Eigenschaften/WirkungenATC-Code
J02AX06
Wirkungsmechanismus/Pharmakodynamik
Anidulafungin ist ein semisynthetisches Echinocandin, ein Lipopeptid, das aus einem Fermentationsprodukt von Aspergillus nidulans synthetisiert wird.
Sein Wirkungsmechanismus beruht auf der selektiven Hemmung der 1,3-β-D-Glucansynthase, einem Enzym, welches in Pilzzellen vorliegt, jedoch nicht in Säugerzellen. Dies führt zu einer Hemmung der Synthese von 1,3-β-D-Glukan, einem wesentlichen Bestandteil der Pilzzellwand. Anidulafungin wirkt fungizid gegen Candida-Species und ist aktiv gegen Regionen mit aktivem Zellwachstum in den Hyphen von Aspergillus fumigatus.
Wirkung in-vitro
In-vitro war Anidulafungin wirksam gegen C. albicans, C. glabrata, C. parapsilosis, C. krusei und C. tropicalis. Zur klinischen Bedeutung dieser Befunde siehe «Klinische Wirksamkeit».
In vitro-Daten zeigen, dass die MHK-Werte von Anidulafungin gegenüber C. parapsilosis höher sind als gegenüber anderen Candida-Species. Dies beruht vermutlich auf einer intrinsischen Veränderung im Zielgen. In den klinischen Studien ergab sich bezüglich der Responseraten für Anidulafungin bei Nachweis von C. parapsilosis kein relevanter Unterschied gegenüber anderen Species (siehe «Klinische Wirksamkeit»). Der Einsatz von Echinocandinen bei einer durch C. parapsilosis verursachten systemischen Candida-Infektion sollte jedoch nicht als Therapie der ersten Wahl angesehen werden.
Auch für C. guilliermondii wurden höhere MHK-Werte gefunden.
Vom European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing (EUCAST) wurden ein Standardverfahren zur Testung der Empfindlichkeit von Candida-Arten gegenüber Anidulafungin sowie folgende Grenzwerte für die Interpretation etabliert.
Tabelle 1: EUCAST-Grenzwerte
Candida-Art
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MHK-Grenzwert (mg/l)
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≤ S (Empfindlich)
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> R (Resistent)
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Candida albicans
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0.03
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0.03
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Candida glabrata
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0.06
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0.06
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Candida tropicalis
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0.06
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0.06
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Candida krusei
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0.06
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0.06
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Candida parapsilosis
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0.002
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4
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Andere Candida spp.
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Unzureichende Evidenz
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Es gibt Berichte über Candida-Isolate mit reduzierter Empfindlichkeit gegenüber Echinocandinen (einschliesslich Anidulafungin). Die klinische Relevanz ist bisher nicht geklärt, d.h. es ist nicht bekannt, ob ein Zusammenhang zwischen in vitro-Aktivität und klinischem Ansprechen besteht.
Sicherheitspharmakodynamik
Eine thorough QT study wurde mit Anidulafungin nicht durchgeführt.
Klinische Wirksamkeit
Die Sicherheit und Wirksamkeit von Anidulafungin wurde in einer pivotalen, randomisierten, doppelblinden, multizentrischen, multinationalen Phase-3-Studie an n=256 Patienten im Alter von 16-91 Jahren mit Candidämie sowie einer begrenzten Zahl von Patienten mit invasiver Candidose (tiefe Candida-Infektionen oder Abszesse, z.B. intraabdomineller Abszess) untersucht. Davon litten 219 Patienten (116 unter Anidulafungin (91.3%), 103 unter Fluconazol (87.3%)) nur an Candidämie; 5.5% der Patienten im Anidulafungin-Arm und 9.3% der Patienten im Fluconazol-Arm zeigten ausschliesslich Infektionen in anderen, normalerweise sterilen Bereichen; 3.1% der Patienten im Anidulafungin Arm und 3.4% der Patienten im Fluconazol Arm wiesen sowohl eine Candidämie als auch eine Infektion in anderen, normalerweise sterilen Bereichen auf.
Die Patienten erhielten entweder einmal täglich Anidulafungin i.v. (Initialdosis 200 mg gefolgt von 100 mg täglich) oder Fluconazol i.v. (Initialdosis 800 mg gefolgt von 400 mg täglich). Die Behandlung wurde über mindestens 14 Tage und maximal 42 Tage durchgeführt. Die Patienten beider Studienarme konnten nach einer mindestens 10 Tage dauernden intravenösen Therapie auf orales Fluconazol umgestellt werden, vorausgesetzt, dass eine orale Verabreichung für sie verträglich war, sie mindestens 24 Stunden fieberfrei und die letzten Blutkulturen negativ für sämtliche Candida-Spezies waren. Die Patienten wurden für 6 Wochen über das Therapieende hinaus beobachtet.
Primärendpunkt war das allgemeine Ansprechen (Global Response) am Ende der intravenösen Therapie. Eine Klassifikation als Response erforderte dabei sowohl eine klinische Verbesserung als auch eine mikrobiologische Eradikation.
Die zu Beginn der Studie am häufigsten isolierte Spezies war C. albicans (63.8% Anidulafungin, 59.3% Fluconazol), gefolgt von C. glabrata (15.7% bzw. 25.4%), C. parapsilosis (10.2% bzw. 13.6%) und C. tropicalis (11.8% bzw. 9.3%). Nur 3% der Patienten waren neutropenisch (ANC ≤500), und 81% hatten einen APACHE II-Score ≤20.
Im primären Endpunkt war Anidulafungin dem Fluconazol signifikant überlegen. Im Anidulafungin-Arm wiesen 96 Patienten (75.6%) einen Gesamterfolg auf, im Fluconazol-Arm 71 Patienten (60.2%). Die Therapiedifferenz lag bei 15.4% (95% CI: 3.9, 27.0).
Die Befunde der wesentlichen Sekundärendpunkte (klinische Response, mikrobiologische Response) sowie jene für die Global Response am Ende jeglicher antimykotischer Behandlung (d.h. einschliesslich einer eventuellen oralen Fluconazol-Therapie) waren hierzu konsistent.
Darüber hinaus wurden 6 weitere Phase III/IV-Studien zur Wirksamkeit von Anidulafungin bei Candidämie und invasiver Candidiasis durchgeführt, in welche unter anderem auch neutropenische Patienten (definiert als absolute Neutrophilenzahl ≤500 Zellen/mm3, Leukozytenzahl ≤500 Zellen/mm3 oder Einstufung als neutropenisch durch den Prüfarzt zu Studienbeginn) sowie solche mit Infektionen tiefer Gewebe (sogenannte Deep Tissue Infections, DTI) eingeschlossen waren. Bei vier dieser Studien handelte es sich um offene, unkontrollierte Studien; zwei weitere Studien wurden doppelblind mit Caspofungin als aktivem Komparator durchgeführt. Ansonsten war das Studiendesign dieser Studien jenem der pivotalen Studien ähnlich.
Die Wirksamkeit in diesen Subpopulationen wurde darüber hinaus in einer gepoolten Analyse der Daten sämtlicher Studien untersucht.
Patienten mit Candida-Endocarditis, -Osteomyelitis oder -Meningitis waren von sämtlichen Studien ausgeschlossen.
Wirksamkeit bei neutropenischen Patienten
In die gepoolte Analyse gingen Daten von insgesamt 46 neutropenischen Patienten ein. Bei 85% dieser Patienten lag ausschliesslich eine Candidämie vor. Die häufigsten zu Studienbeginn isolierten Species waren C. tropicalis (16/46), C. krusei (9/46), C. parapsilosis (8/46), C. albicans (7/46) und C. glabrata (7/46). Die Global Response (gemäss obiger Definition) betrug am Ende der intravenösen Behandlung 56.5%, am Ende jeglicher antimykotischer Behandlung (d.h. einschliesslich einer eventuellen Umstellung auf eine orale Fluconazol-Therapie) 52.2%.
Wirksamkeit bei Infektionen tiefer Gewebe (DTI)
In die o.g. gepoolte Analyse gingen die Daten von insgesamt 129 Patienten mit DTI ein, davon hatten 16% eine begleitende Candidämie.
Am häufigsten war die Infektion intraabdominal lokalisiert (Peritonealhöhle: 54%, Leber und/oder Gallenwege: 7%), gefolgt von der Pleurahöhle (5%).
Die häufigsten bei Studienbeginn aus einem tiefen Gewebe isolierten Species waren C. albicans (64%), C. glabrata (31%) und C. tropicalis (12%).
Die Global Response (gemäss obiger Definition) betrug am Ende der intravenösen Behandlung 79.1%, am Ende jeglicher antimykotischer Therapie 72.9%.
Wirksamkeit bei Infektionen durch C. krusei
In der pivotalen Studie stellten Infektionen durch C. krusei ein Ausschlusskriterium dar, da diese Species gegenüber dem Komparator Fluconazol eine bekannte Resistenz aufweist. Die Wirksamkeit bei dieser Species wurde daher an den gepoolten Daten der übrigen 6 Studien untersucht. In die gepoolte Analyse gingen Daten von insgesamt 19 Patienten ein. 11 Patienten wiesen ausschlieslich eine Candidämie, die übrigen 8 zusätzlich eine Gewebeinfektion auf. Der Anteil neutropenischer Patienten war mit 8/19 hoch. Die Global Response (gemäss obiger Definition) lag am Ende der intravenösen Behandlung bei 14/19, am Ende jeglicher antimykotischer Therapie bei 12/19.
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