PharmakokinetikAbsorption
Die Bioäquivalenz einer Eviplera-Filmtablette wurde mit einer Hartkapsel mit 200 mg Emtricitabin, einer Filmtablette mit 25 mg Rilpivirin (als Hydrochlorid) und einer Filmtablette mit 245 mg Tenofovirdisoproxil (als Fumarat) nach Verabreichung der Einzeldosierungen bei nicht nüchternen, gesunden Probanden untersucht. Nach oraler Gabe von Eviplera zum Essen wird Emtricitabin rasch und weitgehend absorbiert, wobei die maximalen Plasmakonzentrationen innerhalb von 2,5 Stunden nach Verabreichung eintraten. Maximale Plasmakonzentrationen von Tenofovir werden innerhalb von 2 Stunden erreicht, maximale Plasmakonzentrationen von Rilpivirin im Allgemeinen innerhalb von 4 bis 5 Stunden. Nach oraler Gabe an HIVinfizierte Patienten wird Tenofovirdisoproxilfumarat schnell absorbiert und in Tenofovir umgewandelt. Die absolute Bioverfügbarkeit von Emtricitabin aus den 200mg-Hartkapseln wurde auf 93% geschätzt. Die orale Bioverfügbarkeit von Tenofovir aus Tenofovirdisoproxilfumarat-Tabletten betrug bei nüchternen Patienten etwa 25%. Die absolute Bioverfügbarkeit von Rilpivirin ist nicht bekannt. Die Einnahme von Eviplera entweder mit einer leichten Mahlzeit (390 kcal) oder einer normalen Mahlzeit (540 kcal) ergab bei gesunden erwachsenen Probanden erhöhte Expositionen gegenüber Rilpivirin und Tenofovir im Vergleich zum Nüchternzustand. Die Cmax von Rilpivirin stieg um 34% (leichte Mahlzeit) bzw. 26% (normale Mahlzeit) und die AUC um 9% bzw. 16%. Die Cmax von Tenofovir stieg um 12% (leichte Mahlzeit) bzw. 32% (normale Mahlzeit) und die AUC um 28% bzw. 38%. Die Expositionen gegenüber Emtricitabin wurden durch die Nahrungsaufnahme nicht beeinflusst. Um eine optimale Absorption zu gewährleisten, muss Eviplera zum Essen eingenommen werden (siehe «Dosierung/Anwendung»).
Distribution
Nach intravenöser Verabreichung betrug das Verteilungsvolumen der einzelnen Wirkstoffe Emtricitabin bzw. Tenofovir ungefähr 1,4 l/kg bzw. 800 ml/kg. Nach oraler Gabe der einzelnen Wirkstoffe Emtricitabin und Tenofovirdisoproxilfumarat werden Emtricitabin und Tenofovir breit im gesamten Körper verteilt. Die Invitro-Bindung von Emtricitabin an humane Plasmaproteine lag bei weniger als 4% und war im Bereich von 0,02 bis 200 µg/ml konzentrationsunabhängig. Rilpirivin ist in vitro zu etwa 99,7% an humane Plasmaproteine, vorwiegend Albumin, gebunden. Die Invitro-Bindung von Tenofovir an Plasma- oder Serumprotein betrug in einem Konzentrationsbereich zwischen 0,01 und 25 µg/ml weniger als 0,7% (Plasmaproteine) bzw. 7,2% (Serumproteine).
Metabolismus
Emtricitabin wird nur in geringem Umfang metabolisiert. Die Biotransformation von Emtricitabin umfasst die Oxidation des Thiol-Anteils zu 3'-Sulfoxid-Diastereomeren (ca. 9% der Dosis) sowie die Konjugation mit Glukuronsäure zum 2'-O-Glukuronid (ca. 4% der Dosis). Invitro-Experimente deuten darauf hin, dass Rilpivirinhydrochlorid primär dem durch das Cytochrom-P450-(CYP)3A-System vermittelten oxidativen Metabolismus unterliegt. Invitro-Untersuchungen haben gezeigt, dass weder Tenofovirdisoproxilfumarat noch Tenofovir Substrate für CYP450-Enzyme sind. Weder Emtricitabin noch Tenofovir hemmten in vitro die Metabolisierung von Arzneimitteln, die von einem der wichtigeren humanen, an der Biotransformation von Arzneimitteln beteiligten CYP450-Isoenzyme vermittelt wird. Emtricitabin hemmte auch nicht das für die Glukuronidierung verantwortliche Enzym Uridin-5'-Diphosphoglukuronyl-Transferase.
Elimination
Emtricitabin wird primär über die Nieren eliminiert, wobei die Dosis vollständig mit dem Urin (ca. 86%) und den Fäzes (ca. 14%) ausgeschieden wird. Dabei lagen 13% der Emtricitabin-Dosis im Urin in Form von drei Metaboliten vor. Die systemische Clearance von Emtricitabin betrug im Durchschnitt 307 ml/min. Nach oraler Anwendung liegt die Eliminations-Halbwertzeit von Emtricitabin bei ca. 10 Stunden.
Die terminale Eliminations-Halbwertzeit von Rilpivirin liegt bei etwa 45 Stunden. Nach oraler Gabe einer Einzeldosis von 14C-Rilpivirin werden im Durchschnitt 85% bzw. 6,1% der Radioaktivität in den Fäzes bzw. im Urin wiedergefunden. In den Fäzes machte unverändertes Rilpivirin durchschnittlich 25% der verabreichten Dosis aus. Im Urin wurden nur Spuren unveränderten Rilpivirins (<1% der Dosis) nachgewiesen.
Nach oraler Gabe liegt die Eliminations-Halbwertzeit von Tenofovir bei etwa 12 bis 18 Stunden. Tenofovir wird primär über die Nieren eliminiert, sowohl durch Filtration als auch durch ein aktives tubuläres Transportsystem (humaner organischer Anionentransporter 1 [hOAT1]), wobei nach intravenöser Verabreichung etwa 70-80% der Dosis unverändert über den Urin ausgeschieden werden. Die scheinbare Clearance von Tenofovir betrug im Durchschnitt etwa 307 ml/min. Die renale Clearance wurde auf ungefähr 210 ml/min geschätzt, was die glomeruläre Filtrationsrate übersteigt. Dies deutet darauf hin, dass die aktive tubuläre Sekretion bei der Ausscheidung von Tenofovir eine wichtige Rolle spielt.
Kinetik spezieller Patientengruppen
Alter, Geschlecht und ethnische Zugehörigkeit
Im Allgemeinen ähnelt die Pharmakokinetik von Emtricitabin bei Kleinkindern, Kindern und Jugendlichen (im Alter von 4 Monaten bis zu 18 Jahren) der von Erwachsenen. Die Pharmakokinetik von Rilpivirinhydrochlorid und Tenofovirdisoproxilfumarat bei Kindern und Jugendlichen wird noch untersucht. Aufgrund unzureichender Daten können keine Dosierungsempfehlungen für pädiatrische Patienten gegeben werden (siehe «Dosierung/Anwendung»).
Die Sicherheit und Wirksamkeit von Eviplera bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren wurden nicht belegt (siehe «Dosierung/Anwendung»).
Eine populationspharmakokinetische Analyse bei HIVinfizierten Patienten zeigte, dass die Pharmakokinetik von Rilpivirin keine Unterschiede im untersuchten Altersbereich (18 bis 78 Jahre) aufwies, wobei lediglich 2 Patienten 65 Jahre oder älter waren.
Die Pharmakokinetik von Emtricitabin und Tenofovir bei männlichen und weiblichen Patienten ist vergleichbar. Es wurden keine klinisch relevanten Unterschiede in der Pharmakokinetik von Rilpivirinhydrochlorid bei Männern und Frauen beobachtet.
Es wurden keine klinisch bedeutsamen pharmakokinetischen Unterschiede aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit identifiziert.
Leberfunktionsstörungen
Eine Dosisanpassung von Eviplera wird nicht vorgeschlagen. Vorsicht ist jedoch bei Patienten mit einer mittelschweren Leberfunktionsstörung geboten. Bei Patienten mit einer schweren Leberfunktionsstörung (CPT-Score C) wurde Eviplera nicht untersucht, weshalb die Einnahme von Eviplera bei diesen Patienten nicht empfohlen wird (siehe «Dosierung/Anwendung» und «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Die Pharmakokinetik von Emtricitabin wurde bei Patienten mit unterschiedlich schwerer Leberinsuffizienz nicht untersucht.
Rilpivirinhydrochlorid wird primär über die Leber metabolisiert und eliminiert. In einer Studie, in der 8 Patienten mit leichter (CPT-Score A) und 8 Patienten mit mittelschwerer Leberfunktionsstörung (CPT-Score B) jeweils mit 8 entsprechenden Kontrollen verglichen wurden, war nach mehreren Dosen die Rilpivirin-Exposition bei Patienten mit leichter Leberfunktionsstörung um 47% höher und bei Patienten mit mittelschwerer Leberfunktionsstörung um 5% höher. Rilpivirin wurde bei Patienten mit schwerer Leberfunktionsstörung (CPT-Score C) nicht untersucht (siehe «Dosierung/Anwendung»). Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass die Exposition gegenüber pharmakologisch aktivem, ungebundenem Rilpivirin bei einer mittelschweren Funktionsstörung signifikant erhöht ist.
Tenofovirdisoproxil wurde als Einzeldosis von 245 mg bei nicht-HIVinfizierten Patienten mit unterschiedlich stark ausgeprägten Leberfunktionsstörungen (Definition gemäss der CPT-Klassifikation) angewendet. Die Pharmakokinetik von Tenofovir war bei Patienten mit einer Leberfunktionsstörung nicht wesentlich verändert. Daher ist bei diesen Patienten keine Dosisanpassung erforderlich. Die mittleren (% CV) Cmax- und AUC0-∞-Werte von Tenofovir betrugen 223 ng/ml (34,8%) bzw. 2050 ng•h/ml (50,8%) bei Patienten mit normaler Leberfunktion im Vergleich zu 289 ng/ml (46,0%) bzw. 2310 ng•h/ml (43,5%) bei Patienten mit mittelschwerer Leberfunktionsstörung und 305 ng/ml (24,8%) bzw. 2740 ng•h/ml (44,0%) bei Patienten mit schwerer Leberfunktionsstörung.
Hepatitis-B- und/oder Hepatitis-C-Koinfektion
Im Allgemeinen entsprach die Pharmakokinetik von Emtricitabin bei HBVinfizierten Patienten der bei gesunden Probanden und bei HIVinfizierten Patienten.
Populationspharmakokinetische Analysen deuten darauf hin, dass eine Koinfektion mit Hepatitis B und/oder C keine klinisch relevanten Auswirkungen auf die Rilpivirin-Exposition hat.
Nierenfunktionsstörungen
Begrenzte Daten aus klinischen Studien sprechen für eine einmal tägliche Dosierung von Eviplera bei Patienten mit leichter Nierenfunktionsstörung (Kreatinin-Clearance 50-80 ml/min). Für die Eviplera-Wirkstoffe Emtricitabin und Tenofovirdisoproxilfumarat wurden jedoch keine Daten zum Langzeit-Sicherheitsprofil bei Patienten mit leichter Nierenfunktionsstörung erhoben. Eviplera sollte deshalb bei Patienten mit leichter Nierenfunktionsstörung nur dann eingesetzt werden, wenn angenommen wird, dass der potenzielle Nutzen der Behandlung gegenüber dem potenziellen Risiko überwiegt (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen» und «Eigenschaften/Wirkungen»).
Eviplera wird nicht empfohlen bei Patienten mit einer mittelschweren oder schweren Nierenfunktionsstörung (Kreatinin-Clearance <50 ml/min), weil bei dieser Patientengruppe das Dosierungsintervall von Emtricitabin und Tenofovirdisoproxilfumarat angepasst werden muss und dies mit der Kombinationstablette nicht möglich ist (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen» und «Pharmakokinetik»).
Die pharmakokinetischen Parameter von Emtricitabin 200 mg oder Tenofovirdisoproxil 245 mg wurden hauptsächlich nach einmaliger Gabe bei nicht HIVinfizierten Patienten mit unterschiedlich schweren Nierenfunktionsstörungen bestimmt. Der Schweregrad der Nierenfunktionsstörung wurde anhand des Ausgangswerts der Kreatinin-Clearance (ClCr) bestimmt (normale Nierenfunktion bei ClCr >80 ml/min, leichte Nierenfunktionsstörung bei ClCr = 50-79 ml/min, mittelschwere Nierenfunktionsstörung bei ClCr = 30-49 ml/min und schwere Nierenfunktionsstörung bei ClCr = 10-29 ml/min).
Die mittlere Exposition (% CV) gegenüber Emtricitabin stieg von 12 µg•h/ml (25%) bei Patienten mit normaler Nierenfunktion auf 20 µg•h/ml (6%) bei Patienten mit einer leichten Nierenfunktionsstörung, auf 25 µg•h/ml (23%) bei Patienten mit einer mittelschweren Nierenfunktionsstörung und auf 34 µg•h/ml (6%) bei Patienten mit einer schweren Nierenfunktionsstörung.
Die mittlere Exposition (% CV) gegenüber Tenofovir stieg von 2185 ng•h/ml (12%) bei Patienten mit normaler Nierenfunktion auf 3064 ng•h/ml (30%) bei Patienten mit einer leichten Nierenfunktionsstörung, auf 6009 ng•h/ml (42%) bei Patienten mit einer mittelschweren Nierenfunktionsstörung und auf 15'985 ng•h/ml (45%) bei Patienten mit einer schweren Nierenfunktionsstörung.
Bei dialysepflichtigen Patienten mit einer terminalen Niereninsuffizienz (ESRD [end stage renal disease] (ClCr <10 ml/min)) kam es zwischen zwei Hämodialysebehandlungen zu einem ausgeprägten Anstieg der Emtricitabin-Exposition über 72 Stunden auf 53 µg•h/ml (19%) und der Tenofovir-Exposition über 48 Stunden auf 42'857 ng•h/ml (29%).
Zur Untersuchung der Sicherheit, antiviralen Aktivität und Pharmakokinetik von Tenofovirdisoproxilfumarat in Kombination mit Emtricitabin bei HIVinfizierten Patienten mit einer Nierenfunktionsstörung wurde eine kleine klinische Studie durchgeführt. Eine Untergruppe von Patienten mit einem Kreatinin-Clearance-Ausgangswert zwischen 50 und 60 ml/min, die eine einmal tägliche Dosierung erhielten, zeigte einen 2-4fachen Anstieg der Tenofovir-Exposition und eine Verschlechterung der Nierenfunktion.
Die Pharmakokinetik von Rilpivirinhydrochlorid wurde bei Patienten mit Nierenfunktionsstörung nicht untersucht. Die renale Elimination von Rilpivirin ist vernachlässigbar. Bei Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung oder ESRD könnten die Plasmakonzentrationen aufgrund einer Veränderung der Absorption, Distribution und/oder des Metabolismus des Wirkstoffes als Folge der Nierenfunktionsstörungen erhöht sein. Aufgrund der starken Plasmaproteinbindung von Rilpivirin ist es unwahrscheinlich, dass durch Hämo- oder Peritonealdialyse signifikante Mengen aus dem Blut entfernt werden können (siehe «Dosierung/Anwendung»).
Umstellung von einer Therapie mit Efavirenz
Die Wirksamkeitsdaten aus der Studie GS-US-264-0111 (siehe «Eigenschaften/Wirkungen») deuten darauf hin, dass der kurze Zeitraum einer erniedrigten Rilpivirin-Exposition die antivirale Wirksamkeit von Eviplera nicht beeinträchtigt. Entsprechend der CYP3A-Induktion durch Efavirenz lagen die mittleren Talkonzentrationen von Rilpivirin im Bereich der historischen Daten und setzten 2 Wochen nach Umstellung ein. Gleichzeitig blieben die mittleren Efavirenz-Konzentrationen über einen Zeitraum von 4 Wochen nach der Umstellung oberhalb der nach Proteinbindung angepassten IC90 (10 ng/ml), übereinstimmend mit der nachgewiesenen Halbwertszeit von Efavirenz. Nach der Umstellung von einer Therapie mit Efavirenz ist keine Dosisanpassung erforderlich.
Schwangerschaft und Postpartum
Die Gesamt-Rilpivirinexposition nach Einnahme von 25 mg Rilpivirin einmal täglich im Rahmen einer antiretroviralen Therapie war während der Schwangerschaft (gleichermassen im 2. und 3. Schwangerschaftstrimenon) niedriger als postpartal (siehe Tabelle 8).
Bei Frauen, die 25 mg Rilpivirin einmal täglich im 2. Schwangerschaftstrimenon erhielten, waren die mittleren intraindividuellen Werte in Bezug auf Cmax, AUC24h und Cmin von Rilpivirin gesamt um 21%, 29% und 35% niedriger als postpartal; im 3. Schwangerschaftstrimenon waren die Werte in Bezug auf Cmax, AUC24h und Cmin von Rilpivirin gesamt um 20%, 31% und 42% niedriger als postpartal.
Tabelle 8: Pharmakokinetische Ergebnisse für Gesamt-Rilpivirin nach Verabreichung von 25 mg Rilpivirin einmal täglich im Rahmen einer antiretroviralen Therapie im 2. Schwangerschaftstrimenon, im 3. Schwangerschaftstrimenon und postpartal
Pharmakokinetik von Rilpivirin gesamta (Mittelwert ± SD, tmax: Median [Bereich])
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Postpartal (6-12 Wochen) (n = 11)
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2. Schwangerschafts-trimenon (n = 15)
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3. Schwangerschafts-trimenon (n = 13)
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Cmin, ng/ml
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84,0 ± 58,8
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54,3 ± 25,8
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52,9 ± 24,4
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Cmax, ng/ml
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167 ± 101
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121 ± 45,9
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123 ± 47,5
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tmax, h
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4,00 (2,03-25,08)
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4,00 (1,00-9,00)
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4,00 (2,00-24,93)
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AUC24h, ng•h/ml
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2714 ± 1535
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1792 ± 711
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1762 ± 662
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a Mittelwert populationsübergreifend
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