Eigenschaften/WirkungenATC-Code
L01EX08
Wirkungsmechanismus
Lenvatinib ist ein Rezeptor-Tyrosinkinase(RTK)-Inhibitor, der selektiv die Kinaseaktivitäten der Rezeptoren VEGFR1 (FLT1), VEGFR2 (KDR) und VEGFR3 (FLT4) des Endothelwachstumsfaktors (VEGF) sowie andere, mit dem proangiogenen und onkogenen Signalweg in Zusammenhang stehende RTK, wie beispielsweise die Rezeptoren FGFR1, 2, 3 und 4 des Fibroblasten-Wachstumsfaktors (FGF) und die Rezeptoren PDGFRα, KIT und RET des Plättchen-Wachstumsfaktors (PDGF), hemmt.
Zusätzlich hat Lenvatinib eine selektive, anti-proliferative Aktivität gegenüber hepatozellulären Zelllinien, in Abhängigkeit ihrer FGFR Signal-Aktivität und gegeben durch die FGFR-inhibitorische Aktivität von Lenvatinib, gezeigt.
In syngenen Maustumormodellen führte Lenvatinib zu einer Verminderung der tumorassoziierten Makrophagen sowie zu einer Erhöhung der aktivierten zytotoxischen T-Zellen und zeigte in Kombination mit einem monoklonalen Anti-PD-1-Antikörper eine stärkere Antitumoraktivität als eine der beiden Behandlungen allein.
Pharmakodynamik
Elektrophysiologie des Herzens
Eine Einzeldosis von 32 mg Lenvatinib hat keine Verlängerung der QT-/ QTc-Zeit bewirkt. Dies ist das Ergebnis einer umfassenden QT-Studie mit gesunden Probanden. QT/QTc Intervall-Verlängerungen wurden häufiger bei Patienten unter Lenvatinib als unter Placebo beobachtet.
Klinische Wirksamkeit
Radiojod-refraktäres differenziertes Schilddrüsenkarzinom (DTC):
Bei der Phase-3-Studie SELECT handelte es sich um eine multizentrische, randomisierte, doppelblinde, Placebo-kontrollierte Studie mit 392 Patienten mit Radiojod-refraktärem, differenziertem Schilddrüsenkarzinom und einer radiologisch bestätigten Krankheitsprogression innerhalb von 12 Monaten vor dem Studieneinschluss.
Patienten wurden im Verhältnis 2:1 für die Behandlung mit 24 mg Lenvatinib einmal täglich (n=261) oder Placebo (n=131) randomisiert. Von den 392 randomisierten Patienten hatten 76,3% keine VEGF/VEGFR- gerichtete Vorbehandlung erhalten.
·Bei Patienten, die mit Lenvatinib behandelt wurden, wurde ein statistisch signifikant längeres medianes progressionsfreies Überleben (PFS; primärer Endpunkt) nachgewiesen als bei Patienten, die Placebo erhielten: 18.3 Monate vs. 3.6 Monate, Hazard Ratio 0.21 (99% KI: 0.14, 0.31, p <0,0001). Die positive Wirkung auf das PFS war in den Untergruppen, die 0 oder 1 VEGF/VEGFR-gerichtete Therapie erhalten haben, und in den Subgruppen unterteilt nach Alter (über oder unter 65 Jahren), Geschlecht, ethnische Herkunft, histologische Subtypen und geographische Region ähnlich. Die Ansprechrate betrug 64.8% bei Lenvatinib vs. 1.5% bei Placebo. Die mediane Dauer bis zum objektiven Ansprechen betrug 2.0 Monate. Bei 78.5% der Patienten musste eine Dosisreduktion durchgeführt werden. Die mediane Dauer bis zur ersten Dosisreduktion betrug 2.8 Monate.
Die Ergebnisse zum Gesamtüberleben (OS) sind einer Verzerrung unterworfen, da 109 (83.2%) der Patienten im Placebo-Arm im erweiterten Teil dieser Studie nach Progression ebenfalls Lenvatinib erhielten. Bei der OS-Analyse unter Berücksichtigung des Crossover durch ein RPSFT (rank preserving structural failure time) Modell findet sich eine Hazard Ratio von 0.53 (95% KI: 0.34, 0.82, p=0.005). Das mediane Überleben ist noch nicht bewertbar, das 24-Monate-Überleben ist 61.7% vs. 39.9%.
Hepatozelluläres Karzinom (HCC):
In einer multizentrischen, offenen Studie wurden 954 erwachsene Patienten mit nicht resektierbarem hepatozellulärem Karzinom eingeschlossen. Diese wurden randomisiert in die Lenvatinib oder Sorafenib Gruppen: Lenvatinib 12 mg (Ausgangskörpergewicht mindestens 60 kg) oder 8 mg (Ausgangskörpergewicht unter 60 kg) einmal täglich, respektive 400 mg Sorafenib zweimal täglich.
Die Einschlusskriterien waren histologisch bestätigtes unresezierbares HCC oder eine klinische HCC-Diagnose gemäss den Kriterien der American Association for the Study of Liver Diseases, inklusive Zirrhose oder chronischer Hepatitis B- oder C-Infektion, Barcelona Clinic Liver Cancer Stadium B (wenn nicht für TACE geeignet) oder C, ECOG Performance Status 0 oder 1. Leberfunktionsstörungen waren erlaubt bis Child-Pugh Klasse A.
Lenvatinib war im Overall Survival (OS) Sorafenib nicht unterlegen. Das mediane OS war 13.6 Monate verglichen mit 12.3 Monaten für Sorafenib mit einer Hazard Ratio (HR) von 0.92 [95% CI von 0.79, 1.06] für die Gesamtstudienpopulation.
Die Auswertung der Investigatoren gemäss mRECIST ergab in den folgenden sekundären Endpunkten einen statistisch signifikanten und klinisch bedeutenden Vorteil für Lenvatinib verglichen mit Sorafenib:
·medianes progressionsfreies Überleben (PFS) 7.4 Monate für Lenvatinib versus 3.7 Monate für Sorafenib (Hazard Ratio = 0.66; 95% CI: 0.57, 0.77; P <0.00001).
·objektive Ansprechrate (ORR) 24.1 % für Lenvatinib versus 9.2 % für Sorafenib (Odds Ratio = 3.13; 95% CI: 2.15, 4.56; P <0.00001).
Lenvatinib verlängerte die Zeit bis zur Progression (TTP) signifikant, mit einem medianen TTP der doppelt so lange war wie für Sorafenib:
·mediane TTP 8.9 Monate für Lenvatinib versus 3.7 Monate für Sorafenib (Hazard Ratio 0.63; 95% CI: 0.53, 0.73; P <0.00001).
Die unabhängige retrospektive Überprüfung der bildgebenden Diagnostik bestätigt diese Ergebnisse.
Endometriumkarzinom (EC):
Die Wirksamkeit von Lenvatinib in Kombination mit Pembrolizumab wurde in der Studie 309 untersucht, einer randomisierten, multizentrischen, offenen, aktiv kontrollierten Studie bei Patientinnen mit fortgeschrittenem EC, die zuvor mit mindestens einer platinbasierten Chemotherapie in einem beliebigen Setting behandelt wurden, einschliesslich im neoadjuvanten und adjuvanten Setting. Die Teilnehmerinnen konnten insgesamt bis zu 2 platinhaltige Therapien erhalten haben, sofern eine davon im neoadjuvanten oder adjuvanten Behandlungssetting erfolgte. Ausgenommen von der Studie waren Patientinnen mit Endometrium-Sarkom (Karzinosarkom), ungenügend kontrolliertem Blutdruck (> 150/90 mmHg); signifikanter kardiovaskulärer Beeinträchtigung oder Ereignis innerhalb der letzten 12 Monate und linksventrikuläre Ejektionsfraktion unterhalb des Normalbereichs; vorbestehende gastrointestinale oder nicht-gastrointestinale Fistel des Grades ≥3; erhöhtes Blutungsrisiko aufgrund einer Tumorinvasion in ein großes Blutgefäss und/oder signifikante Blutungen aus dem Tumor; Proteinurie ≥1 g/24 h; vorheriger Behandlung mit Anti-VEGF-, Anti-PD-L1- oder Anti-PD-L2-Wirkstoffen oder mit Wirkstoffen, die auf einen stimulierenden oder co-inhibitorischen T-Zell-Rezeptor gerichtet sind (z.B. CTLA- 4, OX40, CD137); Lebendimpfstoff innerhalb von 30 Tagen nach Beginn der Behandlung oder Patientinnen mit aktiver Autoimmunerkrankung oder einer Erkrankung, die eine Immunsuppression erforderte (für die allgemeinen Ausschlusskriterien siehe «Warnhinweis und Vorsichtsmassnahmen, Von klinischen Studien ausgeschlossene Patienten»). Die Randomisierung wurde stratifiziert nach Mismatch-Reparatur (MMR)-Status (dMMR oder pMMR [nicht dMMR]), unter Verwendung eines validierten IHC-Tests. Es erfolgte eine weitere Stratifizierung des pMMR-Stratums nach ECOG-Performance Status, geografischer Region und Bestrahlung des Beckens in der Anamnese. Die Patientinnen wurden randomisiert (1:1) einem der folgenden Behandlungsarme zugeteilt: Lenvatinib 20 mg oral einmal täglich, in Kombination mit Pembrolizumab 200 mg intravenös alle 3 Wochen / Therapie nach Wahl des Prüfarztes, bestehend aus Doxorubicin 60 mg/m2 alle 3 Wochen oder alternativ Paclitaxel 80 mg/m2 wöchentlich, mit 3 Wochen Therapie, 1 Woche Pause.
Die Behandlung mit Lenvatinib und Pembrolizumab wurde bis zur RECIST v1.1-definierten Krankheitsprogression, verifiziert durch eine verblindete, unabhängige, zentrale Beurteilung (BICR), bis zu einer inakzeptablen Toxizität oder, hinsichtlich Pembrolizumab, über einen Zeitraum von maximal 24 Monaten fortgesetzt. Eine Beurteilung des Tumorstatus erfolgte alle 8 Wochen.
Insgesamt wurden 697 Patientinnen mit fortgeschrittenem Endometriumkarzinom ohne hohe Mikrosatelliteninstabilität (MSI-H) oder fehlerhafte DNA-Mismatch-Reparatur (dMMR) aufgenommen und randomisiert Lenvatinib in Kombination mit Pembrolizumab (n = 346) oder, nach Wahl des Prüfarztes (n = 351), Doxorubicin (n = 255; 73%) oder Paclitaxel (n = 96; 27%) zugeteilt. Die Baseline-Charakteristika dieser Patientinnen waren wie folgt: medianes Alter von 65 Jahren (Bereich 30 bis 86 Jahre); 62 % Weisse, 22 % Asiaten und 3 % Schwarze; ECOG-PS von 0: 60 % oder 1: 40 % und 42 % mit Bestrahlungen des Beckens. Die histologischen Subtypen waren endometrioides Karzinom (55 %), seröses Karzinom (30 %), klarzelliges Karzinom (7 %), gemischtes Karzinom (4 %) und sonstiges Karzinom (3 %). Alle 697 Patientinnen hatten eine vorherige systemische Therapie zur Behandlung ihres EC erhalten: 67 % hatten eine, 30 % hatten zwei und 3 % hatten drei oder mehr vorherige systemische Therapien erhalten. 37 % der Patientinnen hatten zuvor nur eine neoadjuvante oder adjuvante Therapie erhalten.
Die primären Wirksamkeitsvariablen waren Overall Survival (OS) und progressionsfreies Überleben (PFS) (wie durch eine BICR anhand der RECIST 1.1-Kriterien beurteilt). Zu den sekundären Wirksamkeitsvariablen gehörten u.a. objektive Ansprechrate (ORR), wie durch eine BICR anhand der RECIST 1.1-Kriterien beurteilt.
Lenvatinib in Kombination mit Pembrolizumab zeigte statistisch signifikante Vorteile des OS und PFS im Vergleich zu Doxorubicin oder Paclitaxel nach Wahl des Prüfarztes. Die Studie zeigte auch eine statistisch signifikante Verbesserung der ORR.
Die Ergebnisse zum Zeitpunkt der ersten vordefinierten Wirksamkeitsanalyse bei einer medianen Nachbeobachtungsdauer von 11,4 Monaten (Bereich: 0,3 bis 26,9 Monate) und einer medianen Dauer der Behandlung von Lenvatinib plus Pembrolizumab von 7,2 Monaten versus 3,5 Monaten der Behandlung nach Wahl des Investigators sind:
·OS: Anzahl Patientinnen mit OS-Ereignis: 165/346 (48%) versus 203/351 (58%); HR 0.68 (95% CI: 0.56, 0.84; p=0.0001); medianes OS: 17.4 Monate (95% CI: 14.2, 19.9) versus 12.0 Monate (95% CI: 10.8, 13.3). In der post-hoc Subgruppenanalyse zeigten die folgenden Subgruppen für das OS eine HR über 1: Lenvatinib in Kombination mit Pembrolizumab versus Monotherapie mit Paclitaxel sowie bei Patientinnen, die keine vorgängige Taxantherapie erhalten hatten, aufgrund der geringen Patientenzahl und des explorativen Charakters dieser Analyse können jedoch keine endgültigen Schlussfolgerungen aus diesen Daten gezogen werden.
·PFS: Anzahl Patientinnen mit PFS-Ereignis: 247/346 (71%) versus 238/351 (68%), HR 0.60 (95% CI: 0.50, 0.72; p<0.0001); medianes PFS 6,6 Monate (95%CI: 5,6; 7,4) versus 3,8 Monate (3,6; 5,0).
·ORR: 30 % (95% CI: 26, 36; p<0.0001) versus 15 % (95% CI: 12, 19); vollständiges Ansprechen 5 %, versus 3 %; partielles Ansprechen 25 % versus 13 %.
Die Ergebnisse der Abschlussanalyse des OS mit etwa 16 Monaten zusätzlichem Follow-Up (mediane Nachbeobachtungsdauer von 14,7 Monaten, Bereich: 0,3 bis 43,0 Monate) waren konsistent mit denen zum Zeitpunkt der ersten vordefinierten Wirksamkeitsanalyse. Die mediane Dauer der Behandlung von Lenvatinib plus Pembrolizumab war 7,4 Monate versus 3,5 Monate der Behandlung nach Wahl des Investigators.
Pädiatrische Studien
Osteosarkome und Schilddrüsenkarzinom: Zwei offene Studien mit Lenvatinib als Monotherapie und in Kombination mit Chemotherapie (Ifosfamid und Etoposid) wurden bei pädiatrischen Patienten (im Alter von 2 bis <18 Jahren, ≤25 Jahre bei Osteosarkomen) mit rezidivierten oder refraktären soliden Tumoren einschliesslich differenziertem Schilddrüsenkarzinom (DTC) und Osteosarkom durchgeführt. Die Wirksamkeit von Lenvatinib wurde in den Studien 207 (97 Patienten) und 230 (40 Patienten) untersucht, konnte aber nicht nachgewiesen werden, so dass der Einsatz von Lenvatinib in dieser Population nicht unterstützt wird.
Andere solide Tumore: Studie 216 untersuchte die Sicherheit und Wirksamkeit von Lenvatinib in Kombination mit Everolimus bei pädiatrischen Patienten (und jungen Erwachsenen im Alter von ≤21 Jahren) mit rezidivierten oder refraktären soliden Malignomen, einschliesslich ZNS-Tumoren. In der Studie 231 wurden die Anti-Tumor-Aktivität und die Sicherheit von Lenvatinib bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 2 bis ≤21 Jahren mit rezidivierten oder refraktären soliden Malignomen, einschliesslich EWS, RMS und HGG, untersucht. Die Wirksamkeit von Lenvatinib wurde in Studien 216 (64 Patienten) und Studie 231 (127 Patienten) bewertet, konnte aber nicht nachgewiesen werden, weshalb die Verwendung von Lenvatinib in dieser Population nicht unterstützt wird.
|