Unerwünschte WirkungenHIV-1
Die Beurteilung der unerwünschten Wirkungen in klinischen Studien basiert auf Erfahrungen aus zwei Studien (GS-98-902 und GS-99-907) mit 653 antiretroviral vorbehandelten Patienten, die 24 Wochen mit Tenofovirdisoproxilfumarat (n = 443) oder mit Placebo (n = 210) – jeweils in Kombination mit anderen antiretroviralen Arzneimitteln – behandelt wurden, sowie auf einer doppelblinden kontrollierten Vergleichsstudie mit 600 antiretroviral naiven Patienten, die 144 Wochen lang Tenofovirdisoproxil 245 mg (als Fumarat) (n = 299) oder Stavudin (n = 301) in Kombination mit Lamivudin und Efavirenz erhielten.
Bei etwa einem Drittel der Patienten sind nach einer Kombinationsbehandlung mit Tenofovirdisoproxilfumarat und anderen antiretroviralen Wirkstoffen unerwünschte Wirkungen zu erwarten. Bei diesen unerwünschten Wirkungen handelt es sich meist um leichte bis mittelschwere gastrointestinale Beschwerden.
Die unerwünschten Wirkungen, die zumindest möglicherweise mit der Behandlung in Zusammenhang stehen, sind nach Organklassen und absoluter Häufigkeit gegliedert. Innerhalb jeder Häufigkeitsgruppe werden die unerwünschten Wirkungen nach abnehmendem Schweregrad angegeben. Die Häufigkeiten sind wie folgt definiert: sehr häufig (≥1/10), häufig (≥1/100, <1/10). Siehe auch «Unerwünschte Wirkungen nach Markteinführung».
Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen
Sehr häufig: Hypophosphatämie (12%)
Erkrankungen des Nervensystems
Sehr häufig: Schwindelgefühl (28%)
Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts
Sehr häufig: Diarrhö (22%), Erbrechen (12%), Übelkeit (20%)
Häufig: Flatulenz
Ungefähr 1% der mit Tenofovirdisoproxilfumarat behandelten Patienten beendete die Behandlung aufgrund von Magen-Darm-Beschwerden.
In der Studie GS-99-907 (therapieerfahrene Patienten, Tenofovir add-on Design zu 3er-Basis-Kombination) wurden 4 Fälle von Pankreatitis unter Tenofovir und kein Fall einer Pankreatitis unter Placebo beobachtet. Es wurde nur bei 15-17,6% der Patienten eine laborchemische Bestimmung der Lipase durchgeführt. Bei den Patienten mit Lipasebestimmung wurde in 27% der Fälle eine Grad 3 Erhöhung der Lipase (Placebo 16%) und in 9% der Fälle eine Grad 4 Erhöhung der Lipase (Placebo 3%) festgestellt.
Hepatitis B
Die Beurteilung der unerwünschten Wirkungen in klinischen Studien basiert vorwiegend auf Erfahrungen aus zwei doppelblinden kontrollierten Vergleichsstudien (GS-US-174-0102 und GS-US-174-0103) mit 641 Patienten mit chronischer Hepatitis B und kompensierter Lebererkrankung, die 48 Wochen einmal täglich mit Tenofovirdisoproxil 245 mg (als Fumarat) (n = 426) oder mit Adefovirdipivoxil 10 mg (n = 215) behandelt wurden. Die unerwünschten Wirkungen, die während der Weiterbehandlung über 384 Wochen beobachtet wurden, waren konsistent mit dem Sicherheitsprofil von Tenofovirdisoproxilfumarat. Im Anschluss an einen anfänglichen Rückgang um ungefähr
-4,9 ml/min (nach der Cockcroft-Gault-Formel) bzw. -3,9 ml/min/1,73 m2 (nach der MDRD-Formel [modification of diet in renal disease]) nach den ersten 4 Behandlungswochen betrug die Rate der jährlichen Verschlechterung der Nierenfunktion nach Studienbeginn bei Patienten unter Tenofovirdisoproxilfumarat -1,41 ml/min pro Jahr (nach der Cockcroft-Gault-Formel) bzw.
-0,74 ml/min/1,73 m2 pro Jahr (nach der MDRD-Formel).
Die unerwünschten Wirkungen, die zumindest möglicherweise mit der Behandlung in Zusammenhang stehen, sind nach Organklassen und Häufigkeit gegliedert. Die Häufigkeiten sind wie folgt definiert: häufig (≥1/100, <1/10). Siehe auch «Unerwünschte Wirkungen nach Markteinführung».
Erkrankungen des Nervensystems
Häufig: Kopfschmerzen
Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts
Häufig: Diarrhö, Erbrechen, Bauchschmerzen, Übelkeit, Bauchaufblähung, Flatulenz
Leber- und Gallenerkrankungen
Häufig: erhöhte Serum-Alanin-Aminotransferase (ALT)-Werte
Allgemeine Erkrankungen
Häufig: Ermüdung
Exazerbationen während der Behandlung: In Studien an Nukleosid-naiven Patienten kam es während der Behandlung bei 2,6% der Tenofovirdisoproxilfumarat-behandelten versus 1,9% der Adefovirdipivoxil-behandelten Patienten zu einem >10-fachen Anstieg der ALT-Werte gegenüber dem oberen Normalwert mit einem >2-fachen Anstieg gegenüber dem Ausgangswert. Bei Tenofovirdisoproxilfumarat-behandelten Patienten trat der Anstieg der ALT-Werte im Median nach 8 Wochen auf und bildete sich bei fortgesetzter Therapie zurück. Bei der Mehrzahl der Fälle war der Anstieg der ALT-Werte mit einer Verringerung der Viruslast um ≥2 log10 Kopien/ml assoziiert, die vor dem Anstieg der ALT-Werte oder gleichzeitig mit diesem auftrat. Während der Behandlung sollte die Leberfunktion regelmässig überwacht werden.
Patienten mit dekompensierter Lebererkrankung: Das Sicherheitsprofil von Tenofovirdisoproxilfumarat bei Patienten mit dekompensierter Lebererkrankung wurde in einer aktiv kontrollierten Doppelblindstudie (GS-US-174-0108) beurteilt, in der die Patienten über 48 Wochen Tenofovirdisoproxilfumarat (n = 45) oder Emtricitabin plus Tenofovirdisoproxilfumarat (n = 45) oder Entecavir (n = 22) erhielten.
Im Behandlungsarm mit Tenofovirdisoproxilfumarat brachen 7% der Patienten die Behandlung aufgrund eines unerwünschten Ereignisses ab; bei 9% der Patienten kam es bis Woche 48 zu einem bestätigten Anstieg des Serumkreatinins um ≥0,5 mg/dl oder zu einem bestätigten Serumphosphatspiegel <2 mg/dl; es gab keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den kombinierten Tenofovir-Gruppen und der Entecavir-Gruppe. Patienten mit einem hohen Child-Pugh-Turcotte-Score zu Studienbeginn hatten ein höheres Risiko für das Auftreten schwerer unerwünschter Ereignisse (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Bei 3 Patienten in der Tenofovirdisoproxilfumarat-Gruppe wurde ein hepatozelluläres Karzinom diagnostiziert und 2 Patienten dieser Gruppe starben während der Studie.
Unerwünschte Wirkungen nach Markteinführung
Zusätzlich zu den Berichten über unerwünschte Wirkungen aus klinischen Studien wurden auch die folgenden möglichen unerwünschten Wirkungen im Rahmen der Post-Marketing-Überwachung der Sicherheit von Tenofovirdisoproxilfumarat beobachtet. Die Häufigkeiten sind wie folgt definiert: selten (≥1/10'000, <1/1000), sehr selten (<1/10'000), einschliesslich gemeldeter Einzelfälle. Da es sich bei diesen unerwünschten Wirkungen um Spontanberichte aus einer unbekannten Populationsgrösse handelt, ist eine Häufigkeitsangabe nicht immer möglich.
Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems
Nicht bekannt: Anämie, Neutropenie, Panzytopenie, Thrombozytopenie
Erkrankungen des Immunsystems
Nicht bekannt: allergische Reaktion (einschliesslich Angioödem)
Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen
Selten: Laktatazidose
Nicht bekannt: Hypokaliämie
Erkrankungen des Nervensystems
Nicht bekannt: periphere Neuropathien
Erkrankungen der Atemwege, des Brustraums und Mediastinums
Sehr selten: Dyspnoe
Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts
Selten: Pankreatitis
Nicht bekannt: erhöhte Amylase
Leber- und Gallenerkrankungen
Selten: erhöhte Transaminasen einschliesslich Serum-Aspartat-Aminotransferase (AST), Serum-Alanin-Aminotransferase (ALT) und gamma-Glutamyltransferase (gamma-GT)
Sehr selten: Hepatitis
Nicht bekannt: Hepatosteatose, Leberversagen
Erkrankungen der Haut und des Unterhautgewebes
Selten: Exanthem
Nicht bekannt: Stevens-Johnson-Syndrom
Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrankungen
Häufig: Abnahme der Knochenmineraldichte*
Nicht bekannt: Rhabdomyolyse, Osteomalazie (manifestiert als Knochenschmerzen und selten Mitursache bei Frakturen), Muskelschwäche, Myopathie
* Die Häufigkeit dieser Nebenwirkung wurde auf der Grundlage von Sicherheitsdaten aus verschiedenen klinischen Studien mit Tenofovirdisoproxil bei HBV-infizierten Patienten geschätzt. Siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen».
Generalisierte motorische Schwäche: Sehr selten wurde unter der Behandlung mit Nukleosid-Analoga eine generalisierte motorische Schwäche beobachtet, welche klinisch einem Krankheitsbild wie dem Guillain-Barré-Syndrom ähnelte. Eine solche motorische Schwäche kann mit und ohne Hyperlaktatämie einschliesslich respiratorischer Insuffizienz auftreten (siehe auch «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Osteonekrose: Fälle von Osteonekrose wurden insbesondere bei HIV-infizierten Patienten mit allgemein bekannten Risikofaktoren, fortgeschrittener HIV-Erkrankung oder Langzeitanwendung einer ART berichtet. Die Häufigkeit des Auftretens ist unbekannt (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Erkrankungen der Nieren und Harnwege
Selten: akutes Nierenversagen, Nierenversagen, proximale renale Tubulopathie (einschliesslich Fanconi-Syndrom), erhöhtes Kreatinin
Sehr selten: akute Tubulusnekrose
Nicht bekannt: Nephritis (einschliesslich akuter interstitieller Nephritis), nephrogener Diabetes insipidus, Niereninsuffizienz, Proteinurie, Polyurie
Allgemeine Erkrankungen
Sehr selten: Asthenie
Beschreibung ausgewählter Nebenwirkungen
Immun-Reaktivierungs-Syndrom: Bei HIV-infizierten Patienten mit schwerem Immundefekt kann sich zum Zeitpunkt der Einleitung einer ART eine entzündliche Reaktion auf asymptomatische oder residuale opportunistische Infektionen entwickeln. Es liegen auch Berichte über Autoimmunerkrankungen (wie z.B. Morbus Basedow und Autoimmunhepatitis) vor; allerdings ist der Zeitpunkt des Auftretens sehr variabel und diese Ereignisse können viele Monate nach Beginn der Behandlung auftreten (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Metabolische Parameter: Während einer antiretroviralen Therapie können eine Gewichtszunahme und ein Anstieg der Blutlipid- und Blutglucosewerte auftreten. (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Exazerbation der Hepatitis nach Absetzen der Behandlung: Bei HBV-infizierten Patienten traten nach Absetzen der HBV-Behandlung klinische und laborchemische Hinweise von Exazerbationen der Hepatitis auf (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Proximale renale Tubulopathie: Folgende unerwünschte Wirkungen, die oben unter den Organsystemen aufgelistet sind, können als Folge einer proximalen renalen Tubulopathie auftreten: Rhabdomyolyse, Osteomalazie (manifestiert sich als Knochenschmerzen und selten als Mitursache bei Frakturen), Hypokaliämie, Muskelschwäche, Myopathie und Hypophosphatämie. Liegt keine proximale renale Tubulopathie vor, wird die Therapie mit Tenofovirdisoproxilfumarat nicht als Ursache dieser Ereignisse betrachtet. In der Regel klang eine proximale renale Tubulopathie nach dem Absetzen von Tenofovirdisoproxilfumarat ab oder verbesserte sich. Allerdings verbesserte sich bei einigen Patienten trotz des Absetzens von Tenofovirdisoproxilfumarat die verringerte Kreatinin-Clearance nicht wieder vollständig. Bei Patienten mit einem Risiko für eine Nierenfunktionsstörung (beispielsweise Patienten mit schon bestehenden Risikofaktoren für eine Nierenfunktionsstörung, fortgeschrittener HIV-Erkrankung oder Patienten, die gleichzeitig nephrotoxische Arzneimittel erhalten) besteht ein erhöhtes Risiko, dass es bei ihnen trotz des Absetzens von Tenofovirdisoproxilfumarat zu einer unvollständigen Erholung der Nierenfunktion kommt (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Laktatazidose: Fälle von Laktatazidose wurden bei der Einnahme von Tenofovirdisoproxilfumarat allein oder in Kombination mit anderen antiretroviralen Arzneimitteln berichtet. Patienten mit prädisponierenden Faktoren wie einer dekompensierten Lebererkrankung oder Patienten, die Begleitmedikamente erhalten, von denen bekannt ist, dass sie eine Laktatazidose auslösen, haben ein erhöhtes Risiko, während der Tenofovirdisoproxilfumaratbehandlung eine schwere Laktatazidose zu bekommen, einschliesslich tödlicher Verläufe.
Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von grosser Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdacht einer neuen oder schwerwiegenden Nebenwirkung über das Online-Portal ElViS (Electronic Vigilance System) anzuzeigen. Informationen dazu finden Sie unter www.swissmedic.ch.
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