Präklinische DatenLangzeittoxizität
In bis zu 9 Monate dauernden Toxizitätsstudien mit wiederholter Verabreichung an Ratten und Affen sowie in einer 2-jährigen Karzinogenitätsstudie an Ratten wurden die hauptsächlichen Auswirkungen an folgenden Zielorganen festgestellt: Gastrointestinaltrakt (Emesis und Diarrhoe bei Affen), Nebenniere (Stauung und/oder Blutung in der Nebennierenrinde bei Ratten und Affen, mit von Fibrosen gefolgten Nekrosen bei Ratten; zystische Degeneration bei Ratten), hämatolymphopoetisches System (Knochenmark-Hypozellularität, Anstieg von Adipozyten in Bereichen reduzierter Zelldichte im Knochenmark sowie lymphoide Depletion von Thymus, Milz und den Lymphknoten), exokrine Bauchspeicheldrüse (Degranulierung der Azinuszellen mit Einzelzellnekrose), Speicheldrüse (Hypertrophie der Azinuszellen), knöcherner Verbindungen (Verdickung der Epiphysenfuge), Uterus (Atrophie), Ovar (verminderte Follikelentwicklung) und Hoden (tubuläre Atrophie). Weitere in anderen Studien beobachtete Effekte betrafen die Zunahme der mesangialen Matrix sowie eine chronisch-progrediente Nephropathie (CPN), Hyperparathyreoidismus und Mineralisierung des Drüsenepithels im Magen als Folge der CPN, Blutungen im Magen-Darm-Trakt und in der Mundschleimhaut, Hypertrophie der anterioren Hypophysenzellen und eine erhöhte Inzidenz von Zahnverletzungen von wachsenden Schneidezähnen. Die Veränderungen an Uterus (Atrophie des Endometriums) und Epiphysenfuge (physeale Verdickung oder Knorpeldysplasie) sowie den wachsenden Schneidezähnen werden mit der pharmakologischen Wirkung von Sunitinib in Zusammenhang gebracht. Die meisten Befunde bildeten sich nach 2 bis 6 behandlungsfreien Wochen zurück. Die Toxizität nahm mit steigender Anzahl Behandlungszyklen zu. Die Exposition im No-observed-adverse-effect level (NOAEL)-Bereich lag bei Ratten und Affen unter der systemischen Exposition bei Patienten.
Genotoxizität
Das genotoxische Potenzial von Sunitinib wurde in vitro und in vivo untersucht. Sunitinib war in Bakterien nicht mutagen (metabolische Aktivierung durch Rattenleber). Sunitinib bewirkte in menschlichen Lymphozyten im peripheren Blut in vitro keine strukturellen Chromosomenaberrationen. Polyploidie (numerische Chromosomenaberrationen) wurden in menschlichen Lymphozyten im peripheren Blut in vitro beobachtet, sowohl mit als auch ohne metabolische Aktivierung. Sunitinib wirkte im Knochenmark der Ratte in vivo nicht klastogen. Eine Untersuchung des wichtigsten aktiven Metaboliten auf genetische Toxizität fand nicht statt.
Karzinogenität
Das kanzerogene Potential von Sunitinib wurde an rasH2-transgenen Mäusen untersucht. Gastroduodenale Karzinome, eine ansteigende Inzidenz von Hämangiosarkomen der Milz und Uterus, und/oder Magenschleimhaut-Hyperplasien wurden bei oralen Dosen ≥25 mg/kg/d nach ein- oder sechsmonatiger Dauer (7.3-faches der AUC (area under the curve) bei Patienten, denen die empfohlene Tagesdosis von 50 mg verabreicht wurde) beobachtet. Es wurden keine proliferativen Veränderungen in rasH2-trangenen Mäusen bei Dosen von 8 mg/kg/d (0.7-faches der AUC bei Patienten, denen die empfohlene Tagesdosis verabreicht wurde) beobachtet.
In einer zweijährigen Kanzerogenitätsstudie an Ratten stieg die Inzidenz von benignen und malignen Phäochromozytomen bei männlichen Ratten, die oral über ein Jahr 3 mg/kg/d erhielten an (7.8-faches der AUC bei Patienten, denen die empfohlene Tagesdosis verabreicht wurde). Karzinome im proximalen Duodenum (beschränkt auf die gastroduodenale Verbindung und hauptsächlich die Brunner'schen Drüsen aber auch das übergelagerte intestinale Mucosa-Epithel betreffend) traten bei weiblichen Ratten bei 1 mg/kg/d, bei männlichen Ratten bei 3 mg/kg/d auf (0.9- und 7.8-faches der AUC bei Patienten, denen die empfohlene Tagesdosis verabreicht wurde). Die Mehrzahl dieser Karzinome wurde zwischen dem 394. bis 729. Behandlungstag gefunden. Hyperplasien wurden bei mit 3 mg/kg/d behandelten männlichen Ratten in folgenden Geweben beobachtet: schleimbildende Zellen im Drüsenmagen oder Nebennierenmark sowie parathormonproduzierende Hauptzellen der Nebenschilddrüse. Die entsprechenden Sicherheitsabstände betragen das 5.4-7.8-fache bezogen auf Patienten, denen die empfohlene Tagesdosis verabreicht wurde. Die erhöhte Inzidenz und/oder Ausprägung der beobachteten Hyperplasien/Karzinome sowie der nicht-neoplastische Veränderungen bei männlichen Tieren ging mit einer im Vergleich zu weiblichen Tieren bis zu 2-fach höheren systemischen Exposition des aktiven Hauptmetaboliten von Sunitinib einher. Die Relevanz dieser Beobachtungen für den Menschen ist unklar.
Reproduktions- und Entwicklungstoxizität
Bei männlichen Ratten, die vor der Paarung mit unbehandelten Weibchen über 58 Tage Dosen von bis zu 10 mg/kg/d erhielten, waren keinerlei Effekte auf die Fortpflanzungsfähigkeit festzustellen. Fertilität, Kopulation, Konzeptionsindices und Spermaparameter (Morphologie, Konzentration und Motilität) wurden von Sunitinib bei Dosen ≤10 mg/kg/d nicht beeinflusst. Die 10 mg/kg-Dosis führte zu einer mittleren AUC, die etwa dem 25.8-fachen der systemischen Exposition bei Patienten mit einer Dosierung von 50 mg/d entspricht. Weibliche Ratten erhielten vor der Paarung mit unbehandelten Männchen über 14 Tage Dosen von bis zu 5 mg/kg/d. Bei Tieren, die eine Dosis von ≤5 mg/kg/d erhielten, zeigten sich keinerlei Effekte auf die Fortpflanzungsfähigkeit. Die 5 mg/kg-Dosis resultierte in einer mittleren AUC, die etwa dem 5-fachen der systemischen Exposition bei Patienten entspricht.
Bei Ratten, die eine Dosis von 5 mg/kg/d erhielten, zeigten sich Embryoletalität und Entwicklungsanomalien; die 5 mg/kg-Dosis resultierte in einer mittleren AUC, die etwa dem 5.5-fachen der systemischen Exposition bei Patienten entspricht. Verzögerungen der Verknöcherung wurden bei der Dosierung von 3 mg/kg/d beobachtet. Die Exposition bei dieser Dosierung lag noch um den Faktor 2.2 über der systemischen Exposition bei Patienten. Bei Kaninchen lag die Exposition im NOAEL-Bereich deutlich unter der Exposition bei Patienten.
Sunitinib wurde in einer prä- und postnatalen Entwicklungsstudie in trächtigen Ratten bei Dosen von 0.3, 1.0 (0.9-fache Exposition (AUC) beim Menschen bei empfohlener Tagesdosierung) und 3.0 mg/kg/d (2.3-fache Exposition (AUC) beim Menschen bei empfohlener Tagesdosierung) untersucht. Bei >1 mg/kg/d war die maternale Gewichtszunahme während Gestation und Laktation reduziert, es wurde hingegen bei bis zu 3 mg/kg/d keine maternale Reproduktionstoxizität festgestellt. Eine Dosierung von 3 mg/kg/d führte vor wie auch nach der Entwöhnung zu reduziertem Gewicht der Nachkommen; bei 1 mg/kg/d wurde keine Entwicklungstoxizität festgestellt.
Effekte auf das weibliche Reproduktionssystem wurden in einer über 3 Monate laufenden toxikologischen Studie am Affen untersucht. Dabei wurden bei einer Dosis von 12 mg/kg/d ovarielle Veränderungen beobachtet (verminderte Follikelentwicklung). Die 12-mg/kg-Dosis resultierte in einer mittleren AUC, die etwa dem 5.1-fachen der systemischen Exposition bei Patienten entspricht. Veränderungen des Uterus (Atrophie des Endometriums) wurden bei Dosen ≥2 mg/kg/d festgestellt. Die 2-mg/kg-Dosis resultierte in einer mittleren AUC, die etwa dem 0.4-fachen der systemischen Exposition bei Patienten entspricht. Die uterinen und ovariellen Effekte wurden in einer neunmonatigen Untersuchung am Affen mit einer Dosis von 6 mg/kg/d reproduziert, wobei sich zusätzlich vaginale Atrophie einstellte. Die 6 mg/kg-Dosis resultierte in einer mittleren AUC, die etwa dem 0.8-fachen der systemischen Exposition bei Patienten entspricht.
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