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Fasigyn®
Pfizer AG

Orales Chemotherapeutikum gegen Protozoen und Anaerobier 

Zusammensetzung

Wirkstoff: Tinidazolum 500 mg.

Hilfsstoffe: Hydroxypropylcellulosum (E 460), Acidum alginicum (E 400), Maydis amylum, Magnesii stearas, Natrii laurilsulfas (E 487); Hydroxypropylmethylcellulosum, Propylenglycolum, Titanii dioxidum (E 171).

Eigenschaften/Wirkungen

Mikrobiologie
Fasigyn (Tinidazol) gehört zu der Imidazol-Gruppe (5-Nitro-Imidazolderivat) und wirkt gegen Protozoen und Anaerobier.
Der Wirkungsmechanismus von Fasigyn gegen anaerobe Bakterien und Protozoen besteht in der Penetration der Substanz in die Zelle des Mikroorganismus und der Schädigung der DNS-Stränge oder der Hemmung ihrer Synthese. Fasigyn hat eine bakterizide Wirkung.
Tinidazol wirkt sowohl gegen Protozoen und obligate anaerobe Bakterien. Die Wirksamkeit gegen Protozoen schliesst Trichomonas vaginalis, Entamoeba histolytica und Giardia lamblia mit ein.
Tinidazol ist wirksam gegen Gardnerella vaginalis und die meisten anaeroben Bakterien, einschliesslich Bacteroides fragilis, Bacteroides melaninogenicus, Bacteroides sp., Clostridium sp., Eubacterium sp., Fusobacterium sp., Peptococcus sp., Peptostreptococcus sp. und Veillonella sp.

Antimikrobielle in vitro-Aktivität von Tinidazol
Die MHK-Empfindlichkeitsgrenze anaerober bakterieller Erreger beträgt für Metronidazol nach NCCLS (Vol. 13, 1993) 8 mg/l, und die in vitro-Resultate der Nitroimidazole wie Tinidazol und Metronidazol sind vergleichbar. Somit werden die oben erwähnten Erreger als empfindlich auf Tinidazol betrachtet.

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                                              MHK90 
                                              (mg/l)
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Anaerobe bakterielle Erreger                        
Bacteroides fragilis                          1,6   
Bacteroides melaninogenicus                   <= 0,1
Bacteroides sp.                               1,0   
Fusobacterium sp.                             0,4   
Peptokokken und Peptostreptokokken            0,8   
Clostridium perfringens                       1,6   
Clostridium sp.                               1,6   
Eubacterium sp.                               < 1,6 
Veillonella sp.                               < 1,6 
Gardnerella vaginalis                         < 12  
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Die minimale Hemmkonzentration in vitro beträgt für über 90% der Anaerobier 2 mg/l.

Resistente Erreger: Aerobier, Actinomyces sp., Arachnia sp., Propionibakterien (MHK > 16 mg/l).

Kreuzresistenz: Es liegen keine Daten vor, aber Kreuzresistenzen zwischen den Substanzen der Nitroimidazol-Gruppe sind sehr wahrscheinlich. Hingegen ist aufgrund von einigen Daten anzunehmen, dass gewisse klinisch auf Metronidazol resistente Fälle von Giardiasis gut auf eine Behandlung mit Tinidazol angesprochen haben.
Für die Empfindlichkeitsprüfungen von Protozoen sind Standardverfahren nicht etabliert. Die in verschiedenen Testverfahren ermittelten minimalen Hemmkonzentrationen (MHK mg/l) sind für:

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Trichomonas vaginalis                        <= 1,25
Entamoeba histolytica                        <= 1,25
Giardia lamblia                              <= 0,5 
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Pharmakokinetik

Absorption
Nach oraler Verabreichung wird Tinidazol rasch und vollständig resorbiert. Maximale Serumkonzentrationen werden gewöhnlich innerhalb von 2-6 Stunden nach Einnahme erreicht.
In Studien mit gesunden Probanden lagen die maximalen Plasmakonzentrationen zwei Stunden nach Einnahme von 2,0 g Tinidazol zwischen 40-51 mcg/ml. Nach 24 Stunden sanken die Werte bis auf 11-19 mcg/ml ab. Die Plasmaspiegel gingen langsam zurück. 72 Stunden nach Einnahme konnten noch Plasmaspiegel bis zu 1 mcg/ml gemessen werden.

Distribution
Tinidazol ist sehr gewebegängig, und klinisch wirksame Konzentrationen werden in der Galle, im Liquor, Speichel und in zahlreichen Körpergeweben (z.B. Gehirn, Leber, Haut) erreicht.
Tinidazol passiert rasch die Placentaschranke und erreicht in der Muttermilch Konzentrationen, welche denjenigen im Plasma entsprechen.
Das Verteilungsvolumen beträgt ungefähr 50 Liter.
Die Plasmaproteinbindung beträgt ungefähr 12%.

Metabolismus/Elimination
Die Eliminationshalbwertszeit von Tinidazol beträgt 12-14 Stunden. Tinidazol wird hydroxyliert und kann anschliessend zu einem Glucuronid konjugiert werden. Diese beiden Metaboliten sind im Urin nachweisbar. Zwei andere Metaboliten der Substanz, welche im Urin ausgeschieden werden, konnten nicht bestimmt werden.
Tinidazol wird renal und hepatisch ausgeschieden. Studien mit gesunden Probanden haben ergeben, dass 60-65% der verabreichten Dosis während den ersten 5  Tagen durch die Nieren ausgeschieden werden. 20-25% der verabreichten Tinidazol-Dosis werden im Urin unverändert ausgeschieden. Ungefähr 12% der verabreichten Dosis werden fäcal ausgeschieden.

Kinetik in besonderen klinischen Situationen
Studien bei niereninsuffizienten Patienten (Kreatinin-Clearance < 22 ml/Min.) weisen darauf hin, dass es bei diesen Patienten zu keinen signifikanten Änderungen im pharmakokinetischen Verhalten der Substanz kommt. Eine Anpassung der Dosierung ist deshalb bei diesen Patienten nicht notwendig.
Hingegen wird Tinidazol durch Hämodialyse rasch entfernt und die Halbwertszeitelimination reduziert (4,9 h).

Indikationen/Anwendungsmöglichkeiten

Fasigyn ist indiziert zur Prophylaxe oder Behandlung von Infektionen, bei welchen empfindliche Anaerobier oder Protozoen als Erreger identifizierbar sind oder vermutet werden.

Prophylaxe
Prävention von postoperativen Infektionen verursacht durch Anaerobier, insbesondere bei Eingriffen im Colon, Gastrointestinal-Trakt und in der Gynäkologie.
Fasigyn wird in der Regel in Kombination mit einem Antibiotikum, in dem das aerobe Spektrum abgedeckt wird, angewendet.

Behandlung folgender Infektionen
Infektionen mit Anaerobiern:
intraperitoneale Infektionen: Peritonitis, Abszess;
gynäkologische Infektionen: Endometritis, Endomyometritis, tuboovarialer Abszess;
bakterielle Septikämie;
postoperative Wundinfektionen;
Haut- und Weichteilinfektionen;
obere und untere Infektionen des Respirationstraktes: Pneumonien, Empyem, Lungenabszess.
Unspezifische Vaginitis.
Akute ulzerative Gingivitis.
Urogenitale Trichomoniasis bei Männern und Frauen.
Infektionen mit Giardia lamblia (Giardiasis).
Amoebiasis intestinalis.
Amoebenbesiedlung der Leber.

Dosierung/Anwendung

Prophylaxe postoperativer Infektionen

Erwachsene
Eine orale Einmaldosis von 2 g Fasigyn ca. 12 Stunden vor der Operation.

Kinder unter 12 Jahren
Es liegen keine Angaben vor, welche eine Dosisempfehlung für die Prophylaxe von Anaerobier-Infektionen bei Kindern unter 12 Jahren erlauben.

Anaerobier-Infektionen

Erwachsene
Eine orale Initialdosis von 2 g am 1. Tag, gefolgt von 1 g täglich als Einzeldosis oder 2× 500 mg/Tag verabreicht.
Eine Behandlung während 5-6 Tagen ist im allgemeinen angemessen, aber die klinische Beurteilung ist für die Therapiedauer massgebend, insbesondere wenn die Eradikation der Infektion in gewissen Lokalisationen schwierig sein kann.
Regelmässige klinische und Laboruntersuchungen werden empfohlen, falls es sich als notwendig erweisen sollte, die Therapie über 7 Tage hinaus fortzusetzen.

Kinder unter 12 Jahren
Es liegen keine Angaben vor, welche Dosisempfehlungen für die Behandlung von anaerobischen Infektionen bei Kindern unter 12 Jahren erlauben.

Unspezifische Vaginitis
Die unspezifische Vaginitis wurde mit einer Einmaldosis von 2 g erfolgreich behandelt. Höhere Heilungsraten wurden mit einer Einzelgabe von 2 g pro Tag an zwei aufeinanderfolgenden Tagen (Gesamtdosis: 4 g) erreicht.

Akute ulzerative Gingivitis

Erwachsene
Eine orale Einmaldosis von 2 g.

Urogenitale Trichomoniasis
Bei Nachweis einer Trichomonas vaginalis-Infektion wird eine simultane Partnerbehandlung empfohlen.

Empfohlene Erwachsenendosierung
Eine Einmaldosis von 2 g per os.

Kinder
Eine Einmaldosis von 50-75 mg/kg Körpergewicht. Es kann notwendig sein, diese Dosierung in gewissen Fällen einmal zu wiederholen.

Giardiasis

Erwachsene
Eine Einmaldosis von 2 g per os.

Kinder
Eine Einmaldosis von 50-75 mg/kg Körpergewicht. Es kann notwendig sein, diese Dosierung in gewissen Fällen einmal zu wiederholen.

Intestinale Amoebiasis

Erwachsene
Eine Einmaldosis von 2 g per os während 2-3 Tagen. Gelegentlich bei ungenügendem Ansprechen auf eine 3tägige Therapie, kann die Therapie bis zu insgesamt 6 Tagen fortgesetzt werden.

Kinder
Eine Einmaldosis von 50-60 mg/kg Körpergewicht pro Tag während 3 aufeinanderfolgenden Tagen.

Amoeben-Besiedlung der Leber
Bei Amoeben-Besiedlung der Leber kann es zusätzlich notwendig sein, während der Behandlung mit Fasigyn Eiterherde zu aspirieren.

Erwachsene
Die Gesamtdosis ist abhängig von der Virulenz von Entamoeba histolytica und variiert zwischen 4,5-12 g.
Die initiale Behandlung sollte während 3 Tagen mit einer einmal täglichen Dosis von 1,5-2 g durchgeführt werden. Gelegentlich bei ungenügender Wirksamkeit kann die 3tägige Behandlung bis maximal 6 Behandlungstage weitergeführt werden.

Kinder
An 5 aufeinanderfolgenden Tagen einmal täglich 50-60 mg/kg Körpergewicht.

Korrekte Art der Einnahme
Es wird empfohlen, Fasigyn Tabletten während oder nach einer Mahlzeit einzunehmen.

Anwendungseinschränkungen

Kontraindikationen
Die Anwendung von Fasigyn ist kontraindiziert bei Patienten mit organischen neurologischen Schäden und bei Patienten mit bekannter Überempfindlichkeit gegenüber dem in Fasigyn enthaltenen Wirkstoff oder einem der Hilfsstoffe. Wie bei anderen Präparaten mit ähnlicher Struktur ist Fasigyn bei Patienten mit Blutdyskrasien oder solchen mit der Anamnese einer Blutdyskrasie kontraindiziert, obwohl unter Fasigyn weder in klinischen Studien noch in Tierstudien persistierende hämatologische Veränderungen beobachtet wurden.
Fasigyn ist bei Infektionen mit aeroben oder fakultativ anaeroben Bakterien kontraindiziert.
Die Anwendung von Fasigyn während den ersten drei Schwangerschaftsmonaten und während der Stillzeit ist kontraindiziert.

Vorsichtsmassnahmen
Wie mit ähnlichen Präparaten sollen alkoholische Getränke während der Behandlung mit Fasigyn vermieden werden und zwar bis 72 Stunden nach Absetzen von Fasigyn, da die Möglichkeit einer Disulfiram-ähnlichen Reaktion (Gesichtsröte, Abdominalkrämpfe, Erbrechen, Tachykardie) besteht.
Während der Fasigyn-Behandlung kann sich eine bestehende Candidose verschlechtern. In diesem Falle soll eine entsprechende Therapie eingeleitet werden.
Bei Infektionen mit Trichomonas vaginalis sollte das Scheidensekret mikroskopisch untersucht werden, um die Diagnose und die nachfolgende Behandlung abzusichern und um eine Gonorrhoe auszuschliessen. Auch im symptomlosen Zustand nach Beseitigung des Erregers Trichomonas vaginalis kann eine begleitende Gonokokkeninfektion persistieren.
Neurologische Störungen können unter Fasigyn auftreten (s. «Unerwünschte Wirkungen»). Falls sich während der Therapie mit Fasigyn ein abnormales neurologisches Symptom entwickelt, soll das Präparat abgesetzt werden.
Da die Reaktionsfähigkeit während der Behandlung mit Fasigyn beeinträchtigt werden kann, ist im Strassenverkehr und bei Maschinenbedienung Vorsicht geboten.

Schwangerschaft/Stillzeit
Schwangerschafts-Kategorie C.
Tinidazol passiert die Plazentaschranke.
Da die Wirkung dieser Substanzgruppe auf die fötale Entwicklung unbekannt ist und da keine kontrollierten Studien bei Tieren oder bei schwangeren Frauen verfügbar sind, ist die Anwendung von Tinidazol während des ersten Trimesters kontraindiziert.
Es besteht kein Hinweis auf eine schädigende Wirkung von Fasigyn während den späteren Phasen der Schwangerschaft; dennoch sollte Fasigyn während dem 2. und 3. Trimester nur verabreicht werden, wenn der potentielle Nutzen das mögliche Risiko für Mutter und Fötus übersteigt.
Tinidazol tritt in die Muttermilch über. Tinidazol kann während mehr als 72 Stunden nach Verabreichung in der Muttermilch nachgewiesen werden. Frauen sollten bis mindestens 3 Tagen nach Absetzen von Fasigyn nicht stillen.

Unerwünschte Wirkungen

Die gemeldeten Nebenwirkungen waren im allgemeinen leichter Natur und verschwanden von selbst.

Gastrointestinale Nebenwirkungen
Nausea (3,6%), Metallgeschmack (2,2%), Erbrechen (1,7%), Anorexie (1,3%), Diarrhoe und Abdominalkrämpfe.

Überempfindlichkeit
Überempfindlichkeitsreaktionen, gelegentlich ernsthafter Art, kommen vor und können als Hautausschlag, Pruritus, Urticaria oder angioneurotisches Ödem in Erscheinung treten.

Blut
Wie andere chemisch verwandte Präparate kann Fasigyn zu vorübergehender Leukopenie führen.

Zentrales und peripheres Nervensystem
Nach Verabreichung von Präparaten ähnlicher chemischer Struktur einschliesslich Fasigyn besteht ein Zusammenhang mit verschiedenen neurologischen Störungen wie Schwindel, Benommenheit, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Ataxie, periphere Neuropathie (Paraesthesie, sensorische Störungen, Hypaesthesie) und selten Konvulsionen. Falls es während der Therapie mit Fasigyn zu ungewöhnlichen neurologischen Störungen kommt, sollte das Präparat abgesetzt werden.

Andere
Haarzunge, dunkler Urin. Gelegentlich Antabus-Effekt.

Interaktionen

Alkohol
Der Konsum von Alkohol kann zu einer Disulfiram-ähnlichen Reaktion führen und soll deshalb bis 72 Stunden nach Absetzen von Fasigyn vermieden werden. (Siehe «Vorsichtsmassnahmen»).

Lithium
Die Einleitung einer Kurzzeittherapie mit Metronidazol bei Patienten mit relativ hohen stabilen Dosen von Lithium wurde über eine Erhöhung der Serumkonzentrationen von Lithium berichtet, welche sich in Zeichen der Lithium-Toxizität bei verschiedenen Patienten manifestierte. In einigen Fällen waren Zeichen einer Nierenschädigung vorhanden.
Bei gleichzeitiger Verabreichung von Tinidazol und Lithium ist deshalb Vorsicht geboten mit einer häufigen Kontrolle der Serum-Lithium-Konzentrationen.

Phenobarbital
Die Plasmahalbwertszeit und die Plasmakonzentration von Nitroimidazol-Derivaten wird durch die gleichzeitige Verabreichung von Phenobarbital (Enzyminduktor) herabgesetzt.

Cimetidin
Cimetidin (Enzyminhibitor) erhöht die Halbwertszeit und die Plasmakonzentrationen von Nitroimidazol-Derivaten.

Disulfiram
Die gleichzeitige Verabreichung von Disulfiram und einem Nitroimidazol-Derivat kann bei gewissen Patienten zu Verwirrungszuständen führen.

Antikoagulantien
Nitroimidazol-Derivate potenzieren die Wirkung von oralen Antikoagulantien (Cumarine, Warfarin) und führen zu einer Verlängerung der Prothrombinzeit. Falls Tinidazol bei antikoagulierten Patienten eingesetzt wird, soll die Prothrombinzeit überwacht und die Dosierung des Antikoagulans entsprechend angepasst werden.

Überdosierung

Es bestehen keine Berichte über Überdosierungen von Fasigyn bei Menschen.
Es gibt kein spezifisches Antidot für die Behandlung einer Überdosierung mit Tinidazol. Eine Behandlung ist symptomatisch und unterstützend. Eine Magenspülung kann nützlich sein. Tinidazol ist leicht dialysierbar.

Sonstige Hinweise

Beeinflussung diagnostischer Methoden
Es liegen keine Berichte für Tinidazol vor.

Haltbarkeit
Fasigyn Tabletten sollen bei Raumtemperatur (15-25 °C) gelagert werden. Das Medikament darf nur bis zu dem auf der Packung mit «Exp.» markierten Verfalldatum verwendet werden.

IKS-Nummern

36345.

Stand der Information

Januar 1995.
LPD 02/09/95/RL88