Eigenschaften/WirkungenPharmakotherapeutische Gruppe: zentral wirkende Sympathomimetika
ATC-Code: N06BA09
Wirkmechanismus/Pharmakodynamik
Atomoxetin ist ein hochselektiver und potenter Hemmstoff des präsynaptischen Noradrenalin-Transporters. Atomoxetin hat keine direkte Wirkung auf Serotonin- oder Dopamin-Transporter. Atomoxetin besitzt eine sehr geringe Affinität zu anderen noradrenergen Rezeptoren oder zu anderen Neurotransmitter-Transportern oder Rezeptoren. Atomoxetin besitzt zwei durch Oxidation gebildete Hauptmetaboliten: 4-Hydroxy-atomoxetin und N-Desmethylatomoxetin. 4-Hydroxyatomoxetin ist verglichen mit Atomoxetin ein gleichstarker Inhibitor des Noradrenalin-Transports, aber anders als Atomoxetin übt dieser Metabolit eine gewisse inhibitorische Aktivität am Serotonin-Transporter aus. Allerdings ist jeder Effekt auf diesen Transporter wahrscheinlich minimal, weil der grösste Teil von 4-Hydroxyatomoxetin weiter metabolisiert wird, so dass es in sehr viel geringeren Konzentration im Plasma zirkuliert (1% der Atomoxetin-Konzentration bei EMs und 0,1% der Atomoxetin-Konzentration bei PMs). N-Desmethylatomoxetin hat im Vergleich mit Atomoxetin eine deutlich geringere pharmakologische Aktivität. Im Steady State liegt es bei Patienten mit einer stark ausgeprägten Verstoffwechselung («extensive metabolizer», EM) in geringeren Plasmakonzentrationen und bei Patienten mit einer schwach ausgeprägten Verstoffwechselung («poor metabolizer», PM) in einer ähnlich hohen Plasmakonzentration wie Atomoxetin vor.
Atomoxetin gehört nicht zur Gruppe der Psychostimulanzien und ist kein Amphetaminderivat. In einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studie bei Erwachsenen wurde das Missbrauchspotential von Atomoxetin und Placebo verglichen. Atomoxetin zeigte keine Wirkungen, die auf stimulierende oder euphorisierende Eigenschaften hindeuteten.
Klinische Wirksamkeit
Die akute Wirksamkeit von Strattera in der ADHS-Behandlung wurde in sechs randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten, 6- bis 9-Wochen andauernden Studien, an denen über 4000 Kinder und Jugendliche mit ADHS teilnahmen, nachgewiesen. Anzeichen und Symptome von ADHS wurden durch einen Vergleich der mittleren Veränderung zwischen Ausgangspunkt und Endpunkt bei mit Strattera sowie mit Placebo behandelten Patienten beurteilt. In allen sechs Studien war Atomoxetin bezüglich der Reduzierung der mittels Rating-Skala erhobenen Zeichen und Symptome von ADHS im Vergleich zu Placebo statistisch signifikant überlegen.
Die Langzeit-Wirksamkeit von Atomoxetin wurde in einer placebokontrollierten, einjährigen Studie mit über 400 Patienten im Alter von 6 bis 16 Jahren nachgewiesen. Die Studie wurde hauptsächlich in Europa durchgeführt. Auf eine etwa 3-monatige nicht-verblindete akute Behandlungsphase folgte eine 9-monatige, doppelblinde, placebokontrollierte Dauerbehandlung. Der Anteil an Patienten, der nach einem Jahr einen Rückfall erlitten hatte, betrug 18,7% für Atomoxetin und 31,4% für Placebo. Wurden Patienten nach einjähriger Atomoxetin-Behandlung für 6 weitere Monate mit Atomoxetin behandelt, war die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls oder eines partiellen Wiederauftreten der Symptomatik geringer, als wenn die Patienten die aktive Therapie beendeten und wieder Plazebo erhielten (2% bzw. 12%).
Bei einer Langzeitbehandlung von Kindern und Jugendlichen sollte der Nutzen einer Weiterbehandlung in regelmässigen Abständen überprüft werden.
Strattera war wirksam, wenn die tägliche Gesamtdosis als Einzeldosis angewendet wurde, und ebenso, wenn die Dosis geteilt am Morgen und am späten Nachmittag bzw. frühen Abend angewendet wurde. Nach Einschätzung von Lehrern und Eltern, zeigten die Patienten nach einmal täglicher Anwendung als Einzeldosis im Vergleich mit der Placebogruppe eine statistisch signifikant deutlichere Verminderung im Schweregrad der ADHS-Symptomatik.
Atomoxetin führt zu keiner Verschlechterung von Ticsymptomatik bei ADHS-Patienten mit komorbiden chronischen motorischen Tics oder Tourette-Syndrom.
In einer umfassenden QT/QTc Studie, durchgeführt mit gesunden Erwachsenen, die eine schwach ausgeprägte CYP2D6 Verstoffwechselung (CYP2D6 poor metabolizer) aufwiesen, erhielten diese bis zu 60 mg Atomoxetin zweimal täglich. Die Wirkungen von Atomoxetin auf das QTc-Intervall unterschieden sich bei der erwarteten maximalen Konzentration nicht signifikant von Placebo. Mit steigender Atomoxetin-Konzentration zeigte sich ein leichter Anstieg des QTc-Intervalls.
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