Eigenschaften/WirkungenATC-Code
L04AA50
Wirkungsmechanismus
Ponesimod ist ein Modulator des Sphingosin-1-Phosphat (S1P)-Rezeptors 1. Es bindet mit hoher Affinität an den S1P-Rezeptor 1 auf Lymphozyten und hindert diese am Verlassen der Lymphknoten, wodurch sich die Anzahl der Lymphozyten im peripheren Blut verringert. Der Mechanismus, durch den Ponesimod bei multipler Sklerose therapeutisch wirksam ist, kann eine Verringerung der Lymphozytenmigration in das Zentralnervensystem einschliessen.
Pharmakodynamik
Immunsystem
Bei gesunden Probanden induziert Ponesimod ab einer Einzeldosis von 5 mg eine dosisabhängige Verringerung der Lymphozytenzahl im peripheren Blut. Die grösste Verringerung ist 6 Stunden nach der Dosisgabe festzustellen und auf eine reversible Sequestrierung von Lymphozyten in lymphoiden Geweben zurückzuführen. Nach 7 täglichen 20 mg Dosen wurde 6 Stunden nach der Dosisgabe eine maximale Verringerung der absoluten mittleren Lymphozytenzahl auf 26 % des Anfangswerts (650 Zellen/µl) gemessen. Im peripheren Blut sind sowohl B-Zellen [CD19+] als auch T-Zellen [CD3+] mit den Untergruppen der T-Helfer-Zellen [CD3+CD4+] und der zytotoxischen T-Zellen [CD3+CD8+] betroffen, wohingegen NK-Zellen nicht betroffen sind. T-Helfer-Zellen waren gegenüber den Wirkungen von Ponesimod empfindlicher als zytotoxische T-Zellen.
Ausgehend von dem PK/PD-Modell lag die Lymphozytenzahl bei > 90 % der gesunden Probanden innerhalb von 1 Woche nach Beendigung der Therapie wieder im Normalbereich. Im Entwicklungsprogramm hatten sich die peripheren Lymphozytenzahlen innerhalb von 1 Woche nach Beendigung der Gabe von Ponvory wieder bis in den Normalbereich erhöht.
Herzfrequenz und Herzrhythmus
Ponesimod verursacht bei der Einleitung der Behandlung eine vorübergehende dosisabhängige Verringerung der Herzfrequenz (HF) und AV-Überleitungsstörungen (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»). Bei Dosen von 40 mg und höher verringert sich die Herzfrequenz, bis ein Plateau erreicht war, und unter Behandlung mit Ponvory wurden im Vergleich zu Placebo häufiger Bradyarrhythmie-Ereignisse (AV-Blöcke) festgestellt. Dieser Effekt beginnt innerhalb der ersten Stunde nach der Dosierung und ist 2 bis 4 Stunden danach am stärksten ausgeprägt. Im Allgemeinen erhöht sich die HF dann innerhalb von 4-5 Stunden nach der Dosierung an Tag 1 wieder bis auf die Werte vor der Dosierung. Der Effekt schwächt sich bei wiederholter Verabreichung ab, was auf Toleranzentwicklung hinweist.
Bei der allmählichen Erhöhung der Ponesimoddosis im Rahmen des Titrationsplans ist die Verringerung der HF schwächer ausgeprägt, und es wurden keine AV-Blöcke zweiten Grades (Mobitz-Block) oder höher beobachtet.
Die durch Ponesimod induzierte Abnahme der Herzfrequenz kann mit Atropin umgekehrt werden.
Wirkung auf das QT/QTc-Intervall und die kardiale Elektrophysiologie
In einer Studie zur eingehenden Untersuchung der Wirkung auf das QT-Intervall mit supratherapeutischen Dosen von 40 mg und 100 mg (entsprechend dem 2- bzw. 5-Fachen der empfohlenen Erhaltungsdosis) Ponesimod im Steady-State führte die Ponesimod-Behandlung zu einer Verlängerung des individuell korrigierten QT-Intervalls (QTcI), wobei die Obergrenze des zweiseitigen 90%-Konfidenzintervalls (KI) bei 11,3 ms (40 mg) und 14,0 ms (100 mg) lag. Es gab kein einheitliches Signal einer erhöhten Inzidenz von QTcI-Ausreissern im Zusammenhang mit der Ponesimod-Behandlung, weder als absolute Werte noch als Veränderung gegenüber dem Anfangswert. Aufgrund der Konzentrations-Wirkungs-Beziehung ist bei Anwendung der therapeutischen Dosis von 20 mg nicht von einer klinisch relevanten Wirkung auf das QTc-Intervall auszugehen.
Pulmonale Funktion
Bei mit Ponesimod behandelten Patienten wurden dosisabhängige Abnahmen der absoluten Einsekundenkapazität festgestellt, die grösser waren als bei Patienten in der Placebogruppe (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen» und «Unerwünschte Wirkungen»).
Klinische Wirksamkeit
Die Wirksamkeit von Ponvory wurde in der Phase-III-Studie OPTIMUM gezeigt, einer multizentrischen, randomisierten, doppelblinden, aktiv kontrollierten Überlegenheitsstudie mit Parallelgruppen bei Patienten mit rezidivierender MS (RMS), die 108 Wochen lang behandelt wurden. Die Studienteilnehmer waren Patienten mit von Anfang an rezidivierendem Verlauf der MS (schubförmig remittierende MS bzw. RRMS oder sekundär progrediente MS bzw. SPMS mit überlagerten Schüben) und einem Wert auf der erweiterten Skala für den Behinderungsstatus (Expanded Disability Status Scale, EDSS) von 0 bis 5,5, bei denen im Vorjahr mindestens ein Rezidiv oder innerhalb der beiden Vorjahre zwei Rezidive aufgetreten waren oder die mindestens eine Gadolinium-verstärkende (Gd+) Läsion in einer Hirn-MRT innerhalb der letzten 6 Monate oder zu Studienbeginn aufwiesen.
Die Patienten wurden randomisiert und erhielten entweder einmal täglich Ponvory oder 14 mg Teriflunomid, beginnend mit einer 14tägigen Dosistitration (siehe «Dosierung/Anwendung»). Alle 12 Wochen sowie zum Zeitpunkt eines vermuteten Rezidivs wurden neurologische Untersuchungen durchgeführt. Hirn-MRTs wurden zu Studienbeginn und in den Wochen 60 und 108 durchgeführt.
Der primäre Endpunkt der Studie war die annualisierte Rezidivrate (ARR) vom Beginn bis zum Ende der Studie (EOS). Die vorab festgelegte hierarchische Rückfall-Testsequenz umfasste den primären Endpunkt und die folgenden sekundäre Endpunkte: die kumulative Anzahl kombinierter einzigartiger aktiver Läsionen (CUAL, definiert als neue Gd+ T1-Läsionen zuzüglich neuer oder sich vergrössernder T2-Läsionen [ohne Doppelzählung von Läsionen]) zwischen Studienbeginn und Woche 108, die Zeit bis zu einer über 12 Wochen bestätigten Invaliditätsakkumulation (CDA) vom Beginn bis zum Ende der Studie und die Zeit bis zu einer CDA über 24 Wochen vom Beginn bis zum Ende der Studie.
Eine CDA über 12 Wochen war definiert als eine Erhöhung des EDSS um mindestens 1,5 bei Studienteilnehmern mit einem EDSS-Anfangswert von 0 oder als Erhöhung des EDSS um mindestens 1,0 bei Studienteilnehmern mit einem EDSS-Anfangswert von 1,0 bis 5,0 oder als Erhöhung des EDSS um mindestens 0,5 bei Studienteilnehmern mit einem EDSS-Anfangswert ≥5,5, die nach 12 Wochen bestätigt wurde.
In der Phase-III-Studie OPTIMUM wurden 1'133 Patienten randomisiert, um entweder Ponvory (N = 567) oder 14 mg Teriflunomid (N = 566) zu erhalten; 86,4 % der mit Ponvory behandelten Patienten und 87,5 % der mit 14 mg Teriflunomid behandelten Patienten beendeten die Studie gemäss Prüfplan. Die demografischen und krankheitsbezogenen Daten in den Behandlungsgruppen waren zu Studienbeginn ausgewogen. Zu Studienbeginn betrug das mittlere Alter der Patienten 37 Jahre, 97 % waren weiss und 65 % waren weiblich. Die mittlere Krankheitsdauer betrug 7,6 Jahre, die mittlere Anzahl der Schübe im Vorjahr betrug 1,3 und der mittlere EDSS-Wert betrug 2,6. 57 % der Patienten hatten zuvor keine krankheitsmodifizierende MS-Therapie erhalten. Zu Studienbeginn wiesen 40 % der mit Ponvory behandelten Patienten eine oder mehrere Gd+ T1-Läsionen in der Hirn-MRT auf (Mittelwert 1,9).
Die Ergebnisse werden in Tabelle 2 angezeigt. Die Analyse von Patientengruppen mit unterschiedlichem Grad der Krankheitsaktivität zum Studienbeginn, einschliesslich solcher mit aktiver und hochaktiver Krankheit, ergab, dass die Wirksamkeit von Ponvory im Hinblick auf den primären Endpunkt und die sekundären Endpunkte mit der im Gesamtkollektiv übereinstimmte.
Tabelle 2: Wirksamkeitsergebnisse aus der Phase-III-Studie OPTIMUM
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20 mg Ponvory
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14 mg Teriflunomid
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Klinischer Endpunkt
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N=567
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N=566
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Mittlere annualisierte Rezidivratea
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0,202
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0,290
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Relative Reduzierung der ARR
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30,5 % (p=0,0003)*
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Patienten mit mindestens einem bestätigten Rezidiv
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29,3 %
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39,4 %
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MRT-Endpunkte
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Kumulative Anzahl an kombinierten einzigartigen aktiven Läsionen (Cumulative number of Combined Unique Active Lesions, CUALs)
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N=539
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N=536
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Mittlere Anzahl an CUALs pro Jahrb
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1,41
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3,16
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Relative Reduzierung
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56 % (p<0,0001)*
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Hirnvolumen
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N=436
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N=434
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Mittlere % Veränderung des Hirnvolumens bis Woche 108 gegenüber dem Anfangswertd
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-0,91 %
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-1,25 %
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Mittlere Differenz
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0,34 % (p<0,0001)*
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Bestätigte Invaliditätsakkumulation (Confirmed Disability Accumulation, CDA) bis zu Woche 108c
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N=567
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N=566
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Patientenc mit erster CDA über 12 Wochen
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10,8 %
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13,2 %
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Relative Risikoreduzierungd
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17 % (p = NS)
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Patientenc mit erster CDA über 24 Wochen
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8,7 %
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10,5 %
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Relative Risikoreduzierungd
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16 % (p = NS)
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a Definiert als bestätigte Schübe pro Jahr bis EOS
b Definiert als neue Gd+ T1-Läsionen zuzüglich neuer oder sich vergrössernder T2-Läsionen pro Jahr von Studienbeginn bis Woche 108
c Basierend auf der Zeit bis zum ersten CDA-Ereignis über 12 Wochen/24 Wochen bis Woche 108 (Kaplan-Meier-Schätzungen)
d Zwei zuvor geplante, indirekte Vergleichsmethoden zeigten eine konsistente, klinisch relevante Wirkung von Ponesimod gegenüber dem Placebo auf die Zeit bis zur ersten CDA über 12 Wochen. Die MAIC-Methode (Matching Adjusted Indirect Comparison) zeigte, dass Ponesimod CDA-Ereignisse über 12 Wochen gegenüber dem Placebo um 40 % verringerte (Hazard Ratio: 0,60 [95-%-KI: 0,34; 1,05]), die modellbasierte Metaanalyse (MBMA) zeigte, dass Ponesimod das Risiko einer CDA über 12 Wochen gegenüber dem Placebo um 39 % verringerte (Hazard Ratio: 0,61 [95-%-KI: 0,47; 0.80]).
* statistisch signifikant (p < 0,05), NS: nicht statistisch signifikant, Behandlungsvergleiche: relative Rate/relatives Risiko (Ponvory vs. 14 mg Teriflunomid) und mittlere Differenz (Ponvory - 14 mg Teriflunomid).
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