Eigenschaften/WirkungenATC-Code
H01CB05
Wirkungsmechanismus
Pasireotid (Cyclohexapeptid) ist ein Somatostatin-Analogum und bindet mit hoher Affinität an die humanen Somatostatin-Rezeptoren vom Subtyp SSTR 1, 2, 3 und 5.
Pharmakodynamik
Somatostatin-Rezeptoren werden in zahlreichen Geweben exprimiert, insbesondere in Hypophysentumoren und anderen neuroendokrinen Tumoren, in denen Hormone wie ACTH oder Wachstumshormon im Überschuss sezerniert werden.
Akromegalie: Aufgrund seines breit gefächerten Bindungsprofils bezüglich der Somatostatin-Rezeptoren hat Pasireotid das Potential, sowohl die Rezeptor-Subtypen SSTR2 als auch SSTR5 zu stimulieren, die zur Hemmung der Sekretion von GH und IGF-1 von Bedeutung sind. Daher ist es potenziell wirksamer zur Behandlung von Akromegaliepatienten im Vergleich zu anderen Somatostatin-Analoga.
Morbus Cushing: Pasireotid bindet und aktiviert die hsst-Rezeptoren der corticotropen Zellen in ACTH-produzierenden Adenomen, was zur Hemmung der ACTH-Sekretion führt. Pasireotid weist dabei eine hohe Affinität zu vier der fünf hssts auf, insbesondere zu hsst5.
Sicherheitspharmakodynamik
Glucosestoffwechsel
Die Entwicklung einer Hyperglykämie nach s.c.-Verabreichung von Pasireotid war mit einer signifikanten Abnahme sowohl der Insulinsekretion als auch der Inkretinhormone (d.h. Glukagon-ähnliches Peptid-1 [GLP-1] und glukose-abhängiges insulinotropes Polypeptid [GIP]) korreliert. Pasireotid hatte keinen Einfluss auf die Insulinempfindlichkeit. Bei gesunden Probanden war eine Inkretin-basierte Therapie (GLP-1-Agonisten und DDP-IV-Inhibitoren) zur Behandlung der Pasireotid-assoziierten Hyperglykämie am wirksamsten.
Kardioelektrophysiologie
Der Effekt von subkutan appliziertem Pasireotid auf das QT-Intervall wurde in zwei QT-Studien untersucht. In beiden Studien wurde ein Effekt von Pasireotid auf das QT-Intervall beobachtet. In der Studie mit einer Dosierung von zweimal täglich 1950 µg betrug die maximale mittlere placebo-bereinigte QTcF-Verlängerung 17,5 ms (90%CI: 15.53; 19.38). In der anderen Studie wurde unter Dosen von zweimal täglich 600 µg bzw. 1950 µg eine mittlere, placebo-bereinigte QTcI-Verlängerung von13.19 ms (90%CI: 11.38; 15.01) bzw. 16.12 ms (90%CI: 14.30; 17.95 ms) gemessen. Unter beiden Dosierungen kam es zu einer Reduktion der Pulsfrequenz, mit einer maximalen Abweichung im Vergleich zu Placebo nach 1 Stunde für Pasireotid 600 µg zweimal täglich (–10.39 bpm) und nach 30 Minuten für Pasireotid 1950 µg zweimal täglich (–14.91 bpm).
Die vorhergesagten Peakkonzentrationen für die maximale Signifor LAR-Dosierung von 40 mg bei Patienten mit Morbus Cushing und normaler Leberfunktion sowie von 20 mg bei mässig eingeschränkter Leberfunktion betragen 14 ng/ml bzw. 11.7 ng/ml. Beide Werte sind niedriger als die in den beiden oben genannten Studien beobachteten Peakkonzentrationen.
Die vorhergesagten Peakkonzentrationen für die maximale Signifor LAR-Dosierung von 60 mg bei Akromegaliepatienten mit normaler Leberfunktion und von 40 mg bei Akromegaliepatienten mit moderater Leberinsuffizienz von 25.8 ng/ml bzw. 28.8 ng/ml sind den beobachteten Peakkonzentrationen unter Signifor s.c. 600 Mikrogramm zweimal täglich (24.3 ng/ml) ähnlich und liegen unterhalb der beobachteten Peakkonzentration unter 1'950 Mikrogramm zweimal täglich (80.6 ng/ml).
Die Verlängerung des QT-Intervalls bei Verabreichung von Pasireotid wird nicht über eine Wirkung des hERG-Kaliumkanals vermittelt. Die kardiale Restitution, d.h. die Fähigkeit des Herzens, sich nach jedem vorhergehenden Schlag zu erholen, wurde in einem kontinuierlichen 24-Stunden-EKG untersucht, um die Wirkung von Pasireotid auf die Anfälligkeit für Arrhythmien zu bestimmen. Pasireotid verbesserte signifikant alle Restitutionsparameter in Gegenwart einer QT-Verlängerung. Dies deutet darauf hin, dass die durch Pasireotid vermittelte QT-Verlängerung möglicherweise nicht mit einem erhöhten proarrhythmischen Risiko assoziiert ist. Eine weitergehende quantitative Analyse der T-Wellen-Morphologie zeigte keine Veränderungen, die auf eine beeinträchtigte räumliche Heterogenität der kardialen Repolarisierung während der Pasireotid-Behandlung hindeuten würde.
Klinische Wirksamkeit
Akromegalie
Die Wirkung und Sicherheit von Signifor LAR bei Patienten mit aktiver Akromegalie wurde durch zwei verblindete Studien mit aktiver Kontrolle untersucht. Der primäre Wirksamkeitsendpunkt war definiert als Vergleich des Anteils der Patienten, die eine biochemische Kontrolle (definiert als mittlere GH-Spiegel <2.5 Mikrogramm/l und Normalisierung des geschlechts- und altersadjustierten IGF-1-Wertes) erreichten.
In einer Studie wurden 358 Patienten eingeschlossen, bei welchen entweder eine Adenektomie erfolgt war oder eine Operation nicht in Frage kam (Kontraindikation, fehlende Zustimmung zur Operation). Der primäre Wirksamkeitsendpunkt wurde nach 12 Monaten analysiert. Die Prozentzahl der Patienten, die eine biochemische Kontrolle erreichten, betrug 31.3% und 19.2% für intramuskuläres Pasireotid LAR bzw. Octreotid LAR, (p = 0.007). Eine biochemische Kontrolle wurde in der Studie in beiden Armen früh erreicht (d.h. in Monat 3).
Der Anteil der Patienten mit einer Abnahme des Tumorvolumens um mehr als 20% in Monat 12 betrug für intramuskuläres Pasireotid 80.8% und für Octreotid LAR 77.4%. Bestimmungen der Lebensqualität in Monat 12 zeigten im Vergleich zum Ausgangswert statistisch signifikante Verbesserungen der Scores des körperlichen und des psychologischen Erscheinungsbildes sowie des globalen AcroQol-Scores sowohl unter Signifor LAR als auch unter Octreotid.
Während der Extensions-Phase wurden 74 Patienten weiter mit intramuskulärem Pasireotid und 46 Patienten weiter mit Octreotid LAR behandelt. An Monat 25 erreichten 48.6% der Patienten (36/74) in der intramuskulären Pasireotid-Gruppe und 45.7% (21/46) in der Octreotid LAR-Gruppe eine biochemische Kontrolle. Der prozentuale Anteil an Patienten, welche zum gleichen Zeitpunkt einen mittleren GH-Wert von <2.5 Mikrogramm/l und eine Normalisierung der IGF-1-Werte erreicht hatten, war in beiden Behandlungsarmen vergleichbar. Während der Extensions-Phase ging das Tumorvolumen kontinuierlich zurück, und die Verbesserung der Akromegalie-Symptome blieb zwischen den beiden Behandlungsarmen vergleichbar. Die AcroQolScores blieben während der gesamten Extensions-Phase im intramuskulären Pasireotid-Arm numerisch höher als im Octreotid LAR-Arm.
In einer Studie an vorbehandelten, unzureichend kontrollierten Akromegalie-Patienten (definiert als Patienten mit einer mittleren GH-Konzentration auf einem 5-Punkte-Profil über eine Dauer von 2 Stunden von >2.5 Mikrogramm/l und einem geschlechts- und altersangepassten IGF-1 >1.3 x der oberen Grenze des Normalbereichs (ULN); die Patienten mussten während mindestens 6 Monaten vor der Randomisierung mit der maximal indizierten Dosis von Sandostatin LAR (30 mg) oder Lanreotid ATG (120 mg) behandelt worden sein) wurde entweder Pasireotid 40 mg (n=65) oder 60 mg (n=65) oder die vorhergehende Medikation (n=68) verabreicht. Zwei Drittel der Patienten hatten eine Operation hinter sich. Der mittlere Ausgangswert des GH betrug 17.6 Mikrogramm/l, 12.1 Mikrogramm/l bzw. 9.5 Mikrogramm/l in der Gruppe mit 40 mg, jener mit 60 mg und der aktiven Kontrollgruppe. Die mittleren IGF-1-Werte lagen zu Studienbeginn bei 2.6, 2.8 bzw. 2.9 x ULN.
Der Anteil der Patienten, die eine biochemische Kontrolle in Woche 24 erreichten, belief sich auf 15.4% (p = 0.006) bzw. 20.0% (p- <0.0001) für intramuskuläres Pasireotid 40 mg bzw. 60 mg im Vergleich zu 0% im Kontrollarm (Octreotid LAR , Lanreotid ATG).
Der Anteil der Patienten, die eine Abnahme oder keine Veränderung des Tumorvolumens der Hypophyse in Woche 24 aufwiesen, betrug 81.0% bzw. 70.3% unter intramuskulärem Pasireotid 40 mg bzw. 60 mg und 50.0% in der Kontrollgruppe. Darüber hinaus erzielte ein grösserer Anteil an Patienten unter intramuskulärem Pasireotid (18.5% bzw. 10.8% für 40 mg bzw. 60 mg) eine Abnahme des Tumorvolumens um mindestens 25% als unter dem aktiven Komparator (1.5%). An Woche 24 waren Verbesserungen der Scores des körperlichen und psychologischen Erscheinungsbildes sowie des globalen AcroQol-Scores sowohl in der intramuskulären Pasireotid-Gruppe mit 40 mg als auch in jener mit 60 mg zu erkennen. In der Behandlungsgruppe mit intramuskulärem Pasireotid 40 mg waren diese Veränderungen beim AcroQoL-Subscore für das körperliche Erscheinungsbild gegenüber Baseline statistisch signifikant. In der Gruppe mit intramuskulärem Pasireotid 60 mg waren diese Veränderungen sowohl bei den Subscores für das körperliche und das psychologische Erscheinungsbild als auch für den globalen Score statistisch signifikant. In der Octreotid LAR- und der Lanreotid ATG-Gruppe gab es keine statistisch signifikanten Veränderungen gegenüber Baseline. Die mittlere Verbesserung gegenüber dem Ausgangswert war in der Gruppe mit intramuskulärem Pasireotid 60 mg für alle Scores am grössten. Allerdings waren die Unterschiede in den Veränderungen in Woche 24 im Vergleich zum Ausgangswert zwischen den Behandlungsgruppen nicht statistisch signifikant.
Morbus Cushing
Wirksamkeit und Sicherheit von Signifor LAR wurden in einer multizentrischen, doppelblinden, 1:1 randomisierten Phase III-Studie untersucht an n=150 Patienten mit nach Adenomresektion persistierendem oder rezidivierendem Morbus Cushing sowie Patienten, für welche eine Hypophysen-Operation nicht in Frage kam. Eingeschlossen wurden Patienten, welche ein mittleres freies 24-Stunden-Cortisol im Urin (mUFC) zwischen ≥1.5 und ≤5x ULN aufwiesen. Die Patienten wurden über 12 Monate behandelt und erhielten zunächst entweder 10 mg oder 30 mg Signifor LAR i.m. alle 28 Tage.
Nach vier Monaten Behandlung erhielten Patienten mit einem durchschnittlichen UFC ≤1,5 x ULN weiterhin die Dosis, zu der sie randomisiert worden waren. Bei Patienten, bei welchen das durchschnittliche UFC nach 4 Monaten bei >1,5 x ULN lag, wurde die Dosis von 10 mg auf 30 mg bzw. von 30 mg auf 40 mg erhöht. Falls das UFC weiterhin bei >1x ULN lag, konnte nach 7 und 9 Monaten eine weitere Dosissteigerung erfolgen, wobei die Maximaldosis mit 40 mg festgelegt war. Im Falle einer Unverträglichkeit konnte die Dosierung jederzeit nach unten angepasst werden, wobei die minimal mögliche Dosis bei 5 mg lag.
Primärer Wirksamkeitsendpunkt war der Anteil der Patienten, bei welchen sich nach 7monatiger Behandlung die durchschnittlichen UFC-Werte normalisiert hatten (d.h. UFC ≤ULN; = „Responder“), unabhängig von einer eventuellen Dosissteigerung in Monat 4. Patienten, die vor Monat 4 ausschieden, wurden als Non-Responder gewertet.
Haupt-Sekundärendpunkt war der Anteil der Patienten, die nach 7 Monaten mUFC-Responder waren und bei denen bis zu diesem Zeitpunkt keine Dosiserhöhung erfolgt war. Weitere Sekundärendpunkte waren Veränderungen gegenüber den Ausgangswerten in 24-Stunden-UFC-Test, Plasma-ACTH, Serumcortisolspiegel und klinischen Symptomen des Morbus Cushing sowie gesundheitsbezogene Lebensqualität (gemäss SF-12v2 und CushingQoL). Als Kriterium für die Wirksamkeit war definiert, dass die unter Grenze des 95%-Konfidenzintervalles für die Responserate bei >15% liegen müsste. Dieses Kriterium wurde in beiden Dosisgruppen erfüllt. In der 10 mg-Gruppe lag die Ansprechrate nach 7 Monaten bei 41.9% (95% KI: 30.5-53.9%), in der 30 mg-Gruppe bei 40.8% (95% KI: 29.7-52.7%). Die Reduktion des UFC blieb über den gesamten Behandlungszeitraum erhalten. Anhand des durchschnittlichen Baseline-UFC wurden zwei Strata unterschieden: Bei Patienten mit einem UFC zwischen 1.5 und 2x ULN lag die Ansprechrate in beiden Dosisgruppen bei 52% (95%-KI 31-72%). Bei Patienten mit einem UFC >2x ULN war die Ansprechrate hingegen 37% in der 10 mg-Gruppe (95%-KI 23-52%) und 35% in der 30 mg-Gruppe (95%-KI 22-50%).
Bei 31 von 74 Patienten des 10 mg-Armes sowie bei 28 von 76 Patienten des 30 mg-Armes erfolgte in Monat 4 eine Dosissteigerung. Im Haupt-Sekundärendpunkt (d.h. dem Anteil der Responder ohne vorausgehende Dosissteigerung) fand sich nach 7 Monaten ein Ansprechen in der 10 mg-Gruppe bei 28.4% (95% KI: 18.5-40.1%), in der 30 mg-Gruppe bei 31.6% (95% KI: 21.4-43.3%) der Patienten.
Nach 7 Monaten fand sich in beiden Dosisgruppen eine klinisch relevante Senkung des systolischen und diastolischen Blutdrucks in Rückenlage sowie eine Reduktion des Körpergewichts. Die Veränderungen beider Parameter waren tendenziell bei als mUFC-Responder klassifizierten Patienten stärker. Ähnliche Trends wurden nach 12 Monaten beobachtet.
Nach 7 Monaten zeigte die Mehrzahl der Patienten eine Besserung oder Stabilisierung der klinischen Symptome gegenüber dem Ausgangsbefund. Die Gesichtsrötung besserte sich bei 43.5% der Patienten, und jeweils gut ein Drittel der Patienten zeigte eine Besserung der supraklavikulären und dorsalen Fettpolster. Auch bezüglich Lebensqualität fand sich eine, statistisch allerdings nicht signifikante, Verbesserung.
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