Warnhinweise und VorsichtsmassnahmenAllgemein
Vumerity und Dimethylfumarat werden nach oraler Einnahme zu Monomethylfumarat metabolisiert (siehe «Pharmakokinetik»). Es ist zu erwarten, dass die mit Vumerity verbundenen Risiken ähnlich sind wie diejenigen mit Dimethylfumarat, obwohl nicht alle unten aufgeführten Risiken spezifisch mit Vumerity beobachtet wurden.
Während der Behandlung mit Vumerity sollte die gleichzeitige Anwendung von anderen (topischen oder systemischen) Fumarsäurederivaten vermieden werden.
Anaphylaxie und Angioödem
Es wurden Fälle von Anaphylaxie unter der Behandlung mit Dimethylfumarat (was denselben aktiven Metaboliten wie Vumerity hat) berichtet. Diese Reaktionen traten meist nach der ersten Dosis auf, können jedoch zu jedem Zeitpunkt während der Behandlung auftreten und können schwerwiegend und lebensbedrohlich sein. Patienten müssen über die möglichen Symptome wie Atemschwierigkeiten, Urtikaria oder Anschwellen des Rachens/der Zunge informiert sein und angewiesen werden, in diesen Fällen die Therapie zu sistieren und unverzüglich ärztliche Hilfe aufzusuchen. Die Behandlung sollte nicht wiederaufgenommen werden.
Hämatologie
Vor der Einleitung einer Behandlung mit Vumerity muss ein aktuelles Blutbild, einschliesslich Lymphozyten, bestimmt werden. Falls die Lymphozytenzahl unterhalb der unteren Normgrenze liegt, sollte vor Einleitung einer Therapie mit Vumerity eine umfassende Abklärung möglicher Ursachen durchgeführt werden.
Vumerity kann die Lymphozytenzahlen verringern (siehe «Unerwünschte Wirkungen»). In den placebo-kontrollierten Studien bei MS sank die Lymphozytenzahl um etwa 30% innerhalb des ersten Behandlungsjahres mit Dimethylfumarat und blieb danach stabil. Eine erniedrigte Lymphozytenzahl < 0.5 × 109/l und eine erniedrigte Leukozytenzahl < 3.0 × 109/l fand sich bei 6%-7% der mit Dimethylfumarat behandelten Patienten. In klinischen Studien hatten 2% der Patienten während mindestens sechs Monaten eine Lymphopenie < 0.5 × 109/l. Bei diesen Patienten blieben beim Weiterführen der Therapie die Lymphozytenzahlen bei der Mehrheit der Kontrollen < 0.5 × 109/l. Dementsprechend scheinen Patienten mit Lymphozytenzahlen < 0.5 × 109/l über mindestens 6 Monate ein erhöhtes Risiko einer schweren, langanhaltenden Lymphopenie zu haben.
In einer gepoolten Subgruppen-Analyse kontrollierter und nicht kontrollierter klinischer Studien wird die mittlere Gesamtdauer bis zur Normalisierung der Lymphozytenzahl nach Absetzen der Dimethylfumarat-Behandlung bei Patienten ohne länger anhaltende, schwere Lymphopenie auf 4.7 Wochen (95% Cl: 0, 16.2) und bei Patienten mit länger anhaltender (sechs Monate oder länger), schwerer (< 0.5 × 109/l) Lymphopenie (2% der Gesamtpopulation) auf 29 Wochen (95% Cl: 0, 61.1) geschätzt (siehe «Unerwünschte Wirkungen»).
In der 96-wöchigen offenen klinischen Studie EVOLVE-MS-1 wurde Vumerity bei Patienten mit bestätigten anhaltenden Lymphozytenzahlen < 0.5 × 109/l während ≥4 Wochen abgesetzt. In dieser Studie hatten 14,1% der Patienten (n = 147) Lymphozytenzahlen ≥0.5 × 109/l und < 0.8 × 109/l während mindestens 6 Monaten. 1,8% der Patienten (n = 19) setzten Vumerity wegen Lymphozytenzahlen < 0.5 × 109/l, die ≥4 Wochen andauerten, ab. Weitere 0,6% der Patienten (n = 6), die Vumerity wegen tiefen Lymphozyten- oder Leukozytenzahlen absetzten, hatten mindestens einen Lymphozytenwert < 0.5 × 109/l.
Vumerity wurde in den klinischen Studien nicht bei Patienten mit vorbestehender niedriger Lymphozyten- oder Leukozytenzahl oder bei Patienten mit gleichzeitiger Einnahme von immunmodulierenden Behandlungen untersucht, weshalb bei der Behandlung solcher Patienten Vorsicht geboten ist.
Bei einer Lymphopenie < 0.5 × 109/l bzw. bei einer Leukopenie < 3.0 × 109/l darf eine Therapie nicht begonnen werden. Vor Beginn einer Behandlung mit Vumerity muss ein aktuelles grosses Blutbild mit Differentialblutbild vorliegen. Eine engmaschige Beurteilung des vollständigen Blutbilds wird in den ersten 1.5 Jahren mindestens alle 3 Monate und danach mindestens alle 6 bis 12 Monate sowie bei Vorliegen einer entsprechenden klinischen Indikation empfohlen. In klinischen Studien (sowohl kontrolliert als auch unkontrolliert) wiesen 9% der Patienten mindestens 6 Monate lang eine Lymphozytenzahl ≥0.5 × 109/l und < 0.8 × 109/l auf (anhaltende mässige Lymphopenie).
Falls die Therapie trotz Bestehen einer anhaltenden mässigen bis schweren Lymphopenie fortgesetzt wird, kann das Risiko einer opportunistischen Infektion, einschliesslich einer progressiven multifokalen Leukenzephalopathie (PML), nicht ausgeschlossen werden. Bei den ersten Anzeichen oder Symptomen, die auf eine PML hindeuten, ist Vumerity abzusetzen und entsprechende diagnostische Untersuchungen sind durchzuführen. Bei Patienten mit Lymphozytenzahlen von ≥0.5 × 109/l und < 0.8 × 109/l während mehr als 6 Monaten, sollte der Nutzen/das Risiko abgewägt werden.
Bei starker Abnahme der Leukozytenzahl – insbesondere bei Werten < 3.0 × 109/l – sowie beim Absinken der Lymphozyten < 0.5 × 109/l ist die Therapie mit Vumerity zu pausieren. Alternative Ursachen für eine Lymphopenie sollten ausgeschlossen werden. Bei schwerer langanhaltender Lymphopenie besteht das Risiko einer opportunistischen Infektion (wie z.B. progressive multifokale Leukoenzephalopathie, PML) und die Therapie darf in diesem Fall nicht weitergeführt werden (siehe «Kontraindikationen»).
Sofern sich die Blutwerte innerhalb eines Monats nicht wieder normalisieren und die Therapie mit Vumerity nicht wiederaufgenommen werden kann bzw. es im weiteren Verlauf erneut zu einer starken Abnahme der Leuko-/Lymphozytenzahl kommt, ist ein Wechsel auf eine Therapiealternative zu erwägen.
Ein grosses Blutbild ist auch vor dem Wechsel auf eine andere Therapie empfohlen, sofern diese bekanntermassen ebenfalls eine Reduzierung der Lymphozytenzahl zur Folge haben kann.
Aktive Infektionen
Bei Patienten mit Anzeichen oder Symptomen einer schweren aktiven Infektion darf eine Behandlung mit Vumerity nicht begonnen werden.
Aufgrund des potentiellen Risikos einer Infektion unter anhaltender Lymphopenie sollten die Patienten angewiesen werden, Symptome einer Infektion an den behandelnden Arzt/Ärztin zu melden. Im Falle einer schweren Infektion während der Behandlung mit Vumerity ist eine Unterbrechung der Therapie zu erwägen, bis sich die Infektion zurückgebildet hat.
Opportunistische Infektionen/Progressive multifokale Leukoenzephalopathie (PML)
Unter Dimethylfumarat (was denselben aktiven Metaboliten wie Vumerity aufweist) und anderen Fumarat-haltigen Arzneimitteln sind bei Patienten mit Lymphopenie (< 0.91 × 109/l) Fälle von PML aufgetreten. Die Rolle der Lymphopenie in diesen Fällen ist unbekannt, jedoch sind diese Fälle von PML vorwiegend im Zusammenhang mit einer prolongierten mittelschweren bis schweren Lymphopenie (< 0.8 × 109/l über > 6 Monate) aufgetreten.
PML ist eine durch das John-Cunningham-Virus (JCV) hervorgerufene opportunistische Virusinfektion des Gehirns, die zu schwerer Behinderung oder Tod führen kann. PML kann ähnliche Symptome wie ein MS-Schub hervorrufen. Die typischen Symptome in Zusammenhang mit PML sind unterschiedlicher Art, schreiten über Tage bis Wochen hinweg voran und bestehen beispielsweise aus progressiver Schwäche auf einer Körperseite oder Schwerfälligkeit von Gliedmassen, Sehstörungen und Veränderungen des Denkvermögens, des Gedächtnisses und der Orientierung, was zu Verwirrtheit und Persönlichkeitsveränderungen führen kann. Beim ersten Anzeichen oder Symptom, das eine PML vermuten lässt, muss die Anwendung von Vumerity eingestellt und eine entsprechende diagnostische Abklärung durchgeführt werden.
Zusätzlich gab es PML Fälle in Patienten, welche zuvor mit Natalizumab behandelt wurden (Natalizumab ist mit einem erhöhten Risiko für eine PML assoziiert). Bei einem Wechsel von einer krankheitsmodifizierenden Therapie und/oder Immunsuppressiva auf Vumerity ist daher Vorsicht geboten und es sollten zumindest in den ersten Behandlungsmonaten engmaschige klinische Verlaufsuntersuchungen stattfinden.
Serum Anti-JCV Antikörper Tests sind zur PML-Risikobestimmung bei Vumerity behandelten Patienten nicht validiert. Im Falle einer Testung auf anti-JCV Antikörper ist zu berücksichtigen, dass der Einfluss einer Lymphopenie auf die Aussagekraft des anti-JCV-Antikörpertests nicht bei Patienten, die mit Vumerity behandelt wurden, untersucht wurde. Es sollte auch beachtet werden, dass ein negativer anti-JCV-Antikörpertest (bei normalem Lymphozytenwert) die Möglichkeit einer anschliessenden JCV-Infektion nicht ausschliesst.
Patienten sollten durch den behandelnden Arzt/Ärztin angehalten werden, ihre Vertrauens- oder Betreuungspersonen über ihre Behandlung zu informieren, da diese Symptome wahrnehmen könnten, die vom/von der Patienten/in nicht bemerkt werden.
Impfung
Die Sicherheit von Immunisierungen mit viralen Lebendimpfstoffen während der Behandlung mit Vumerity wurde in den klinischen Studien nicht untersucht. Lebendimpfstoffe haben ein potentielles Risiko einer klinischen Infektion und sind während einer Behandlung mit Vumerity nicht empfohlen.
Leber- und Nierenfunktion
In klinischen Studien sind bei Patienten unter Behandlung mit Dimethylfumarat Veränderungen der Laborwerte für Leber- und Nierenfunktion aufgetreten (siehe «Unerwünschte Wirkungen»). Die klinische Bedeutung dieser Veränderungen ist nicht bekannt.
Nierenfunktion
Vor Beginn der Behandlung, nach 6-monatiger Behandlung und danach alle 6 bis 12 Monate sowie bei Vorliegen einer entsprechenden klinischen Indikation wird eine Überprüfung der Nierenfunktion (Serumkreatinin, Harnstoffkonzentration im Serum sowie eine Urinanalyse inklusive Protein und Harnsediment) empfohlen.
Eine Behandlung von Patienten mit mässiger oder schwerer Nierenfunktionsstörung darf nicht erfolgen (siehe «Kontraindikationen»).
Vumerity sollte bei Patienten mit milder Nierenfunktionsstörung mit Vorsicht angewendet werden.
Eine Behandlung mit Vumerity von Patienten, die eine Langzeittherapie mit Arzneimitteln mit potentiellem nephrotoxischem Risiko erhalten (z.B. Aminoglykoside, Diuretika, nicht-steroidale Antirheumatika, Lithium) wurde nicht untersucht, weshalb eine Behandlung dieser Patienten nur mit Vorsicht erfolgen sollte.
Leberfunktion
Die Behandlung mit Vumerity kann zu einer arzneimittelbedingten Leberschädigung, einschliesslich eines Leberenzymanstiegs (≥3 × ULN) und eines Anstiegs des Gesamtbilirubinspiegels (≥2 × ULN) führen. Die Leberschädigung kann unmittelbar, nach mehreren Wochen oder später eintreten und kann eine Hospitalisierung erfordern. Nach Absetzen der Behandlung wurde eine Rückbildung der unerwünschten Ereignisse beobachtet.
Vor Beginn der Behandlung, nach 6-monatiger Behandlung und danach alle 6 bis 12 Monate sowie bei Vorliegen einer entsprechenden klinischen Indikation wird eine Überprüfung der Leberfunktion (ALT, AST, Gamma-GT, und alkalische Phosphatase und Serumbilirubin) empfohlen.
Eine Behandlung von Patienten mit einer Leberfunktionsstörung jeglichen Schweregrades darf nicht erfolgen (siehe «Kontraindikationen»).
Funktionsstörungen der Gefässe (Flushing)
Vumerity kann zu einer Flush-Symptomatik führen (z.B. Erröten, Ausschlag, Hitzewallung, Juckreiz und/oder brennende Missempfindungen der Haut) (siehe «Unerwünschte Wirkungen, Beschreibung spezifischer unerwünschter Wirkungen und Zusatzinformationen»).
In placebo-kontrollierten Studien in Patienten mit Multipler Sklerose hatten 34% unter der Behandlung mit Dimethylfumarat ein Flushing, verglichen mit 5% unter Placebo. Flushing-Symptome begannen kurz nach Therapiebeginn mit Dimethylfumarat und verbesserten sich oder sistierten im weiteren Verlauf.
Die Einnahme von Vumerity mit Essen kann die Inzidenz von Flushing reduzieren (siehe «Dosierung/Anwendung»).
Die Verabreichung von nicht magensaft-resistenter Acetylsalicylsäure vor der Einnahme von Vumerity kann das Auftreten und den Schweregrad des Flushing verringern (siehe «Interaktionen»). Eine zeitweise Dosisreduktion auf 231 mg zweimal täglich kann man bei Patienten erwägen, welche die Erhaltungsdosis nicht vertragen.
Eine Einnahme von Acetylsalicylsäure über einen längeren Zeitraum wird jedoch nicht empfohlen (siehe auch «Dosierung/Anwendung», «Interaktionen», «Unerwünschte Wirkungen» und «Pharmakokinetik»).
Karzinogenität
In den Hoden von Ratten, die mit Diroximelfumarat behandelt worden waren, wurde eine höhere Inzidenz von Leydigzell-Adenomen beobachtet (siehe «Präklinische Daten»). Die Bedeutung dieses Befundes für das Risiko beim Menschen ist nicht bekannt.
Herpes Zoster Infektionen
Bei Dimethylfumarat (was denselben aktiven Metaboliten wie Vumerity hat) traten schwerwiegende Fälle von Herpes Zoster auf, darunter disseminierter Herpes Zoster, Herpes Zoster ophthalmicus, Herpes Zoster-Meningoenzephalitis und Herpes Zoster-Meningomyelitis. Diese Ereignisse können jederzeit während der Behandlung auftreten. Überwachen Sie Vumerity-Patienten auf Anzeichen und Symptome von Herpes Zoster. Wenn Herpes Zoster auftritt, sollte eine geeignete Behandlung für Herpes Zoster angewendet werden. Erwägen Sie, die Behandlung mit Vumerity bei Patienten mit schwerwiegenden Infektionen zu unterbrechen, bis die Infektion abgeklungen ist (siehe «Unerwünschte Wirkungen / Post-Marketing Erfahrung»).
Schwerwiegende gastrointestinale Ereignisse
Schwerwiegende gastrointestinale Ereignisse, einschliesslich Perforation, Ulzeration, Blutung und Obstruktion, einige mit tödlichem Ausgang, wurden in der Zeit nach der Markteinführung von Fumarsäureestern, einschliesslich Vumerity, mit oder ohne gleichzeitige Einnahme von Aspirin berichtet. Die meisten dieser Ereignisse traten innerhalb von 6 Monaten nach Beginn der Fumarsäureester-Behandlung auf.
In kontrollierten klinischen Studien betrug die Häufigkeit schwerwiegender gastrointestinaler Nebenwirkungen bei mit Dimethylfumarat behandelten Patienten 1%; zu diesen Ereignissen, von denen keines tödlich verlief, gehörten Erbrechen (0,3%) und Bauchschmerzen (0,3%) (siehe «Unerwünschte Wirkungen»).
Überwachen Sie die Patienten und setzen Sie Vumerity bei neuen oder sich verschlimmernden schweren gastrointestinalen Anzeichen und Symptomen sofort ab.
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