Nicht fluoriertes Glukokortikoid
Zusammensetzung
Solu-Dacortin enthält Prednisolon-21-succinas Natricus in steriler, lyophilisierter und besonders leicht löslicher Trockenform. Als Lösungsmittel ist jeweils 1 Ampulle reines Aqua ad iniectabilia beigegeben. Keine weiteren Hilfsstoffe.
25 mg Prednisolon-21-succinas Natricus = 18,7 mg Prednisolon; 50 mg Prednisolon-21-succinas Natricus = 37,4 mg Prednisolon; 250 mg Prednisolon-21-succinas Natricus = 186,7 mg Prednisolon.
Eigenschaften/Wirkungen
Antiallergisch (Hemmung akuter Immunreaktionen).
Antiphlogistisch (hierbei vor allem antiödematös).
Unspezifisch antitoxisch (Schutz der Gefässwände).
Mikrozirkulationsfördernd (Stabilisierung der peripheren Durchblutung).
Dämpfung übermässiger Stressreaktionen.
Induktion der Synthese von Enzymproteinen.
Aktivierung von Schlüsselenzymen des Kohlenhydrat- und Eiweissstoffwechsels.
Verminderung der Histaminausschüttung nach Antigen-Antikörper-Reaktion sowie Blockierung der Mediatoreffekte.
Stabilisierung von Zellmembranen durch direkte Wechselwirkung mit Membranbestandteilen.
Pharmakokinetik
Resorption: Nach intramuskulärer Applikation des Solu-Dacortin erfolgt die Resorption rasch und vollständig. Bei normalen Kreislaufverhältnissen oft nach 30-60 Minuten. Gleichzeitig beginnt die Hydrolyse (Verseifung) des Esters.
Nach intravenöser Injektion setzt die Esterspaltung sofort ein.
Eiweissbindung: Kortikosteroide werden im Plasma zu 90% an Eiweisskörper gebunden; etwa zu 80% an α-2-Globulin und 10% an Albumin. Für die pharmakologischen Wirkungen sind vornehmlich die 10% freier Kortikoide verantwortlich. Bei Eiweissmangelzuständen (z.B. bei chron. Leber- oder Nierenerkrankungen) muss wegen des gestiegenen Anteils des freien Kortikoids die Steroiddosis entsprechend reduziert werden.
Esterspaltung: Die Hydrolyse des Prednisolon-hemisuccinat-Esters erfolgt schon in reiner wässriger Lösung schnell. Erste messbare Plasmaspiegel des freien Prednisolons: Nach ca. 5 Minuten. Wirkstoffmaximum des freien Prednisolon-Alkohols im Plasma: Nach ca. 30 Minuten. Bestimmte Zellmembraneffekte sind sogar durch den ungespaltenen Kortikoidester möglich.
Konzentration im Gewebe: Aus tierexperimentellen Gewebeanalysen nach parenteraler Applikation von Hydrocortison bzw. Dexamethason kann geschlossen werden, dass die höchsten Kortikoidkonzentrationen in Leber, gefolgt von Niere und Lunge gemessen werden können.
Liquorgängigkeit: Prednisolon zeigt nach i.v. Applikation einen langsameren Konzentrationsanstieg im Liquor cerebrospinalis als Dexamethason. Nach 8 Stunden ist der Kurvenverlauf beider Kortikoide annähernd gleich.
Plazentagängigkeit: Prednisolon kann, wie alle Kortikoide, die Plazenta passieren. Prophylaktische Kortikoidgabe an die Schwangere bei drohender Frühgeburt mindestens 24 Stunden vor dem Partus kann die Lungenreifung des Fetus beschleunigen und damit ein Atemnotsyndrom des Frühgeborenen verhindern.
Übergang in die Muttermilch: Prednisolon geht in so geringen Mengen in die Muttermilch über, dass ein Säugling nur weniger als 1/1 0 0 der Dosis, die der stillenden Mutter appliziert wird, erhalten kann. Dieser Menge wird keine schädliche Wirkung zugeschrieben.
Serum-/Biologische Halbwertszeit: Plasma-Halbwertszeit: 150-220 Minuten;
Biologische Halbwertszeit: 12-36 Stunden.
Kinetik in besonderen klinischen Situationen
Enzyminduktoren können die Halbwertszeit von Prednisolon verkürzen, z.B. Phenytoin, Phenobarbital und Rifampicin um etwa die Hälfte, und die Plasma-Clearance kann sich nahezu verdoppeln. Bei Vorliegen einer Hypoalbuminämie und Hyperbilirubinämie können unerwünscht hohe Konzentrationen an nicht proteingebundenem Prednisolon auftreten. Patienten mit chronischen Nierenleiden weisen eine längere Halbwertszeit, höhere AUC-Werte sowie einen grösseren Anteil an freiem Prednisolon auf.
Elimination bei eingeschränkter Leberfunktion: Bei schweren Lebererkrankungen z.B. Hepatitis, Leberzirrhose, aber auch bei Schwangerschaft und Östrogenapplikation ist die Eliminationshalbwertszeit der Glukokortikoide verlängert.
Metabolismus und Ausscheidung: Prednisolon-21-hemisuccinat wird beim Menschen zu einem grossen Teil im Urin in Form des freien Prednisolon-Alkohols ausgeschieden. Ausserdem erscheint in den ersten Stunden nach i.v. Injektion unverseifter Ester im Urin. Bevorzugt zu späteren Zeitpunkten lassen sich verschiedene Metaboliten nachweisen, hierzu gehört z.B. Δ 1,4 -Pregnadien-20-ol. In der Leber erfolgt eine Konjugierung der Metaboliten mit Glukuron- oder Schwefelsäure, wodurch sie wasserlöslich werden.
Indikationen/Anwendungsmöglichkeiten
Anaphylaktischer Schock (nach primärer Adrenalininjektion).
Polytraumatischer Schock, verschleppter hämorrhagischer Schock (zusätzlich zur Infusionsbehandlung).
Schock durch Erschöpfung und Unterkühlung (Bergunfälle).
Kardiogener Schock.
Lungenödem durch Inhalation toxischer Substanzen wie Chlorgas. Isocyanate, Schwefelwasserstoff, Phosgen, Nitrosegas, Ozon; ferner durch Magensaftaspiration und durch Ertrinken.
Status asthmaticus.
Hirnödem.
Abstossungskrisen nach Nierentransplantation.
Akute schwere Dermatosen wie Pemphigus vulgaris, Erythrodermie.
Akute Blutkrankheiten wie akute hämolytische Anämien, akute thrombopenische Purpura.
Schwere Infektionskrankheiten (in Verbindung mit Antibiotika) wie z.B. Typhus.
Akute Nebenniereninsuffizienz, z.B. Addison-Krise, hyperthyreote Krise, Stresszustände bei und nach langfristiger Kortikoidtherapie.
Akute Erkrankungen im Kindesalter, z.B. Pseudokrupp, akute Virusmyokarditis.
Dosierung/Anwendung
Solu-Dacortin wird bei akuten Krankheiten meist intravenös appliziert. Es kann aber auch intramuskulär, intraarteriell, intraartikulär und intrathekal injiziert werden.
Die Voraussetzung für ein befriedigendes therapeutisches Resultat mit Solu-Dacortin ist, wie bei jeder Kortikoidanwendung, die individuelle Dosierung, die sowohl die Schwere der Krankheit, die Reaktion des Patienten als auch die voraussichtliche Dauer der Medikation berücksichtigen. Dabei sollten Dosis und Dauer einerseits so hoch bzw. lang wie nötig, andererseits stets so niedrig bzw. kurz wie möglich gehalten werden.
Erfahrungsgemäss werden folgende Dosen verwendet:
Bei kardiogenem polytraumatischem Schock, bei inhalativen Vergiftungen so früh wie möglich: Anfangsdosis 1-3 g. Weiterbehandlung: 250-500 mg in 4- bis 6- bis 12stündigen Abständen in den ersten 3 Tagen.
Entwickelt sich nach Schock oder inhalativer Vergiftung eine Atemstörung (Schocklunge, toxisches Lungenödem), Kortikoidbehandlung bis max. 3 Wochen fortsetzen: Reduktion der Tagesdosen von 1000 mg über 500 mg, 250 mg, 100 mg, 50 mg bis auf 15 mg. Jeweilige Dosis 1 bis mehrere Tage beibehalten. Von 15 mg an mit fallenden oralen Prednisolon-Dosen langsam absetzen.
Beim anaphylaktischen Schock primär intravenöse Adrenalininjektion (1,0 ml der Adrenalin-Lösung 1:1000 auf 10 ml mit physiologischer NaCl-Lösung oder Blut verdünnen und milliliterweise die notwendige Dosis langsam injizieren, cave Herzrhythmusstörungen), dann Solu-Dacortin 1 g durch die noch liegende Kanüle (bei Kindern 250 mg), anschliessend Volumensubstitution und evtl. Beatmung: Adrenalin- und Solu-Dacortin-Injektionen bei Bedarf wiederholen. (Mit Adrenalin zusammen keine Kalzium-, Digitalis- oder Strophanthinpräparate verabreichen!).
Beim Status asthmaticus initial 250-1000 mg. Weiterbehandlung mit den gleichen oder niedrigeren Dosen in 4stündigen Abständen, danach langsame Dosisreduktion bis zur Erhaltungsdosis.
Zur Prophylaxe oder Therapie eines akuten Hirnödems: Initial 250 bis 1000 mg (wenn keine Fortecortin® Mono-Ampullen/Mono-Fertigspritzen vorhanden sind). Weiterbehandlung mit 8-16 mg Fortecortin Mono-Ampullen in 2- bis 6stündigen Abständen.
Bei Abstossungskrisen nach Nierentransplantationen zusätzlich zur Basistherapie 1-g-Stösse Solu-Dacortin an 3-7 konsekutiven Tagen.
Bei akuten schweren Dermatosen und Blutkrankheiten: 250-1000 mg/Tag.
Bei schweren Infektionskrankheiten, z.B. Typhus, 100-500 mg/Tag (zusätzlich zur Antibiotika-Therapie).
Bei Addison-Krise, hyperthyreoter Krise und Stresszuständen bei und nach langfristiger Kortikoidbehandlung 50-100 mg als Anfangsdosis; bei Bedarf orale Weiterbehandlung mit Prednisolon-Tabletten.
Bei schweren Erkrankungen im Kindesalter allgemein 10-50 mg als Anfangsdosis; bei schweren Verlaufsformen des Pseudokrupp sofort 25-50 mg i.v. oder i.m.; evtl. Wiederholung nach 2-3 Stunden; bei akuter Virusmyokarditis sofort 5-10 mg/kg i.v. Wiederholungen in 2-4stündigen Abständen.
Anwendungseinschränkungen
Kontraindikationen
In akuten Notfällen gibt es keine Gegenanzeigen.
Bei länger dauernder systemischer Anwendung, die über die Notfalltherapie und die Substitution hinausgeht: Magen- und Darmulzera; schwere Osteoporose; psychiatrische Anamnese; Herpes simplex, Herpes zoster (virämische Phase); Varizellen; ca. 8 Wochen vor und 2 Wochen nach Schutzimpfungen; Lymphome nach BCG-Impfung; Amöbeninfektion; Systemmykosen; Poliomyelitis mit Ausnahme der bulbärenzephalitischen Form; Eng- und Weitwinkelglaukom.
Bei lokaler Anwendung: Infektionen im Anwendungsbereich.
Vorsichtsmassnahmen
Bei Infektionskrankheiten ist für ausreichenden antibiotischen bzw. chemotherapeutischen Schutz zu sorgen. Bei längerdauernder Anwendung, die über die Notfalltherapie und die Substitution hinausgeht, muss auf Magen- und Darmulzerationen geachtet werden. Diese oft stressbedingte Ulzeration könnte unter einer Glukokortikoidtherapie symptomarm und als okkulte gastrointestinale Blutung verlaufen. Aus diesem Grunde werden Stuhluntersuchungen auf Blut zum Ausschluss einer occulten gastrointestinalen Blutung bei hierfür gefährdeten Patienten empfohlen. Es ist im Rahmen einer länger dauernden Glukokortikoidtherapie mit Herabsetzung der Glukosetoleranz und der Infektresistenz zu rechnen. Die Anwendung bei schweren Infekten sollte nur in Verbindung mit einer kausalen antibiotischen Therapie erfolgen.
Schwangerschaft/Stillzeit
Schwangerschafts-Kategorie B: Reproduktionsstudien bei Tieren haben keine Risiken für die Föten gezeigt, aber man verfügt über keine kontrollierten Studien bei schwangeren Frauen. Da eine absolute Sicherheit und Unbedenklichkeit von Kortikosteroiden während der Schwangerschaft und Stillzeit nicht erwiesen wurde, sollte auch Solu-Dacortin, wie alle anderen Kortikosteroide, während der Schwangerschaft, besonders in den ersten 3 Monaten, nur unter strenger Abwägung von Nutzen und Risiko angewendet werden. Kinder, deren Mütter während der Schwangerschaft höhere Kortikosteroiddosen erhalten haben, sollten sorgfältig auf Zeichen von Hypokortizismus überwacht werden.
Kortikosteroide werden mit der Muttermilch ausgeschieden und könnten wachstumshemmend wirken, die Kortikosteroid-Eigenproduktion beeinflussen oder andere unerwünschte Wirkungen zeigen. Mütter, welche therapeutische Kortikoiddosen erhalten, sollten deshalb abstillen.
Unerwünschte Wirkungen
Während der Langzeittherapie mit Prednisolon können die bekannten Nebenwirkungen der Glukokortikoide auftreten, die als übersteigerte Hormonwirkungen dem Cushing-Syndrom ähnlich sind:
Vollmondgesicht; Stammfettsucht; Muskelschwäche; Hypertonie; Osteoporose; verminderte Glukosetoleranz; Diabetes mellitus; Störungen der Sexualhormonsekretion (Amenorrhoe, Hirsutismus, Impotenz); Striae rubrae; Petechien; Ekchymosen; Steroidakne; Natriumretention mit Ödembildung; vermehrte Kaliumausscheidung; Inaktivität bzw. Atrophie der NNR; Vaskulitis; Magenbeschwerden; Ulcus ventriculi; Erhöhung des Infektionsrisikos; Behinderung der Immunvorgänge; verzögerte Wundheilung; Wachstumsverzögerung bei Kindern; aseptische Knochennekrosen (Femur- und Humeruskopf); Glaukom; Katarakt; psychische Störungen; Erhöhung des Thromboserisikos; Pankreatitis.
Solu-Dacortin kann besonders bei Patienten mit allergischer Diathese (z.B. bei obstruktiven Atemwegserkrankungen) in seltenen Fällen allergische Reaktionen auslösen.
Interaktionen
Herzglykoside: Glykosidwirkung durch Kaliummangel verstärkt.
Saluretika: Zusätzliche Kaliumausscheidung.
Antidiabetika: Blutzuckersenkung vermindert.
Cumarin-Derivate: Antikoagulantienwirkung abgeschwächt.
Rifampicin und andere enzyminduzierende Substanzen: Kortikoidwirkung vermindert.
Nichtsteroidale Antiphlogistika, Antirheumatika: Gastrointestinale Blutungsgefahr erhöht.
Orale Kontrazeptiva und konjugierte Östrogene können Solu-Dacortin in seiner Wirkung verstärken.
Überdosierung
Überdosierung im eigentlichen Sinne entfällt bei Glukokortikoiden.
Sonstige Hinweise
Haltbarkeit
Maximale Aufbewahrungsdauer bei normalen Lagerungsbedingungen: 5 Jahre.
Die Packungen werden mit Verfalldatum versehen und sollen nach Ablauf der Verwendbarkeit nicht mehr eingesetzt werden.
Arzneimittel für Kinder unzugänglich aufbewahren!
Stand der Information
Juli 1991.
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