Eigenschaften/WirkungenATC-Code
L01ED04
Wirkungsmechanismus
Brigatinib ist ein Tyrosinkinase-Inhibitor, der gegen ALK, c-ros oncogene 1 (ROS1) und den Insulin-like Growth Factor 1 Receptor (IGF-1R) gerichtet ist. In in-vitro- und in-vivo-Assays hemmte Brigatinib die Autophosphorylierung von ALK sowie die ALK-vermittelte Phosphorylierung des nachgelagerten Signalproteins STAT3.
Brigatinib inhibierte die in-vitro-Proliferation von Zelllinien, die EML4-ALK- und NPM-ALK-Fusionsproteine exprimierten, und zeigte eine dosisabhängige Hemmung von EML4-ALK-positivem NSCLC-Xenotransplantat-Wachstum bei Mäusen. Brigatinib hemmte die in-vitro- und in-vivo-Lebensfähigkeit von Zellen, die mutierte Formen von EML4-ALK exprimierten, welche mit einer Resistenz gegen ALK-Inhibitoren assoziiert sind, darunter G1202R und L1196M.
Pharmakodynamik
EKG-Befunde
In Studie 101 wurde das QT-Intervall-Verlängerungspotenzial von Alunbrig bei 123 Patienten mit fortgeschrittenen malignen Erkrankungen nach einmal täglicher Verabreichung von 30 bis 240 mg Brigatinib untersucht. Die maximale mittlere QTcF-Änderung (nach der Fridericia-Methode korrigiertes QT-Intervall) gegenüber dem Ausgangswert betrug weniger als 10 ms. Eine Expositions-QT-Analyse legte keine konzentrationsabhängige Verlängerung des QTc-Intervalls nahe. Die kombinierte Analyse der zulassungsrelevanten klinischen Studien ergab eine QTcF-Verlängerung um >60 ms bei 9,8 % (24/246) der Patienten, und bei 2,8 % (7/246) der Patienten mit einem QTcF <500 ms zu Studienbeginn stieg der QTcF auf >500 ms.
Klinische Wirksamkeit
ALTA 1L
Die Sicherheit und Wirksamkeit von Alunbrig wurde in einer randomisierten (1:1), offenen, multizentrischen Studie (ALTA 1L) an 275 erwachsenen Patienten mit fortgeschrittenem ALK-positivem NSCLC, die zuvor noch keine gegen ALK gerichtete Therapie erhalten haben, untersucht. Die Einschlusskriterien erlaubten die Aufnahme von Patienten mit einer dokumentierten ALK-Translokation basierend auf einem Test gemäss dem lokalen Versorgungsstandard sowie einem ECOG-Performance-Status von 0–2. Die Patienten durften mit bis zu 1 Chemotherapie im lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Setting vorbehandelt sein. Neurologisch stabile Patienten mit behandelten oder unbehandelten Metastasen des zentralen Nervensystems (ZNS), einschliesslich Leptomeninx-Metastasen, konnten an der Studie teilnehmen. Patienten mit einer Vorgeschichte von interstitieller Lungenerkrankung, medikamentenbedingter Pneumonitis oder Strahlenpneumonitis wurden ausgeschlossen.
Die Patienten wurden im Verhältnis 1:1 randomisiert und erhielten entweder einmal täglich 180 mg Alunbrig nach einer 7-tägigen Einleitungsphase mit einmal täglich 90 mg Alunbrig (n = 137) oder zweimal täglich 250 mg Crizotinib oral (n = 138). Die Randomisierung erfolgte stratifiziert nach Hirnmetastasen (vorhanden, abwesend) und Chemotherapie-Vorbehandlung wegen lokal fortgeschrittener Krankheit oder Metastasierung (ja, nein).
Patienten im Crizotinib-Arm, bei denen eine Krankheitsprogression auftrat, wurde ein Crossover zur Behandlung mit Alunbrig angeboten. Von allen 121 Patienten, die in den Crizotinib-Arm randomisiert wurden, wechselten in der Studie 65 Patienten (54%) zur Behandlung mit Brigatinib.
Der primäre Endpunkt war das progressionsfreie Überleben (PFS) gemäss den Bewertungskriterien für das Ansprechen bei soliden Tumoren (Response Evaluation Criteria in Solid Tumors – RECIST v1.1) laut Beurteilung durch ein verblindetes unabhängiges Gutachterkomitee (BIRC). Weitere vom BIRC evaluierte Endpunkte waren die bestätigte objektive Ansprechrate (ORR), Dauer des Ansprechens (DOR), Zeit bis zum Ansprechen, Krankheitskontrollrate (DCR), intrakranielle ORR, intrakranielles PFS und intrakranielle DOR. Zu den vom Prüfarzt beurteilten Endpunkten zählten PFS und Gesamtüberleben.
Die demographischen Daten und Krankheitsmerkmale zu Studienbeginn der Studie ALTA 1L waren ein medianes Alter von 59 Jahren (Bereich: 27 bis 89 Jahre; 32 % waren 65 Jahre und älter); 59 % kaukasischer und 39 % asiatischer Abstammung; 55 % weiblich; 39 % ECOG PS 0 und 56 % ECOG PS 1, 58 % nie geraucht habende Nichtraucher, 93 % Stadium IV, 96 % mit Adenokarzinom, 30 % mit ZNS-Metastasen zu Studienbeginn, 14 % mit vorhergehender Bestrahlung des Gehirns und 27 % mit vorhergehender Chemotherapie. Lokalisationen extrathorakaler Metastasen waren das Gehirn (30 % der Patienten), die Knochen (31 % der Patienten) und die Leber (20 % der Patienten).
Bei der primären Analyse, die nach einer medianen Nachbeobachtungsdauer von 11 Monaten (Bereich 0 – 20) im Alunbrig-Arm durchgeführt wurde, erreichte die Studie ALTA 1L ihren primären Endpunkt und erbrachte den Nachweis einer statistisch signifikanten Verbesserung des PFS laut BIRC-Urteil. Eine planmässige Interim-Wirksamkeitsanalyse nach einer medianen Nachbeobachtungsdauer von 24,9 Monaten (Bereich: 0 - 34,1) im Alunbrig-Arm bildete die Grundlage für die Ergebnisse dieser Studie (Tabelle 4).
Tabelle 4: Wirksamkeitsergebnisse der ALTA-1L-Studie (ITT-Population) - Interim Analyse
Wirksamkeitsparameter
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Alunbrig n = 137
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Crizotinib n = 138
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Mediane Nachbeobachtungszeit (Monate)
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24,9(Bereich: 0–34,1)
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15,2(Bereich: 0,1–36)
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PFS (BIRC)
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Anzahl Patienten mit Ereignis, n (%)
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63 (46 %)
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87 (63 %)
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Krankheitsprogression, n (%)
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56 (40,9 %)a
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82 (59,4 %)b
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Tod des Patienten, n (%)
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7 (5,1 %)
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5 (3,6 %)
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Median (in Monaten) (95-%-KI)
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24 (18,5, NE)
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11 (9,2, 12,9)
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Hazard Ratio (95-%-KI)
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0,49 (0,35, 0,68)
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Log-Rank-p-Wertc
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<0,0001
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BIRC = verblindetes unabhängiges Gutachterkomitee; NE = nicht abschätzbar; KI = Konfidenzintervall a einschliesslich 2 Patienten mit palliativer Bestrahlung des Gehirns b einschliesslich 8 Patienten mit palliativer Bestrahlung des Gehirns c stratifiziert nach Vorliegen von iCNS-Metastasen bei Studienbeginn und vorheriger Chemotherapie wegen lokal fortgeschrittener oder metastasierender Erkrankung für den Log-Rank-Test bzw. Cochran-Mantel-Haenszel-Test
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Die PFS-Ergebnisse für Patienten mit ZNS-Metastasen zu Studienbeginn (HR = 0,25, 95-%-KI: 0,14-0,46, medianes PFS unter Alunbrig = 24 Monate, 95-%-KI: 18,37-NE, medianes PFS unter Crizotinib = 5,6 Monate, 95-%-KI: 3,84–9,4) und ohne ZNS-Metastasen zu Studienbeginn (HR = 0,65, 95-%-KI: 0,44-0,97, medianes PFS unter Alunbrig = 24 Monate, 95-%-KI: 15,67-NE, medianes PFS unter Crizotinib = 13 Monate, 95-%-KI: 9,46-21,13) deuteten auf einen therapeutischen Benefit von Alunbrig gegenüber Crizotinib in beiden Untergruppen hin.
In der finalen Analyse betrug die bestätigte ORR durch BIRC 74,5 % (102/137) für Alunbrig und 62,3% (86/138) für Crizotinib (p-Wert = 0,0330). Ein vollständiges Ansprechen wurde bei 24,1 % der mit Alunbrig behandelten Patienten und bei 13,0 % der mit Crizotinib behandelten Patienten beobachtet.
Mit einer medianen Nachbeobachtungszeit des Alunbrig Arms von 40,4 Monaten, betrug die mediane Ansprechdauer (DOR) 33,2 Monate (95% - KI: 22,1; NE) im Alunbrig Arm und 13,8 Monate (95% - KI: 10,4; 22,1) im Crizotinib Arm.
Die Daten zum Gesamtüberleben waren bei der finalen Analyse noch nicht reif. Insgesamt waren 92 Patienten verstorben, 41 (29,9%) im Alunbrig Arm und 51 (37.0%) im Crizotinib Arm (Hazard Ratio = 0.81 [95% CI: 0.53, 1.22]).
Die Dauer des intrakraniellen Ansprechens wurde vom Tag des ersten intrakraniellen Ansprechens bis zur intrakraniellen Krankheitsprogression (neue Läsionen, Wachstum intrakranieller Target-Läsionen um ≥20 % gegenüber dem geringsten Längendurchmesser, oder eindeutige Progression von intrakraniellen Non-Target-Läsionen) oder Tod gemessen.
Bei Patienten mit messbaren Hirnmetastasen zu Studienbeginn betrug die vom BIRC bestätigte intrakranielle ORR zum Zeitpunkt der interim Analyse 77,8 % (14/18) für Alunbrig und 26,1 % (6/23) für Crizotinib (p-Wert = 0,0014). Ein vollständiges Ansprechen war bei 27,8 % der mit Alunbrig und keinem der mit Crizotinib behandelten Patienten zu verzeichnen. Die intrakranielle mediane DOR wurde bei Alunbrig nicht erreicht (95-%-KI: 5,7, –nicht berechenbar); bei Crizotinib betrug sie 9,2 Monate (95-%-KI: 3,9; 9,2).
ALTA
Die Sicherheit und Wirksamkeit von Alunbrig wurde in einer randomisierten (1:1), offenen, multizentrischen Studie (ALTA) an 222 erwachsenen Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem ALK-positivem NSCLC, bei denen es unter Crizotinib zu einem Fortschreiten der Erkrankung kam, untersucht. Die Einschlusskriterien erlaubten die Aufnahme von Patienten mit einer dokumentierten ALK-Translokation basierend auf einem validierten Test, ECOG-Performance-Status von 0–2, und vorausgegangener Chemotherapie. Darüber hinaus wurden Patienten mit Metastasen des Zentralnervensystems (ZNS) eingeschlossen, sofern diese neurologisch stabil waren und keine steigenden Kortikosteroiddosen benötigten. Patienten mit einer Vorgeschichte von interstitieller Lungenerkrankung oder medikamentenbedingter Pneumonitis wurden ausgeschlossen.
Die Patienten wurden im Verhältnis 1:1 randomisiert und erhielten entweder einmal täglich 90 mg Alunbrig (90-mg-Arm; n = 112) oder einmal täglich 180 mg nach einer 7-tägigen Einleitungsphase mit einmal täglich 90 mg (180-mg-Arm; n = 110). Die mediane Nachuntersuchungsdauer im 180-mg-Arm betrug 28,3 Monate. Die Randomisierung wurde hinsichtlich Hirnmetastasen (vorhanden, abwesend) und dem besten vorherigen Ansprechen auf die Behandlung mit Crizotinib (vollständiges oder teilweises Ansprechen, jedes andere Ansprechen/unbekannt) stratifiziert.
Primärer Endpunkt war die bestätigte objektive Gesamtansprechrate (ORR) laut Prüfarzturteil gemäss RECIST v1.1. Zu den weiteren Endpunkten gehörten die von einem unabhängigen Gutachterkomitee (IRC) bestätigte ORR, die Zeit bis zum Ansprechen, das progressionsfreie Überleben (PFS), die Ansprechdauer (DOR), das Gesamtüberleben und die intrakranielle ORR sowie die intrakranielle DOR, jeweils durch ein IRC bewertet.
Die demographischen Daten und Krankheitsmerkmale zu Studienbeginn der ALTA-Studie waren ein medianes Alter von 54 Jahren (Bereich: 18 bis 82 Jahre; 23 % waren 65 Jahre und älter); 67 % kaukasischer und 31 % asiatischer Abstammung; 57 % weiblich; 34 % ECOG PS 0, 58 % ECOG PS 1, 7 % ECOG PS 2; 1 % fehlender ECOG-Status; 60 % nie geraucht habende Nichtraucher, 35 % ehemalige Raucher, 5 % Raucher, 98 % Stadium IV, 97 % mit Adenokarzinom und 74 % mit vorhergehender Chemotherapie. Die häufigsten Lokalisationen extrathorakaler Metastasierung waren mit 69 % das Gehirn (von denen 62 % eine vorherige Bestrahlung des Gehirns erhalten hatten), in 39 % das Skelett und in 26 % der Fälle die Leber.
Die Wirksamkeitsergebnisse des 180-mg-Arms der ALTA-Studie sind in Tabelle 5 zusammengefasst.
Tabelle 5: Wirksamkeitsergebnisse der ALTA-Studie des 180-mg-Arms† (N=110)
Wirksamkeitsparameter
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Beurteilung durch den Prüfarzt
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IRC-Beurteilung
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Objektive Ansprechrate
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(%)
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57 %
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56 %
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KI‡
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(46, 68)
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(47, 66)
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Zeit bis zum Ansprechen
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Median (Monate)
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1,9
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1,9
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Ansprechdauer
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Median (Monate)
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13,8
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15,7
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95-%-KI
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(10,8, 17,6)
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(13,6, 22,1)
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KI = Konfidenzintervall;
† Arm einmal täglich 180 mg mit einer 7-tägigen Einleitungsphase mit einmal täglich 90 mg
‡ Das Konfidenzintervall der vom Prüfarzt bewerteten ORR beträgt 97,5 % und bei der vom IRC bewerteten ORR 95 %.
Das mediane PFS laut IRC-Beurteilung betrug bei den mit 180 mg Alunbrig behandelten Patienten 16,7 Monate (95-%-KI: 11,6, 21,4). Die mediane Gesamtüberlebenszeit dieser Patienten betrug 40,6 Monate (95-%-KI: 32,5, NE) und die 5-Jahres-Gesamtüberlebensrate 43,1 %.
Bei Patienten mit messbaren Hirnmetastasen gemäss RECIST 1.1 zu Studienbeginn betrugen die intrakranielle ORR und intrakranielle Krankheitskontrollrate im 180-mg-Arm 67 % (95-%-KI: 41, 87) bzw. 83 % (95-%-KI: 59, 96) (N = 18). Die mediane Dauer des intrakraniellen Ansprechens betrug bei diesen Patienten 16,6 Monate (95-%-KI: 3,7, NE).
Bei Patienten mit Hirnmetastasen zu Studienbeginn betrug die intrakranielle Krankheitskontrollrate 86,5 % (95-%-KI: 77, 93) im 180-mg-Arm (n = 74).
Sicherheit und Wirksamkeit bei pädiatrischen Patienten
Die Europäische Arzneimittel-Agentur hat für Alunbrig eine Freistellung von der Verpflichtung zur Vorlage von Ergebnissen zu Studien in allen pädiatrischen Altersklassen in der Behandlung von Lungenkarzinomen (kleinzelliges und nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom) gewährt (zur Anwendung bei Kindern und Jugendlichen siehe Abschnitt «Dosierung/Anwendung»).
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