Eigenschaften/WirkungenN05AX15
Der Wirkmechanismus von Cariprazin ist nicht vollständig bekannt. Der therapeutische Effekt von Cariprazin wird jedoch möglicherweise über eine Kombination aus einer partialagonistischen Aktivität an den Dopamin-D3-, Dopamin-D2- (Ki-Werte von 0,085–0,3 nM bzw. 0,49–0,71 nM) und Serotonin-5-HT1A-Rezeptoren (Ki-Werte von 1,4–2,6 nM) und einer antagonistischen Aktivität an den Serotonin-5-HT2B-, Serotonin-5-HT2A- und Histamin-H1-Rezeptoren (Ki-Werte von 0,58–1,1 nM, 18,8 nM und 23,3 nM) vermittelt. Cariprazin weist eine niedrige Affinität zu den Serotonin-5-HT2C-Rezeptoren und den α1-Adrenozeptoren auf (Ki-Werte von 134 nM und 155 nM). Cariprazin besitzt keine nennenswerte Affinität zu cholinergen Muskarinrezeptoren (IC50 > 1.000 nM). Die beiden aktiven Hauptmetaboliten, Desmethylcariprazin und Didesmethylcariprazin, besitzen in vitro ein ähnliches Rezeptorbindungs- und funktionelles Aktivitätsprofil wie die Muttersubstanz.
Präklinische in vivo-Studien haben gezeigt, dass Cariprazin in pharmakologisch wirksamen Dosen D3-Rezeptoren in ähnlichem Masse wie D2-Rezeptoren besetzt.
Bei Patienten mit Schizophrenie, die Cariprazin 15 Tage lang innerhalb des therapeutischen Dosisbereichs anwendeten, kam es zu einer dosisabhängigen Besetzung von D3- und D2-Rezeptoren im Gehirn (mit bevorzugter Besetzung in Regionen mit höherer D3-Expression).
Die Wirkungen von Cariprazin in Hinblick auf das QT-Intervall wurden bei Patienten mit Schizophrenie oder mit einer schizoaffektiven Störung untersucht. Es wurden Beurteilungen von zwölfstündigen Holter-EKGs bei 129 Patienten zum Ausgangszeitpunkt (Baseline) und im Fliessgleichgewicht (Steady State) durchgeführt. Nach der Anwendung supratherapeutischer Dosen (9 mg/Tag und 18 mg/Tag) wurde keine Verlängerung des QT-Intervalls festgestellt. Bei keinem Patienten kam es unter Anwendung von Cariprazin gegenüber dem Ausgangswert zu einer Verlängerung des QTc-Intervalls ≥ 60 ms und bei keinem Patienten der Studie kam es zu einem QTc-Intervall > 500 ms.
Schizophrenie
Die Wirksamkeit von Cariprazin wurde im Dosen von 1,5 bis 9 mg/Tag nachgewiesen, wobei höhere Dosen im Vergleich zu niedrigeren Dosisgruppen eine grössere Wirksamkeit zeigten. Eine dosisabhängige Zunahme gewisser unerwünschter Wirkungen, insbesondere oberhalb von 6 mg, war zu beobachten. Daher beträgt die maximale empfohlene Dosis 6 mg/Tag.
Die Wirksamkeit von Cariprazin in der Behandlung von akuter Schizophrenie wurde in drei multizentrischen, 6-wöchigen, randomisierten, doppelblinden, Placebo kontrollierten Studien bei 711, 604 bzw. 439 Patienten im Alter zwischen 18 und 60 Jahren nachgewiesen. In zwei Studien wurde ein aktiver Kontrollarm einbezogen (4 mg Risperidon oder 10 mg Aripiprazol), um die Assay-Sensitivität zu untersuchen. In allen drei Studien war Cariprazin dem Placebo hinsichtlich des PANSS-Gesamt-Scores (Positive and Negative Syndrome Scale) (Tabelle 1) und des Scores auf der CGI-S-Skala (Clinical Global Impression – Severity), die als primäre und sekundäre Wirksamkeitsparameter verwendet wurden, überlegen.
Die Ergebnisse für den primären Endpunkt sind in der folgenden Tabelle 1 zusammengefasst. Die Ergebnisse für den sekundären Endpunkt (CGI) und weitere Endpunkte (einschliesslich der Reduktion des PANSS-Gesamt-Scores um 30 % - Studie 1: PL18,9 %, CAR 1,5 mg 31,4 %, CAR 3 mg 35,7 %, CAR 4,5 mg 35,9 %; Studie 2: PL 19,5 %, CAR 3 mg 24,5 %, CAR 6 mg 31,8 %; Studie 3: PL 24,8 %) sind im Einklang mit den Ergebnissen des primären Endpunktes.
Tabelle 1. Veränderung des PANSS-Gesamt-Scores vom Ausgangswert bis Woche 6 in Studien zu akuten Exazerbationen der Schizophrenie – ITT-Population
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Ausgangswert Mittelwert ± SD
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Veränderung Methode der kleinsten Quadrate (SE)
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Behandlungsunterschied gegenüber Placebo (95%-KI)
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p-Wert
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PANSS gesamt (MMRM)
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RGH-MD-16 (n=711)
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Placebo
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97,3 ± 9,22
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–13,29 (1,82)
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—
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—
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Cariprazin 1,5 mg/Tag
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97,1 ± 9,13
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–21,27 (1,77)
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–7,97 (–12,94, –3,01)
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0,0017
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Cariprazin 3 mg/Tag
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97,2 ± 8,66
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–21,45 (1,74)
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–8,16 (–13,09, –3,22)
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0,0013
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Cariprazin 4,5 mg/Tag
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96,7 ± 9,01
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–23,77 (1,74)
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–10,48 (–15,41, –5,55)
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< 0,0001
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RGH-MD-04 (n=604)
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Placebo
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96,5 ± 9,1
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–14,3 (1,5)
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—
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—
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Cariprazin 3 mg/Tag
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96,1 ± 8,7
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–20,2 (1,5)
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–6,0 (–10,1, –1,9)
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0,0044
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Cariprazin 6 mg/Tag
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95,7 ± 9,4
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–23,0 (1,5)
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–8,8 (–12,9, –4,7)
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< 0,0001
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RGH-MD-05 (n=439)
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Placebo
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96,6 ± 9,3
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–16,0 (1,6)
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—
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—
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Cariprazin 3 bis 6 mg/Tag
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96,3 ± 9,3
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–22,8 (1,6)
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–6,8 (–11,3, –2,4)
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0,0029
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Cariprazin 6 bis 9 mg/Tag
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96,3 ± 9,0
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–25,9 (1,7)
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–9,9 (–14,5, –5,3)
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< 0,0001
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KI = Konfidenzintervall; ITT = Intention-To-Treat; PANSS =Positive and Negative Syndrome Scale
Wirksamkeit bei Langzeitanwendung
In einer klinischen Langzeitstudie wurde die Aufrechterhaltung des antipsychotischen Effekts untersucht. Bei allen Patienten (n = 751) der Intenttotreat-Population kam es zu einer akuten Exazerbation der Schizophrenie und die Patienten wurden über einen Zeitraum von 8 Wochen mit Cariprazin (3–9 mg) behandelt. Sie wurden dann während weiterer 12 Wochen mit der gleichen Dosis des Arzneimittels stabilisiert. Die Patienten, die dann in doppelblinder Weise randomisiert wurden (n = 200), setzten die Behandlung mit Cariprazin entweder fort oder erhielten ein Placebo, bis bei ihnen Anzeichen oder Symptome, die einem Rezidiv entsprechen, auftraten. Die Dauer der doppelblinden Behandlungsphase (DBP) war variabel, mit einem Maximum von 72 Wochen und einem Minimum von 26 Wochen oder bis zur vorzeitigen Beendigung, einschliesslich eines Rezidiv-Ereignisses. Bis zum Ende der Studie kam es bei 47,5 % der Patienten, die Placebo erhalten hatten, und bei 24,8 % der Patienten, die Cariprazin erhalten hatten, zu einem Rezidiv der schizophrenen Symptome. Die Zeit bis zum Rezidiv war in der Cariprazin-Gruppe signifikant länger als in der Placebo-Gruppe (p = 0,001).
Wirksamkeit bei Schizophrenie-Patienten mit überwiegender Negativsymptomatik
Die Wirksamkeit von Cariprazin in der Behandlung von Negativsymptomen der Schizophrenie wurde in einer 26-wöchigen, doppelblinden, Risperidon-kontrollierten klinischen Studie untersucht. In die Studie wurden Patienten mit anhaltender (über mindestens 6 Monate) überwiegender Negativsymptomatik (überwiegend Negativsymptome und geringe Positivsymptome) eingeschlossen. Patienten mit sekundärer Negativsymptomatik, wie mittelschwere bis schwere depressive Symptome oder klinisch relevante Parkinsonismus wurden ausgeschlossen.
Es wurde eine statistisch signifikante Differenz (p = 0,002) zugunsten von Cariprazin gegenüber Risperidon ab der 14. Woche in Hinblick auf die Veränderung des primären Wirksamkeitsparameters, nämlich des PANSS-Faktor score für Negativsymptome (PANSS-FNS), beobachtet. Die mittleren Änderungen im PANSS-FNS gegenüber Baseline in Woche 26 waren -8,9 und -7,4 für Cariprazin bzw. Risperidon. Die paarweise Differenz war -1,5 (95 % KI: -2,4; -0,5).
Statistisch signifikante Differenzen zugunsten von Cariprazin gegenüber Risperidon wurden auch in sekundären Wirksamkeitsparametern wie dem Personal and Social Performance (PSP)-Gesamt-Score, der CGI-S (Clinical Global Impression – Severity) und der CGI-I Skala (Clinical Global Impression – Improvement) festgestellt.
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