ZusammensetzungWirkstoffe
Colistimethat Natrium
Hilfsstoffe
keine
Indikationen/AnwendungsmöglichkeitenColistin zur Infusion ist zur Behandlung schwerer, durch multiresistente aerobe gramnegative Erreger verursachter Infektionen indiziert, sofern die Empfindlichkeit gegenüber Colistin nachgewiesen ist und keine anderen Therapieoptionen zur Verfügung stehen (siehe «Dosierung/Anwendung», «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen», «unerwünschte Wirkungen» und «Eigenschaften/Wirkungen»).
Die offiziellen Richtlinien zur sachgemässen Anwendung von Antibiotika sind zu beachten, insbesondere Anwendungsempfehlungen zur Verhinderung der Zunahme der Antibiotikaresistenz.
Es wird empfohlen, dass die Diagnose und der Therapiebeginn mit Colistin zur Infusion im Spital unter Anleitung eines Spezialisten, wie z.B. eines Infektiologen, erfolgen.
Dosierung/AnwendungDie Dosis von Colistimethat-Natrium (CMS) ist in Internationalen Einheiten (IE) angegeben. Eine Tabelle zur Umrechnung von CMS (IE) zu CMS (mg) sowie zu mg der Colistinbasen-Aktivität (CBA) befindet sich am Ende dieses Abschnitts.
Dosisanpassung/Titration
Blutspiegelmessungen für Colistin sind für alle Patienten mit parenteraler Colistin-Behandlung empfohlen. Der Talspiegel vor der nächsten CMS-Gabe kann ab dem dritten Behandlungstag bestimmt werden. Der Zielbereich richtet sich nach den lokalen Vorgaben. Die Einhaltung entsprechender Probennahme- und Transportbedingungen ist unbedingt erforderlich.
Therapieeinleitung
Die folgenden Dosierungsempfehlungen basieren auf begrenzten Daten zur Populationspharmakokinetik bei schwer erkrankten Patienten (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»). Einschlägige Therapierichtlinien sind einzuhalten.
Erwachsene und Jugendliche
Eine Initialdosis von 9 Mio IE soll angewendet werden.
Es liegen auch Erfahrungen mit einer Initialdosis von 6 Mio IE bei Patienten mit einem Körpergewicht ≤60 kg vor.
Die Initialdosis gilt für Patienten mit normaler bzw. eingeschränkter Nierenfunktion. Dies schliesst auch Patienten unter Nierenersatztherapie ein. Der am besten geeignete Zeitraum bis zur ersten Erhaltungsdosis ist nicht ermittelt worden.
Die Modellierungen deuten darauf hin, dass bei Patienten mit guter Nierenfunktion in manchen Fällen Initial- und Erhaltungsdosen von bis zu 12 Mio. IE erforderlich sein können. Die klinischen Erfahrungen mit derartigen Dosen sind jedoch äusserst begrenzt, und die Sicherheit wurde nicht nachgewiesen.
Erhaltungstherapie
Erwachsene und Jugendliche
Erhaltungsdosis 9 Mio. IE/Tag, aufgeteilt in 2 - 3 Dosen.
Therapiedauer
Bei der Wahl der anzuwendenden Dosis und der Therapiedauer sind Faktoren wie der Schweregrad der Infektion sowie das klinische Ansprechen zu berücksichtigen. Einschlägige Therapierichtlinien sind einzuhalten.
Patienten mit Leberfunktionsstörungen
Es liegen keine Daten zu Patienten mit Leberfunktionsstörungen vor. Bei der Anwendung von Colistimethat-Natrium ist bei diesen Patienten Vorsicht geboten.
Patienten mit Nierenfunktionsstörungen
Bei eingeschränkter Nierenfunktion ist eine Dosisanpassung erforderlich; es sind jedoch nur sehr begrenzte pharmakokinetische Daten zu Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion verfügbar. Eine Bestimmung des Blutspiegels von Colistin bei Patienten mit Nierenfunktionsstörungen ist angezeigt, um die entsprechende Dosisanpassung zu bestimmen. Die im Folgenden angegebenen Dosisanpassungen sollen zur Orientierung dienen.
Bei Patienten mit einer Kreatinin-Clearance < 50 ml/min wird eine Dosisreduktion empfohlen. Empfohlen wird eine Dosierung zweimal täglich.
Kreatinin-Clearance (ml/min)
|
Tagesdosis
|
< 50 - 30
|
5.5 - 7.5 Mio IE
|
< 30 - 10
|
4.5 - 5.5 Mio IE
|
< 10
|
3.5 Mio IE
|
Mio. IE = Millionen IE
Hämodialyse und kontinuierliche Hämo(dia)filtration
Colistin scheint über herkömmliche Hämodialyse und kontinuierliche veno-venöse Hämo(dia)filtration (CVVHF, CVVHDF) dialysierbar zu sein. Aus Populations-PK-Studien mit einer sehr geringen Anzahl von Patienten unter Nierenersatztherapie liegen äusserst begrenzte Daten vor. Solide Dosierungsempfehlungen können daher nicht gegeben werden. Die folgenden Schemata könnten in Betracht gezogen werden:
Hämodialyse
An Tagen ohne HD: 2,25 Mio. IE/Tag (2,2 - 2,3 Mio. IE/Tag).
An Tagen mit HD: 3 Mio. IE/Tag an Tagen mit Hämodialyse, Anwendung nach der HD-Sitzung. Empfohlen wird eine Dosierung zweimal täglich.
CVVHF/CVVHDF
Wie bei Patienten mit normaler Nierenfunktion. Empfohlen wird eine Dosierung dreimal täglich.
Ältere Patienten
Bei älteren Patienten mit normaler Nierenfunktion werden keine Dosisanpassungen für notwendig gehalten.
Kinder und Jugendliche
Zur Unterstützung eines Dosierungsschemas für Kinder und Jugendliche liegen nur sehr begrenzte Daten vor. Bei der Wahl der Dosis ist die Nierenreife zu berücksichtigen. Die Dosis ist auf Grundlage der Körpermagermasse zu berechnen.
Kinder ≤40 kg: 75.000 - 150.000 IE/kg/Tag, aufgeteilt in 3 Dosierungen.
Bei Kindern mit einem Körpergewicht über 40 kg sollte die Dosierungsberechnung für Erwachsene zugrunde gelegt werden.
Bei Kindern mit zystischer Fibrose sind über Dosierungen von > 150.000 IE/kg/Tag berichtet worden. Hinsichtlich der Anwendung und Grössenordnung einer Initialdosis bei schwer erkrankten Kindern liegen keine Daten vor.
Bei Kindern mit eingeschränkter Nierenfunktion sind keine Dosierungsempfehlungen festgelegt worden.
Intrathekale und intraventrikuläre Anwendung
Für Erwachsene wird auf der Basis begrenzter Daten die folgende Dosis empfohlen:
Intraventrikuläre Anwendung: 125.000 IE/Tag
Intrathekal angewendete Dosen dürfen die für die intraventrikuläre Anwendung empfohlenen Dosen nicht überschreiten.
Für die intrathekale und die intraventrikuläre Anwendung können keine speziellen Dosierungsempfehlungen für Kinder gegeben werden.
Art der Anwendung
Colistin zur Infusion wird intravenös als langsame Infusion über 30 - 60 Minuten gegeben.
In wässriger Lösung wird Colistimethat-Natrium zu dem Wirkstoff Colistin hydrolysiert. Bei der Zubereitung der Dosis ist auf die strikte Einhaltung der aseptischen Technik zu achten, besonders wenn bei der Rekonstitution der erforderlichen Dosis mehrere Durchstechflaschen benötigt werden (siehe «Hinweise zur Handhabung»).
Tabelle zur Dosisumrechnung:
In Europa wird die verordnete und angewendete Dosis von Colistimethat-Natrium (CMS) ausschliesslich in Internationalen Einheiten (IE) angegeben. Auf dem Produktetikett ist daher die Anzahl IE pro Durchstechflasche angegeben.
Aufgrund der in Bezug auf die Wirkstärke unterschiedlich angegebenen Dosierungen ist es zu Verwechslungen und Medikationsfehlern gekommen. In den USA und anderen Ländern wird die Dosis in Milligramm der Colistinbasen-Aktivität (mg CBA) angegeben.
Die folgende Umrechnungstabelle dient zur Information. Die darin enthaltenen Angaben sind nur ungefähre Nominalwerte.
CMS-Umrechnungstabelle:
Wirkstärke
|
≈ CMS-Masse (mg)*
|
IE
|
≈ mg CBA
|
12'500
|
0.4
|
1
|
150'000
|
5
|
12
|
1'000'000
|
34
|
80
|
4'500'000
|
150
|
360
|
9'000'000
|
300
|
720
|
* Nominale Wirkstärke des Arzneimittels = 12'500 IE/mg
KontraindikationenColistin darf nicht angewendet werden bei Überempfindlichkeit gegenüber Colistimethat-natrium, Colistinsulfat und Polymyxin B.
Warnhinweise und VorsichtsmassnahmenWann immer dies möglich ist, sollte die gleichzeitige intravenöse Anwendung von Colistimethat-Natrium und einem anderen Antibiotikum in Betracht gezogen und dabei die Restsensibilität des (der) behandelten Erreger berücksichtigt werden. Da insbesondere bei der Anwendung als Monotherapie über die Entstehung von Resistenzen gegen Colistin i.v. berichtet wurde, sollte die gleichzeitige Anwendung mit einem anderen Antibiotikum auch zur Verhinderung einer Resistenzentwicklung in Betracht gezogen werden.
Über die Wirksamkeit und Sicherheit von intravenös angewendetem Colistimethat-Natrium liegen nur begrenzte klinische Daten vor. Die empfohlenen Dosierungen für alle Subpopulationen beruhen gleichermassen auf begrenzten Daten (klinische und pharmakokinetische/pharmakodynamische Daten). Insbesondere in Bezug auf die Anwendung von hohen Dosierungen (> 6 Mio. IE/Tag) und die Anwendung einer Initialdosis sowie die Anwendung bei speziellen Populationen (Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion, Kinder und Jugendliche) liegen nur begrenzte Daten zur Sicherheit vor. Colistimethat-Natrium darf nur verwendet werden, wenn andere, häufiger verordnete Antibiotika nicht wirksam oder ungeeignet sind.
Nierenfunktionsstörungen:
Bei allen Patienten ist die Nierenfunktion zu Beginn und während der Therapie regelmässig zu überwachen. Die Dosierung von Colistimethat-Natrium muss der Kreatinin-Clearance entsprechend angepasst werden (siehe «Dosierung/Anwendung»).
Bei der Anwendung von Colistimethat-Natrium bei Kindern < 1 Jahr ist Vorsicht geboten, da die Nierenfunktion in dieser Altersgruppe noch nicht vollständig ausgereift ist. Zudem ist nicht bekannt, welche Auswirkung eine unausgereifte Nieren- und Stoffwechselfunktion auf die Umwandlung von Colistimethat-Natrium zu Colistin hat.
Nephrotoxizität:
Bei hypovolämischen Patienten oder Patienten, die andere potenziell nephrotoxische Arzneimittel (z.B. Aminoglykoside, Cephalosporine, Ciclosporin) erhalten, besteht ein erhöhtes Nephrotoxizitätsrisiko durch Colistin (siehe «Interaktionen» und «unerwünschte Wirkungen»). Den Berichten aus einigen Studien zufolge scheint die Nephrotoxizität mit kumulierten Dosen und der Behandlungsdauer assoziiert zu sein. Die Vorteile einer verlängerten Therapiedauer sollten gegen das potenziell erhöhte Risiko für renale Toxizität abgewogen werden.
Neurotoxizität:
Es wurde berichtet, dass hohe Serumkonzentrationen von Colistimethat-Natrium, die mit einer Überdosierung oder einer nicht erfolgten Dosisreduktion bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion im Zusammenhang stehen können, zu neurotoxischen Wirkungen wie Parästhesie des Gesichts, Muskelschwäche, Schwindel, inartikulierte Sprache, vasomotorische Instabilität, Sehstörungen, Verwirrtheit, Psychose und Apnoe geführt haben. Die Patienten sind auf periorale Parästhesien und Parästhesien der Extremitäten als Anzeichen einer Überdosis (siehe «Überdosierung») zu überwachen.
Atemstillstand:
Nach intramuskulärer Anwendung von Colistimethat-Natrium wurde über Fälle von Atemstillstand berichtet. Eine eingeschränkte Nierenfunktion erhöht das Risiko des Auftretens von Apnoe und neuromuskulären Blockaden nach der Anwendung von Colistimethat-Natrium.
Porphyrie:
Colistin kann zur Exazerbation einer Porphyria führen. Daher sollte die Behandlung mit Colistin bei Patienten mit Porphyria mit äusserster Vorsicht durchgeführt werden.
Myasthenia Gravis:
Es ist bekannt, dass Colistimethat-Natrium die Menge des an der präsynaptischen motorischen Endplatte freigesetzten Acetylcholins reduziert. Daher sollte es bei Patienten mit Myasthenia gravis nur mit grösster Vorsicht und nur bei klarer Indikation angewendet werden.
Pseudo-Bartter Syndrom:
Es wurden nur wenige Fälle des Pseudo-Bartter-Syndroms bei Kindern und Erwachsenen bei intravenöser Anwendung von Colistimethat-Natrium berichtet. In Verdachtsfällen sollte mit der Überwachung der Serumelektrolyte begonnen und eine angemessene Behandlung durchgeführt werden. Eine Normalisierung des Elektrolytungleichgewichts kann jedoch möglicherweise nicht ohne Absetzen von Colistimethat-Natrium erreicht werden.
Colitis/verminderte Erregerempfindlichkeit:
Fälle von antibiotika-assoziierter Colitis und pseudomembranöser Colitis sind bei der Anwendung von nahezu allen Antibiotika berichtet worden und können auch unter Colistimethat-Natrium auftreten. Der Schweregrad kann von leichten bis hin zu lebensbedrohlichen Ereignissen reichen. Diese Diagnose ist daher unbedingt in Betracht zu ziehen, wenn bei Patienten während oder nach der Anwendung von Colistimethat-Natrium Diarrhö auftritt (siehe «unerwünschte Wirkungen»). Ein Abbruch der Behandlung mit Colistimethat-Natrium und die Anwendung einer spezifischen Therapie für Clostridium difficile sollte dabei in Betracht gezogen werden. Arzneimittel, die die Peristaltik hemmen, dürfen nicht gegeben werden.
Unter der Therapie mit Colistin kann es – wie auch bei anderen Antibiotika – zum Auftreten nichtempfindlicher Keime kommen. In diesen Fällen ist eine entsprechende Therapie einzuleiten.
Ebenso ist in seltenen Fällen eine Erhöhung der minimalen Hemmkonzentration bei Pseudomonas aeruginosa Keimen möglich. Nach Absetzen und/oder Änderung der Therapie kann es zu einer Wiederherstellung der Wirksamkeit kommen.
Blut-Hirn Schranke:
Intravenös angewendetes Colistimethat-Natrium passiert die Blut-Hirn-Schranke in keinem klinisch relevanten Ausmass. Die intrathekale oder intraventrikuläre Anwendung von Colistimethat-Natrium in der Behandlung von Meningitis wurde in klinischen Studien nicht systematisch untersucht und wird lediglich durch Fallberichte gestützt. Zur Unterstützung eines Dosierungsschemas liegen nur sehr begrenzte Daten vor. Die am häufigsten beobachtete unerwünschte Wirkung einer CMS-Anwendung war aseptische Meningitis (siehe «unerwünschte Wirkungen»).
Überempfindlichkeitsreaktionen:
Bei einer allergischen Reaktion muss die Therapie mit Colistimethat-Natrium abgebrochen werden, und es sind geeignete Massnahmen einzuleiten.
Natrium:
Colistin zur Infusion 1 Mio IE und 2 Mio IE enthält weniger als 1 mmol Natrium (23 mg) pro Durchstechflasche, d.h. es ist nahezu «natriumfrei».
InteraktionenPharmakokinetische Interaktionen:
Es wurden keine Wechselwirkungsstudien in vivo durchgeführt. Der Mechanismus zur Umwandlung von Colistimethat-Natrium in den Wirkstoff Colistin ist nicht beschrieben worden. Der Mechanismus der Colistin-Clearance einschliesslich der renalen Verarbeitung ist ebenfalls nicht bekannt.
Bei der gleichzeitigen Anwendung von Colistin zur Infusion und Arzneimitteln, deren hemmende oder induzierende Wirkung auf Enzyme zur Verstoffwechselung von Arzneimitteln bekannt ist, oder Arzneimitteln, die als Substrate für renale Transportmechanismen fungieren, sollte die potenzielle Möglichkeit von Arzneimittelwechselwirkungen im Blick behalten werden.
In-vitro-Studien:
In in vitro-Studien mit menschlichen Leberzellen wurde keines der getesteten P450-Enzymsysteme (CYP1A2, 2B6, 2C8, 2C9, 2C19 und 3A4/5) durch Colistimethat-Natrium oder Colistin aktiviert.
Pharmakodynamische Interaktionen:
Das Nephrotoxizitätsrisiko von Colistin kann durch Kombination mit Substanzen, die eine gleichgerichtete Toxizität haben (z.B. Aminoglykoside, Cephalosporine, Ciclosporin, Furosemid, Etacrynsäure) erhöht werden.
Wegen der geringen Erfahrungen und des potenziellen Risikos einer kumulativen Toxizität ist bei der begleitenden Anwendung von Colistimethat-Natrium in anderen Darreichungsformen Vorsicht geboten.
Bei Patienten mit Myasthenia gravis muss eine gleichzeitige Behandlung mit Colistimethat-Natrium und Makrolidantibiotika wie Azithromycin und Clarithromycin oder mit Fluorchinolonen wie Norfloxacin und Ciprofloxacin mit Vorsicht erfolgen (siehe «Warnhinwiese und Vorsichtsmassnahmen»).
Die Gefahr einer neuromuskulären Blockade kann durch die gleichzeitige Gabe von Inhalationsnarkotika (z.B. Äther, Halothan), Muskelrelaxantien bzw. curareartigen Arzneimitteln (z.B. Tubocurarin, Succinylcholin) oder Aminoglykosiden gesteigert werden.
Bei gleichzeitiger Anwendung von Colistimethat-Natrium mit anderen Arzneimitteln mit neurotoxischem und/oder nephrotoxischem Potenzial ist grösste Vorsicht geboten. Hierzu zählen Aminoglykosid-Antibiotika wie Gentamicin, Amikacin, Netilmicin und Tobramycin sowie Cephalosporine und nicht-depolarisierende Muskelrelaxantien.
Schwangerschaft, StillzeitSchwangerschaft
Es liegen keine ausreichenden Daten zur Anwendung von Colistin zur Infusion an Schwangeren vor. Colistin passiert die Plazenta. Tierexperimentelle Studien mit Colistin zeigten eine Reproduktionstoxizität (siehe «Präklinische Daten»). Aufgrund der möglichen Resorption und des dadurch vorhandenen Risikos nephro- bzw. neurotoxischer Reaktionen beim Ungeborenen, darf die Anwendung von Colistin zur Infusion während der Schwangerschaft nur bei zwingender Indikation erfolgen.
Stillzeit
Colistimethat Natrium geht in die Muttermilch über. Falls die Mutter während der Stillzeit mit Colistin zur Infusion behandelt werden muss, soll abgestillt werden. Beim gestillten Säugling ist die Möglichkeit einer Beeinflussung der physiologischen Darmflora mit Durchfall oder Sprosspilzbesiedelung gegeben. Ebenfalls ist die Möglichkeit einer Sensibilisierung nicht auszuschliessen.
Fertilität
Es liegen keine klinischen Daten zu den Wirkungen von Colistin auf die Fertilität beim Menschen vor. Tierexperimentelle Studien zeigen keine Hinweise auf direkte oder indirekte schädliche Wirkungen in Bezug auf die Fertilität (siehe «Präklinische Daten»).
Wirkung auf die Fahrtüchtigkeit und auf das Bedienen von MaschinenDieses Arzneimittel kann auch bei bestimmungsgemässem Gebrauch z.B. durch Auftreten von Schwindel, Verwirrtheit oder Sehstörungen (s.a. Kapitel «Unerwünschte Wirkungen») das Reaktionsvermögen so weit verändern, dass die Fähigkeit zum Führen von Fahrzeugen, zum Bedienen von Maschinen oder zum Arbeiten ohne sicheren Halt beeinträchtigt wird. Dies gilt im verstärkten Masse im Zusammenwirken mit Alkohol.
Unerwünschte WirkungenDie am häufigsten auftretenden Nebenwirkungen sind Nierenfunktionsstörungen und seltener Nierenversagen, üblicherweise nach höheren Dosierungen als empfohlen bei Patienten mit normaler Nierenfunktion bzw. nach nicht erfolgter Dosisreduzierung bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion oder bei gleichzeitiger Gabe anderer nephrotoxischer Antibiotika. Diese Wirkungen sind normalerweise nach Therapieabbruch reversibel; nur in seltenen Fällen ist eine Intervention erforderlich (Nierenersatztherapie).
Hohe Serumkonzentrationen von Colistimethat-Natrium, z.B. infolge einer Überdosierung oder nicht erfolgter Dosisreduzierung bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion, können zu neurotoxischen Effekten wie Parästhesie im Bereich des Gesichts, Muskelschwäche, Schwindel, undeutlicher Sprache, vasomotorischer Instabilität, Sehstörungen, Verwirrtheit, Psychose und Apnoe führen. Die gleichzeitige Gabe von nichtdepolarisierenden Muskelrelaxanzien oder Antibiotika mit ähnlichen neurotoxischen Wirkungen kann ebenfalls neurotoxische Effekte hervorrufen. Die Reduktion der Colistimethat-Natrium-Dosis kann die Symptome abschwächen.
Überempfindlichkeitsreaktionen wie Hautausschlag und Angioödem können auftreten. Falls solche Reaktionen auftreten, sollte die Behandlung mit Colistimethat-Natrium abgebrochen werden.
Sehr häufig (≥1/10); häufig (≥1/100 bis <1/10); gelegentlich (≥1/1'000 bis <1/100); selten (≥1/10'000 bis <1/1'000); sehr selten (<1/10'000); unbekannt (Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar).
Erkrankungen des Immunsystems
In sehr seltenen Fällen kann es sowohl unter parenteraler wie auch unter inhalativer Therapie zu Überempfindlichkeitsreaktionen wie Hautausschlägen Angioödem, Juckreiz und Arzneimittelfieber kommen.
Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen
Nicht bekannt: Pseudo-Bartter Syndrom.
Erkrankungen des Nervensystems
Sehr häufig: Neurotoxizität wie Parästhesien im Bereich von Gesicht, Mund und perioral, Kopfschmerzen und Muskelschwäche.
Unbekannt: Schwindel, Benommenheit, Ataxie.
Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes
Sehr häufig: Pruritus.
Erkrankungen der Nieren und Harnwege
Sehr häufig: Nierenfunktionsstörung, die sich durch erhöhte Kreatinin- und/oder Harnstoffwerte im Blut und/oder verminderte renale Kreatinin-Clearance äussert.
Selten: Akutes Nierenversagen.
Nephrotoxische Reaktionen sind bei der parenteralen Anwendung von Colistin die häufigsten Nebenwirkungen, bei der Aerosoltherapie können sie nicht völlig ausgeschlossen werden. Sie äussern sich in Albuminurie, Hämaturie, Zylindrurie, Anstieg von Harnstoffstickstoff und Kreatinin im Serum, Verminderung der glomerulären Filtration. Bei Kumulation oder Überdosierung droht ein akutes Nierenversagen (Anurie, akute Tubulusnekrose).
Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort
Unbekannt: Reaktionen an der Injektionsstelle.
Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von grosser Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdacht einer neuen oder schwerwiegenden Nebenwirkung über das Online-Portal ElViS (Electronic Vigilance System) anzuzeigen. Informationen dazu finden Sie unter www.swissmedic.ch.
ÜberdosierungAnzeichen und Symptome
Nach Überdosierung können nephrotoxische (Albuminurie, Hämaturie, Zylindrurie, Anstieg von Harnstoffstickstoff und Kreatinin im Serum, Verminderung der glomerulären Filtration, akutes Nierenversagen) und neurotoxische Reaktionen (Kribbeln im Mund, verwaschene Sprache, ataktischer Gang) auftreten. Schwindel, vorübergehende Parästhesie im Bereich des Gesichts, undeutliche Sprache, vasomotorische Instabilität, Sehstörungen, Verwirrtheit und Psychose wurden ebenfalls beobachtet. Als besonders schwere Reaktion kann es dabei zur neuromuskulären Blockade mit Muskelschwäche, Apnoe und eventuell Atemstillstand kommen.
Behandlung
Es existiert kein Antidot gegen Colistin. Bei der Überdosierung sollen Colistin und andere nephrotoxische bzw. neurotoxische Arzneimittel umgehend abgesetzt werden. Die Ausscheidung von Colistin kann durch osmotische Diurese mit Mannitol beschleunigt werden. Durch Hämo- und Peritonealdialyse werden nur geringfügige Mengen Colistin entfernt. Daher soll Hämo- und Peritonealdialyse nur beim gleichzeitigen Nierenversagen angewendet werden.
Bei der neuromuskulären Blockade oder Atemstillstand ist eine künstliche Beatmung erforderlich.
Eigenschaften/WirkungenATC-Code J01XB01
Wirkungsmechanismus
Colistin ist ein zyklisches Polypeptid-Antibiotikum, das zur Polymyxin-Gruppe gehört. Polymyxine wirken über eine Schädigung der Zellmembran und die resultierenden physiologischen Wirkungen sind für das Bakterium letal. Polymyxine sind für gramnegative Bakterien mit hydrophober Aussenmembran selektiv.
Resistenzen
Resistente Bakterien sind durch eine Modifikation der Phosphatgruppen des Lipopolysaccharids gekennzeichnet, die durch Ethanolamin oder Aminoarabinose ersetzt werden. Bei natürlich resistenten gramnegativen Bakterien wie Proteus mirabilis und Burkholderia cepacia ist das Lipidphosphat vollständig durch Ethanolamin oder Aminoarabinose ersetzt.
Zwischen Colistin (Polymyxin E) und Polymyxin B wäre eine Kreuzresistenz zu erwarten. Da sich der Wirkmechanismus der Polymyxine von dem anderer Antibiotika unterscheidet, wäre nicht zu erwarten, dass eine Resistenz gegen Colistin und Polymyxin allein durch den oben genannten Mechanismus zu einer Resistenz gegen andere Arzneimittelklassen führt.
Insbesondere bei schwerwiegenden Infektionen oder bei Therapieversagern ist eine mikrobiologische Diagnose mit dem Nachweis des Erregers und dessen Empfindlichkeit gegenüber Colistin anzustreben.
Pharmakodynamik
PK/PD-Verhältnis
Es ist berichtet worden, dass Polymyxine eine konzentrationsabhängige bakterizide Wirkung auf sensible Bakterien haben. Der Quotient aus fAUC (Fläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve der ungebundenen Konzentrationen) und MIC (minimale Hemmkonzentration) korreliert vermutlich mit der klinischen Wirksamkeit.
EUCAST-Breakpoints
|
Sensibel (S)
|
Resistent (R)a
|
Acinetobacter
|
S ≤2
|
R > 2 mg/l
|
Enterobacteriaceae
|
S ≤2
|
R > 2 mg/l
|
Pseudomonas spp
|
S ≤2
|
R > 2 mg/l
|
a Die Breakpoints gelten für eine Dosierung von 4.5 Mio. I.E. x 2 i.v. mit einer Initialdosis von 9 Mio. I.E.
Sensibilität
Für ausgewählte Spezies kann die Vorkommenshäufigkeit einer erworbenen Resistenz geografisch und zeitlich variieren. Insbesondere bei der Behandlung von schweren Infektionen sind daher Daten über die örtlichen Resistenzverhältnisse wünschenswert. Bei Bedarf sollte fachlicher Rat eingeholt werden, wenn die Nützlichkeit des Wirkstoffs, zumindest bei einigen Infektionsarten, durch die örtliche Vorkommenshäufigkeit von Resistenzen in Frage gestellt ist.
Häufig sensible Spezies
Acinetobacter baumannii
Haemophilus influenzae
Klebsiella spp
Pseudomonas aeruginosa
Spezies, bei denen eine erworbene Resistenz ein Problem darstellen kann
Achromobacter xylosoxidans (früher Alcaligenes xylosoxidans)
Stenotrophomonas maltophilia
Inhärent resistente Organismen
Burkholderia cepacia und verwandte Spezies
Proteus spp
Providencia spp
Serratia spp
PharmakokinetikAbsorption
Zur Pharmakokinetik von Colistimethat-Natrium (CMS) und Colistin liegen nur begrenzte Informationen vor. Es gibt Hinweise darauf, dass die Pharmakokinetik bei schwer erkrankten Patienten und Patienten mit weniger schweren physiologischen Störungen sowie gesunden Probanden unterschiedlich ist. Die folgenden Daten basieren auf Studien, in denen HPLC zur Bestimmung der Plasmakonzentrationen von CMS/Colistin eingesetzt wurde.
Nach Infusion von Colistimethat-Natrium wird das inaktive Prodrug in den aktiven Wirkstoff Colistin umgewandelt. Bei schwer erkrankten Patienten traten maximale Plasmakonzentrationen von Colistin mit einer Verzögerung von bis zu 7 Stunden nach der Gabe von Colistimethat-Natrium auf.
Distribution
Bei gesunden Probanden ist das Verteilungsvolumen von Colistin gering und entspricht etwa der Extrazellulärflüssigkeit (EZF). Bei schwer erkrankten Probanden ist das Verteilungsvolumen erheblich vergrössert. Die Proteinbindung ist mässig und nimmt bei höheren Konzentrationen ab. Sofern keine Entzündung der Meningen vorliegt, ist der Wirkstoff kaum liquorgängig, bei Vorliegen einer Meningitis tritt er jedoch vermehrt in den zerebrospinalen Liquor (CSF) über.
Metabolismus
Colistimethat-Natrium wird nur in einem geringen Ausmass metabolisiert. Es ist ein Prodrug, das zum aktiven Colistin hydrolysiert wird.
Elimination
Bei gesunden Probanden werden schätzungsweise etwa 30 % des Colistimethat-Natriums zu Colistin umgewandelt. Dabei hängt die Clearance von der Kreatinin-Clearance ab, und bei abnehmender Nierenfunktion wird ein grösserer Anteil des CMS zu Colistin verstoffwechselt. Bei Patienten mit sehr stark beeinträchtigter Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance < 30 ml/min) können bis zu 60 bis 70 % umgewandelt werden. CMS wird hauptsächlich durch glomeruläre Filtration über die Nieren ausgeschieden. Bei gesunden Probanden werden 60 % bis 70 % des CMS innerhalb von 24 Stunden unverändert über den Urin ausgeschieden.
Die Elimination des aktiven Colistins ist nur unvollständig beschrieben. Colistin wird in den Nieren umfangreich tubulär rückresorbiert und kann entweder nicht-renal eliminiert oder in den Nieren verstoffwechselt werden und sich dabei möglicherweise in den Nieren ansammeln. Bei eingeschränkter Nierenfunktion ist die Colistin-Clearance verringert, möglicherweise aufgrund der vermehrten Umwandlung von CMS.
Die Halbwertszeit von Colistin bei gesunden Probanden und bei Patienten mit zystischer Fibrose liegt bei etwa 3 bzw. 4 Stunden, bei einer Gesamt-Clearance von etwa 3 l/h. Bei schwer erkrankten Patienten wurden verlängerte Halbwertszeiten von etwa 9 - 18 h beobachtet.
Linearität/Nicht Linearität
Im klinischen relevanten Dosierungsbereich weisen sowohl CMS als auch Colistin eine lineare Pharmakokinetik auf.
Präklinische DatenLangzeittoxizität (bzw. Toxizität bei wiederholter Verabreichung)
Colistin war bei längerfristiger Verabreichung mittels unterschiedlicher Applikationsformen in hohen Dosierungen bei Ratte und Hund nephrotoxisch.
Mutagenität
In vitro und in vivo Untersuchungen zur Mutagenität haben keine Hinweise hinsichtlich eines klinisch relevanten genotoxischen Potentials von Colistin ergeben.
Karzinogenität
Langzeituntersuchungen zum kanzerogenen Potential liegen nicht vor.
Reproduktionstoxizität
Unzureichend dokumentierte reproduktionstoxikologische Untersuchungen, in denen Colistin bei Mäusen, Ratten und Kaninchen mittels unterschiedlicher Applikationsformen verabreicht wurde, erbrachten keine Hinweise auf teratogene Wirkungen. Embryotoxische Effekte (verzögerte Ossifikationen, erhöhte Resorptionsraten) wurden bei i.v.-Applikation in höheren Dosierungen bei allen getesteten Spezies beobachtet. Die Fertilität männlicher und weiblicher Nager war nicht beeinträchtigt. Bei Ratten wurde ein negativer Einfluss auf die Geburtenrate und das Säugen festgestellt, die postnatale Entwicklung war nicht beeinträchtigt. Bei Mäusen führte die i.v.-Gabe von Colistin jedoch zu einer geringeren Spontanaktivität der Nachkommen.
Sonstige HinweiseInkompatibilitäten
Colistin zur Infusion darf nicht mit anderen Arzneimitteln gemischt werden.
Haltbarkeit des Pulvers zur Herstellung einer Infusionslösung:
Colistin zur Infusion darf nur bis zu dem auf dem Behälter mit «EXP» bezeichneten Datum angewendet werden.
Haltbarkeit nach Anbruch
Haltbarkeit der zubereiteten Colistin-Lösung:
Die Hydrolyse von Colistimethat wird signifikant erhöht, wenn die rekonstituierte und verdünnte Lösung unter der kritischen Mizellenbildungskonzentration von ca. 80.000 IE/ml liegt. Lösungen unterhalb dieser Konzentration sollten sofort verwendet werden.
Für Lösungen zur Bolusinjektion oder Verneblung mit einer Konzentration ≥80.000 IE/ml wurde die chemische und physikalische Stabilität der rekonstituierten Lösung in der Original-Durchstechflasche bei 2° bis 8°C über 24 Stunden nachgewiesen.
Sofern die Herstellung der gebrauchsfertigen Lösung (Öffnen, Rekonstitution, Verdünnung) das Risiko einer mikrobiellen Kontamination nicht ausschliesst, sollte die gebrauchsfertige Lösung sofort verwendet werden. Wenn die gebrauchsfertige Lösung nicht sofort verwendet wird, ist der Anwender für die Dauer und die Bedingungen der Aufbewahrung verantwortlich.
Lösungen zur Infusion, die über das Volumen der Original-Durchstechflasche hinaus verdünnt wurden und/oder die eine Konzentration < 80.000 IE/ml haben, sollten sofort verwendet werden.
Rekonstituierte Lösungen zur intrathekalen oder intraventrikulären Anwendung sollten sofort verwendet werden.
Besondere Lagerungshinweise
In der Originalverpackung, vor Licht geschützt und nicht über 25°C lagern. Nicht einfrieren.
Für Kinder unerreichbar aufbewahren.
Hinweise für die Handhabung
Die empfohlene Standarddosis für einen Erwachsenen von 2 Millionen IE sollte in 10 - 50 ml einer 0,9 %igen Natriumchlorid-Lösung oder einer 5 %igen Glucose-Infusionslösung aufgelöst werden. Nach Rekonstitution entsteht eine klare Lösung. Die Infusionslösung ist zur einmaligen Anwendung bestimmt. Nicht verwendetes Arzneimittel ist zu entsorgen.
Bei intrathekaler und intraventrikulärer Anwendung sollte das verabreichte Volumen 1 ml (rekonstituierte Konzentration 125.000 IE/ml) nicht überschreiten.
Zulassungsnummer67406 (Swissmedic).
PackungenColistin zur Infusion 1 Mio IE: 1 Packung mit 10 Durchstechflaschen Pulver [A]
Colistin zur Infusion 2 Mio IE: 1 Packung mit 10 Durchstechflaschen Pulver [A]
ZulassungsinhaberinTeva Pharma AG, Basel
Stand der InformationJuni 2023.
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