Eigenschaften/WirkungenATC-Code
A16AB22
Wirkungsmechanismus
Morbus Pompe (auch bekannt als Glykogenspeicherkrankheit Typ II, saurer Maltasemangel oder Glykogenose Typ II) ist eine seltene, autosomal-rezessiv vererbte metabolische Muskelerkrankung, die durch einen Mangel an saurer α-Glucosidase (GAA) definiert ist, welche für den Abbau von lysosomalem Glykogen erforderlich ist. Die GAA spaltet die Alpha-1,4- und Alpha-1,6-Bindungen von Glykogen in der sauren Umgebung des Lysosoms. Morbus Pompe führt zu einer intralysosomalen Akkumulation von Glykogen in verschiedenen Geweben, insbesondere im Herzmuskel sowie in der Skelettmuskulatur. Dies führt zur Entwicklung einer Kardiomyopathie, zu fortschreitender Muskelschwäche und zu einer Beeinträchtigung der Atemfunktion.
Avalglucosidase alfa ist eine humane rekombinante saure α-Glucosidase (rhGAA), die eine exogene Quelle für GAA liefert. Bei Avalglucosidase alfa handelt es sich um eine Modifikation der Alglucosidase alfa, bei der etwa 7 Hexamannose-Strukturen, die jeweils 2 terminale Fragmente von Mannose-6-Phosphat (Bis-M6P) enthalten, mit oxidierten Sialinsäureresten auf der Alglucosidase alfa konjugiert sind. Avalglucosidase alfa erhöht die Anzahl der Mannose-6-Phosphat (M6P)-Fragmente im Vergleich zu Alglucosidase alfa um das 15-Fache. Die Erhöhung des Bis-m6P-Spiegels bei der rekombinanten humanen sauren Alpha-Glucosidase führt über den kationenunabhängigen M6P-Rezeptor zu einer verstärkten Aufnahme in das Zwerchfell und andere Skelettmuskeln, wo es Glykogen abbauen und die Gewebeschäden reparieren kann. Die Bindung an die M6P-Rezeptoren auf der Zelloberfläche erfolgt über Kohlenhydratgruppen auf dem Molekül der sauren Alpha-Glucosidase, woraufhin sie internalisiert und zu den Lysosomen transportiert wird. Dort wird sie einer proteolytischen Spaltung unterzogen, die zu einer erhöhten Enzymaktivität zum Glykogen-Abbau führt.
Pharmakodynamik
Bei therapienaiven LOPD-Patienten im Alter von 16 bis 78 Jahren betrug die mittlere prozentuale Veränderung (Standardabweichung, SD) von Hexose-Tetrasacchariden im Urin gegenüber den Ausgangswerten -53,90 % (24,03) in der Woche 49 und -53,35 % (72,73) in der Woche 145 bei Patienten, die alle zwei Wochen 20 mg/kg Nexviadyme erhielten.
Bei Patienten, die alle zwei Wochen mit 20 mg/kg Alglucosidase alfa behandelt wurden betrug die mittlere prozentuale Veränderung (SD) von Hexose-Tetrasacchariden im Urin gegenüber den Ausgangswerten -10,80 % (32,33) in der Woche 49, die nach der Umstellung von Alglucosidase alfa auf Nexviadyme auf -48,04 % (41,97) zurückging in Woche 145.
Klinische Wirksamkeit
Die Sicherheit und Wirksamkeit von Nexviadyme wurden in klinischen Studien mit bei Behandlungsbeginn therapienaiven oder mit ERT vorbehandelten Patienten untersucht.
Klinische Studien, die bei LOPD-Patienten durchgeführt wurden
Die Studie 1, EFC14028/COMET, war eine multinationale, multizentrische, randomisierte, doppelblinde Studie, in der die Wirksamkeit und Sicherheit von Nexviadyme und Alglucosidase alfa bei 100 therapienaiven LOPD-Patienten im Alter von 16 bis 78 Jahren, verglichen wurde. Die Patienten wurden im Verhältnis 1:1 basierend auf dem Ausgangswert der forcierten Vitalkapazität (FVC), Geschlecht, Alter und Land randomisiert und erhielten entweder 20 mg/kg Nexviadyme oder Alglucosidase alfa einmal alle zwei Wochen über 12 Monate (49 Wochen).
Die Studie enthielt eine unverblindete Verlängerungsphase, in der alle Patienten, die Alglucosidase alfa erhalten hatten, auf Nexviadyme umgestellt und mindestens bis Behandlungswoche 145 weiterbehandelt wurden. Insgesamt traten 95 Patienten in die unverblindete Verlängerungsphase ein (51 aus dem Nexviadyme-Behandlungsarm und 44 aus dem Alglucosidase-alfa-Behandlungsarm). Ein zusätzlicher pädiatrischer Patient wurde direkt in die unverblindete Verlängerungsphase aufgenommen.
Der primäre Endpunkt in Studie 1 war die Veränderung der FVC (% des Sollwerts) im Stehen nach 12 Monaten gegenüber den Ausgangswerten (Woche 49). In der Woche 49 betrug die Veränderung des Mittelwerts der kleinsten Quadrate (Standardfehler) für die FVC bei Patienten, die mit Nexviadyme und Alglucosidase alfa behandelt wurden, jeweils 2,89 % (0,88) und 0,46 % (0,93). Die klinisch signifikante Differenz der mittleren kleinsten Quadrate von 2,43 % (95-%-KI: -0,13, 4,99) zwischen Nexviadyme und Alglucosidase alfa lag über der Nichtunterlegenheitsschwelle von -1,1 und erreichte eine statistische Nichtunterlegenheit (p=0,0074). Die Studie hat keine statistische Signifikanz für die Überlegenheit aufgezeigt (p=0,0626) und der Test der sekundären Endpunkte wurde ohne Anpassung für Multiplizität durchgeführt.
Die Ergebnisse für den primären Endpunkt sind in Tabelle 4 und Abbildung 1 dargestellt.
Tabelle 4 – Veränderung der mittleren kleinsten Quadrate der FVC (% des Sollwerts) in aufrechter Position zwischen dem Studienbeginn und der Woche 49
|
|
Nexviadyme (N=51)
|
Alglucosidase alfa (N=49)
|
Ausgangswert vor Aufnahme der Behandlung
|
Mittelwert (Standardabweichung)
|
62,5 (14,4)
|
61,6 (12,4)
|
Woche 49
|
Mittelwert (Standardabweichung)
|
65,49 (17,42)
|
61,16 (13,49)
|
Geschätzte Veränderung zwischen dem Ausgangswert und der Woche 49 (MMRM)
|
Mittelwert der kleinsten Quadrate (Standardfehler)
|
2,89* (0,88)
|
0,46* (0,93)
|
Geschätzte Differenz zwischen den Gruppen hinsichtlich der Veränderung zwischen dem Ausgangswert und der Woche 49 (MMRM)
|
Mittelwert der kleinsten Quadrate (95-%-KI) p-Wert** p-Wert***
|
2,43* (-0,13; 4,99) 0,0074 0,0626
|
MMRM: gemischtes Modell mit wiederholten Messungen.
*Basierend auf dem MMRM-Modell umfasst das Modell den initialen FVC % des Sollwerts (als kontinuierlichen Effekt), das Geschlecht, das Alter (in Jahren bei der ersten Studienvisite), die Behandlungsgruppe, die Studienvisite, die Interaktion zwischen der Behandlungsgruppe und der Studienvisite als fixe Effekte.
** Nichtunterlegenheitsgrenze von -1,1 %
*** Überlegenheit nicht erreicht
Abbildung 1: Graphische Darstellung der mittleren Veränderung (SF) der kleinsten Quadrate gegenüber dem Studienbeginn hinsichtlich der FVC (% des Sollwerts) in aufrechter Position im Zeitverlauf bei therapienaiven Patienten mit LOPD (Studie 1)
Bei Patienten, die nach Woche 49 von Alglucosidase alfa auf Nexviadyme umgestellt wurden, betrug die mittlere Veränderung des Kleinstquadratmittelwerts der FVC in % des vorhergesagten Normwerts von Woche 49 bis Woche 145 0,81 (1,08) (95 %-KI: -1,32; 2,95). Nach der Umstellung auf Nexviadyme wurde in der Alglucosidase-alfa-Gruppe eine Stabilisierung der FVC in % des vorhergesagten Normwerts mit ähnlichen Werten wie in der Nexviadyme-Gruppe in Woche 145 beobachtet. Bei den Patienten, die weiterhin mit Nexviadyme behandelt wurden, blieb die Verbesserung der FVC in % des vorhergesagten Normwerts im Vergleich zum Ausgangswert erhalten.
Der zentrale sekundäre Endpunkt in Studie 1 war die Veränderung der zurückgelegten Strecke beim 6-Minuten-Walk-Test (6MWT) nach 12 Monaten im Vergleich zum Ausgangswert (Woche 49). In der Woche 49 betrug die Veränderung des Mittelwerts der kleinsten Quadrate (Standardfehler) im Vergleich zum Ausgangswert für die 6MWT bei Patienten, die mit Nexviadyme und Alglucosidase alfa behandelt wurden, jeweils 32,2 Meter (9,93) und 2,19 Meter (10,40). Der klinisch signifikante Unterschied von 30,01 Metern im Mittelwert der kleinsten Quadrate zeigte eine numerische Verbesserung mit Nexviadyme im Vergleich zu Alglucosidase alfa. Die Ergebnisse des 6MWT sowie die anderen sekundären Endpunkte sind in Tabelle 5 ausführlich dargestellt.
Tabelle 5 – Veränderung des Mittelwerts der kleinsten Quadrate zwischen dem Studienbeginn und Woche 49 für die anderen sekundären Endpunkte
Endpunkt
|
Nexviadyme Veränderung des Mittelwerts der kleinsten Quadrate (Standardfehler)
|
Alglucosidase alfa Veränderung des Mittelwerts der kleinsten Quadrate (Standardfehler)
|
Mittlere Differenz der kleinsten Quadrate (95-%-KI):
|
Zurückgelegte Strecke in Metern (6-minute walk test (6MWT))a,b
|
32,21 (9,93)
|
2,19 (10,40)
|
30,01 (1,33;58,69)
|
Maximaler inspiratorischer Druck (PIM) (% des Sollwerts)c
|
8,70 (2,09)
|
4,29 (2,19)
|
4,40 (-1,63; 10,44)
|
Maximaler exspiratorischer Druck (PEM) (% des Sollwerts)c
|
10,89 (2,84)
|
8,38 (2,96)
|
2,51 (-5,70; 10,73)
|
Synthetische Scores für tragbare Kraftmessgeräte (HHD)
|
260,69 (46,07)
|
153,72 (48,54)
|
106,97 (-26,56; 240,5)
|
Gesamtscore der Messung der motorischen Funktion (QMFT)
|
3,98 (0,63)
|
1,89 (0,69)
|
2,08 (0,22; 3,95)
|
Untersuchung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (SF-12)
|
PCS-Scored: 2,37 (0,99) MCS-Scoree: 2,88 (1,22)
|
1,60 (1,07) 0,76 (1,32)
|
0,77 (-2,13;3,67) 2,12 (-1,46; 5,69)
|
a Das MMRM-Modell für die 6MWT-Distanz passt den %-Wert der vorhergesagten FVC zu Beginn und die 6MWT (zurückgelegte Distanz in Metern) zu Beginn, das Alter (in Jahren, zu Beginn), das Geschlecht, die Behandlungsgruppe, die Studienvisite und die Interaktion zwischen Behandlung und der Studienvisite als feste Effekte an.
b Die Veränderung des Mittelwerts zwischen dem Beginn in den Wochen 13, 25 und 37 betrug jeweils 18,02 (8,79), 27,26 (9,98) bzw. 28,43 (9,06) in der Avalglucosidase-alfa-Gruppe und jeweils 15,11 (9,16), 9,58 (10,41) bzw. 15,49 (9,48) in der Alglucosidase-alfa-Gruppe.
c Post-hoc-Sensitivitätsanalyse unter Ausschluss von 4 Patienten (2 in jedem Behandlungsarm) mit supraphysiologischen Ausgangswerten für PIM und PEM.
d Zusammenfassung der physischen Komponente.
e Zusammenfassung der mentalen Komponente.
Bei den Patienten, die nach Woche 49 von Alglucosidase alfa auf Nexviadyme umgestellt wurden, betrug die mittlere Veränderung des Kleinstquadratmittelwerts der 6MWT (zurückgelegte Strecke in Metern) von Woche 49 bis Woche 145 -2,3 m (10,6), 95%-KI: -23,2; 18,7. In Woche 145 wurde eine Stabilisierung der 6MWT nach dem Wechsel von der Alglucosidase-alfa-Gruppe zu Nexviadyme beobachtet. Bei den Patienten im Nexviadyme-Arm wurden die Verbesserung im Vergleich zum Ausgangswert aufrechterhalten.
In einer unverblindeten, nicht kontrollierten Studie mit LOPD-Patienten zeigte sich während der Langzeitbehandlung mit 20 mg/kg Avalglucosidase alfa alle zwei Wochen bis zu 6 Jahre eine anhaltende Wirkung auf die FVC in % des vorhergesagten Normwerts und den 6MWT.
Register für Morbus Pompe Patienten
Angehörige von Gesundheitsberufen bzw. Ärzte werden gebeten, ihre Patienten mit Morbus Pompe im Register einzutragen. Die Patienteninformationen werden in diesem Register anonym erfasst. Mit dem Register sollen das Wissen über Morbus Pompe verbessert und die Patienten sowie ihr Ansprechen auf die Enzymersatztherapie über einen längeren Zeitraum überwacht werden.
|