Eigenschaften/WirkungenATC-Code
J01XA05
Wirkungsmechanismus
Oritavancin hat drei Wirkungsmechanismen: (i) Hemmung des Transglycosylierungs-(Polymerisations-)Schrittes der Zellwandbiosynthese durch Bindung an das Stammpeptid der Peptidoglykan-Vorläufer; (ii) Hemmung des Transpeptidierungs-(Vernetzungs-)Schrittes der Zellwandbiosynthese durch Bindung an die Peptid-überbrückenden Segmente der Zellwand und (iii) Störung der Integrität der bakteriellen Membran, was zu Depolarisierung, Permeabilisierung und raschem Zelltod führt.
Resistenzmechanismen
Gram-negative Organismen sind von Natur aus gegen alle Glykopeptide resistent, darunter Oritavancin.
Eine Resistenz gegen Oritavancin wurde bei Vancomycin-resistenten Isolaten von Staphylococcus aureus in vitro beobachtet. Es besteht keine bekannte Kreuzresistenz zwischen Oritavancin und den Nicht-Glykopeptidklassen der Antibiotika.
Oritavancin weist eine verminderte in-vitro-Aktivität gegen bestimmte von Natur aus gegen Glykopeptide resistente Gram-positive Organismen der Gattungen Lactobacillus, Leuconostoc und Pediococcus auf.
Grenzwerte (Breakpoints)
Die von EUCAST (European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing) etablierten Grenzwerte minimaler Hemmkonzentration (MHK) lauten wie folgt:
Tabelle 3: Empfindlichkeits-Interpretationskriterien für Oritavancin
Pathogen
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MHK-Grenzwerte (mg/l)
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S ≤
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R >
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Staphylococcus aureus
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0,125
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0,125
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Beta-hämolysierende Streptokokken (Gruppen A, B, C, G)
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0,25
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0,25
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Streptokokken der Viridans-Gruppe (ausschliesslich der Gruppe S. anginosus)
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0,25
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0,25
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S=Sensibel/Empfindlich, R=Resistent
Pharmakodynamik
Das Verhältnis der Fläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve (AUC) zur minimalen Hemmkonzentration (MHK) von Oritavancin für den infizierenden Organismus hat sich als der Parameter herausgestellt, der mit der Wirksamkeit am besten korreliert.
Klinische Wirksamkeit
In klinischen Studien konnte die Wirksamkeit gegen die folgenden Krankheitserreger, die gegen Oritavancin in vitro empfindlich waren, nachgewiesen werden.
Gram-positive Mikroorganismen:
·Staphylococcus aureus
·Streptococcus pyogenes
·Streptococcus agalactiae
·Streptococcus dysgalactiae
·Streptococcus anginosus Gruppe (einschliesslich S. anginosus, S. intermedius und S. constellatus)
Antibakterielle Aktivität gegen andere einschlägige Krankheitserreger
Die klinische Wirksamkeit gegen die folgenden Krankheitserreger ist nicht erwiesen, wobei jedoch in vitro-Studien die Vermutung nahelegen, dass sie mangels erworbener Resistenzmechanismen gegen Oritavancin empfindlich wären:
·Beta-hämolysierende Streptokokken der Gruppe G
·Clostridium perfringens
·Peptostreptococcus spp.
Die Wirksamkeit von Tenkasi wurde im Rahmen von zwei identischen randomisierten klinischen Studien (Studie 1 und Studie 2) an Patienten mit akuten bakteriellen Haut- und Weichgewebeinfektionen (ABSSSI) nachgewiesen. Bei diesen Studien wurde die Gabe einer einzelnen intravenösen Dosis (1'200 mg) von Tenkasi mit der intravenösen Gabe von Vancomycin (1 g oder 15 mg/kg alle 12 Stunden) über einen Zeitraum von 7 bis 10 Tagen verglichen. Bei Verdacht auf eine gramnegative bzw. anaerobe Infektion konnten Patienten eine gleichzeitige Behandlung mit Aztreonam oder Metronidazol erhalten.
Die primäre Analysepopulation (modifizierte Intention-to-treat-Population, mITT) schloss alle randomisierten Patienten ein, die ein Studienpräparat erhalten hatten.
Der primäre Endpunkt (in Europa) für beide Studien war die Rate der durch den Prüfarzt ermittelten klinischen Heilung bei der posttherapeutischen Beurteilung (Post Therapy Evaluation, PTE) (d.h. 7 bis 14 Tage nach Abschluss der im Rahmen der Studie erfolgten Behandlung). Dieser Endpunkt wurde für den Nichtunterlegenheitstest bei einer Grenze von 10 % vorspezifiziert.
Der wichtigste sekundäre Endpunkt (primär in den USA) war das frühe klinische Ansprechen, ein zusammengesetzter Endpunkt, der wie folgt definiert wurde: Ende der Ausbreitung oder Rückgang der Läsion im Vergleich zum Studienbeginn, Fehlen von Fieber und keine Antibiotika-Notfallmedikation bei der frühen klinischen Beurteilung (Early Clinical Evaluation, ECE) (d.h. 48 bis 72 Stunden nach Beginn der ersten Infusion des Studienpräparats). Dieser Endpunkt wurde für den Nichtunterlegenheitstest bei einer Grenze von 10 % vorspezifiziert.
Studie 1
Von den 968 randomisierten Patienten erhielten insgesamt 954 Patienten (475 in der Oritavancin-Gruppe und 479 in der Vancomycin-Gruppe) mindestens eine Dosis eines Studienpräparats und wurden somit in die mITT-Population eingeschlossen.
Die Oritavancin-Gruppe und die Vancomycin-Gruppe waren in Bezug auf die demografischen Eigenschaften und die Merkmale der Erkrankung bei Studienbeginn vergleichbar. Die Mehrheit der Patienten in beiden Gruppen war männlich (Oritavancin: 63.4 %; Vancomycin: 62.8 %) und weiss (Oritavancin: 57.7 %; Vancomycin: 57.4 %). Das Durchschnittsalter lag bei 46.2 Jahren (Altersbereich: 18-89 Jahre) in der Oritavancin-Gruppe und bei 44.3 Jahren (Altersbereich: 18-93 Jahre) in der Vancomycin-Gruppe. Die Patienten wurden hauptsächlich in Nordamerika (62.7 %) und Asien (31.0 %) in die Studie eingeschlossen. Zu den Arten von ABSSSI gehörten Zellulitis/Erysipel (49.9 %), grössere kutane Abszesse (29.5 %) und Wundinfektionen (20.6 %). Die Mehrzahl der Wundinfektionen stand in einem Zusammenhang mit einem Trauma (81.5 % für mit Oritavancin behandelte Patienten bzw. 83.8 % für mit Vancomycin behandelte Patienten). Der mediane Infektionsbereich bei Studienbeginn hatte in der Oritavancin-Gruppe eine Grösse von 248,0 cm2 und in der Vancomyin-Gruppe eine Grösse von 225.6 cm2.
Studie 1: Wirksamkeitsergebnisse (mITT-Population)
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Oritavancin % (n/N)
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Vancomycin % (n/N)
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Unterschied (zweiseitiges 95%-KI)
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Durch den Prüfarzt ermittelte klinische Heilung bei der PTE
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79,6 % (378/475)
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80,0 % (383/479)
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-0,4 (-5,5; 4,7)
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Frühes klinisches Ansprechen
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82,3 % (391/475)
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78,9 % (378/479)
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3,4 (-1,6; 8,4)
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KI: Konfidenzintervall; PTE: Post Therapy Evaluation (posttherapeutische Beurteilung)
Studie 2
Von den 1'019 randomisierten Patienten erhielten insgesamt 1'005 Patienten (503 in der Oritavancin-Gruppe und 502 in der Vancomycin-Gruppe) mindestens eine Dosis eines Studienpräparats und wurden somit in die mITT-Population eingeschlossen.
Die Oritavancin-Gruppe und die Vancomycin-Gruppe in der Studie 2 waren in Bezug auf die demografischen Eigenschaften und die Merkmale der Erkrankung bei Studienbeginn vergleichbar. Die Mehrheit der Patienten in beiden Gruppen war männlich (Oritavancin: 67,2 %; Vancomycin: 68,3 %) und weiss (Oritavancin: 70,8 %; Vancomycin: 70,9 %). Das Durchschnittsalter lag bei 45,0 Jahren (Altersbereich: 18-85 Jahre) in der Oritavancin-Gruppe und bei 44,4 Jahren (Altersbereich: 18-92 Jahre) in der Vancomycin-Gruppe. Die Probanden wurden hauptsächlich in Nordamerika (56,9 %) und Asien (23,6 %) in die Studie eingeschlossen.
Zwischen den Gruppen bestand kein Unterschied in Bezug auf die Merkmale der Erkrankung bei Studienbeginn und die Merkmale der primären Infektionsstelle. Die Infektionstypen waren in der Oritavancin-Gruppe und der Vancomycin-Gruppe vergleichbar. Zu den Arten von ABSSSI gehörten Wundinfektionen (36.5 %), grössere kutane Abszesse (32.5 %) und Zellulitis/Erysipel (30.9 %). Die Mehrzahl der Wundinfektionen stand in einem Zusammenhang mit einem Trauma (83,8 % für mit Oritavancin behandelte Patienten bzw. 81,3 % für mit Vancomycin behandelte Patienten). Der mediane Infektionsbereich bei Studienbeginn hatte in der Oritavancin-Gruppe eine Grösse von 287.8 cm2 und in der Vancomyin-Gruppe eine Grösse von 308.8 cm2.
Studie 2: Wirksamkeitsergebnisse (mITT-Population)
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Oritavancin % (n/N)
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Vancomycin % (n/N)
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Differenz (zweiseitiges 95%-KI)
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Durch den Prüfarzt ermittelte klinische Heilung bei der PTE
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82,7 % (416/503)
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80,5 % (404/502)
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2,2 (-2,6; 7,0)
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Frühes klinisches Ansprechen
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80,1 % (403/503)
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82,9 % (416/502)
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-2,7 (-7,5; 2,0)
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KI: Konfidenzintervall; PTE: Post Therapy Evaluation (posttherapeutische Beurteilung
Ergebnisse nach Ausgangserreger, (mikrobiologische ITT-Population) gepoolte Analyse von Studie 1 und Studie 2
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Vom Prüfarzt ermittelte klinische Heilungsrate bei PTE
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Frühe klinische Ansprechrate bei ECE
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Oritavancin N=529 % (n/N)
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Vancomycin N=538 % (n/N)
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Oritavancin N=529 % (n/N)
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Vancomycin N=538 % (n/N)
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S. aureus
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389/470 (82.8)
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393/468 (84.0)
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388/470 (82.6)
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391/468 (83.5)
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MSSA
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220/268 (82.1)
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229/272 (84.2)
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222/268 (82.8)
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233/272 (85.7)
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MRSA
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170/204 (83.3)
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169/201 (84.1)
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166/204 (81.4)
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162/201 (80.6)
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S. lugdunensis
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4/4 (100.0)
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4/5 (80.0)
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4/4 (100.0)
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3/5 (60.0)
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S. pyogenes
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25/31 (80.6)
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23/32 (71.9)
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21/31 (67.7)
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23/32 (71.9)
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S. constellatus
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15/19 (78.9)
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19/23 (82.6)
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17/19 (89.5)
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21/23 (91.3)
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S. intermedius
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8/10 (80.0)
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13/16 (81.3)
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8/10 (80.0)
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13/16 (81.3)
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S. agalactiae
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7/8 (87.5)
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11/12 (91.7)
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7/8 (87.5)
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12/12 (100.0)
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S. dysgalactiae
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7/9 (77.8)
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3/6 (50.0)
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7/9 (77.8)
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6/6 (100.0)
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S. anginosus
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2/4 (50.0)
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6/6 (100.0)
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3/4 (75.0)
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6/6 (100.0)
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E. faecalis
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8/13 (61.5)
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9/12 (75.0)
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11/13 (84.6)
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10/12 (83.3)
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E. faecium
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0/0
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0/1
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0/0
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1/1 (100.0)
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ECE: Early Clinical Evaluation (frühe klinische Beurteilung), MRSA: Methicillin-resistenter S. aureus MSSA: Methicillin-sensibler S. aureus, NE: Nicht auswertbar, PTE: Post Therapy Evaluation (posttherapeutische Beurteilung).
Kardiale Elektrophysiologie
In einer umfassenden QTc-Studie an 135 gesunden Probanden, denen das 1,3-Fache der empfohlenen Dosis von 1'200 mg verabreicht wurde, hatte Tenkasi keine klinisch relevante Verlängerung des QTc-Intervalls zur Folge.
Sicherheit und Wirksamkeit bei pädiatrischen Patienten
Tenkasi wurde bei pädiatrischen Patienten mit ABSSSI in einer offenen, multizentrischen Phase-1-Studie untersucht, an der 38 Patienten im Alter von 3 Monaten bis unter 18 Jahren teilnahmen, die mit Oritavancin behandelt wurden. Ziel der Studie ist die Bewertung der PK, Sicherheit und Verträglichkeit einer intravenösen (i.v.) Infusion von Oritavancin bei Patienten mit vermuteter oder bestätigter Infektion mit grampositiven Bakterien, die mit der Standard-Antibiotikatherapie behandelt werden oder bei Patienten, die eine perioperative Antibiotikaprophylaxe erhalten. Der primäre Endpunkt ist die Fläche unter der Plasmakonzentrations-Zeit-Kurve (AUC); zu den sekundären Endpunkten gehören die Sicherheitsbewertung und andere PK-Parameter.
Swissmedic hat für Tenkasi eine Zurückstellung von der Verpflichtung zur Vorlage von Ergebnissen zu Studien in der Behandlung akuter bakterieller Haut- und Hautstrukturinfektionen in der pädiatrischen Altersklasse von 0 bis unter 3 Monate gewährt (siehe «Dosierung/Anwendung» bzgl. Informationen zur Anwendung bei Kindern und Jugendlichen).
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