohl auf den zugrunde liegenden Krankheitszustand, als auch auf die Arzneimitteltherapie zurückzuführen sein könnte.
Ein Missbrauch von Arzneimitteln, welche das zentrale Nervensystem stimulieren, ist möglicherweise assoziiert mit plötzlichem Tod oder anderen schweren kardiovaskulären Ereignissen.
Eine Behandlung mit Methylphenidat ist nicht in allen Fällen von Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störungen angezeigt und sollte nur nach vollständiger und eingehender Anamnese und Untersuchung des Kindes in Betracht gezogen werden. Die Entscheidung zur Verordnung von Methylphenidat sollte von einer Einschätzung der Schwere der Symptome und ihrer Relation zum Alter des Kindes erfolgen und nicht nur vom Vorhandensein einer oder mehrerer abnormaler Verhaltenseigenschaften abhängen. Wenn solche Symptome zusammen mit akuten Stressreaktionen einhergehen, ist die Behandlung mit Equasym XR üblicherweise nicht angezeigt.
Es gibt klinische Hinweise darauf, dass während der Verabreichung von Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Methylphenidat vermehrt psychiatrische Störungen (einschliesslich Suchtverhalten und suizidales Verhalten) sowie Gewichts- und Appetitverlust auftreten. Eine sorgfältige Erfassung solcher Veränderungen oder aber von Anzeichen für Fehlgebrauch und Missbrauch des Medikamentes muss bei jedem Besuch und jeder Dosisanpassung vorgenommen werden.
Bei der Langzeitanwendung von Kindern mit Methylphenidat wurde über Wachstumshemmung (reduzierte Zunahme von Gewicht und/oder Körpergrösse) berichtet.
Follow-up Untersuchungen bei Kindern zwischen 7 und 10 Jahren deuten darauf hin, dass Kinder, die konstant (z.B. 7 Tage pro Woche während 1 Jahr) Methylphenidat einnehmen, eine vorübergehende Verlangsamung der Wachstumsrate (im Durchschnitt 2 cm weniger Längenwachstum und 2,7 kg weniger Gewichtszunahme über 3 Jahre) zeigen können. Aus diesem Grunde sollten Patienten, die eine Langzeitbehandlung benötigen, sorgfältig (mindestens 6 Monate) bezüglich Grösse, Gewicht und Appetit überwacht und in einer Wachstumskurve dokumentiert werden. Bei Patienten, bei denen Wachstum oder Gewichtszunahme nicht den Erwartungen entsprechen, sollte die Behandlung unterbrochen werden.
Equasym XR soll nicht zur Prävention oder Behandlung normaler Ermüdungszustände verwendet werden.
Chronischer Missbrauch von Methylphenidat kann zu ausgeprägter Toleranz und psychischer Abhängigkeit mit unterschiedlichen Graden von abnormalem Verhalten führen. Insbesondere bei parenteralem Abusus kann es zu psychotischen Episoden kommen.
Vorsicht ist bei emotional instabilen Patienten angezeigt, etwa bei Drogenabhängigkeit oder Alkoholismus in der Vorgeschichte, da solche Patienten die Dosis möglicherweise eigenständig erhöhen.
Equasym XR sollte bei Patienten mit epileptischen Anfällen in der Anamnese, oder mit vorbestehenden Abnormalitäten des EEG ohne epileptische Anfälle oder bei Patienten ohne vorherige epileptische Anfälle und Hinweise im EEG nur mit Vorsicht angewendet werden, da klinische Erfahrungen gezeigt haben, dass es bei einer kleinen Anzahl von Patienten die Krampfschwelle herabsetzen kann. Wenn die Häufigkeit der Anfälle steigt, sollte Methylphenidat abgesetzt werden.
Wird das Arzneimittel abgesetzt, ist eine sorgfältige Überwachung erforderlich, da es zu Entzugserscheinungen sowie zur Demaskierung von Depressionen oder von Effekten chronischer Überaktivität kommen kann. Gewisse Patienten müssen daher möglicherweise während längerer Zeit beobachtet werden.
Vorsicht bei der Anwendung zentral wirksamer alpha-2-Agonisten, wie Clonidin (siehe «Interaktionen»).
In seltenen Fällen sind Symptome von Sehstörungen vorgekommen. Dabei ist über Akkomodationsstörungen und verschwommenes Sehen unter Therapie mit Methylphenidat berichtet worden.
Stimulanzien mit Wirkung auf das Zentralnervensystem einschliesslich Methylphenidat sind mit der Auslösung oder Verschlimmerung motorischer oder verbaler Tics in Verbindung gebracht worden. Vor jeder Behandlung mit Stimulanzien sollte deshalb eine klinische Beurteilung der Patienten hinsichtlich Tics durchgeführt werden. Dabei ist auch die Familienanamnese beizuziehen.
Das langfristige Sicherheits- und Wirksamkeitsprofil von Methylphenidat ist nicht vollständig bekannt. Patienten, die eine Langzeittherapie benötigen, sollten daher sorgfältig überwacht werden, und in regelmässigen Abständen sollte ein Blutbild, ein Differentialblutbild und die Anzahl der Thrombozyten bestimmt werden.
Eine sorgfältige Überwachung ist beim Absetzen des Arzneimittels erforderlich, da es dabei zur Aufdeckung von Depression oder auch chronischer Überaktivität kommen kann. Einige Patienten benötigen möglicherweise Nachuntersuchungen über einen längeren Zeitraum.
Patientinnen im gebärfähigen Alter (ab der ersten Monatsblutung) sollen Methylphenidat nicht einnehmen, es sei denn, die Anwendung ist unbedingt erforderlich (siehe Schwangerschaft, Stillzeit und Präklinische Daten).
Patienten mit der seltenen hereditären Fructose-/Galactose-Intoleranz, einer Glucose-Galactose-Malabsorption oder einer Sucrase-Isomaltase-Insuffizienz sollten dieses Arzneimittel nicht anwenden.
Dieses Arzneimittel enthält weniger als 1 mmol Natrium (23 mg) pro Kapsel, d.h. es ist nahezu «natriumfrei».
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