Eigenschaften/WirkungenATC-Code: V10XX03
Physikalische Eigenschaften
Radium Ra-223 ist ein Alphateilchen-Emitter mit einer Halbwertszeit von 11,4 Tagen. Seine spezifische Aktivität beträgt 1,9 MBq/ng.
Bei dem sechsstufigen Zerfallsprozess von Radium-223 zu Blei-207 entstehen kurzlebige Tochterisotope, und es kommt zu einer Reihe von Alpha-, Beta- und Gamma-Emissionen mit unterschiedlichen Werten für Energie und Emissionswahrscheinlichkeit.
Wirkungsmechanismus
Xofigo ist ein Alphateilchen emittierendes therapeutisches Radiopharmakon mit gezielter Antitumorwirkung gegen Knochenmetastasen.
Die wirksame Einheit von Xofigo ist das Radioisotop Radium-223 (als Radium Ra-223-Dichlorid), das sich im menschlichen Körper ähnlich wie Kalzium verhält. Es bildet Komplexe mit dem Knochenmineral Hydroxylapatit und wird auf diese Weise selektiv in das Knochengewebe eingelagert, insbesondere in den Bereichen von Knochenmetastasen. Der hohe lineare Energietransfer von Alphastrahlern (80 keV/Mikrometer) führt in den benachbarten Zellen zu zahlreichen Brüchen in den DNA-Doppelsträngen und infolgedessen zu einem starken lokalen Antitumoreffekt. Die Reichweite der von Radium-223 emittierten Alphateilchen beträgt dabei weniger als 100 Mikrometer (weniger als 10 Zelldurchmesser), so dass das umgebende gesunde Gewebe nur minimal geschädigt wird.
Pharmakodynamik
Im Vergleich zu Placebo bestand ein signifikanter Unterschied zugunsten von Xofigo bei allen fünf Biomarkern des Knochenumsatzes im Serum, die in einer randomisierten Phase-II-Studie untersucht wurden (Marker für die Knochenneubildung: knochenspezifische alkalische Phosphatase [ALP], Gesamt-ALP und Prokollagen Typ I N-Propeptid [PINP]; Marker für die Knochenresorption: quervernetztes C-terminales Typ-I-Kollagen-Telopeptid [S-CTX-I] und Kollagen-Typ-I-C-Telopeptid [ICTP]).
Klinische Wirksamkeit
Die klinische Sicherheit und Wirksamkeit von Xofigo wurde in einer randomisierten, doppelblinden, multizentrischen Mehrfach-Dosis-Studie der Phase III (ALSYMPCA) bei symptomatischen Patienten mit progredientem kastrationsresistentem Prostatakarzinom und mindestens zwei Knochenmetastasen untersucht. Patienten mit viszeralen Metastasen oder mit maligner Lymphadenopathie von mehr als 3 cm Grösse waren ausgeschlossen worden.
Primärer Wirksamkeitsendpunkt war die Gesamtüberlebenszeit.
Am Stichtag für die vorab geplante Interimsanalyse waren insgesamt 809 Patienten nach Zufallskriterien (Randomisierungsverhältnis 2:1) einer Behandlung mit 6 Zyklen Xofigo 55 kBq/kg intravenös alle 4 Wochen plus optimaler Standardversorgung (n=541) bzw. einer entsprechenden Behandlung mit Placebo plus optimaler Standardversorgung (n=268) zugewiesen. Die optimale Standardversorgung bestand z.B. in externer lokaler Bestrahlung, Gabe von Biphosphonaten, Kortikosteroiden, Antiandrogenen bei Patienten ohne vorausgegangene Orchiektomie, Östrogenen, Estramustin oder Ketoconazol. Auf Empfehlung der unabhängigen Datenüberwachungskommission wurde die Studie nach der Interimsanalyse entblindet, da der Nachweis der Wirksamkeit gemäss den vorab definierten Abbruchkriterien erbracht war. Diese Analyse gilt als Hauptanalyse der Studie.
Bevor den Patienten der Placebogruppe die Weiterbehandlung mit Xofigo angeboten wurde, erfolgte eine aktualisierte deskriptive Sekundär-Analyse der Daten zu Sicherheit und Gesamtüberlebenszeit von 921 randomisierten Patienten.
Hinsichtlich der demografischen Daten und der Ausgangsmerkmale der Krankheit waren die Gruppen unter Xofigo bzw. Placebo (Kollektiv der Interimsanalyse) vergleichbar. Für die Xofigo-Gruppe wurden folgende Daten registriert:
·Durchschnittsalter der Patienten: 70 Jahre (Spanne 49 bis 90 Jahre).
·87% der aufgenommenen Patienten hatten einen ECOG-Leistungsstatus von 0–1.
·41% erhielten gleichzeitig Bisphosphonate.
·42% der Patienten waren nicht mit Docetaxel vorbehandelt, weil sie als ungeeignet für diese Behandlung betrachtet wurden oder die Docetaxel-Behandlung ablehnten.
·46% der Patienten hatten keine Schmerzen oder den WHO-Schmerzscore 1 (keine oder milde Symptome), 54% hatten WHO-Schmerzscore 2–3.
·Von den Patienten erhielten 83% gleichzeitig Luteinizing-Hormon-Releasing-Hormon-(LHRH-) Agonisten und 21% gleichzeitig Antiandrogene.
·Die Szintigrafie ergab bei 16% der Patienten <6 Knochenmetastasen, bei 44% zwischen 6 und 20 Knochenmetastasen und bei 40% mehr als 20 Knochenmetastasen oder ein «Superscan».
Die Ergebnisse sowohl der Interimsanalyse (Hauptanalyse) als auch der aktualisierten Analyse zeigten, dass die Patienten unter Xofigo plus optimale Standardversorgung insgesamt signifikant länger überlebten als die Patienten, die Placebo plus optimale Standardversorgung erhielten (siehe Tabelle 2, Abbildung 1). Beiden Datensets zufolge betrug die Verbesserung des Gesamtüberlebens 44%, berechnet anhand der Hazard Ratios.
Bei der Interimsanalyse wurde eine Zunahme der medianen Gesamtüberlebenszeit (Overall Survival=OS) um 2,8 Monate unter Xofigo plus optimale Standardversorgung versus Placebo plus optimale Standardversorgung festgestellt (HR=0,695 (95%-KI 0,552/0,875), p=0,00185, medianes OS: 14,0 Monate versus 11,2 Monate) bei einer Reduktion des Sterberisikos um mehr als 30%.
Die aktualisierte Analyse ergab eine Zunahme des medianen OS um 3,6 Monate unter Xofigo plus optimale Standardversorgung versus Placebo plus optimale Standardversorgung (HR=0,695 (95%-KI 0,581/0,832), medianes OS 14,9 Monate versus 11,3 Monate).
Tabelle 2: Überlebensdaten aus der Phase-III-Studie ALSYMPCA
Wirksamkeitsparameter
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Xofigo
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Placebo
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Interimsanalyse (Hauptanalyse)
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n=541
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n=268
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Zahl der Todesfälle (%)
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191 (35,3%)
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123 (45,9%)
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Mediane Gesamtüberlebenszeit (Monate) (95%-KI)
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14,0 (12,1–15,8)
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11,2 (9,0–13,2)
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p-Werta (2-seitig)
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0,00185
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Hazard Ratiob (95%-KI)
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0,695 (0,552/0,875)
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Aktualisierte Analyse
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n=614
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n=307
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Zahl der Todesfälle (%)
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333 (54,2%)
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195 (63,5%)
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Mediane Gesamtüberlebenszeit (Monate) (95%-KI)
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14,9 (13,9–16,1)
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11,3 (10,4–12,8)
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Hazard Ratiob (95%-KI)
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0,695 (0,581/0,832)
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HR=Hazard Ratio (Xofigo versus Placebo), KI=Konfidenzintervall
a Die Phase-III-Studie (ALSYMPCA) wurde nach der Interimsanalyse wegen nachgewiesener Wirksamkeit abgebrochen. Da die Ergebnisse der aktualisierten Analyse nur zu deskriptiven Zwecken dargestellt sind, ist kein p-Wert angegeben.
b Hazard Ratio <1 zugunsten von Xofigo.
Abbildung 1: Kaplan-Meier-Kurven der Gesamtüberlebenszeit (Interimsanalyse)
Interimsanalyse und aktualisierte Analyse ergaben auch eine signifikante Verbesserung aller wichtigen sekundären Endpunkte in der Xofigo-Gruppe, verglichen mit der Placebogruppe (siehe Tabelle 3).
Symptomatische skelettbezogene Ereignisse (Symptomatic Skeletal Events, SSE), definiert als: externe Bestrahlung zwecks Schmerzlinderung oder symptomatische pathologische Fraktur oder Rückenmarkskompression oder tumorbedingte orthopädische Operation) traten bei den Patienten, die Xofigo erhielten, signifikant später auf als bei den Patienten der Placebogruppe (Interimsanalyse: HR=0,610, 95%-KI 0,461–0,807, p=0,00046, mediane Zeit bis zum ersten SSE=13,5 Monate unter Xofigo versus 8,4 Monate unter Placebo; aktualisierte Analyse: HR=0,658, 95%-KI 0,522–0,830, mediane Zeit bis zum ersten SSE=15,6 Monate unter Xofigo versus 9,8 Monate unter Placebo).
·Bei den Patienten, die Xofigo erhielten, war im Vergleich zu den Patienten unter Placebo eine Verlängerung der Zeit bis zum Auftreten einer Rückenmarkskompression zu beobachten (Interimsanalyse: HR=0,443, 95%-KI 0,223–0,877, 17/541=3,1% versus 16/268=6,0%, p=0,01647; aktualisierte Analyse: HR=0,516, 95%-KI 0,286–0,931; die mediane Zahl der Monate war nicht feststellbar, da der Median zum Zeitpunkt des Daten-Cut-off noch nicht erreicht war).
·Bei den Patienten, die Xofigo erhielten, war im Vergleich zu den Patienten unter Placebo eine Verlängerung der Zeit bis zu einer Knochenfraktur zu beobachten (Interimsanalyse: HR=0,450, 95%-KI 0,236–0,856, 20/541=3,7% versus 18/268=6,7%, p=0,01255; aktualisierte Analyse: HR=0,620, 95%-KI 0,351–1,093; die mediane Zahl der Monate war nicht feststellbar, da der Median zum Zeitpunkt des Daten-Cut-off noch nicht erreicht war).
·Die Zeit bis zur externen Bestrahlung zwecks Schmerzlinderung war unter Xofigo signifikant verlängert (Interimsanalyse: HR=0,649, 95%-KI 0,483–0,871, 122/541=22,6% versus 72/268=26,9%, p=0,00375, mediane Zeit=17,0 Monate unter Xofigo versus 10,8 Monate unter Placebo; aktualisierte Analyse: HR=0,670, 95%-KI 0,525–0,854, mediane Zeit=17,1 Monate unter Xofigo versus 17,5 Monate unter Placebo). In der Placebogruppe war der Anteil der verstorbenen Patienten höher und als Folge davon die Zahl der EBRT-Ereignisse (External Beam Radiation Therapy, EBRT) geringer; zum Zeitpunkt der aktualisierten Analyse führte dies zu einer Bias in Form einer längeren medianen Zeit bis zur EBRT.
Tabelle 3: Sekundäre Endpunkte der ALSYMPCA-Studie: Zeit bis zum Auftreten symptomatischer skelettbezogener Ereignisse (SSE), Zeit bis zur externen Bestrahlung (EBRT), Zeit bis zur Rückenmarkskompression und Zeit bis zu einer Knochenfraktur
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Symptomatisches skelettbezogenes Ereignis (SSE)a
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SSE-Komponenten
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EBRT zur Schmerzlinderung
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Rückenmarkskompression
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Knochenfrakturen
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Xofigo
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Pbo
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Xofigo
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Pbo
|
Xofigo
|
Pbo
|
Xofigo
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Pbo
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Interimsanalyse (Xofigo: n=541 Patienten; Placebo: n=268 Patienten)
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Inzidenz [Zahl (%) der Patienten]
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132 (24,4%)
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82 (30,6%)
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122 (22,6%)
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72 (26,9%)
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17 (3,1%)
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16 (6,0%)
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20 (3,7%)
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18 (6,7%)
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Analyse der Zeit bis zum Ereignis (95%-KI) [mediane Zahl der Monate]
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13,5 (12,2–19,6)
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8,4 (7,2–NEd)
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17,0 (12,9–NE)
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10,8 (7,9–NE)
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NE
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NE
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NE
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NE
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p-Wertb (2-seitig)
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0,00046
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0,00375
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0,01647
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0,01255
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HRc (95%-KI)
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0,610 (0,461–0,807)
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0,649 (0,483–0,871)
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0,443 (0,223–0,877)
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0,450 (0,236–0,856)
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Aktualisierte Analyse (Xofigo: n=614 Patienten; Placebo: n=307 Patienten)
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Inzidenz [Zahl (%) der Patienten]
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202 (32,9%)
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116 (37,8%)
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186 (30,3%)
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105 (34,2%)
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25 (4,1%)
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21 (6,8%)
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32 (5,2%)
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20 (6,5%)
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Analyse der Zeit bis zum Ereignis (95%-KI) [mediane Zahl der Monate]
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15,6 (13,5–18,0)
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9,8 (7,3–23,7)
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17,1 (14,1–19,8)
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17,5 (7,9–29,0)e
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NE
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NE
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NE
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NE
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HRc (95%-KI)
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0,658 (0,522–0,830)
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0,670 (0,525–0,854)
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0,516 (0,286–0,931)
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0,620 (0,351–1,093)
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EBRT=Externe Bestrahlung, HR=Hazard Ratio (Xofigo versus Placebo), KI=Konfidenzintervall, Pbo=Placebo.
a Ein SSE war definiert als: externe Bestrahlung zwecks Schmerzlinderung oder pathologische Fraktur oder Rückenmarkskompression oder tumorbedingte orthopädische Operation.
b Die Phase-III-Studie (ALSYMPCA) wurde nach der Interimsanalyse wegen nachgewiesener Wirksamkeit abgebrochen. Da die aktualisierte Analyse nur deskriptiven Zwecken dient, ist kein p-Wert angegeben.
c Hazard Ratio <1 zugunsten von Xofigo.
d NE: nicht ermittelbar, weil der Median zum Zeitpunkt des Daten-Cut-off noch nicht erreicht war.
e In der Placebogruppe war der Anteil der verstorbenen Patienten höher und als Folge davon die Zahl der EBRT-Ereignisse geringer; zum Zeitpunkt der aktualisierten Analyse führte dies zu einer Bias in Form einer längeren medianen Zeit bis zur EBRT.
Die Ergebnisse der Phase-III-Studie ALSYMPCA bezüglich der Zeit bis zur externen Bestrahlung (EBRT) belegen durch Verlängerung des Zeitintervalls bis zum Auftreten einer schmerzhaften Skelettmetastase eine positive Wirkung bezüglich des Krankheitsverlaufs.
Analyse der Studiendaten nach drei Jahren
Die Auswertungen der Daten von Patienten der Phase III Studie ALSYMPCA nach drei Jahren haben das Wirksamkeits- und Nebenwirkungsprofil der ursprünglichen Hauptanalyse bestätigt.
Untergruppenanalyse der Überlebensdaten
Die Analyse der Überlebensdaten nach Untergruppen ergab einen konsistenten Überlebensvorteil für die Patienten, die mit Xofigo behandelt wurden, unabhängig von der Gesamt-ALP, der Anwendung von Bisphosphonaten zu Studienbeginn und einer Vorbehandlung mit Docetaxel.
Anschliessende Anwendung von Zytostatika
Im Verlauf der ALSYMPCA-Studie erhielten 93 Patienten (15.5%) in der Xofigo-Gruppe und 54 Patienten (17.9%) in der Placebogruppe eine zytotoxische Chemotherapie zu verschiedenen Zeitpunkten nach der letzten Behandlung. Zwischen den beiden Gruppen waren keine Unterschiede hinsichtlich der hämatologischen Laborwerte zu erkennen.
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