Eigenschaften/WirkungenATC-Code: L04AB05
Certolizumab pegol ist ein Fab’-Fragment eines rekombinanten, humanisierten Antikörpers. Das Fab’-Fragment wird in Escherichia coli gebildet und dann gereinigt und an Polyethylenglykol (PEG) konjugiert.
Wirkungsmechanismus
Certolizumab pegol besitzt eine hohe Affinität zu humanem TNF-α mit einem KD-Wert von 90 pM. TNF-α ist ein wichtiges proinflammatorisches Zytokin, das bei Entzündungsprozessen eine entscheidende Rolle spielt. Certolizumab pegol besitzt eine selektive neutralisierende Wirkung auf TNF-α (ICvon 4 ng/ml bei der Hemmung des humanen TNF-α in einem in vitro L929 murinen Fibrosarcoma-Zytotoxizitätsassay), neutralisiert aber Lymphotoxin-α (TNF-β) nicht.
Certolizumab pegol besitzt nachweislich eine dosisabhängige neutralisierende Wirkung auf membranassoziiertes und lösliches humanes TNF. Eine Inkubation von Monozyten mit Certolizumab pegol führte zu einer dosisabhängigen Hemmung von LPS-induziertem TNF-α sowie zur Bildung von IL-1β in humanen Monozyten.
Certolizumab pegol besitzt keine Fc-Region («fragment crystallizable»), wie sie in einem vollständigen Antikörper normalerweise vorhanden ist; es bildet deshalb kein Komplement und verursacht keine antikörper-abhängige, zellvermittelte Zytotoxizität. Es führt in-vitro nicht zur Apoptose in humanen, peripheren, aus dem Blut gewonnenen Monozyten oder Lymphozyten oder zu einer Degranulation von Neutrophilen.
Pharmakodynamik
Erhöhte TNF-α-Spiegel werden mit der Pathologie von Morbus Crohn in Verbindung gebracht. In den von Morbus Crohn betroffenen Bereichen der Darmwände wird TNF-α in hohem Masse exprimiert; die fäkale Konzentration von TNF-α bei Morbus-Crohn-Patienten spiegeln nachweislich den klinischen Schweregrad der Erkrankung wider. Nach der Behandlung mit Certolizumab pegol kam es bei Morbus-Crohn-Patienten zu einer Abnahme des Spiegels von C-reaktivem Protein (CRP), dem Akute-Phase-Marker von Entzündungen.
Klinische Wirksamkeit
Die Untersuchung der Wirksamkeit und Sicherheit von Cimzia erfolgte im Rahmen zweier doppelblinder, randomisierter, placebokontrollierter Studien an Patienten im Alter von ≥18 Jahren mit aktivem, mittelschwerem bis schwerem Morbus Crohn, d.h. mit einem Crohn’s Disease Activity Index (CDAI) von 220–450 (jeweils einschliesslich). Cimzia wurde in beiden Studien bei einer Dosierung von 400 mg subkutan verabreicht. Dabei war eine stabile Begleitmedikation gegen Morbus Crohn erlaubt.
Studie I
Bei der Studie I (PRECiSE 1) handelte es sich um eine randomisierte, placebokontrollierte Studie an 662 Patienten mit aktivem Morbus Crohn. Cimzia bzw. Placebo wurde in den Wochen 0, 2 und 4, danach alle 4 Wochen bis zur Woche 24 verabreicht. Das klinische Ansprechen (Response) definierte sich als eine Abnahme des CDAI-Werts um mindestens 100 Punkte, eine klinische Remission als absoluter CDAI-Wert von 150 oder weniger. Drei Patienten wurden von der Intent-to-treat- (ITT-) Analyse ausgeschlossen; bei zwei für Cimzia randomisierten Patienten erfolgte keine Dosierung; ein für Placebo randomisierter Patient wurde ausgeschlossen.
Die Ergebnisse in Bezug auf das klinische Ansprechen (Response) sind in Tabelle 2 dargestellt. Der Wirkungseintritt von Cimzia erfolgte in Woche 2. In Woche 6 war die Anzahl der Responder im Vergleich zu Placebo klinisch signifikant; d.h. ein klinisches Ansprechen wurde erzielt. Weiterhin war die Anzahl der Responder sowohl in Woche 6 als auch in Woche 26 klinisch signifikant, was ein anhaltendes Ansprechen zeigte.
Tabelle 2: PRECiSE 1 – Klinisches Ansprechen; gesamte Studienpopulation
Zeitpunkt Anzahl (%) der Responder
95% CI
Placebo Cimzia 400 mg
(N= 328) (N= 331)
----------------------------------------------------
Woche 2
----------------------------------------------------
N 326 328
Responders 46 (14,1%) 82 (25,0%)¹
95% CI 10,3%, 17,9% 20,3%, 29,7%
----------------------------------------------------
Woche 6 (Induktion)
----------------------------------------------------
N 325 327
Responder 87 (26,8%) 115 (35,2%)*
95% CI 22,0%, 31,6% 30,0%, 40,3%
----------------------------------------------------
Woche 26
----------------------------------------------------
N 327 328
Responders 87 (26,6%) 122 (37,2%)*
95% CI 21,8%, 31,4% 32,0%, 42,4%
----------------------------------------------------
Wochen 6 + 26
(anhaltendes Ansprechen)
----------------------------------------------------
N 325 325
Responder 52 (16,0%) 75 (23,1%)*
95% CI 12,0%, 20,0% 18,5%, 27,7%
¹ p-Wert nicht berechnet.
* p-value <0,05 logistischer Regressionstest.
Die Anwendung von Immunsuppressiva oder Kortikosteroiden zum Baseline-Zeitpunkt hatte keine Auswirkungen auf das klinische Ansprechen auf Cimzia. Cimzia war wirksam in Bezug auf die Induktion und Aufrechterhaltung des Ansprechens in der Subpopulation der mit Infliximab vorbehandelten Patienten (Woche 6: 24,5% vs 20,0%; Wochen 6 und 26: 15,5% vs 10,6% für Cimzia bzw. Placebo).
Cimzia war wirksam in Bezug auf die Induktion und Aufrechterhaltung des Ansprechens in der Subpopulation der nicht mit Infliximab vorbehandelten Patienten (Woche 6: 39,7% vs 29,2%; Wochen 6 und 26: 26,3% vs 17,9% für Cimzia bzw. Placebo). Die Auswirkungen von Morbus Crohn auf den Patienten wurden im Verlauf der Studie mittels eines krankheitsspezifischen Fragebogens, des sog. Inflammatory Bowel Disease Questionnaire (IBDQ), sowie eines Fragebogens (SF-36) zum allgemeinen Gesundheitszustand bewertet.
Anhand des IBDQ (Gesamtwert ≥16 Punkte gegenüber Baseline) zeigte in den Wochen 6, 16 und 26 in der mit Cimzia 400 mg behandelten Gruppe ein grösserer Anteil der Patienten eine klinisch bedeutsame Verbesserung in Bezug auf das Behandlungsergebnis als in der Placebo-Gruppe.
Die mit 400 mg Cimzia behandelten Patienten wiesen in Woche 6, bzw. in den Wochen 6 und 26, im Vergleich zur Placebo-Gruppe eine signifikante Schmerzlinderung (p ≤0,05) gegenüber Baseline anhand des körperlichen Schmerzwerts im Fragebogen SF-36 auf.
Studie II
Bei der Studie II (PRECiSE 2) handelte es sich um eine randomisierte Studie zum Behandlungsabbruch, die an 668 Patienten mit aktivem Morbus Crohn durchgeführt wurde. Alle in die Studie aufgenommenen Patienten erhielten Cimzia 400 mg in den Wochen 0, 2 und 4; die Bewertung des klinischen Ansprechens erfolgte in Woche 6. Das klinische Ansprechen (Response) definierte sich als eine Abnahme des CDAI-Werts um mindestens 100 Punkte, eine klinische Remission als absoluter CDAI-Wert von 150 oder weniger. Die Responder wurden zu einer Erhaltungstherapie mit Cimzia 400 mg oder Placebo alle 4 Wochen (beginnend mit Woche 8) bis zur Woche 24 randomisiert.
Patienten, die in Woche 6 kein Ansprechen zeigten (Non-Responder) wurden aus der Studie ausgeschlossen. Drei Patienten wurden von der ITT-Analyse ausgeschlossen.
Insgesamt 668 Patienten mit aktivem Morbus Crohn erhielten Cimzia 400 mg als Induktionstherapie nach dem Open-label-Prinzip.
Davon sprachen 428 (64,1%) auf die Behandlung an und wurden in Woche 6 für Placebo (212; ITT 210) bzw. Cimzia 400 mg (216; ITT 215) randomisiert; sie erhielten mindestens eine doppelblinde Injektion. Ein Wirkungseintritt zeigte sich in Woche 2.
Von den Respondern in Woche 6 zeigten 45,1% ein klinisches Ansprechen in Woche 2.
Die Ergebnisse in Bezug auf das klinische Ansprechen (Response) bzw. Remission sind in Tabelle 3 dargestellt. In Woche 26 zeigte in der Cimzia-Gruppe ein signifikant höherer Anteil der Woche-6-Responder ein klinisches Ansprechen bzw. eine klinische Remission als in der Gruppe mit 3 Dosierungen Cimzia + Placebo.
Tabelle 3: PRECiSE 2 – Klinisches Ansprechen (Response) und klinische Remission in der Gesamt-Studienpopulation
Zeitpunkt Klinisches An- Klinische Remission
sprechen (Res- Anzahl (%)
ponse) Anzahl (%)
Cimzia Cimzia Cimzia Cimzia
400 mg 400 mg 400 mg 400 mg
× 3 + × 3 +
Placebo* Placebo*
N= 210 N= 215 N= 210 N= 215
------------------------------------------------------
Woche 26
Anhaltendes Ansprechen
------------------------------------------------------
N 210 215 210 215
Responder 76 135 60 103
(36,2%) (62,8%) (28,6%) (47,9%)
------------------------------------------------------
95% CI 29,7%, 56,3%, 22,5%, 41,2%,
42,7% 69,3% 34,7% 54,6%
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p-Wert <0,001 <0,001
* Diese Tabelle bezieht sich ausschliesslich auf den doppelblinden Teil der Studie.
Abbildung 1: PRECiSE 2 – Klinisches Ansprechen im zeitlichen Verlauf; gesamte ITT-Population
Die Anwendung von Immunsuppressiva oder Kortikosteroiden zum Baseline-Zeitpunkt hatte keine Auswirkungen auf das klinische Ansprechen auf Cimzia. Cimzia war wirksam in Bezug auf die Aufrechterhaltung des Ansprechens bis zur Woche 26 sowohl in der Subpopulation der mit Infliximab vorbehandelten Patienten (44,2% vs 25,5% für Cimzia bzw. Placebo), als auch bei den nicht mit Infliximab vorbehandelten Patienten (68,7% bzw. 39,6%).
Die Auswirkungen von Morbus Crohn auf den Patienten wurden im Verlauf der Studie mittels eines krankheitsspezifischen Fragebogens, des sog. Inflammatory Bowel Disease Questionnaire (IBDQ), sowie eines weiteren Fragebogens (SF-36) zum allgemeinen Gesundheitszustand bewertet.
Anhand des IBDQ (Gesamtwert ≥16 Punkte gegenüber Baseline) zeigte in den Wochen 6, 16 und 26 in der mit Cimzia 400 mg behandelten Gruppe ein grösserer Anteil der Patienten eine klinisch bedeutsame Verbesserung in Bezug auf das Behandlungsergebnis als in der Placebo-Gruppe.
Die mit 400 mg Cimzia behandelten Patienten wiesen in Woche 26 im Vergleich zur Placebo-Gruppe eine signifikante Schmerzlinderung (p ≤0,05) gegenüber Baseline anhand des körperlichen Schmerzwerts im Fragebogen SF-36 auf.
Die Ergebnisse in Bezug auf die «körperliche Rollenerfüllung» im Fragebogen waren bei Cimzia besser als bei Placebo; sie waren jedoch nicht statistisch signifikant (p >0,05).
Antikörper gegen Cimzia
Der Gesamt-Prozentsatz der antikörper-positiven Patienten war gering (7,9% bei Patienten mit kontinuierlicher Cimzia-Exposition; bei ca. 80% zeigte sich in vitro eine Neutralisierung). Es zeigte sich keine offensichtliche Korrelation zwischen der Bildung von Antikörpern und den unerwünschten Ereignissen bzw. der Wirksamkeit. Die Patienten in den klinischen Studien zu Morbus Crohn wurden zu mehreren Zeitpunkten auf Antikörper gegen Cimzia untersucht. Vor Behandlungsbeginn (Baseline) wiesen die Patienten, die begleitend mit Immunsuppressiva behandelt wurden, eine geringere Antikörperbildung auf als die Patienten, die keine Immunsuppressiva erhielten (3,3% gegenüber 11,1%). Patienten mit Antikörpern gegen Certolizumab pegol weisen geringere Plasmakonzentrationen von Certolizumab pegol auf als Patienten ohne entsprechende Antikörper. Folgende unerwünschte Ereignisse wurden bei antikörper-positiven Patienten (N= 100) mit einer um mindestens 3% höheren Inzidenz berichtet als bei antikörper-negativen (N= 1242): Unterbauchschmerzen, Arthralgie, periphere Ödeme, Erythema nodosum, Erytheme an der Injektionsstelle, Schmerzen an der Injektionsstelle, Schmerzen in den Extremitäten und Infektionen der oberen Atemwege.
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