Eigenschaften/WirkungenATC-Code
R03AL03
Wirkungsmechanismus
Anoro Ellipta ist eine inhalative Kombination aus einem langwirksamen Muskarin-Rezeptor-Antagonisten und einem langwirksamen Beta2-Agonisten (LAMA/LABA). Nach der oralen Inhalation wirken beide Wirkstoffe lokal auf die Atemwege und bewirken durch unterschiedliche Mechanismen eine Bronchodilatation.
Umeclidinium (Umec)
Umeclidinium ist ein langwirksamer Muskarin-Rezeptor-Antagonist (bzw. ein Anticholinergikum). Es handelt sich um ein Chinuclidinderivat mit antagonistischer Aktivität an verschiedenen Subtypen von muskarin-cholinergen Rezeptoren. Umeclidinium wirkt bronchodilatatorisch durch kompetitive Hemmung der Bindung von Acetylcholin an muskarinischen Acetylcholinrezeptoren der glatten Muskulatur der Atemwege. Es zeigt in vitro eine langsame Reversibilität am menschlichen muskarinischen Rezeptor vom Subtyp M3 und in vivo in präklinischen Modellen eine lange Wirkdauer bei direkter Lungenanwendung.
Vilanterol (VI)
Vilanterol ist ein langwirksamer selektiver Beta2-Agonist (bzw. Beta2-Adrenergikum, Beta-2-Adrenozeptor-Agonist oder Beta2-Sympathomimetikum).
Die pharmakologischen Wirkungen der Beta2-Agonisten – inklusive Vilanterol – sind zumindest teilweise einer Stimulierung der intrazellulären Adenylatzyklase (dem Enzym, das die Umwandlung von Adenosintriphosphat [ATP] in zyklisches 3',5'-Adenosinmonophosphat [cAMP] bewirkt) zuzuschreiben. Erhöhte Spiegel an cAMP bewirken eine Entspannung der glatten Muskulatur der Bronchien und hemmen die Freisetzung von Mediatoren der allergischen Sofortreaktion durch Zellen, insbesondere durch Mastzellen.
Pharmakodynamik
Studien der Phase III über 6 Monate zeigten, dass Umec/VI bei einmal täglicher Anwendung gegenüber Placebo klinisch relevante Besserungen der Lungenfunktion (gemessen anhand der forcierten Einsekundenkapazität [FEV1]) über 24 Stunden bewirkt, was 15 Minuten nach der Verabreichung der ersten Dosis ersichtlich wird (Verbesserung von 112 ml gegenüber Placebo (p <0.001)). Nach 24 Wochen entspricht die maximale Bronchodilatation, die innerhalb der ersten 6 Stunden nach der Anwendung beobachtet wird, gegenüber Placebo einer maximalen Besserung des FEV1 um 224 ml (p <0.001). Es wurde keine Evidenz für eine Tachyphylaxie bei der Wirkung von Umec/VI im Zeitverlauf gefunden.
Kardiale Elektrophysiologie
Die Auswirkungen von Umec/VI auf das QT-Intervall wurden in einer mit Placebo und Verum (Moxifloxacin) kontrollierten QT-Studie untersucht, in der 103 gesunde Probanden über 10 Tage einmal täglich Dosen von Umec/VI 125/25 µg oder 500/100 µg erhielten. Die maximale mittlere Differenz der Verlängerungen des QT-Intervalls (mit der Fridericia-Formel korrigiert, QTcF) betrug im Vergleich zu Placebo nach Korrektur für den Ausgangswert 4,3 (90%-CI = 2,2 bis 6,4) Millisekunden 10 Minuten nach Anwendung von 125/25 µg Umec/VI und 8,2 (90%-CI = 6,2 bis 10,2) Millisekunden 30 Minuten nach Anwendung von 500/100 µg Umec/VI.
Ausserdem zeigte ein 24-stündiges Holter-Monitoring bei 108 COPD-Patienten mit einer Behandlungszeit von bis zu 6 Monaten (wobei 53 Patienten 55/22 µg und 55 Patienten 113/22 µg pro Tag erhielten) sowie bei weiteren 226 Patienten mit einer Behandlungszeit von bis zu 12 Monaten und einer Dosierung von 113/22 µg pro Tag keine klinisch relevanten Auswirkungen von Umec/VI auf den Herzrhythmus.
Klinische Wirksamkeit
Die klinische Wirksamkeit einer einmal täglichen Anwendung von Umec/VI wurde in sieben klinischen Studien der Phase III bei erwachsenen Patienten mit einer COPD-Diagnose beurteilt. Vier dieser Studien hatten eine Dauer von 6 Monaten und betrafen die primäre Wirksamkeit (zwei mit Placebokontrolle und zwei mit Aktivkontrolle), zwei Studien hatten eine Dauer von 12 Wochen und untersuchten die Ausdauer bei körperlicher Belastung und eine Studie beurteilte die Sicherheit von Umec/VI bei einer Anwendung über ein Jahr. In den Studien wurde Umec/VI in einer Dosierung von einmal täglich 55/22 µg und/oder 113/22 µg angewendet. Die Wirksamkeitsergebnisse von Umec/VI 55/22 µg sind nachstehend beschrieben.
Placebokontrollierte Studien
Eine 6-monatige placebokontrollierte Studie zeigte für Umec/VI 55/22 eine statistisch signifikante Besserung der Lungenfunktion, definiert als Änderung des trough FEV1 gegenüber Ausgangswert (primärer Endpunkt) im Vergleich zu Placebo. Nach 24 Wochen war das FEV1 mit Umec/VI 55/22 um 167 ml (95% CI = 128 ml bis 207 ml, p <0.001) gegenüber Placebo erhöht. Nach 24 Wochen wurde unter Umec/VI 55/22 im Vergleich zum Placebo eine grössere Verbesserung des gewichteten mittleren FEV1 in den 0–6 Stunden nach der Anwendung festgestellt (242 ml [95% CI = 202 ml bis 282 ml]. Die bronchodilatatorische Wirkung unter Umec/VI war nach dem ersten Therapietag gegenüber Placebo sichtbar und wurde über die 24-wöchige Therapieperiode beibehalten.
Umec/VI 55/22 zeigte gegenüber Placebo bedeutende Besserungen in Bezug auf die Kurzatmigkeit (gemessen anhand des TDI Focal Scores), die gesundheitsbezogene Lebensqualität (gemessen anhand des Saint George's Respiratory Questionnaires [SGRQ Gesamtscore]) und den Verbrauch an Bedarfsmedikation während der Studiendauer (siehe Tabelle 1).
Tabelle 1. Symptombefreiung nach 6-monatiger Therapie
Variable
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Therapie
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Umec/VI 55/22 1× täglich (n= 413)
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Placebo (n= 280)
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Besserung vs. Placebo (95% CI) p-Wert
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TDI Focal Score
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Mittelwert (Einheiten)
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2.4
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1.2
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1.2 (0.7, 1.7) <0.001
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Anteil an Patienten mit erreichtem MCIDa, b
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58% (226/389)
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41% (106/260)
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2.0c (1.5, 2.8)
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SGRQ Gesamtscore
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Mittlere Änderung gegenüber Ausgangswert (Einheiten)
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-8.07
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-2.56
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-5.51 (-7.88, -3.13)
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Anteil an Patienten mit erreichtem MCIDb, d
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49% (188/381)
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34% (86/254)
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2.0c (1.4, 2.8)
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Verbrauch an Bedarfsmedikation
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Mittlere Änderung vs. Ausgangszahl an Bedarfsmedikationshüben pro Tag
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-2.3
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-1.4
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-0.8 (-1.3, -0.3)
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Mittlerer Anteil an Tagen ohne Verwendung der Bedarfsmedikation
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36,1%
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21,7%
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n/e
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Abkürzungen: CI = confidence interval = Konfidenzintervall; MCID = minimum clinically important difference = minimaler klinisch relevanter Unterschied; n = Anzahl an Patienten, die für die Therapie randomisiert wurden
n/e = nicht evaluiert; SGRQ = Saint George's Respiratory Questionnaire; TDI = Transition Dyspnoea Index
a MCID von mindestens 1 Einheit TDI Focal Score
b Anteil an Teilnehmern mit Daten nach 24 Wochen
c Odds Ratio, Chancenverhältnis für das Erreichen eines MCID vs. Nichterreichen eines MCID mit Umec/VI vs. Placebo
d MCID von mindestens 4 Einheiten Änderung gegenüber Ausgangs-SGRQ-Score
Die Therapie mit Umec/VI 55/22 senkte das Risiko einer COPD-Exazerbation gegenüber Placebo (Analyse der Zeit bis zur ersten Exazerbation: Hazard Ratio (HR) 0,5, 95% CI 0,3–0,8, Risikoreduktion 50%, p= 0,004). Diese Studie war nicht speziell darauf ausgerichtet, die Therapiewirkungen auf COPD-Exazerbationen zu erfassen und Patienten, die im Studienverlauf eine Exazerbation hatten, wurden aus der betreffenden Studie ausgeschlossen.
Vergleichsstudien gegenüber Tiotropium
In den beiden 6-monatigen Studien mit Aktivkontrolle (Tiotropium 18 µg einmal täglich), wurde in der ersten Studie eine statistisch signifikante Verbesserung des trough FEV1 mit Umec/VI 55/22 festgestellt (Verbesserung gegenüber Tiotropium: 90 ml [95% CI = 39 ml bis 141 ml; p <0.001]) und in der zweiten Studie eine numerisch überlegene Verbesserung (Verbesserung gegenüber Tiotropium: 60 ml [95% CI = 10 ml bis 109 ml]).
In der ersten Studie war Umec/VI 55/22 nach 24 Wochen im Vergleich zu Tiotropium mit einer statistisch signifikant grösseren Verbesserung der Änderung gegenüber dem Ausgangswert für das gewichtete mittlere FEV1 der Stunden 0–6 verbunden (Verbesserung von 74 ml [95% CI = 22 ml bis 125 ml; p= 0.005]). In der zweiten Studie war Umec/VI 55/22 nach 24 Wochen im Vergleich zu Tiotropium mit einer statistisch signifikanten, klinisch relevanten Verbesserung der Änderung gegenüber dem Ausgangswert für das gewichtete mittlere FEV1 der Stunden 0–6 verbunden (Verbesserung von 96 ml [95% CI = 50 ml bis 142 ml]).
Alle Therapien (auch Tiotropium) verbesserten die Dyspnoe-Werte (TDI Focal score) und die gesundheitsbezogene Lebensqualität (SGRQ) gegenüber dem Ausgangswert. Umec/VI 55/22 erreichte in der ersten Studie gegenüber Tiotropium statistisch signifikante Verbesserungen im Verbrauch von Salbutamol als Bedarfsmedikation im Verlauf der Wochen 1–24 (–0,7 Hübe pro Tag (95% CI = –1.2 bis –0.1; p= 0.022)).
Dreimonatige Studien zur Unterstützung der Ausdauer bei körperlicher Belastung
In zwei vergleichbaren 12-wöchigen klinischen Studien wurde bei erwachsenen COPD-Patienten mit Überblähung (funktionelle Restkapazität [FRC] >120%) die körperliche Ausdauer anhand des ESWT (Endurance Shuttle Walk Test) untersucht.
In einer Studie zeigte sich mit Umec/VI 55/22 gegenüber Placebo eine statistisch signifikante Verbesserung der Ausdauer von 69,4 Sekunden für den EET-Wert (Exercise Endurance Time), der in der 12. Woche 3 Stunden nach Verabreichung der Dosis getestet wurde (95% CI = 24,5 bis 114,4 Sekunden; p= 0.003). Die Verbesserung der EET im Vergleich zu Placebo wurde ab dem 2. Tag beobachtet und setzte sich in den Wochen 6 und 12 fort. In der zweiten Studie zeigte sich mit Umec/VI 55/22 keine statistisch signifikante Verbesserung der EET gegenüber Placebo (21,9 Sekunden, p >0.05).
In der ersten Studie zeigte sich in der 12. Woche mit Umec/VI 55/22 im Vergleich zum Placebo eine statistisch signifikante Verbesserung in Bezug auf die Änderung gegenüber dem Ausgangswert des trough FEV1 (von 243 ml [95% CI = 202 ml bis 284 ml], p <0.001). Es zeigten sich ebenfalls in der 12. Woche im Vergleich zum Placebo statistisch signifikante Verbesserungen in Bezug auf die Änderung der Lungenvolumina – gemessen at trough und 3 Stunden nach Verabreichung der Dosis – gegenüber den Ausgangswerten (inspiratorische Kapazität: 237 ml resp. 316 ml, Residualvolumen: – -466 ml resp. -643 ml und funktionelle Residualkapazität: -351 ml bis -522 ml; alle p <0.001). In der zweiten Studie zeigte sich in der 12. Woche mit Umec/VI 55/22 im Vergleich zum Placebo eine klinisch relevante Verbesserung in Bezug auf die Änderung gegenüber dem Ausgangswert des trough FEV1 (von 211 ml [95% CI = 172 ml bis 249 ml]). Es zeigten sich ebenfalls in der 12. Woche im Vergleich zum Placebo Verbesserungen in Bezug auf die Änderung der Lungenvolumina – gemessen at trough und 3 Stunden nach Verabreichung der Dosis – gegenüber den Ausgangswerten (inspiratorische Kapazität: 198 ml resp. 238 ml, Residualvolumen: -295 ml bis -351 ml und funktionelle Residualkapazität: -238 ml bis -302 ml, alle p <0.001).
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