ch.oddb.org
 
Apotheken | Arzt | Interaktionen | Medikamente | MiGeL | Services | Spital | Zulassungsi.
Fachinformation zu Glatiramyl 20 mg/ml:Viatris Pharma GmbH
Vollst. FachinformationDDDÄnderungen anzeigenDrucken 
Zusammens.Galen.FormInd./Anw.mögl.Dos./Anw.Kontraind.Warn.hinw.Interakt.Schwangerschaft
Fahrtücht.Unerw.WirkungenÜberdos.Eigensch.Pharm.kinetikPräklin.Sonstige H.Swissmedic-Nr.
PackungenReg.InhaberStand d. Info. 

Eigenschaften/Wirkungen

ATC-Code
L03AX13
Wirkungsmechanismus
Die Wirksubstanz von Glatiramyl, Glatirameracetat, ist das Salz eines synthetischen Polypeptides, das aus 4 natürlichen Aminosäuren besteht: L-Glutaminsäure, L-Alanin, L-Tyrosin und L-Lysin, mit relativen molaren Anteilen von 0.141, 0.427, 0.093 und 0.337. Das mittlere Molekulargewicht von Glatirameracetat liegt zwischen 5000 und 9000 Dalton.
Aufgrund der Komplexität der Zusammensetzung kann kein spezifisches Polypeptid charakterisiert werden, auch in Hinblick auf die Aminosäuresequenz, obwohl die endgültige Glatirameracetat Zusammensetzung nicht vollkommen zufällig ist. Der Mechanismus, durch den Glatirameracetat seine therapeutische Wirkung bei MS Patienten entfaltet, ist nicht vollständig geklärt, es könnte jedoch eine Modulation von Immunprozessen beteiligt sein. Tierexperimentelle Studien und Studien an MS-Patienten legen nahe, dass Glatirameracetat auf die Zellen der angeborenen Immunantwort wirkt, u.a. Monozyten, dendritische Zellen und B-Zellen, die wiederum adaptive Funktionen von B- und T-Zellen modulieren, welche die Sekretion von antiinflammatorischen und regulatorischen Zytokinen auslösen. Ob die therapeutische Wirkung durch die vorstehend beschriebenen zellulären Effekte vermittelt wird, ist nicht bekannt, da die Pathophysiologie von MS nur teilweise aufgeklärt ist.
In vorklinischen Studien wurde eine Wirkung von Glatirameracetat bei akuten und remittierenden Formen der experimentellen allergischen Enzephalomyelitis (EAE) bei Maus, Ratte und Meerschweinchen (sowohl bei jungen als auch adulten Tieren), bei Kaninchen und Primaten (Rhesusaffe und Pavian) gezeigt.
Pharmakodynamik
Glatirameracetat induziert über Bindung am Haupthistokompatibilitätskomplex Klasse II Molekül auf den Antigen-präsentierenden Zellen antigen-spezifische T-lymphozyten. Diese erkennen das basische Myelin-Protein, welches für die Auslösung der EAE verantwortlich ist.
Nach Durchquerung der Blut-Hirn-Schranke werden die T-Lymphozyten durch das MBP im Tiermodell reaktiviert und sezernieren entzündungshemmende Zytokine, welche für therapeutische Effekte im Zentralnervensystem verantwortlich sind.
Es sind keine Daten bekannt, die auf einen generellen immunsuppressiven Effekt von Glatirameracetat hinweisen.
Die Wirkung wurde durch zerebrale MRI-Untersuchungen gezeigt, bei welchen 2 Monate nach Beginn der Glatirameracetat-Behandlung eine Reduktion der Bildung neuer Läsionen beobachtet wurde (sowohl in T1- als auch T2-gewichteten Aufnahmen). Diese Beobachtung wurde mit der Wirkung auf die Aktivität der Krankheit und die Schübe der multiplen Sklerose in Verbindung gebracht.
Klinische Wirksamkeit
Schubförmig-remittierende MS (RRMS)
Insgesamt wurden 269 Patienten mit schubförmig-remittierender MS, welche mindestens zwei Attacken neurologischer Funktionsstörungen (Exazerbationen) in den vorangegangenen zwei Jahren hatten, in drei kontrollierten Studien mit Glatirameracetat 20 mg/ml behandelt. Bei der ersten handelt es sich um eine Zwei-Jahres-Studie bei 50 Patienten (Glatirameracetat n = 25, Placebo n = 25). In der zweiten Studie wurden 251 Patienten über bis zu 35 Monate (Glatirameracetat n = 125, Placebo n = 126) behandelt. Bei der dritten Studie handelt es sich um eine Neun-Monate-Studie bei 239 Patienten (Glatirameracetat n = 119, Placebo n = 120). Hier musste zusätzlich eine Gadolinium anreichernde Läsion im MRI vorhanden sein.
Die Behandlung mit Glatirameracetat führte zu einer signifikanten Reduktion der Schubzahlen, einer Zunahme des Anteils der Patienten, welche keine Schübe erlitten sowie eine Verlängerung des zeitlichen Abstandes zwischen den Schüben. Ebenfalls konnten positive Auswirkungen auf die bei remittierenden Formen der MS relevanten MRI-Parameter gezeigt werden.
In der grössten kontrollierten Studie wurde die Schubrate um 32% reduziert; von 1.98 unter Placebo auf 1.34 unter Glatirameracetat.
Während der gesamten Dauer der Behandlung war der Anteil der neurologisch stabilen oder gebesserten Patienten in der mit Glatirameracetat behandelten Gruppe höher als in der Placebo-Gruppe, und der Verlauf der Patientenscores auf der EDSS (Expanded Disability Status Scale) nach Kurtzke fiel ebenfalls zu Gunsten von Glatirameracetat aus.
Langzeitdaten über bis zu 12 Jahre liegen von 103 mit Glatirameracetat behandelten Patienten vor.
Glatirameracetat 20 mg/ml: In der kontrollierten Studie 9001/9001E, in die 251 Patienten aufgenommen und bis zu 35 Monate lang nachbeobachtet wurden (einschliesslich einer verblindeten Verlängerungsphase 9001E zur Studie 9001), betrug der kumulative Prozentsatz an Patienten, bei denen es nach 3 Monaten zu einer bestätigten Progression von Behinderungen gekommen war, 29.4% in der Placebogruppe und 23.2% bei den mit Glatirameracetat behandelten Patienten (p-Wert = 0.199).Es ist nicht nachgewiesen, dass die Behandlung mit Glatirameracetat die Dauer oder den Schweregrad eines Schubes beeinflusst.
Der Nutzen von Glatirameracetat bei Patienten mit primär oder sekundär progredienter Erkrankung wurde bislang noch nicht nachgewiesen.
Es wurde keine Studie zum Direktvergleich der Wirksamkeit und Sicherheit zwischen Glatiramyl 20 mg/ml (täglich angewendet) und 40 mg/ml (dreimal wöchentlich angewendet) noch wurde eine Studie hinsichtlich Wechsel von einer Dosierung auf die andere durchgeführt.
Klinische Studie zur Wirksamkeit und Sicherheit von Glatiramyl 20 mg/ml
Die Sicherheit und Wirksamkeit von Glatiramyl 20 mg/ml im Vergleich zum Referenzpräparat Copaxone 20 mg/ml wurde untersucht in einer klinischen Multi-Center-Studie mit einer 9-monatigen doppelblinden, randomisierten, Aktiv- und Placebo-kontrollierten Phase, gefolgt von einer 15-monatigen open-label-Phase. Insgesamt wurden 794 Patienten (Glatiramyl 20 mg/ml n = 353, Copaxone n = 357, Placebo n = 84) mit schubförmig-remittierender MS (RRMS, revidierte McDonald Kriterien, 2010), EDSS 0.0 bis ≤5.5, mit mindestens 1 T1-GdE Läsion und maximal 15 (sofern keine immunmodulierende Therapie) bzw. 5 (mit bestehender immunmodulierender Therapie) T1-GdE Läsionen im MRI, behandelt. Während der doppelblinden Studiendauer erhielten die Patienten 1-mal täglich 20 mg Glatiramyl 20 mg/ml bzw. Copaxone oder Placebo. In der open-label Phase erhielten alle Studienteilnehmer 1-mal täglich 20 mg Glatiramyl 20 mg/ml.
Eine Assaysensitivität wurde gezeigt, indem beide aktiven Behandlungsarme sowohl kombiniert als auch einzeln betrachtet Placebo hinsichtlich der Anzahl an T1-Gadolinium aufnehmenden Läsionen überlegen waren. Das geometrische Mittel betrug bei kombinierter Betrachtung in der Full Analysis Population 0.488 [95% KI 0.365; 0.651] und in der Per Protocol Population 0.481 [95% KI 0.357; 0.647]. Unter Glatiramyl 20 mg/ml lag das geometrische Mittel bei 0.510 [95% KI 0.374; 0.696] und unter Copaxone bei 0.466 [95% KI 0.3426; 0.633].
Zur Bestimmung der therapeutischen Äquivalenz zwischen Glatiramyl 20 mg/ml und dem Referenzpräparat Copaxone wurde das geometrische Mittel - Verhältnis der log transformierten T1-Gadolinium aufnehmenden Läsionen während Monat 7, 8 und 9 im Vergleich zur Baseline herangezogen. Dies lag unter Glatiramyl 20 mg/ml bei 0.447 und unter Copaxone bei 0.407. Kombiniert lag dies in der Full Analysis Population bei 1.097 [95% KI 0.884; 1.362] und in der Per Protocol Population bei 1.099 [95% KI 0.881; 1.370]. Das 95% Konfidenzintervall war innerhalb der vordefinierten Grenzen [0.727; 1.375], so dass eine therapeutische Äquivalenz angenommen wurde.
Zusammenfassung wichtiger Wirksamkeitsparameter der doppelblinden, placebo-kontrollierten Phase:

Glatiramyl 20 mg/ml

Copaxone 20 mg/ml

Placebo

Anzahl T1 GdE-Läsionen [FAS, Mean (SD)]

Baseline

2.5 (3.49)

2.5 (3.91)

2.8 (4.09)

Monat 7

1.2 (2.62)

1.1 (2.50)

2.1 (3.05)

Monat 8

1.2 (2.55)

1.0 (2.21)

1.7 (2.29)

Monat 9

1.1 (2.81)

0.8 (1.44)

2.3 (2.87)

Anzahl T2 Läsionen, Veränderung zu Baseline [FAS, Mean (SD)]

Monat 7

6.6 (9.19)

5.5 (7.31)

7.8 (9.61)

Monat 9

9.2 (13.94)

7.3 (9.43)

11.1 (11.39)

Kumulierte kombinierte einmalige aktive Läsionen [FAS, Mean (SD)]1

Monat 7-9

10.3 (14.95)

8.7 (11.01)

12.9 (13.51)

Brain Volume, Veränderung zu Baseline, Monat 9 [FAS, Mean (SD)]

-0.5 (0.96)

-0.6 (0.93)

-0.6 (0.80)

Jährliche Schubrate, LS Mean [95% KI]

0.31 [0.20; 0.48]

0.41 [0.27; 0.63]

0.39 [0.22; 0.67]

EDSS, Veränderung zu Baseline, Monat 9 [FAS, Mean (SD)]

0.0 (0.49)

0.0 (0.61)

0.0 (0.55)

1 beinhaltet neue T1-GdE Läsionen und neue oder sich vergrössernde T2 Läsionen.
Die Anzahl Patienten, welche Glatiramer-Antikörper aufwiesen, war in der Glatiramyl 20 mg/ml und in der Copaxone-Gruppe vergleichbar (Monat 9: 92% respektive 90.8%, unter Placebo 14.8%). Qualitative immunologische Daten wie zum Beispiel Veränderungen im Isotypenverhältnis oder zum Phänotypenshift liegen nicht vor.
In der open-label Phase konnten keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen der Gruppe, welche schon in der doppelblinden Phase Glatiramyl 20 mg/ml erhalten hatte, und derjenigen, welche in der doppelblinden Phase mit Copaxone behandelt wurde, festgestellt werden. Die Glatiramer-Antikörper-Titer der betroffenen Patienten verhielten sich nach dem Wechsel in die open-label Phase konstant. Weitere immunologische Daten wurden auch in dieser Studienphase nicht erhoben.
Clinically Isolated Syndrom
Eine Placebo-kontrollierte Studie mit 481 Patienten (Glatirameracetat n = 243, Placebo n = 238) wurde bei Patienten mit einem gut definierten, einzelnen, unifokalen neurologischen Ereignis (CIS) und einem auffälligen MRI, (mindestens zwei cerebrale T2-gewichtete Läsionen über 6 mm Durchmesser), über 3 Jahre durchgeführt. Andere Krankheiten, mussten ausgeschlossen werden.
Während der offenen Extension für weitere 2 Jahre wurden 198/243 der Glatirameracetat Gruppe und 211/238 der Placebogruppe eingeschlossen.
Im Vergleich zu Placebo während des placebo-kontrollierten Behandlungszeitraums von bis zu drei Jahren, verzögerte Glatirameracetat das Fortschreiten vom ersten klinischen Ereignis zur klinisch definitiven Multiplen Sklerose (CMDS) (Hazard-Ratio = 0.55; 95% KI [0.40; 0.77], p-Wert = 0.0005). Glatirameracetat verlängerte die Zeit bis zur CDMS, von 336 Tage in der Placebo-Gruppe auf 722 Tage in der Glatirameracetat-Gruppe Die Anzahl der neuen T2-Läsion war statistisch signifikant tiefer für Patienten unter Glatirameracetat (p-Wert <0.0001), Das T2-Läsionsvolumen, zeigte eine statistisch signifikante Reduktion von 25% im T2-Läsionsvolumen (p-Wert = 0.0002). Der Anteil der Patienten, welche eine MS entwickelten, betrug (43% bei Placebo- und 25% bei Glatirameracetat (p-Wert <0.0001).
Das Risiko, innerhalb der nächsten drei Jahre in Abhängigkeit von der Ausgangssymptomatik eine CDMS zu entwickeln, war bei der Gruppe «cerebral» ausgeprägter als in der Gruppe «optic» oder «spinal».
Im Serum von Patienten, welche mit Glatirameracetat behandelt wurden, hat man Antikörper gegen Glatirameracetat festgestellt. Der Antikörper-Titer wurde im Mittel nach 3–4 Monaten Therapie gemessen, anschliessend sank der Titer ab und stabilisierte sich auf einem gegenüber dem Basistiter leicht erhöhten Niveau. Die vorliegenden Studien lassen keinen Rückschluss auf eine neutralisierende Wirkung der Antikörper gegen Glatirameracetat, oder eine Beeinflussung der klinischen Wirksamkeit von Glatirameracetat zu.
Die während der Placebo-kontrollierten Phase erzielte Wirkung hielt auch während der Langzeitbeobachtungsphase von bis zu fünf Jahren an. Die Zeit bis zum Fortschreiten zur CDMS wurde durch eine frühzeitige Behandlung mit Glatirameracetat verlängert. Im Vergleich zu einer späteren Behandlung verringerte die Frühbehandlung das Risiko eines Fortschreitens zur CDMS gemessen an den Poser-Kriterien signifikant (p = 0.0005). Die günstige Wirkung einer Frühbehandlung mit Glatirameracetat im Vergleich zu einer späteren Behandlung konnte auch anhand von MRI-Parametern belegt werden.

2024 ©ywesee GmbH
Einstellungen | Hilfe | FAQ | Anmeldung | Kontakt | Home