Unerwünschte WirkungenErwachsene
Die meisten der unerwünschten Ereignisse, die in den klinischen Studien mit Atazanavir bei Erwachsenen aufgetreten waren, sind bereits bekannte bei HIV-Infektionen oder unter HIV-Therapie auftretende Reaktionen. In den durchgeführten Studien war die Verabreichung verschiedener Arzneimittel erlaubt. Es ist deshalb schwierig zu unterscheiden ob die Ereignisse auf Atazanavir, eine andere Medikation oder auf die HIV-Infektion selbst zurückzuführen sind.
Lipodystrophie und metabolische Störungen
Die Kombinationstherapie mit antiretroviralen Arzneimitteln ist bei einigen HIV-Patienten mit einer Umverteilung des Körperfetts (Lipodystrophie) verbunden. Dazu gehören Verlust des subkutanen Fetts an der Peripherie und im Gesicht, eine Zunahme des intraabdominalen und viszeralen Fetts, Mammahypertrophie sowie dorsozervikale Fettakkumulation (Büffelnacken). Die Kombinationstherapie mit antiretroviralen Arzneimitteln wurde auch mit metabolischen Veränderungen assoziiert, wie z.B. Hypertriglyzeridämie, Hypercholesterinämie, Insulinresistenz, Hyperglykämie und Hyperlaktatämie. Siehe auch «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen».
Osteonekrose
Fälle von Osteonekrose wurden insbesondere bei Patienten mit allgemein bekannten Risikofaktoren, fortgeschrittener HIV-Erkrankung oder Langzeitanwendung einer antiretroviralen Kombinationstherapie (ART) berichtet. Die Häufigkeit des Auftretens ist unbekannt (siehe auch «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Immunrekonstitutionssyndrom
Bei HIV-infizierten Patienten mit schwerer Immundefizienz bei Beginn einer antiretroviralen Kombinationstherapie kann eine entzündliche Reaktion gegenüber asymptomatischen oder residuellen opportunistischen Pathogenen auftreten (siehe auch «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Es liegen auch Berichte über Autoimmunerkrankungen (wie z.B. Morbus Basedow) vor, die im Rahmen einer Immunreaktivierung auftraten. Allerdings ist der Zeitpunkt des Auftretens sehr variabel, und diese Ereignisse können viele Monate nach Beginn der Behandlung auftreten.
Hautausschläge und assoziierte Syndrome
Hautausschläge («Rash») treten üblicherweise in den ersten 3 Wochen nach Behandlungsbeginn mit Atazanavir-Mepha als milde bis mässig makulopapulöse Hautausschläge auf. Unter Behandlung mit Atazanavir-Mepha wurde ebenfalls über Stevens Johnson Syndrom, Erythema multiforme und toxische Hautreaktionen berichtet, inkl. Rash durch Arzneimittel, Eosinophilie und systemische Symptome (DRESS-Syndrom). Siehe auch «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen».
Nebenwirkungsprofil von Atazanavir in klinischen Studien
Atazanavir wurde bezüglich Sicherheit und Verträglichkeit in Kombination mit anderen antiretroviralen Medikationen in kontrollierten klinischen Studien bei 1806 erwachsenen Patienten untersucht, welche Atazanavir 400 mg 1× täglich (1151 Patienten; mediane Dauer = 52 Wochen; max. Dauer = 152 Wochen) oder Atazanavir 300 mg mit Ritonavir 100 mg 1× täglich (655 Patienten; mediane Dauer = 96 Wochen; max. Dauer = 108 Wochen) erhielten.
Die unerwünschten Wirkungen waren in der Patientengruppe mit Atazanavir 400 mg 1× täglich und in der Patientengruppe mit Atazanavir 300 mg und Ritonavir 100 mg 1× täglich konsistent, mit Ausnahme von Ikterus und erhöhtem Gesamtbilirubin, welche in der Behandlungsgruppe mit Atazanavir und Ritonavir häufiger beobachtet wurden.
Bei den Patienten, die Atazanavir 400 mg 1× täglich oder Atazanavir 300 mg mit Ritonavir 100 mg 1× täglich erhielten, waren die einzigen unerwünschten Wirkungen (jeglicher Schweregrad, möglicher Kausalzusammenhang mit Therapieschemata, die Atazanavir und ein oder mehrere NRTIs enthielten) mit sehr häufiger Inzidenz: Nausea (20%), Ikterus (13%) und Diarrhoea (10%).
Bei den Patienten, die mit Atazanavir 300 mg und Ritonavir 100 mg behandelt wurden, war die Inzidenz von Ikterus 19%. Über Ikterus wurde in der Mehrzahl der Fälle innerhalb einiger Tage bis einiger Monate nach Therapiebeginn berichtet (siehe auch «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Nachstehend die unerwünschten Wirkungen von mässiger bis grösserer Intensität, bei denen ein Zusammenhang mit Therapieschemata, die Atazanavir sowie ein oder mehrere NRTIs beinhalten, zumindest möglich erscheint.
Die aufgeführte Häufigkeit ist gemäss folgenden Kriterien definiert: «sehr häufig» (≥1/10), «häufig» (≥1/100 bis <1/10), «gelegentlich» (≥1/1000 bis <1/100), «selten» (≥1/10'000 bis <1000), «sehr selten» (<1/10'000). Innerhalb jeder Häufigkeitsgruppe sind die unerwünschten Ereignisse nach abnehmendem Schweregrad angegeben.
Erkrankungen des Immunsystems
Gelegentlich: Hypersensitivität.
Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen
Häufig: Lipodystrophie.
Gelegentlich: Anorexie, vermehrter Appetit, Zunahme oder Abnahme des Gewichts.
Psychiatrische Störungen
Gelegentlich: Angst, Depression, Schlafstörungen, Insomnie, abnormale Träume, Desorientierung.
Erkrankungen des Nervensystems
Häufig: Kopfschmerzen.
Gelegentlich: Amnesie, Schwindel, Somnolenz, periphere Neuropathie, Dysgeusie.
Augenerkrankungen
Häufig: Sklerenikterus.
Herzerkrankungen
Gelegentlich: Synkope.
Selten: Ödem, Palpitation.
Gefässerkrankungen
Gelegentlich: Hypertonie.
Erkrankungen der Atemwege, des Brustraums und Mediastinums
Gelegentlich: Dyspnoe.
Erkrankung des Gastrointestinaltrakts
Häufig: Abdominalschmerzen, Diarrhö, Dyspepsie, Nausea, Erbrechen.
Gelegentlich: Flatulenz, Gastritis, Pankreatitis, Stomatitis aphthosa, trockener Mund, abdominale Distention.
Leber- und Gallenerkrankungen
Häufig: Ikterus.
Gelegentlich: Hepatitis.
Selten: Hepatosplenomegalie.
Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes
Häufig: Rash.
Gelegentlich: Alopezie, Pruritus, Urtikaria.
Selten: Ekzem, Vasodilatation, Rash (vesikobullös).
Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrankungen
Gelegentlich: Arthralgie, Muskelatrophie, Myalgie.
Selten: Myopathie.
Erkrankungen der Nieren und Harnwege
Gelegentlich: Hämaturie, Nierensteinleiden, Pollakiurie, Proteinurie, interstitielle Nephritis, chronische Nierenerkrankung.
Selten: Nierenschmerzen.
Erkrankungen der Geschlechtsorgane und der Brustdrüse
Gelegentlich: Gynäkomastie.
Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort
Häufig: Müdigkeit, Asthenie.
Gelegentlich: Brustschmerzen, Malaise, Pyrexie, Gehstörungen.
Laborparameter
Häufigste Laborwert-Veränderungen bei Patienten unter Therapie mit Atazanavir und einem oder mehreren NRTIs: erhöhtes Gesamtbilirubin, primär in Form von erhöhtem indirekten [unkonjugierten] Bilirubin (87% Grad 1-4) bzw. Gesamtbilirubin (37% Grad 3-4 und 6% Grad 4).
Bei den Patienten mit antiretroviraler Vorbehandlung, die mit Atazanavir 300 mg und Ritonavir 100 mg 1×/Tag therapiert wurden (mediane Dauer = 95 Wochen) trat in 53% der Fälle eine Erhöhung des Gesamtbilirubins Grad 3-4 auf (siehe auch «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Bei Patienten ohne antiretrovirale Vorbehandlung, welche mit Atazanavir 300 mg 1× täglich und Ritonavir 100 mg 1× täglich während einer medianen Dauer von 96 Wochen behandelt wurden, trat in 48% der Fälle erhöhtes Gesamtbilirubin Grad 3-4 auf.
Andere ausgeprägte Veränderungen klinischer Laborwerte (Grad 3 oder 4), die bei ≥2% der Patienten unter einer Therapie mit Atazanavir und einem oder mehreren NRTIs beobachtet wurden: Erhöhung der Kreatinkinase (7%) und ALT/SGPT (5%), Neutropenie (5%), Erhöhung von AST/SGOT (3%) und Lipase (3%). 2% der Patienten unter Atazanavir-Therapie hatten gleichzeitig erhöhte Werte der ALT/AST (Grad 3-4) und des Gesamtbilirubins (Grad 3-4).
Spezielle Patientengruppen
Hepatitis B oder C infizierte Patienten: Von 1151 Patienten unter Atazanavir-Therapie (400 mg 1× täglich) hatten 177 eine chronische Hepatitis B- oder C-Infektion und von 655 Patienten unter Atazanavir/ Ritonavir-Therapie (300 mg Atazanavir 1× täglich und Ritonavir 100 mg 1× täglich) hatten 97 eine chronische Hepatitis B- oder C-Infektion. Hepatitis-infizierte Patienten hatten ein grösseres Risiko für eine Erhöhung der Lebertransaminasen (Baseline-Werte) im Vergleich zu Patienten ohne chronische virale Hepatitis. Die Häufigkeit von Hepatitis oder Transaminase-Erhöhungen während der Behandlung von co-infizierten Patienten war zwischen Atazanavir und Vergleichspräparaten ähnlich. Es wurden keine Unterschiede in der Häufigkeit der Bilirubinerhöhungen zwischen Patienten mit oder ohne Hepatitis festgestellt. Siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen».
Pädiatrie: In klinischen Studien betrug die mittlere Behandlungsdauer mit Atazanavir bei pädiatrischen Patienten (3 Monate bis <18 Jahre) 115 Wochen. Das Sicherheitsprofil in diesen Studien war insgesamt vergleichbar mit jenem bei Erwachsenen. Bei pädiatrischen Patienten wurde sowohl asymptomatischer AV-Block Grad 1 (23%) wie auch Grad 2 (1%) beobachtet. Die häufigste Laborwertabweichung bei pädiatrischen Patienten unter Behandlung mit Atazanavir war eine Zunahme des Gesamtbilirubins (≥2,6× ULN, Grad 3-4), die bei 45% der Patienten auftrat.
In den klinischen Studien AI424-397 und AI424-451 wurden pädiatrische Patienten im Alter von 3 Monaten bis 11 Jahren mit Atazanavir Pulver behandelt, bei einer mittleren Behandlungsdauer von 80 Wochen. Es wurden keine Todesfälle berichtet. Das Sicherheitsprofil in diesen Studien war insgesamt mit dem aus früheren Kinder- und Erwachsenenstudien vergleichbar. Die am häufigsten berichteten Laborwertabweichungen bei Kindern, die Atazanavir Pulver zum Einnehmen erhielten, waren erhöhte Gesamtbilirubinspiegel (≥2,6-facher ULN, Grad 3-4; 16%) und erhöhte Amylasewerte (Grad 3-4; 33%), im Allgemeinen nicht-pankreatischen Ursprungs. In diesen Studien wird der Anstieg des ALT-Spiegels bei Kindern häufiger berichtet als bei Erwachsenen.
Postmarketing
In der Postmarketing-Phase wurde über AV-Block Grad 2 oder 3, QTc-Verlängerung, Torsades de pointes, Hyperglykämie, Diabetes mellitus, Nephrolithiasis, interstitielle Nephritis, chronische Nierenerkrankung, Funktionsstörungen der Gallenblase (inkl. Cholelithiasis, Cholecystitis und Cholestase) sowie über Angioödeme berichtet. Da es sich dabei um Spontanmeldungen handelt, ist eine Berechnung der Inzidenz nicht möglich. Hingegen traten diese Ereignisse mit einem gewissen Schweregrad, einer gewissen Häufigkeit und/oder einem Kausalzusammenhang auf.
Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von grosser Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdacht einer neuen oder schwerwiegenden Nebenwirkung über das Online-Portal ElViS (Electronic Vigilance System) anzuzeigen. Informationen dazu finden Sie unter www.swissmedic.ch.
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