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Aphenylbarbit®
G. Streuli & Co. AG

Antiepilepticum/Sedativum 

Zusammensetzung

1 Suppositorium enthält: Phenobarbitalum 15 mg aut 50 mg aut 100 mg; Excipiens pro suppositorio.

1 Tablette enthält: Phenobarbitalum 15 mg aut 50 mg aut 100 mg aut 200 mg; Excipiens pro compresso.

Eigenschaften/Wirkungen

Phenobarbital teilt die Wirkungen anderer sedativ-hypnotischer Barbiturate und wird zur antikonvulsiven Therapie angewendet.

Pharmakokinetik

Absorption
Nach peroraler Applikation werden 70-90% von Phenobarbital langsam vom GIT resorbiert. Nach rektaler Verabreichung wird Phenobarbital rasch absorbiert. Die Bioverfügbarkeit beträgt 70-90%. Bei beiden Verabreichungsarten setzt die Wirkung zwischen 20-60 Minuten nach der Anwendung ein.
Maximale Plasmakonzentrationen resp. Konzentrationen im Gehirn werden bei oraler Applikation nach 8-12 Stunden resp. 10-15 Stunden erreicht.
Die Dauer der Sedation beträgt 6-8 Stunden.

Distribution
In vitro werden 20-45% von Phenobarbital an Plasma­eiweisse gebunden. Das Verteilungsvolumen beträgt 0,7 l/kg.
Nach der Absorption werden Barbiturate schnell in alle Gewebe - insbesondere in die Leber und ins Hirn - verteilt.

Plasmakonzentrationen

10-40 µg/ml: antikonvulsiv, sedativ und hypnotisch wirksam.

>50 µg/ml: Koma.

>80 µg/ml: letal.
Phenobarbital passiert die Placentaschranke und tritt in geringen Mengen in die Muttermilch über.

Metabolismus
Phenobarbital wird in der Leber im wesentlichen zum inaktiven p-Hydroxyphenobarbital hydroxyliert und z.T. konjugiert. Phenobarbital ist ein Induktor der arzneimittelabbauenden Enzyme in der Leber und steigert dadurch den eigenen Metabolismus und denjenigen von anderen Arzneistoffen.

Elimination
Ungefähr 25% einer Dosis werden unverändert im Urin ausgeschieden, während ca. 75% als Sulfate, Glucuronide und als p-Hydroxy-Metaboliten eliminiert werden.
Die Eliminationshalbwertszeit von Phenobarbital ist vom Lebensalter, von der Leberfunktion und vom pH-Wert des Urins abhängig. Sie beträgt beim Neugeborenen 3-7 Tage, bei Kindern 3 Tage und bei Erwachsenen 2-4 Tage. Bei einer Leberzirrhose steigt die Plasmahalbwertszeit auf 4-8 Tage an.
Eine Alkalisierung und/oder eine Erhöhung des Urinvolumens steigern die Ausscheidungsmenge an unverändertem Phenobarbital (s.a. «Kinetik in besonderen klinischen Situationen»).

Kinetik in besonderen klinischen Situationen
Bei eingeschränkter Nierenfunktion verzögert sich die Ausscheidung erheblich, weshalb die zu verabreichende Dosis zu reduzieren ist.

Indikationen/Anwendungsmöglichkeiten

Epilepsie, Erregungszustände, Fieberkrämpfe.
Adjuvans bei Entzugsbehandlung.

Dosierung/Anwendung

Die Dosis muss individuell dem Patienten angepasst werden (Blutspiegelmessungen), und es soll stets die kleinste effektive Dosierung angewendet werden (Maximaldosierung pro Tag: 600 mg).

Erwachsene: 1-3 mg/kg Körpergewicht pro Tag; die tägliche Maximaldosis beträgt 600 mg.

Kinder: 3-4 mg/kg Körpergewicht pro Tag.

Spezielle Dosierungsanweisungen
Bei Patienten mit eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion ist die zu verabreichende Dosis zu reduzieren. Therapeutische Plasmakonzentrationen liegen zwischen 10-40 µg/ml.

Anwendungseinschränkungen

Kontraindikationen
Überempfindlichkeit gegenüber Phenobarbital.
Akute Vergiftung mit zentralwirkenden Medikamenten: Schlaf-, Beruhigungs-, Anregungs- und Schmerzmittel sowie Alkohol, Arzneimittelabhängigkeit, gleichzeitige Alkoholeinnahme. Hepatische Porphyrie, schwere Nieren- und Leberfunktionsstörungen sowie Herzmuskelschäden.

Vorsichtsmassnahmen
Bei Patienten mit akuten oder chronischen Schmerzen soll Phenobarbital nur mit Vorsicht gegeben werden, weil dabei paradoxe Erregungszustände beobachtet oder wichtige Symptome maskiert werden können. Ebenso ist Vorsicht geboten bei Patienten mit Bewusstseinsstörungen und Verwirrtheitszuständen infolge von Durchblutungsstörungen des Gehirns.
Wegen der atemdepressiven Wirkung von Phenobarbital ist bei Patienten mit respiratorischer Insuffizienz grundsätzlich Vorsicht geboten.
Phenobarbital ist ein Induktor der arzneimittelabbauenden Enzyme in der Leber und steigert dadurch den Metabolismus von anderen Arzneistoffen. Einzelheiten siehe «Interaktionen». Bei regelmässiger Verabreichung von Phenobarbital besteht die Möglichkeit einer Gewöhnung. Bei abruptem Absetzen können Entzugssymptome und zerebrale Krampfanfälle auftreten.
Phenobarbital kann den Vitamin-D-Metabolismus beeinflussen und somit zu einer Entwicklung von Knochenerkrankungen führen. Eine prophylaktische Gabe von Vitamin D kann erforderlich sein.
Eine Langzeitbehandlung mit Antikonvulsiva kann zu verminderten Folsäurespiegeln führen. Risikopatienten sollten regelmässig kontrolliert werden und eine Behandlung mit Folsäure und Vitamin K1 in Betracht gezogen werden (siehe auch «Schwangerschaft» und «Unerwünschte Wirkungen»).
Dieses Arzneimittel kann auch bei bestimmungsmässigem Gebrauch das Reaktionsvermögen so weit verändern, dass die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Strassenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt wird. Dies gilt in verstärktem Masse im Zusammenwirken mit Alkohol.

Schwangerschaft/Stillzeit
Schwangerschaftskategorie D. Es gibt klare Hinweise auf Risiken für den menschlichen Fötus, aber der therapeutische Nutzen für die Mutter kann überwiegen. Die Einnahme von Barbituraten während der ersten drei Schwangerschaftsmonate wird in Verbindung gebracht mit dem häufigeren Auftreten bestimmter fötaler Missbildungen, z.B. Hypoplasien von Fingern und Zehen, kraniofaziale Dysmorphien sowie Störungen der kognitiven Entwicklung.
Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass Entwicklungsstörungen, darunter auch Missbildungen, bei Kindern von Epileptikerinnen 2- bis 3mal häufiger beobachtet werden als in der gesunden Vergleichsgruppe.
Eine Schwangerschaft sollte bei Epileptikerinnen daher sorgfältig geplant und die Art bzw. Notwendigkeit der Behandlung neu beurteilt werden. Eine erforderliche Epilepsie-Therapie soll während der Schwangerschaft nicht abgebrochen werden, da sich eine Verschlimmerung der Krankheit negativ auf die Entwicklung des Fötus auswirken kann. Besonders während dem 20. und 40. Schwangerschaftstag sollte die verabreichte Dosis möglichst niedrig gehalten werden. Zur weiteren Risikovermeidung ist eine Kombination mit anderen Arzneimitteln zu vermeiden, empfohlen wird die Monotherapie. Im Verlauf der gesamten Gravidität, aber auch postpartal muss die Therapie sorgfältig überwacht werden (Kontrollen von Serumspiegel und EEG).
Die Gabe von Folsäure während der Schwangerschaft wird generell empfohlen, Vitamin-D-Gaben zur Vermeidung von Osteomalazie können von Vorteil sein.
Nach Einnahme von Phenobarbital in der zweiten Schwangerschaftshälfte wurden Gerinnungsstörungen sowie hämorrhagische Komplikationen beim Neugeborenen beschrieben. Zur Vermeidung von Blutungskomplikationen ist die prophylaktische Gabe von Vitamin K in den letzten Wochen der Schwangerschaft an die Mutter bzw. post partum an das Neugeborene nötig.
Die Verabreichung von Barbituraten kurz vor oder während der Geburt kann zu Atemdepression beim Neugeborenen führen.
Eine regelmässige Phenobarbital-Medikation der Mutter kann Entzugserscheinungen beim Neugeborenen zur Folge haben.
Phenobarbital geht in die Muttermilch über und erreicht dort etwa 40% der Konzentration im mütterlichen Plasma. Bei der höheren Sensibilität des kindlichen Organismus kann die mit der Milch aufgenommene Menge an Phenobarbital zu Somnolenz beim Säugling führen.

Unerwünschte Wirkungen

Allgemeine Anzeichen von ZNS-Dämpfung (Benommenheit, Müdigkeit, Schläfrigkeit, Lethargie, verlangsamte Reaktionszeit, eingeschränktes Urteilsvermögen, Artikulationsstörungen, Schwindel) sowie Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Konstipation, Myalgien, Neuralgien und Arthralgien. Viele dieser Nebenwirkungen bessern sich beim Fortdauern der Behandlung. Ataxien und reversible Sehstörungen (Nystagmus, Doppelbilder) treten ebenfalls auf und können auf eine Intoxikation hinweisen.
Insbesondere bei Kindern und älteren Patienten kann es unter der Behandlung mit Phenobarbital zu Erregungszuständen (paradoxe Reaktionen mit Unruhe, Aggressivität und Verwirrung) kommen. Bei Kindern mit hyperkinetischer Veranlagung sollte auf die Möglichkeit von Exazerbationen geachtet werden.
Die atemdepressive Wirkung kann sich bei Obstruktion der Atemwege und Hirnschädigungen verstärkt bemerkbar machen. Herzrhythmusstörungen wurden besonders nach Gabe höherer Dosen, Bradykardien, Hypotension und Schock v.a. nach parenteraler Applikation von Phenobarbital beobachtet.
Aplastische und megaloblastische Anämie, Panzytopenie, Thrombozytopenie, Leukopenie, Agranulocytose und Hämorrhagien wurden selten beobachtet. Eine megaloblastische Anämie kann mit Folsäure behandelt werden.
Überempfindlichkeitsreaktionen, vor allem in Form verschiedenartiger Hautveränderungen, Photosensibilisierung, Exantheme und systemischer Lupus erythematodes, sind bekannt. Sofort-Typ-Reaktionen, namentlich Urtikaria und Angioödem, wurden ebenfalls beschrieben. In Einzelfällen sind auch schwere Hautreaktionen (z.B. Stevens-Johnson-Syndrom, Lyell-Syndrom) aufgetreten.
Barbiturate können Leberfunktionsstörungen bis hin zur Lebernekrose, Erhöhungen der Leberenzymwerte (insbesondere des γ-GT) und Porphyrien auslösen. Vor allem bei Langzeit-Therapie kann es zu Osteomalazie und Hypocalcämie kommen. In seltenen Fällen wurde eine Dupuytren-Kontraktur festgestellt.
Bei der Behandlung mit Phenobarbital ist die allgemeine Sedierung zu berücksichtigen.

Interaktionen

Bei längerfristiger Anwendung von Phenobarbital kommt es zu einer Induktion mikrosomaler Leberenzyme, d.h. die Biotransformation von Arzneistoffen, die Substrate dieser Leberenzyme sind, kann um den Faktor 2-3 beschleunigt werden.
Die Wirkung von oralen Antikoagulantien, Antikonvulsiva, Cumarin-Derivaten, Digitoxin, Doxycyclin, Griseofulvin und Steroidhormonen wie Androgenen, Gestagenen, Östrogenen (cave: orale Kontrazeptiva!) und Glucocorticoiden wird durch Phenobarbital verringert. Bei gleichzeitiger Verordnung von Medikamenten mit den genannten Wirkstoffklassen sollte der eventuelle Wirkungsverlust in Betracht gezogen und bei der Dosierung berücksichtigt werden.
Zentraldämpfende Arzneimittel und/oder Alkohol können sich bei gleichzeitiger Verabreichung mit Phenobarbital gegenseitig in ihrer Wirkung verstärken.
Die Methotrexat-Toxizität wird durch Phenobarbital verstärkt.
Serumkonzentrationen von Phenobarbital können durch gleichzeitige Anwendung von Valproinsäure verstärkt werden.

Überdosierung

Symptome der Intoxikation

ZNS: Somnolenz, Dysarthrie, Ataxie, Nystagmus, Schwindel, Kopfschmerzen, Verwirrtheit, Sopor, Koma (mit progressiv abnehmenden Schmerzreaktionen), EEG-Veränderungen bis Nullinie, Hypothermie. Die Pupillen sind im Frühstadium eng, dann mydriatisch, in der Regel auf Licht reagierend.

Atmung: potentiell lebensgefährliche Atemdepression schon in frühen Komastadien.

Kreislauf: arterielle Hypotonie, Schock (kardiogen durch Verminderung der myokardialen Kontraktilität, hypovolämisch, neurogen).

Haut: charakteristische bullöse Hautläsionen (in 4-7% der Fälle) und Drucknekrosen bei komatösen Patienten (meist innerhalb von 24 Stunden).

Muskuloskelettal: Rhabdomylose.

Therapie einer Intoxikation
In leichten Fällen während der Frühphase der Intoxikation (1-2 Stunden nach Einnahme) primäre Dekontamination durch einmalige Verabreichung von Aktivkohle (oral Erwachsene: 70 g, Kinder 1-2 g/kg als wässerige Suspension) und reichlich Flüssigkeitssubstitution.
In schweren Fällen primäre Dekontamination mit Magenspülung innerhalb 1 Stunde nach Ingestion. Bei Bewusstlosigkeit vorher Intubation. Anschliessend primäre Dekontamination mit Aktivkohle wie vorher beschrieben. Zusätzlich sekundäre Dekontamination durch repetitive Gabe von Aktivkohle (Erwachsene 35-50 g alle 4 Stunden, Kinder 0,5-1,0 g/kg) während 3 Tagen sowie forcierte Diurese. Die Kontraindikationen von Aktivkohle (Ileus usw.) und vermehrter Flüssigkeitssubstitution (kardiale Insuffizienz usw.) sowie Aspirationsschutz sind zu beachten. Eine alkalische Diurese mit Natriumbicarbonat (cave Hypokaliämie) beschleunigt die Ausscheidung von Phenobarbital (angestrebter pHUrin 7,5-8,0) durch Verminderung der tubulären Resorption. Ebenfalls kann die Ausscheidung von Phenobarbital mittels Hämodialyse und Peritonealdialyse beschleunigt werden.

Sonstige Hinweise

Nicht in Reichweite von Kindern aufbewahren.
Das Medikament darf nur bis zu dem auf der Packung mit «EXP» bezeichneten Datum verwendet werden.

IKS-Nummern

12175, 33812.

Stand der Information

Februar 2002.
RL88