PharmakokinetikNach Einmalgabe einer Delstrigo-Tablette an gesunde Probanden (N = 24) im Nüchternzustand waren vergleichbare Expositionen gegenüber Doravirin, Lamivudin und Tenofovir zu verzeichnen wie bei einer Verabreichung von Doravirin-Tabletten (100 mg) plus Lamivudin-Tabletten (300 mg) plus Tenofovir-DF-Tabletten (300 mg).
Die Pharmakokinetik von Doravirin wurde bei gesunden Probanden sowie bei HIV-1-infizierten Patienten untersucht. Die Pharmakokinetik von Doravirin ist bei gesunden und HIV-1-infizierten Personen vergleichbar. Der Steady-State wird im Allgemeinen bis Tag 2 einer einmal täglich erfolgenden Gabe erreicht, die Akkumulationsverhältnisse für AUC0-24, Cmax und C24 bewegen sich zwischen 1,2 und 1,4 für Dosen von 30 bis 240 mg QD. Unten sind die pharmakokinetischen Steady-State-Parameter für Doravirin nach Verabreichung von 100 mg einmal täglich an HIV-1-infizierte Studienteilnehmer dargestellt, basierend auf einer populationspharmakokinetischen Analyse.
Tabelle 7: pharmakokinetischen Steady-State-Parameter von Doravirin
Parameter GM (%CV)
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AUC0-24 μM·h
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Cmax μM
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C24 nM
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Doravirin 100 mg einmal täglich
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37,8 (29)
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2,26 (19)
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930 (63)
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GM: geometrisches Mittel, %CV: Geometrischer Variationskoeffizient
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Absorption
Doravirin: Nach oraler Gabe werden die Spitzenkonzentrationen im Plasma 2 Stunden nach Verabreichung erreicht. Die absolute Bioverfügbarkeit von Doravirin wurde für die 100 mg Tablette mittels modellbasierter Analysen auf etwa 64% geschätzt.
Lamivudin: Lamivudin wird nach oraler Verabreichung gut aus dem Gastrointestinaltrakt resorbiert. Die absolute Bioverfügbarkeit liegt beim Erwachsenen normalerweise zwischen 80 und 85%. Nach oraler Verabreichung beträgt die mittlere Zeit (tmax) bis zur maximalen Serumkonzentration (Cmax) ungefähr 1 Stunde. Bei therapeutischer Dosierung, d.h. 4 mg/kg Körpergewicht/Tag, aufgeteilt in eine Einzeldosis alle 12 Stunden, liegt Cmax zwischen 1 und 1,9 µg/ml.
Bei Mehrfachdosierung wurde keine klinisch signifikante Akkumulation des Wirkstoffes festgestellt.
Tenofovir-DF: Nach oraler Verabreichung von Tenofovir-DF an HIV-infizierte Patienten wird Tenofovir-DF rasch absorbiert und in Tenofovir umgewandelt. Bei Einnahme im Nüchternzustand wurde die maximale Tenofovir-Konzentration innerhalb einer Stunde erreicht, die Cmax und die AUC (Mittelwert ± SD) (% CV) betrugen 296 ± 90 ng/ml (30%) und 2287 ± 685 ng·h/ml (30%). Die orale Bioverfügbarkeit von Tenofovir aus Tenofovir-DF betrug bei nüchternen Patienten rund 25%.
Distribution
Doravirin: Basierend auf der i.v. Verabreichung einer 100 µg Mikrodosis beträgt das Distributionsvolumen von Doravirin 60,5 l. Doravirin wird zu etwa 76% an Plasmaproteine gebunden.
Lamivudin: Aus Studien, in denen Lamivudin intravenös verabreicht wurde, ist bekannt, dass das mittlere Verteilungsvolumen 1,3 l/kg beträgt. Lamivudin besitzt ein lineares pharmakokinetisches Verhalten über die therapeutische Dosierungsbreite und eine begrenzte Bindung (16-36%) an das Hauptplasmaprotein Albumin.
Eine begrenzte Anzahl von Daten zeigt, dass Lamivudin liquorgängig ist und in der Zerebrospinalflüssigkeit nachgewiesen werden kann. Der mittlere Quotient der Lamivudin-Konzentration zwischen Zerebrospinalflüssigkeit und Serum betrug 2-4 Stunden nach oraler Verabreichung ca. 0,12. Das exakte Ausmass des Übergangs in die Zerebrospinalflüssigkeit oder dessen Korrelation mit einer klinischen Wirkung ist nicht bekannt.
Tenofovir-DF: Nach intravenöser Verabreichung betrug das Verteilungsvolumen von Tenofovir ungefähr 800 ml/kg. Nach oraler Gabe wird Tenofovir breit im gesamten Körper verteilt. Die in-vitro-Bindung von Tenofovir an humanes Plasma- oder Serumprotein betrug in einem Konzentrationsbereich zwischen 0,01 und 25 µg/ml weniger als 0,7% (Plasmaproteine) bzw. 7,2% (Serumproteine).
Metabolismus
Doravirin: In-vitro-Daten zufolge wird Doravirin vorwiegend durch CYP3A metabolisiert.
Lamivudin: Die Metabolisierung spielt bei der Elimination von Lamivudin eine untergeordnete Rolle (5-10%).
Tenofovir-DF: In-vitro-Untersuchungen haben gezeigt, dass weder Tenofovir-DF noch Tenofovir Substrate für CYP450-Enzyme sind.
Elimination
Doravirin: Die terminale Halbwertszeit (t1/2) von Doravirin beträgt etwa 15 Stunden. Doravirin wird hauptsächlich über den oxidativen, CYP3A4-abhängigen Stoffwechsel eliminiert. Eine Ausscheidung des unveränderten Wirkstoffs über den Urin findet nur in geringem Umfang statt. Eine relevante biliäre Ausscheidung des unveränderten Wirkstoffs wird nicht erwartet.
In einer klinischen Studie mit [14C]Doravirin unter Verwendung einer Kapselformulierung mit geringer Bioverfügbarkeit im Vergleich zur Tablette, wurde der grösste Teil der Dosis im Stuhl als nicht absorbiertes Arzneimittel wieder gefunden. Doravirin und der oxidative Metabolit M9 waren die wichtigsten Spezies im Plasma (75% bzw. 12,9% der gesamten Arzneimittel-bezogenen Komponenten). Basierend auf dem absorbierten Teil der verabreichten Dosis war M9 die wichtigste Arzneimittel-bezogene Spezies im Urin (39,4% der absorbierten Dosis) und im Stuhl (15,9% der absorbierten Dosis). Weniger häufige Metaboliten, die jeweils 1,2% oder weniger der Arzneimittel-bezogenen Komponenten im Plasma oder der in Ausscheidungen wieder gefundenen Dosis ausmachen, umfassten N-dealkylierte und andere oxidative Produkte sowie Konjugate von oxidativen Metaboliten. Etwa 12,9% der absorbierten Dosis wurden bei der Verabreichung als Kapsel als Doravirin im Urin ausgeschieden.
Lamivudin: Die mittlere terminale Eliminationshalbwertszeit beträgt 5 bis 7 Stunden. Die mittlere systemische Clearance von Lamivudin beträgt ca. 0,32 l/h/kg, wobei die renale Clearance über das Transportsystem für organische Kationen stark überwiegt (>70%). Die hepatische Metabolisierung beträgt weniger als 10%. Im Vergleich zur Plasmahalbwertszeit von Lamivudin (5-7 Stunden) besitzt das aktive Molekül (intrazelluläres Lamivudintriphosphat) mit 16-19 Stunden eine lange Halbwertszeit in der Zelle.
Tenofovir-DF: Nach oraler Gabe liegt die Eliminations-Halbwertzeit von Tenofovir bei etwa 12 bis 18 Stunden. Tenofovir wird primär über die Nieren eliminiert, sowohl durch Filtration als auch durch ein aktives tubuläres Transportsystem (die humanen organischen Anionen-Transporter (hOAT) 1 und 3 und das multidrug-resistente Protein 4 (MRP4)), wobei nach intravenöser Verabreichung etwa 70 bis 80% der Dosis unverändert über den Urin ausgeschieden werden. Die scheinbare Clearance von Tenofovir betrug im Durchschnitt 307 ml/min. Die renale Clearance wurde auf ungefähr 210 ml/min geschätzt, was die glomeruläre Filtrationsrate übersteigt. Dies deutet darauf hin, dass die aktive tubuläre Sekretion bei der Ausscheidung von Tenofovir eine wichtige Rolle spielt.
Einfluss von Nahrung auf die orale Absorption
Die Einmalgabe einer Delstrigo-Tablette mit einer fettreichen Mahlzeit an gesunde Probanden resultierte in einem Anstieg der C24 von Doravirin um 26%, während die AUC und Cmax im Wesentlichen unbeeinflusst blieben. Die Cmax von Lamivudin nahm mit einer fettreichen Mahlzeit um 19% ab, während die AUC nicht in signifikantem Mass beeinflusst wurde. Mit einer fettreichen Mahlzeit nahm die Cmax von Tenofovir um 12% ab und die AUC nahm um 27% zu. Diese Unterschiede in der Pharmakokinetik werden als klinisch nicht relevant betrachtet.
Kinetik spezieller Patientengruppen
Leberfunktionsstörungen
Doravirin: Doravirin wird hauptsächlich über die Leber metabolisiert und eliminiert. In einer Studie, in der 8 Patienten mit mässig eingeschränkter Leberfunktion (Child-Pugh-Klasse B) mit 8 Patienten ohne Einschränkung der Leberfunktion verglichen wurden, zeigten sich keine klinisch relevanten Unterschiede in der Pharmakokinetik von Doravirin. Doravirin wurde bei Patienten mit schwerer Einschränkung der Leberfunktion (Child-Pugh-Klasse C) nicht untersucht (siehe «Dosierung/Anwendung»).
Lamivudin: Die pharmakokinetischen Eigenschaften von Lamivudin wurden bei Erwachsenen mit eingeschränkter Leberfunktion untersucht. Die pharmakokinetischen Parameter wurden durch eine nachlassende Leberfunktion nicht verändert. Sicherheit und Wirksamkeit von Lamivudin wurden bei Vorliegen einer dekompensierten Lebererkrankung nicht nachgewiesen.
Tenofovir-DF: Die Pharmakokinetik von Tenofovir nach Gabe von 300 mg Tenofovir-DF wurde an gesunden Probanden mit mässig bis schwer eingeschränkter Leberfunktion untersucht. Zwischen Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion und gesunden Probanden wurden keine klinisch relevanten Unterschiede in der Pharmakokinetik von Tenofovir beobachtet.
Nierenfunktionsstörungen
Doravirin: Doravirin wird nur in geringem Umfang über die Nieren ausgeschieden: Rund 6% einer als Tablette verabreichten Dosis werden unverändert mit dem Urin ausgeschieden. In einer Studie, in der 7 Patienten mit einer GFR von <30 ml/min mit 8 Patienten ohne Einschränkung der Nierenfunktion (GFR ≥90 ml/min) verglichen wurden, lag die Exposition gegenüber Doravirin nach Einmalgabe bei Patienten mit schwer eingeschränkter Nierenfunktion um 31% höher. In einer populationspharmakokinetischen Analyse, welche 1102 Patienten mit einer GFR von ≥90 ml/min, 188 Patienten mit einer GFR von 60-89 ml/min, 9 Patienten mit einer GFR von 30-59 ml/min und 7 Patienten mit einer GFR von <30 ml/min einschloss, hatte die Nierenfunktion keinen klinisch relevanten Einfluss auf die Pharmakokinetik von Doravirin. Doravirin wurde bei Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz oder bei dialysepflichtigen Patienten nicht untersucht (siehe «Dosierung/Anwendung»).
Lamivudin: Die pharmakokinetischen Eigenschaften von Lamivudin wurden in einer kleinen Gruppe HIV-1-infizierter Erwachsener mit eingeschränkter Nierenfunktion untersucht (Tabelle 8).
Tabelle 8: Pharmakokinetische Parameter (Mittelwert ± SD) nach oraler Einmalgabe von 300 mg Lamivudin in 3 Gruppen von Erwachsenen mit unterschiedlich starker Nierenfunktionseinschränkung
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Kriterium Kreatinin-Clearance (Anzahl Patienten)
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Parameter
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>60 ml/min
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10–30 ml/min
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<10 ml/min
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n = 6
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n = 4
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n = 6
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Kreatinin-Clearance (ml/min)
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111 ± 14
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28 ± 8
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6 ± 2
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Cmax (μg/ml)
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2,6 ± 0,5
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3,6 ± 0,8
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5,8 ± 1,2
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AUC∞ (μg•h/ml)
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11,0 ± 1,7
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48,0 ± 19
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157 ± 74
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Cl/F (ml/min)
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464 ± 76
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114 ± 34
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36 ± 11
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Tenofovir-DF: Die pharmakokinetischen Parameter von Tenofovirdisoproxil 245 mg (als Fumarat) wurden nach einmaliger Gabe bei nicht-HIV- und nicht-HBV-infizierten Patienten mit unterschiedlich schweren Nierenfunktionsstörungen bestimmt. Der Schweregrad der Nierenfunktionsstörung wurde anhand des Ausgangswerts der Kreatinin-Clearance (ClCr) bestimmt (normale Nierenfunktion bei ClCr >80 ml/min, leichte Nierenfunktionsstörung bei ClCr = 50-79 ml/min, mittelschwere Nierenfunktionsstörung bei ClCr = 30-49 ml/min und schwere Nierenfunktionsstörung bei ClCr = 10-29 ml/min).
Die mittlere Exposition (% Variationskoeffizient [%CV]) gegenüber Tenofovir stieg von 2185 ng·h/ml (12%) bei Patienten mit normaler Nierenfunktion auf 3064 ng·h/ml (30%) bei Patienten mit einer leichten Nierenfunktionsstörung, auf 6009 ng·h/ml (42%) bei Patienten mit einer mittelschweren Nierenfunktionsstörung und auf 15'985 ng·h/ml (45%) bei Patienten mit einer schweren Nierenfunktionsstörung.
Bei dialysepflichtigen Patienten mit einer terminalen Niereninsuffizienz (ESRD [end stage renal disease]) (ClCr <10 ml/min) kam es zwischen zwei Hämodialysebehandlungen zu einem ausgeprägten Anstieg der Tenofovir-Exposition über 48 Stunden auf einen mittleren Cmax-Wert von 1032 ng/ml und eine mittlere AUC0-48h von 42'857 ng·h/ml (29%).
Bei nicht-dialysepflichtigen Patienten mit einer Kreatinin-Clearance <10 ml/min und bei Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz, die Peritonealdialyse oder andere Dialyseformen anwenden, wurde die Pharmakokinetik von Tenofovir nicht untersucht.
Ältere Patienten
In einer Phase-1-Studie sowie in einer populationspharmakokinetischen Analyse wurden keine klinisch relevanten Unterschiede in der Pharmakokinetik von Doravirin zwischen Personen ab 65 Jahren und Personen unter 65 Jahren festgestellt. Die Pharmakokinetik von Lamivudin und Tenofovir bei über 65 Jahre alten Personen wurde nicht untersucht (siehe «Dosierung/Anwendung»).
Kinder und Jugendliche
Die Pharmakokinetik und Dosierungsempfehlungen von Delstrigo wurden bei Patienten unter 18 Jahren nicht untersucht (siehe «Dosierung/Anwendung»).
Ethnische Zugehörigkeit
Doravirin: In einer populationspharmakokinetischen Analyse zur Anwendung von Doravirin bei gesunden und HIV-1-infizierten Personen wurden keine klinisch relevanten Unterschiede zwischen den verschiedenen Ethnien festgestellt.
Lamivudin: Es wurden keine signifikanten oder klinisch relevanten Unterschiede in der Pharmakokinetik von Lamivudin zwischen verschiedenen Ethnien festgestellt.
Tenofovir-DF: Angehörige nichtweisser ethnischer Gruppen wurden nicht in ausreichender Anzahl untersucht, um potenzielle pharmakokinetische Unterschiede zwischen diesen Populationen nach der Verabreichung von Tenofovir-DF adäquat zu bestimmen.
Geschlecht
Zwischen Männern und Frauen wurden keine klinisch relevanten Unterschiede im Hinblick auf die Pharmakokinetik von Doravirin, Lamivudin und Tenofovir festgestellt.
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