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Fachinformation zu Tysabri™ 150 mg/ml, Injektionslösung in einer Fertigspritze:Biogen Switzerland AG
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Eigenschaften/Wirkungen

ATC-Code
L04AA23
Wirkungsmechanismus
Natalizumab ist ein selektiver Adhäsionsmolekül-Inhibitor und bindet an die α4-Untereinheit von humanen Integrinen, die in hohem Masse auf der Oberfläche aller Leukozyten mit Ausnahme der Neutrophilen exprimiert werden. Natalizumab bindet spezifisch an das α4β1-Integrin, wobei es die Wechselwirkung mit dessen Rezeptor, dem vaskulären Zelladhäsionsmolekül-1 (VCAM-1), dem Liganden Osteopontin oder einer alternativ gesplicten Domäne von Fibronektin, dem Connecting Segment-1 (CS-1), blockiert. Natalizumab blockiert die Wechselwirkung des α4β7-Integrins mit dem Adhäsionsmolekül MadCAM-1 (mucosal addressin cell adhesion molecule-1). Durch die Unterbindung dieser molekularen Interaktionen wird die transendotheliale Migration von mononukleären Leukozyten in entzündetes Parenchymgewebe verhindert. Ein weiterer Wirkungsmechanismus von Natalizumab liegt möglicherweise in der Unterdrückung von bestehenden Entzündungsreaktionen in erkrankten Geweben durch Hemmung der Wechselwirkung von α4-Integrin-exprimierenden Leukozyten mit ihren Liganden in der extrazellulären Matrix und auf den Parenchymzellen. So unterdrückt Natalizumab möglicherweise auch eine bestehende Entzündungsaktivität in erkrankten Bereichen und hemmt eine weitere Rekrutierung von Immunzellen in entzündete Gewebe.
Es wird angenommen, dass es bei der MS zu Läsionen kommt, wenn aktivierte T-Lymphozyten die Blut-Hirn-Schranke (BHS) passieren. Die Migration der Leukozyten durch die BHS beinhaltet eine Interaktion zwischen Adhäsionsmolekülen auf Entzündungszellen und Rezeptoren auf den Endothelzellen der Gefässwand. Die Interaktion zwischen α4β1-Integrin und seinen Zielzellen ist eine wichtige Komponente der pathologischen Entzündung im Gehirn und die Unterbindung dieser Wechselwirkungen führt zu einer Reduktion der Entzündung. Unter normalen Bedingungen wird VCAM-1 im Hirnparenchym nicht exprimiert. In Anwesenheit von pro-inflammatorischen Zytokinen wird VCAM-1 jedoch auf Endothelzellen und möglicherweise auch auf Gliazellen in der Nähe des Entzündungsgeschehens hochreguliert. Wenn bei der MS das Zentralnervensystem (ZNS) von dem Entzündungsgeschehen betroffen ist, vermittelt die Interaktion von α4β1-Integrin mit VCAM-1, CS-1 und Osteopontin die feste Adhäsion und transendotheliale Migration von Leukozyten in das Gehirnparenchym und kann möglicherweise die Entzündungskaskade in zentralnervösem Gewebe fortsetzen. Die Blockade der molekularen Interaktionen von α4β1-Integrin mit seinen Zielzellen reduziert die bei MS im Gehirn vorhandene Entzündungsaktivität und hemmt die weitere Rekrutierung von Immunzellen in entzündliches Gewebe, wodurch die Bildung oder Vergrösserung von MS-Läsionen eingeschränkt wird.
Der EC50-Wert der Bindung von Natalizumab an α4β1-Integrin wird auf der Grundlage eines populationspharmakokinetischen/pharmakodynamischen Modells auf 2,04 mg/l geschätzt. Was die α4β1-Integrin-Bindung anbelangte, gab es zwischen der subkutanen und der intravenösen Gabe von 300 mg Natalizumab alle 4 Wochen keinen Unterschied. Die mittlere PD (Alpha-4-Sättigung auf mononukleären Lymphozyten) war bei der intravenösen Verabreichung alle 6 Wochen (Q6W) und der intravenösen Verabreichung alle 4 Wochen (Q4W) ähnlich, wobei der Unterschied in der mittleren prozentualen Alpha-4-Sättigung zwischen 9 % und 16 % lag.
Pharmakodynamik
Siehe «Wirkungsmechanismus».
Klinische Wirksamkeit
Klinische AFFIRM-Studie
Die Wirksamkeit als Monotherapie wurde in einer randomisierten, doppelblinden, Placebo-kontrollierten Studie über 2 Jahre (AFFIRM-Studie) bei Patienten mit schubförmig remittierender Multipler Sklerose untersucht, die im Jahr vor der Aufnahme in die Studie mindestens einen klinischen Schub erlebt hatten und einen «Expanded Disability Status Scale» (EDSS)-Score nach Kurtzke zwischen 0 und 5 aufwiesen. Das mediane Alter lag bei 37 Jahren (von 18 bis 50 Jahren), wobei die mediane Krankheitsdauer 5 Jahre betrug. Die Patienten wurden im Verhältnis 2:1 zu den Behandlungsarmen mit Tysabri 300 mg i.v. (n= 627) bzw. Placebo (n= 315) alle 4 Wochen mit bis zu 30 Infusionen randomisiert. Neurologische Untersuchungen wurden alle 12 Wochen und bei Verdacht auf einen Schub durchgeführt. MRI-Untersuchungen für T1gewichtete Gadolinium (Gd)anreichernde Läsionen und T2hyperintense Läsionen wurden auf jährlicher Basis durchgeführt.
Die Studienmerkmale und -ergebnisse sind in der nachstehenden Tabelle aufgeführt.

AFFIRM-Studie: Hauptmerkmale und Ergebnisse

Design

Monotherapie; randomisierte doppelblinde Placebo-kontrollierte Parallelgruppenstudie über 120 Wochen

Patienten

RRMS (McDonald-Kriterien)

Behandlung

Placebo / Natalizumab 300 mg i.v. alle 4 Wochen

1-Jahres-Endpunkt

Schubrate

2-Jahres-Endpunkt

Progression auf der EDSS

Sekundäre Endpunkte

Schubratenabhängige Variablen / MRI-abhängige Variablen

Patienten

Placebo

Natalizumab

Randomisiert

315

627

1 Jahr abgeschlossen

296

609

2 Jahre abgeschlossen

285

589

Alter in Jahren, Median (Bereich)

37 (19-50)

36 (18-50)

MS-Dauer in Jahren, Median (Bereich)

6,0 (0-33)

5,0 (0-34)

Zeit seit Diagnose, Jahre, Median (Bereich)

2,0 (0-23)

2,0 (0-24)

Schübe in den letzten 12 Monaten, Median (Bereich)

1,0 (0-5)

1,0 (0-12)

EDSS-Ausgangsscore, Median (Bereich)

2 (0-6,0)

2 (0-6,0)

ERGEBNISSE

Jährliche Schubrate

Nach einem Jahr (primärer Endpunkt)

0,805

0,261

Nach zwei Jahren

0,733

0,235

Ein Jahr

Rate ratio 0,33 CI95 % 0,26; 0,41

Zwei Jahre

Rate ratio 0,32 CI95 % 0,26; 0,40

Schubfrei

Nach einem Jahr

53 %

76 %

Nach zwei Jahren

41 %

67 %

Behinderung

Anteil mit Progression1 (bestätigt nach 12 Wochen; primärer Endpunkt)

29 %

17 %

Hazard ratio 0,58, CI95 % 0,43; 0,73, p< 0,001

Anteil mit Progression (bestätigt nach 24 Wochen)

23 %

11 %

Hazard ratio 0,46, CI95 % 0,33; 0,64, p< 0,001

MRI (0-2 Jahre)

Mediane prozentuale Veränderung des T2-hyperintensen Läsionsvolumens

+8,8 %

-9,4 %
(p< 0,001)

Mittlere Anzahl neu auftretender oder sich neu vergrössernder T2-hyperintenser Läsionen

11,0

1,9
(p< 0,001)

Mittlere Anzahl von T1-hypointensen Läsionen

4,6

1,1
(p< 0,001)

Mittlere Anzahl Gd anreichernder Läsionen

1,2

0,1
(p< 0,001)

1 Progression der Behinderung war definiert als eine Erhöhung von mindestens 1,0 Punkten auf der EDSS von einem Ausgangs-EDSS ≥1,0, die mindestens 12 oder 24 Wochen bestehen blieb, oder eine Erhöhung von mindestens 1,5 Punkten auf der EDSS von einem Ausgangs-EDSS=0, die mindestens 12 oder 24 Wochen bestehen blieb.

In der Subgruppe der Patienten mit Indikation zur Behandlung wegen rasch fortschreitender schubförmig remittierender MS (Patienten mit 2 oder mehr Schüben und 1 oder mehr Gd+-Läsionen) betrug die jährliche Schubrate 0,282 in der mit Tysabri behandelten Gruppe (n= 148) und 1,455 in der Placebogruppe (n= 61) (p< 0,001). Die Hazard-Ratio für die Behinderungsprogression betrug 0,36 (95% KI: 0,17; 0,76) p= 0,008. Diese Ergebnisse stammen aus einer posthoc-Analyse und sollten mit Vorsicht interpretiert werden. Es sind keine Angaben zur Schwere der Schübe vor Aufnahme in die Studie verfügbar.
Tysabri Observational Program (TOP)
Eine Interimsanalyse von Ergebnissen (Stand: Mai 2015) aus dem noch laufenden Tysabri Observational Program (TOP), einer multizentrischen, einarmigen Phase IV-Studie (n= 5770), zeigte, dass von Interferon beta (n= 3255) oder Glatirameracetat (n= 1384) auf Tysabri i.v. umgestellte Patienten eine nachhaltige, statistisch signifikante Abnahme der jährlichen Schubrate aufwiesen (p< 0,0001). Die mittleren EDSS-Werte blieben über 5 Jahre stabil. In Übereinstimmung mit den Wirksamkeitsergebnissen, die bei von Interferon beta oder Glatirameracetat auf Tysabri umgestellten Patienten beobachtet wurden, wurde auch bei von Fingolimod (n= 147) auf Tysabri umgestellten Patienten eine statistisch signifikante Abnahme der jährlichen Schubrate beobachtet, die über 2 Jahre stabil blieb. Ferner blieben die mittleren EDSS-Werte vom Ausgangswert bis Jahr 2 auf vergleichbarem Niveau. Bei der Interpretation dieser Daten sollten die begrenzte Kohortengrösse und die kürzere Dauer der Tysabri-Exposition in dieser Patientenuntergruppe berücksichtigt werden.
Verlängertes Dosierungsintervall
Eine vorab festgelegte retrospektive Analyse (TOUCH Register in den USA, n= 15'120) hat gezeigt, dass eine verlängerte Intervalldosierung (Extended Interval Dosing bzw. EID, ungefähr alle 6 Wochen) von intravenös verabreichtem Tysabri bei Anti-JCV-Antikörper-positiven Patienten im Vergleich zu der zugelassenen Standardintervalldosierung mit einem geringeren PML-Risiko verbunden ist (Hazard Ratio= 0,06, 95 %-KI = 0,01–0,22). Die meisten dieser Patienten wurden vor der Umstellung auf die EID mit der zugelassenen Dosierung ≥1 Jahr behandelt.
Modelle und Simulationen zeigen, dass das Risiko einer MS-Krankheitsaktivität bei Patienten, die auf längere Dosierungsintervalle umgestellt werden, nachdem sie ≥1 Jahr lang die zugelassene Dosierung erhalten hatten, bei solchen mit Dosierungsintervallen von ≥7 Wochen eventuell höher ist.
Die Wirksamkeit von Tysabri bei Verabreichung alle 6 Wochen (Q6W) wurde nicht formal durch eine non-inferiority Studie im Vergleich zur zugelassenen Q4W-Dosierung nachgewiesen.
Zur Sicherheit oder Wirksamkeit dieses verlängerten Dosierungsintervalls bei der subkutanen Anwendung sind keine klinischen Daten verfügbar.
Klinische Studie REFINE (subkutane Anwendungsart, Population für mindestens 12 Monate mit Natalizumab [intravenöse Infusion] vorbehandelt)
Die Wirksamkeit und Sicherheit von Tysabri für die subkutane Anwendung wurden in einer randomisierten, verblindeten Parallelgruppenstudie der Phase II (REFINE, 101MS206) zur Sicherheit, Verträglichkeit und Wirksamkeit mehrerer Natalizumab-Regimes (300 mg intravenös alle 4 Wochen, 300 mg subkutan alle 4 Wochen, 300 mg intravenös alle 12 Wochen, 300 mg subkutan alle 12 Wochen, 150 mg intravenös alle 12 Wochen und 150 mg subkutan alle 12 Wochen) bei erwachsenen Teilnehmern (n= 290) mit schubförmig remittierend verlaufender multipler Sklerose über einen Zeitraum von 60 Wochen untersucht.
Der primäre Endpunkt dieser Studie war die kumulative Anzahl kombinierter, einzelner, aktiver (Combined Unique Active, CUA) MRI-Läsionen (Summe der neuen Gd+-Läsionen im Hirn-MRI und der neuen oder sich neu vergrössernden T2hyperintensen Läsionen, die in T1gewichteten Scans nicht mit Gd+ assoziiert waren). Die mittlere, kumulative Anzahl der CUA-Läsionen in dem alle 4 Wochen mit 300 mg s.c. behandelten Arm war niedrig (0,02) und vergleichbar mit dem Wert in dem alle 4 Wochen mit 300 mg i.v. behandelten Arm (0,23). Die mittlere, kumulative Anzahl der CUA-Läsionen in den alle 12 Wochen behandelten Armen war signifikant höher als in den alle 4 Wochen behandelten Armen und führte zur vorzeitigen Beendigung der alle 12 Wochen behandelten Arme.
Klinische Studie DELIVER (subkutane Anwendungsart, Natalizumab-naive Population)
Die Wirksamkeit und Sicherheit von Natalizumab zur subkutanen Anwendung bei den nicht mit Natalizumab vorbehandelten Patienten mit MS wurden in einer randomisierten, offenen Dosisbereichsstudie der Phase I (DELIVER) untersucht. In die Arme mit subkutaner Behandlung wurden 12 Patienten mit RRMS und 14 Patienten mit sekundär progredienter MS aufgenommen.
Ein exploratorischer Endpunkt dieser Studie schloss die Anzahl der neuen Gd+ Läsionen im Gehirn-MRT zwischen Baseline und Woche 32 ein. Keiner der mit Natalizumab behandelten Probanden wies nach der Baseline Gd+ Läsionen auf, unabhängig vom Erkrankungsstadium (RRMS oder sekundär progrediente MS), der zugewiesenen Art der Anwendung oder dem Vorhandensein von Gd+ Läsionen zur Baseline.
In der Gesamtpopulation aller Patienten mit RRMS und sekundär progressiver MS erlitten insgesamt 2 Patienten in der Gruppe, die Natalizumab 300 mg subkutan erhielt, Schübe, verglichen mit 3 Patienten in der Gruppe, die Natalizumab 300 mg intravenös erhielt. Die geringe Populationsgrösse und die Inter- und Intra-Patienten-Variabilität verhindern aussagekräftige Vergleiche der Wirksamkeitsdaten zwischen den Gruppen.
Pädiatrie
Im Rahmen einer Meta-Analyse nach Markteinführung wurden die Daten von 621 pädiatrischen MS-Patienten (medianes Alter 17 Jahre, Altersspanne 7-18 Jahre, 91 % ≥14 Jahre alt), die mit Tysabri behandelt wurden, untersucht. In dieser Analyse wurde bei einer kleinen Subgruppe von Patienten, bei denen Daten zur jährlichen Schubrate vor der Behandlung verfügbar waren (158 der 621 Patienten), eine Reduktion der jährlichen Schubrate von 1,466 (95 % KI 1,337; 1,604) vor der Behandlung auf 0,110 (95 % KI 0,094; 0,128) belegt.

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