Präklinische DatenGenotoxizität
Risdiplam war in einem bakteriellen Reverse-Mutations-Assay nicht mutagen. In Säugetierzellen in vitro sowie im Knochenmark von Ratten erhöhte Risdiplam die Zahl mikronukleierter Zellen. Eine Mikronukleus-Induktion im Knochenmark wurde in mehreren Toxizitätsstudien bei Ratten beobachtet, bei adulten wie bei juvenilen Tieren. Die Dosis ohne beobachtete schädliche Wirkungen (NOAEL; no observed adverse effect level) wurde studienübergreifend mit einer Exposition assoziiert, die etwa dem 1,5-Fachen der Exposition beim Menschen unter therapeutischen Dosen entspricht. Die Daten deuten darauf hin, dass dieser Effekt indirekt ist und infolge einer Interferenz von Risdiplam mit dem Zellzyklus von in Teilung begriffenen Zellen entsteht. Derselbe Effekt manifestiert sich auch in anderen Geweben mit hohem Zellumsatz mit Veränderungen in der Haut, im Gastrointestinaltrakt, in männlichen Keimzellen, im Knochenmark sowie als embryonale Toxizität. Risdiplam besitzt kein Potenzial zur direkten Schädigung der DNA.
Kanzerogenität
Derzeit läuft eine 2-jährige Studie zur Karzinogenität bei Ratten. Eine Studie zur Karzinogenität von Risdiplam bei rasH2-transgenen Mäusen ergab keine Hinweise auf ein tumorigenes Potenzial von Risdiplam; die Exposition der Tiere war hierbei bis zu 7-mal so hoch wie beim Menschen unter therapeutischer Dosierung.
Eine 2-jährige Karzinogenitätsstudie an Ratten wurde mit täglichen oralen Dosen von 0,3, 1 und 3 mg/kg Risdiplam durchgeführt. Risdiplam induzierte bei der niedrigen und mittleren Dosis, bei denen die beobachteten Expositionen bei Ratten denen beim Menschen bei der maximal empfohlenen Humandosis (MRHD) von 5 mg entsprachen, keine Tumoren. Statistisch signifikante Anstiege von Tumoren der Präputialdrüse bei männlichen Ratten und von Tumoren der Klitoris bei weiblichen Ratten wurden bei der hohen Dosis beobachtet, die dem 4-Fachen der MRHD entsprach. Da es sich bei beiden um nagerspezifische Organe handelt, haben diese Ergebnisse keine Relevanz für den Menschen.
Reproduktionstoxizität
In Studien mit trächtigen Ratten, die mit Risdiplam behandelt wurden, zeigte sich embryofetale Toxizität mit verringertem fetalem Gewicht und verzögerter Entwicklung. Die NOAEL-Dosis für diesen Effekt betrug etwa das 2-Fache der Exposition, die bei Patienten unter der therapeutischen Dosis Risdiplam erreicht wird. In Studien mit trächtigen Kaninchen traten embryofetale Mortalität und dysmorphogene Effekte bei Expositionen auf, die auch mit mütterlicher Toxizität assoziiert sind. 4 Feten (4 %) aus 4 Würfen (22 %) entwickelten Hydrozephalie. Die NOAEL-Dosis hierfür betrug etwa das 4-Fache der Exposition, die bei Patienten unter der therapeutischen Dosis Risdiplam erreicht wird.
In einer prä- und postnatalen Studie bei Ratten, die täglich Risdiplam erhielten, verursachte Risdiplam eine leichte Verlängerung der Trächtigkeit. Beim Überleben, Wachstum und der funktionellen (verhaltens- oder fortpflanzungsbezogenen) Leistung des Nachwuchses waren keine unerwünschten Wirkungen festzustellen.
Studien bei trächtigen Ratten ergaben, dass Risdiplam die Plazentaschranke passiert und in die Milch übergeht.
Weitere Daten
Die Behandlung mit Risdiplam ist mit Zellzyklusarrest in männlichen Keimzellen bei Ratten und Affen in Verbindung gebracht worden. Dieser Effekt führte zu degenerierten Spermatozyten, zur Degeneration/Nekrose des Samenkanalepithels und zu Oligo-/Aspermie im Nebenhoden. Bei jungen Ratten waren die Effekte bei einer Exposition zu beobachten, wie sie auch bei Patienten unter der therapeutischen Dosis Risdiplam erreicht wird. In einer diesbezüglichen Studie bei Ratten war jedoch keine Beeinträchtigung der männlichen Fertilität zu erkennen. Die Auswirkungen von Risdiplam auf die Spermien hängen wahrscheinlich mit einer Interferenz von Risdiplam mit dem Zellzyklus von in Teilung begriffenen Zellen zusammen und sind stadienspezifisch und reversibel. Bei Ratten und Affen wurden nach Anwendung von Risdiplam keine Auswirkungen auf die weiblichen Fortpflanzungsorgane festgestellt.
Auswirkung auf die Retinastruktur
Die Langzeitanwendung von Risdiplam bei Affen ergab Hinweise auf eine Auswirkung auf die Retina in Form einer Degeneration von Photorezeptoren mit Beginn an der Netzhautperipherie. Nach Beendigung der Behandlung erwiesen sich die Auswirkungen im Retinogramm als partiell reversibel, die Degeneration der Photorezeptoren jedoch war nicht reversibel. Die Effekte wurden mittels optischer Kohärenztomographie (OCT) und Elektroretinographie (ERG) überwacht. Der Effekt trat bei einer Exposition auf, die mehr als das Doppelte der Exposition beim Menschen unter therapeutischer Dosierung betrug.
Auswirkung auf Epithelgewebe
Auswirkungen auf die Histologie der Haut, des Larynx und der Augenlider sowie auf den Gastrointestinaltrakt zeigten sich bei Ratten und Affen, denen Risdiplam verabreicht wurde. Die Veränderungen setzten nach einer Behandlungsdauer von 2 Wochen und länger bei mehr als das 2-Fache der menschlichen Exposition ein. Nach chronischer Anwendung über 39 Wochen bei Affen lag der NOAEL bei einer Exposition von etwa dem 2-Fachen der durchschnittlichen Exposition beim Menschen unter therapeutischer Dosierung.
Auswirkung auf hämatologische Parameter
Im akuten Knochenmarks-Mikronukleus-Test bei Ratten wurde unter der hohen Dosisstufe, die zu einer 15-fach höheren Exposition als die durchschnittliche Exposition beim Menschen unter therapeutischer Dosierung führte, eine Reduktion des Verhältnisses polychromer (junger) zu normochromer (adulter) Erythrozyten um mehr als 50 % festgestellt, was auf eine erhebliche Knochenmarkstoxizität hindeutet. Bei längerer Behandlung von Ratten über 26 Wochen waren die Expositionsspannen zum NOAEL etwa beim 4-Fachen der durchschnittlichen Exposition beim Menschen unter therapeutischer Dosierung.
Studien bei juvenilen Tieren
Risdiplam wurde bei Ratten und Affen auf Toxizität bei chronischer Anwendung untersucht. Studien mit juvenilen Tieren ergaben bei einer mit der therapeutischen Dosierung beim Menschen vergleichbaren Exposition eine verringerte Nahrungsaufnahme, ein langsameres Wachstum und Anzeichen von Toxizität in den Fortpflanzungsorganen.
Im Hinblick auf die Toxizität, die nach Anwendung von Risdiplam in verschiedenen Organsystemen mit hohem Zellumsatz (Haut, Gastrointestinaltrakt, Knochenmark) auftritt, ergaben die tierexperimentellen Studien keine Hinweise auf Unterschiede in der Empfindlichkeit zwischen juvenilen, adoleszenten und adulten Tieren.
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