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Digitalis-Antidot
Roche Pharma (Schweiz) AG

Digitalis-Antitoxin vom Schaf (Fab) 

Zusammensetzung

1 Durchstichflasche enthält 167,45 mg Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung mit 80 mg Digitalis-Antitoxin vom Schaf (Fab, Fragment antigen binding, Antikörperfragmente) und 75 mg D-Mannit als Stabilisator.

Weitere Hilfsstoffe: Kaliummonohydrogenphosphat, Kaliumdihydrogenphosphat und Natriumchlorid.

Indikationen/Anwendungsmöglichkeiten

Digitalis-Antidot ist für die Therapie lebensbedrohlicher Vergiftungen mit Digitalisglykosiden (Digoxin, Digoxinderivate und Digitoxin) bestimmt.

Dosierung/Anwendung

Entscheidend für die Höhe der erforderlichen Antikörperdosis ist die im Körper vorhandene Glykosidmenge. Daher sollte immer - soweit wie möglich - die eingenommene Glykosidmenge in Erfahrung gebracht werden. Die erforderliche Dosis von Digitalis-Antidot kann dann wie folgt festgelegt werden:
80 mg Digitalis-Antidot binden 1 mg Digoxin oder Digoxinderivate bzw. Digitoxin im Körper. Wenn die eingenommene Glykosidmenge nicht ermittelt werden kann, sollte entsprechend der bisherigen klinischen Erfahrung eine Dosis von 6 Durchstichflaschen verabreicht werden.
Auch bei Kindern richtet sich die Dosis - unabhängig vom Körpergewicht - nach der im Körper vorhandenen Glykosidmenge. Es gelten daher die gleichen Dosierungs- und Anwendungsempfehlungen (siehe unten).
Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion sind nach den bisherigen Erfahrungen zu behandeln wie Nierengesunde.
Die Rhythmusstörungen bilden sich im Allgemeinen 1-3 Stunden nach Beginn der Therapie als Zeichen einer zunächst ausreichenden Dosis von Digitalis-Antidot zurück.
Sollten in Einzelfällen auch noch nach 10 Stunden und mehr erneut Rhythmusstörungen auftreten, kann eine weitere Gabe von Digitalis-Antidot indiziert sein.

Art der Anwendung
Der Inhalt der benötigten Durchstichflaschen wird jeweils mit 20 ml steriler isotonischer Natriumchlorid-Lösung unter leichtem Schütteln - möglichst ohne Schaumbildung - gelöst. Anschliessend werden diese Lösungen von Digitalis-Antidot in eine Infusionsflasche bzw. zu steriler isotonischer Natriumchlorid-Lösung gefüllt und als Kurzinfusion während ca. ½ Stunde intravenös verabreicht.
Unmittelbar vor der Infusion von Digitalis-Antidot muss mittels Intrakutan- und Konjunktivaltest auf Allergie getestet werden (Einzelheiten siehe unter «Vorsichtsmassnahmen»).
Zu Beginn der Infusion muss sorgfälltig auf beginnende Schocksymptome geachtet werden (ärztliche Aufsicht!).

Anwendungseinschränkungen

Kontraindikaionen
Ausser Schafglobulin-Allergie sind keine Kontraindikationen bekannt (vitale Indikation).

Vorsichtsmassnahmen

Allergietestung
Bei Digitalis-Antidot handelt es sich um Fragmente heterologer, vom Schaf stammender Antikörper. Obwohl durch Papainspaltung die komplementaktivierenden Fragmente des ursprünglichen Immunglobulins abgetrennt wurden und die Molekülgrösse sehr deutlich reduziert ist, besteht besonders bei mehrfacher Verabreichung die Gefahr von Allergie bzw. Anaphylaxie gegen die Digitalis-Antikörperfragmente. Deswegen müssen vor Beginn der Behandlung der Intrakutan- und Konjunktivaltest auf Allergie durchgeführt werden.

Intrakutantest
0,1 ml der nach Gebrauchsanweisung zubereiteten Digitalis-Antidot Lösung wird in einer Spritze mit steriler isotonischer Natriumchlorid-Lösung auf 0,4 ml aufgefüllt. Davon wird 0,1 ml (entsprechend ca. 0,1 mg Digitalis-Antidot (Fab) vom Schaf) an der Innenseite des Unterarms intrakutan appliziert. Bildet sich innerhalb der nächsten 15 Minuten eine starke Quaddel mit Erythem an der Injektionsstelle, so liegt eine Überempfindlichkeit gegen das verwendete Serumeiweiss vor. Bei anamnestisch bekannter Allergie sind aus Vorsichtsgründen noch höhere Verdünnungen der Fab-Lösung für diese Tests zu verwenden.

Konjunktivaltest
1 Tropfen der für den Intrakutantest vorbereiteten Lösung wird in den Konjunktivalsack gegeben. Treten innerhalb der nächsten 15 Minuten Juckreiz, Tränenfluss, Lidödem und konjunktivale Rötung auf, so ist der Test positiv.
Beide Untersuchungen sind in gleicher Technik und Dosis am anderen Arm und Auge mit steriler isotonischer Natriumchlorid-Lösung als Kontrolle durchzuführen.
Im Falle eines positiven Tests ist eine Risikoabwägung für die Anwendung des Präparates erforderlich. Die Applikation von Digitalis-Antidot muss wegen möglicher Sensibilisierung gegen Schaf-Globuline in den Impfpass eingetragen werden.

Therapie des anaphylaktischen Schocks
Es wird im Allgemeinen folgendes Vorgehen empfohlen:
Bei den ersten Anzeichen (Schweissausbruch, Übelkeit, Zyanose)
- Injektion/Infusion unterbrechen, Kanüle in der Vene belassen,
- respektive einen venösen Zugang schaffen.
Neben anderen gebräuchlichen Notfallmassnahmen
- Kopf-/Oberkörper-Tieflage,
Atemwege freihalten.

Medikamentöse Sofortmassnahmen

Sofort: Epinephrin (Adrenalin) i.v.
Nach Verdünnen von 1 ml der handelsüblichen Epinephrin-Lösung (1 : 1000) auf 10 ml wird zunächst davon 1 ml (= 0,1 mg Epinephrin) unter Puls- und Blutdruckkontrolle langsam injiziert (cave Herzrythmusstörungen).
Die Epinephrin-Gabe kann wiederholt werden.

Danach: Volumenesubstitution i.v.
z.B. Plasmaexpander, Humanalbumin, Vollelektrolytlösung.

Anschliessend: Glucocorticoide i.v.
z.B. 250-1000 mg Prednisolon (oder äquivalente Menge eines Derivates).
Die Glucocorticoid-Gabe kann wiederholt werden.
Weitere Therapiemassnahmen erwägen: z.B. künstliche Beatmung, Sauerstoffinhalation, Calcium, Antihistaminika.
Adrenalin- und Glucocorticoiddosen bei Kindern entsprechend Alter und Gewicht reduzieren.
Den Patienten sorfältig überwachen.

Serum-Kalium-Verhalten
Ein aufgrund einer massiven Glykosid-Intoxikation erhöhter Serum-Kalium-Spiegel wird duch die Wirkung von Digitalis-Antidot wieder erniedrigt. Tritt jedoch nach Gabe der Antikörper-Fragmente im weiteren Verlauf eine Hypokaliämie auf, sollte vorsichtig Kalium substituiert werden. Daher sind regelmässige Serum-Kalium-Kontrollen, insbesondere während der ersten Stunde nach Gabe von Digitalis-Antidot, angezeigt.

Unerwünschte Wirkungen

Unter der Therapie mit heterologen Fab-Fragmenten können vereinzelt allergische Reaktionen auftreten. In den bisher beschriebenen Therapiefällen mit Digitalis-Antidot sind jedoch keine Nebenwirkungen bekannt geworden.
Da es sich um ein aus Fremdserum vom Schaf gewonnenes Produkt handelt, besteht prinzipiell jedoch die Möglichkeit einer Sensibilisierung. Bei einer später erneut notwendigen Applikation von Schafglobulinen ist deshalb an die Möglichkeit schwerer akuter, evtl. lebensbedrohlicher anphylaktischer Reaktionen zu denken (Sofortmassnahmen siehe unter «Vorsichtsmassnahmen»).
Serum-Kalium-Verhalten: siehe unter «Vorsichtsmassnahmen».

Interaktionen

Wechselwirkungen sind nicht bekannt.

Sonstige Hinweise

Hinweis zur Serum-Glykosid-Bestimmung
Eine Serum-Glykosid-Bestimmung ist ein Teil der Differentialdiagnose einer Digitalisintoxikation.
Verlässliche quantitative Aussagen können aber erst ca. 8 Stunden nach der letzten Glykosideinnahme gewonnen werden - bei sehr hoher Glykosidaufnahme oft noch viel später -, wenn die Verteilungsphase abgeschlossen ist.
Eine Serum-Glykosid-Bestimmung nach der Gabe von Digitalis-Antidot ist meistens nur noch mit erheblichem labortechnischem Aufwand möglich. Der Immunoassay misst die Gesamtkonzentration des Glykosids im Serum unabhängig davon, ob die Glykosidmoleküle frei oder an Serumalbumin gebunden sind. Während der Behandlung mit Digitalis-Antidot werden jedoch die Glykosidmoleküle mit sehr hoher Affinität an die Fab-Fragmente gebunden, so dass die Bestimmung der Glykosidkonzentration mit den üblichen immunologischen Tests gestört ist und falsche Ergebnisse liefert.
(Einzelheiten siehe Smolarz et al., Z. Kardiol. 73, 113, 1984 und Hannak et al., Lab. med. 9, 159, 1985).

Haltbarkeit
Digitalis-Antidot von +2 °C bis 8 °C lagern; es kann auch unter 0 °C gelagert werden. Eine kurzfristige Unterbrechung der Kühlung mit Erwärmung bis auf Raumtemperatur (z.B. für Transportzwecke) beeinflusst die Produktqualität nicht.
Digitalis-Antidot soll nach Ablauf des auf der Packung und Behältnis angegebenen Verfalldatums nicht mehr verwendet werden.
Die gebrauchsfertige Lösung soll sofort verwendet werden, um die Sterilität zu gewährleisten. Die Aktivität (Bindungskapazität) der Antikörperfragmente bleibt jedoch bei Raumtemperatur mindestens 4 Stunden lang unverändert erhalten.

IKS-Nummern

45819.

Stand der Information

April 1999.
RL88