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Oestrogel®
Vifor (International) Inc.

Zusammensetzung

Wirkstoffe
Estradiolum hemihydricum.
Hilfsstoffe
Ethanolum, excipiens ad gelatum.

Indikationen/Anwendungsmöglichkeiten

Östrogenmangel-Symptome als Folge der natürlichen oder operativ verursachten Menopause:
Hitzewallungen, Palpitationen, Schweissausbrüche, Urogenitalatrophie und die damit verbundenen Symptome wie Stimmungsschwankungen (Irritabilität, depressive Verstimmung) und Schlafstörungen.
Bei Patientinnen, bei welchen ausschliesslich urogenitale Beschwerden ohne gleichzeitige andere behandlungsbedürftige Östrogenmangelerscheinungen vorliegen, sollte eine topische Östrogentherapie durchgeführt und auf eine systemische Hormonsubstitutionstherapie verzichtet werden.
Prophylaxe oder Verzögerung einer durch Östrogenmangel induzierten Osteoporose bei postmenopausalen Frauen mit hohem Frakturrisiko, für die eine Behandlung mit anderen zur Prävention der Osteoporose zugelassenen Arzneimitteln nicht in Frage kommt, oder bei Frauen, die gleichzeitig an behandlungsbedürftigen Symptomen des Östrogenmangels leiden.
Bei nicht-hysterektomierten Patientinnen muss die Östrogensubstitution stets mit einem Gestagen ergänzt werden.

Dosierung/Anwendung

Dosierung
Für alle Indikationen soll immer die niedrigste wirksame Dosierung angewendet und so kurz als möglich behandelt werden. Die Hormonsubstitution sollte nur fortgesetzt werden, solange der Nutzen das Risiko für die einzelne Patientin überwiegt.
Täglich 1 Dosierungsmass oder 2 Hübe Oestrogel (2,5 g Gel) grossflächig auf Schultern und Arme applizieren. Oestrogel kann entweder kontinuierlich oder zyklisch angewendet werden.
Kontinuierliche Anwendung: jeden Tag ohne Pause applizieren.
Zyklische Anwendung: 1× tägliche Applikation während 25 Tagen mit einer Pause während 5 Tagen; anschliessend erneuter Beginn der Behandlung.
Die Dosierung muss der individuellen Symptomatik der Patientin angepasst werden.
In gewissen schweren Fällen mit Persistieren der menopausalen Symptome kann die Dosis bis auf 5 g Gel pro Tag erhöht werden. Wenn Zeichen einer zu hohen Dosierung, insbesondere ein Spannungsgefühl in den Brüsten, auftreten, muss die Dosis reduziert werden.
Bei nicht-hysterektomierten Frauen muss die Oestrogel-Therapie durch eine sequentielle Gestagentherapie nach folgendem Schema ergänzt werden: Wird Oestrogel kontinuierlich appliziert, so empfiehlt sich, das Gestagen (z.B. Progesteron 200 mg pro Tag, Medroxyprogesteron 5-10 mg pro Tag, Norethisteron 5 mg pro Tag, Norethisteronacetat 1-5 mg pro Tag oder Dydrogesteron 10-20 mg pro Tag) während 12-14 Tagen pro Monat anzuwenden.
Bei zyklischer Applikation von Oestrogel sollte das Gestagen jeweils an Tag 14 bis 25 des Zyklus gegeben werden. Bei beiden Anwendungsarten tritt nach der 12-tägigen Gestagentherapie in der Regel eine Entzugsblutung auf.
Anwendung
Gel nach der Morgentoilette unter Verwendung des Dosierungsmasses grossflächig auf die trockene Haut von Schultern und Armen auftragen.
Vor dem Ankleiden 2 Minuten trocknen lassen.
Oestrogel nie auf die Brüste applizieren.
Die Haut im Applikationsbereich soll weder gerötet noch gereizt sein.
Die Anwendungszone soll nicht mit fetthaltigen Kosmetika behandelt werden.
Die Patientinnen sollten darüber informiert werden, dass Kinder nicht mit der Körperstelle in Berührung kommen sollten, auf die das Estradiol-Gel aufgetragen wurde (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Spezielle Dosierungsempfehlungen
Ältere Patientinnen: Eine Dosisanpassung in Abhängigkeit vom Alter ist nicht erforderlich.
Kinder und Jugendliche: Oestrogel besitzt in dieser Altersgruppe keine Indikation.
Eingeschränkte Leber- oder Nierenfunktion: Oestrogel wurde bei Patientinnen mit Nieren- oder Leberinsuffizienz nicht untersucht. Es können daher keine speziellen Dosierungsempfehlungen gegeben werden. Bei schwerer Leberinsuffizienz ist Oestrogel kontraindiziert.

Kontraindikationen

·bekanntes oder vermutetes Mammakarzinom,
·bekanntes oder vermutetes Endometriumkarzinom oder andere östrogenabhängige Neoplasien,
·nicht behandelte Endometriumhyperplasie,
·diagnostisch nicht abgeklärte abnorme vaginale Blutung,
·gut- oder bösartige Lebertumoren (auch in der Anamnese),
·schwere Lebererkrankung,
·frühere oder bestehende venöse thromboembolische Erkrankungen (z.B. tiefe Venenthrombose, Lungenembolie),
·frühere oder bestehende arterielle thromboembolische Erkrankungen (z.B. Angina pectoris, Myokardinfarkt, Schlaganfall),
·Porphyrie,
·bekannte oder vermutete Schwangerschaft,
·Stillzeit,
·bekannte Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder gegenüber anderen Bestandteilen des Gels.

Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen

Jeder Hormonsubstitutionstherapie (HRT) sollte eine Untersuchung des klinischen Allgemeinzustandes und eine gründliche gynäkologische Untersuchung vorangehen, die mindestens jährlich zu wiederholen sind. Die Eigen- und Familienanamnese sollten ebenfalls berücksichtigt werden. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis muss vor jeder Therapie und für jede Patientin individuell und sorgfältig abgewogen werden. Es sollte immer die niedrigste wirksame Dosis und die kürzest mögliche Behandlungsdauer gewählt werden.
Bei nicht-hysterektomierten Frauen muss die Östrogensubstitution immer durch die zyklische Verabreichung eines Gestagens ergänzt werden (Siehe «Dosierung/Anwendung»).
Prophylaxe der postmenopausalen Osteoporose: HRT-Präparate sollten nur dann zur Prävention der Osteoporose eingesetzt werden, wenn alternative Therapien nicht in Frage kommen oder die Patientin gleichzeitig an behandlungsbedürftigen postmenopausalen Symptomen leidet. In jedem Fall muss das Nutzen-Risiko-Verhältnis vor jeder Behandlung und regelmässig während der Behandlung evaluiert werden.
Gründe für einen sofortigen Abbruch der Behandlung
Bei Auftreten einer Kontraindikation sowie bei Eintreten einer der folgenden Situationen muss die Behandlung sofort abgesetzt werden:
·Symptome eines venösen oder arteriellen thromboembolischen Ereignisses bzw. bei Verdacht hierauf; hierzu gehören auch:
·erstmaliges Auftreten migräneartiger oder häufigeres Auftreten ungewohnt starker Kopfschmerzen
·plötzlicher partieller oder vollständiger Visusverlust
·plötzliche Hörstörungen
·klinisch relevanter Blutdruckanstieg,
·Ikterus oder Verschlechterung der Leberfunktion,
·erkennbares Wachstum von Myomen,
·Schwangerschaft.
Situationen, die eine besondere Überwachung erfordern
Falls einer der folgenden Befunde besteht, in der Vergangenheit bestand und/oder in einer Schwangerschaft oder während einer früheren Hormonbehandlung vorlag, muss die Patientin engmaschig überwacht werden. Die folgenden Erkrankungen können während einer Östrogenbehandlung wiederauftreten oder sich verschlimmern:
·gutartige Veränderungen der Brust,
·Risikofaktoren für östrogenabhängige Tumoren, z.B. Verwandte ersten Grades mit Brustkrebs,
·Endometriumhyperplasie in der Anamnese,
·Leiomyom des Uterus oder Endometriose,
·Risikofaktoren für thromboembolische Ereignisse (s. unten),
·Hypertonie,
·Migräne oder schwere Kopfschmerzen,
·Diabetes mellitus mit oder ohne Gefässbeteiligung,
·Erkrankungen der Leber oder der Gallenblase,
·systemischer Lupus erythematodes (SLE),
·Epilepsie,
·Asthma,
·Otosklerose.
Tumorerkrankungen
Brustkrebs
Randomisierte, kontrollierte Studien und epidemiologische Studien ergaben bei Frauen, die eine HRT über mehrere Jahre anwandten, ein erhöhtes Brustkrebsrisiko. Bei allen Frauen sollten deshalb vor Beginn einer HRT sowie danach jährlich Brustuntersuchungen durch den Arzt und monatliche Selbstuntersuchungen der Brust durchgeführt werden. Die Anwenderinnen sollten darüber aufgeklärt werden, welche Veränderungen der Brust sie ihrem Arzt/ihrer Ärztin mitteilen müssen. Abhängig vom Alter und den jeweiligen Risikofaktoren sollte ggf. zusätzlich eine Mammographie durchgeführt werden.
Eine Metaanalyse von 51 epidemiologischen Studien zeigte, dass das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, mit der Dauer der HRT zunimmt und nach Absetzen der HRT abnimmt. Das relative Risiko (RR), an Brustkrebs zu erkranken, war 1.35 (95% CI 1.21–1.49) für Frauen, die eine HRT während 5 Jahren oder länger anwandten.
Die Women's Health Initiative (WHI) Studie, eine grosse, prospektive, placebokontrollierte, randomisierte Studie, zeigte im Vergleich zu Placebo unter kombinierter HRT mit konjugierten Östrogenen und Medroxyprogesteronacetat (MPA) nach einer durchschnittlichen Behandlungszeit von 5.6 Jahren eine Zunahme von invasiven Mammakarzinomen in der Östrogen/Gestagen-Gruppe (RR 1.24 [95% CI 1.02-1.50]). Für die Monotherapie war das Risiko hingegen nicht erhöht (RR 0.77 [95% CI 0.59-1.01]).
Die Million Women Study, eine nicht-randomisierte Kohorten-Studie, rekrutierte 1'084'110 Frauen. Das durchschnittliche Alter der Frauen bei Eintritt in die Studie war 55.9 Jahre. Die Hälfte der Frauen erhielt vor und/oder zum Zeitpunkt des Studieneintrittes eine HRT, die übrigen Frauen wurden nie mit HRT behandelt. Es wurden 9'364 Fälle von invasivem Brustkrebs und 637 Todesfälle in Folge von Brustkrebs registriert nach einer durchschnittlichen Beobachtungszeit von 2.6 bzw. 4.1 Jahren. Frauen, die bei Aufnahme in die Studie eine HRT anwandten, zeigten ein erhöhtes Risiko in Bezug auf Morbidität (RR 1.66 [95% CI 1.58-1.75]) und möglicherweise in geringerem Ausmasse auch auf die Mortalität in Folge eines Brustkrebs (RR 1.22 [95% CI 1.00-1.48]) verglichen mit Frauen, die nie eine solche Behandlung angewandt hatten. Das höchste Risiko wurde unter kombinierter Östrogen-Gestagen-Therapie gesehen (RR 2.00 [95% CI 1.88-2.12]). Für eine Östrogen-Monotherapie betrug das relative Risiko 1.30 [95% CI 1.21-1.40]. Die Resultate fielen für verschiedene Östrogene und Gestagene, für unterschiedliche Dosierungen und Verabreichungswege sowie für kontinuierliche und sequentielle Therapien ähnlich aus. Bei allen Arten der HRT stieg das Risiko mit zunehmender Dauer der Anwendung. Nach Absetzen der Therapie war das Risiko regredient (letzte Anwendung vor <5 Jahren: RR 1.04 [95% CI 0.95-1.12]).
Endometriumkarzinom
Das Risiko eines Endometriumkarzinoms bei nicht-hysterektomierten Frauen ist unter einer Östrogen-Monotherapie höher als bei unbehandelten Frauen und scheint von der Behandlungsdauer und der Östrogen-Dosis abhängig zu sein. Das grösste Risiko scheint mit einer länger dauernden Anwendung einherzugehen. Nach Absetzen der Therapie könnte das Risiko für mindestens 10 Jahre erhöht bleiben.
Es konnte gezeigt werden, dass bei Zugabe eines Gestagens für mindestens 12 Tage pro Monat das Risiko einer Endometriumhyperplasie, welche als Vorstufe des Endometriumkarzinoms gilt, herabgesetzt werden kann.
Eine Exposition gegenüber einer Östrogen-Monotherapie kann in Restherden einer Endometriose zu prämalignen oder malignen Veränderungen führen. Bei Patientinnen, bei welchen eine Hysterektomie aufgrund einer Endometriose erfolgte und bei denen Restherde der Endometriose vermutet werden, sollte daher die Kombination der Östrogentherapie mit einem Gestagen erwogen werden.
Alle Fälle abnormer Blutungen (unregelmässige, starke oder persistierende Blutungen) einschliesslich Spotting müssen mittels geeigneter diagnostischer Massnahmen (ggf. einschliesslich einer Endometriumsbiopsie) abgeklärt werden, um eine organische Ursache auszuschliessen.
Ovarialkarzinom
Mehrere epidemiologische Studien deuten darauf hin, dass eine HRT mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung eines epithelialen Ovarialkarzinomes verbunden sein könnte. Eine Risikoerhöhung wurde sowohl für eine Östrogen-Monotherapie als auch für eine kombinierte HRT gefunden. Während die meisten Studien eine Risikoerhöhung erst bei einer Langzeitanwendung (d.h. mindestens 5 Jahre) zeigten, fand sich in einer 2015 publizierten Metaanalyse (unter Berücksichtigung von insgesamt 17 prospektiven und 35 retrospektiven Studien) kein solcher Zusammenhang mit der Anwendungsdauer.
In der prospektiven, randomisierten, placebokontrollierten WHI-Studie fand sich eine statistisch nicht signifikante Risikoerhöhung (HR 1.41 [95% CI 0.75-2.66]).
Da Ovarialkarzinome sehr viel seltener sind als Brustkrebs, ist die absolute Risikoerhöhung bei Frauen, welche eine HRT anwenden oder bis vor kurzem angewendet haben, gering.
Lebertumoren
In seltenen Fällen wurden nach Anwendung von Sexualhormonen gutartige, noch seltener bösartige Veränderungen an der Leber beobachtet, die vereinzelt zu lebensgefährlichen intraabdominalen Blutungen geführt haben. Wenn starke Oberbauchbeschwerden, eine Lebervergrösserung oder Anzeichen einer intraabdominalen Blutung auftreten, sollte ein Lebertumor in die differentialdiagnostischen Überlegungen einbezogen und eine geeignete Therapie eingeleitet werden.
Thromboembolische Erkrankungen
Koronare Herzkrankheit und Schlaganfall
Eine HRT sollte nicht zur Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen eingesetzt werden. Grosse klinische Studien zeigten keinen günstigen Effekt in der Primärprophylaxe (WHI-Studie) oder Sekundärprophylaxe (HERS II-Studie) kardiovaskulärer Erkrankungen.
Die WHI-Studie zeigte bei mehr als 8'000 älteren, postmenopausalen Frauen (Alter bei Studieneinschluss 50-79 Jahre, mittleres Alter 63 Jahre), welche eine orale HRT mit konjugierten Östrogenen und MPA während durchschnittlich 5.2 Jahren erhielten, ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse gegenüber Placebo (RR 1.24 [95% CI 1.00-1.54], absolute Risikoerhöhung 6 Fälle pro 10'000 Frauenjahre). Das Risiko war am höchsten im ersten Jahr nach Beginn der HRT (RR 1.81 [95% CI 1.09-3.01]). Mit zunehmendem Abstand zur Menopause nahm das Risiko zu (Menopause seit <10 Jahren, RR 0.89; Menopause 10 bis 19 Jahre, RR 1.22; Menopause ≥20 Jahre, RR 1.71).
Ebenso war in der WHI-Studie das zerebrovaskuläre Risiko erhöht (RR 1.31 [95% CI 1.02-1.68]).
Im Östrogen-Monotherapie-Arm der WHI-Studie wurden hysterektomierte Frauen im Alter von 50-79 Jahren mit konjugierten equinen Östrogenen (0.625 mg pro Tag) oder mit Placebo behandelt (n=10'739). Die durchschnittliche Verlaufsbeobachtung betrug 6.8 Jahre. Unter Östrogen-Monotherapie war kein signifikanter Einfluss auf das kardiovaskuläre Risiko ersichtlich (RR 0.91 [95% CI 0.75-1.12]). Hingegen war das Risiko für zerebrovaskuläre Insulte erhöht (RR 1.39 [95% CI 1.10-1.77]).
Die Heart and Estrogen/Progestin Replacement Study (HERS und HERS II), eine prospektive, placebokontrollierte, randomisierte Studie, zeigte bei mehr als 1'300 postmenopausalen Frauen mit vorbestehender koronarer Herzkrankheit (mittleres Alter bei Studieneinschluss 67 Jahre, SD 7 Jahre), welche eine orale HRT mit konjugierten Östrogenen und MPA während durchschnittlich 4.1 Jahren (HERS) bzw. 2.7 Jahren (HERS II) erhielten, keine Reduktion des kardiovaskulären Risikos. Das relative Risiko war 0.99 (95% CI 0.84-1.17). Das Risiko war am höchsten im ersten Jahr nach Beginn der HRT (RR 1.52 [95% CI 1.01-2.29]).
Zu einer HRT mit Therapiebeginn in relativ frühem Lebensalter (beispielsweise vor dem 55. Lebensjahr) liegen nur limitierte Daten vor. Diese deuten darauf hin, dass die Erhöhung des kardiovaskulären Risikos unter einer HRT bei jüngeren Patientinnen mit kurzem Zeitabstand zur Menopause geringer sein könnte als in der in den o.g. Studien untersuchten (tendenziell älteren) Population. Dies gilt jedoch nicht für zerebrovaskuläre Ereignisse.
Obwohl heute noch unklar ist, inwieweit die Resultate dieser beiden Studien auf eine jüngere Population oder auf HRT-Präparate mit anderen Wirkstoffen und/oder Verabreichungswegen extrapoliert werden können, sollten sie vom Arzt vor der Verschreibung einer HRT berücksichtigt werden. Bei Frauen, welche bereits vorbestehende Risikofaktoren für das Auftreten von zerebro- oder kardiovaskulären Ereignissen aufweisen, sollten womöglich andere Therapien in Betracht gezogen werden.
Venöse thromboembolische Erkrankungen
Östrogen- oder kombinierte Östrogen-Gestagen-Substitutionstherapien sind mit einem erhöhten Risiko für venöse Thromboembolien (VTE) verbunden, z.B. tiefe Venenthrombose oder Lungenembolie. Zwei kontrollierte, randomisierte Studien (WHI und HERS) und mehrere epidemiologische Studien ergaben ein 2 bis 3-fach erhöhtes Risiko bei Frauen, die eine HRT anwandten, verglichen mit Frauen, die nie eine solche Behandlung angewendet hatten.
Für Nicht-Anwenderinnen wird die Zahl der VTE-Fälle während eines Zeitraums von 5 Jahren auf ca. 3 pro 1000 Frauen in der Altersgruppe 50–59 Jahre und auf ca. 8 pro 1000 Frauen in der Altersgruppe 60–69 Jahre geschätzt. Bei gesunden Frauen, die während 5 Jahren eine HRT anwenden, treten ca. 2 bis 6 zusätzliche VTE-Fälle pro 1000 Frauen in der Altersgruppe 50–59 Jahre und ca. 5 bis 15 zusätzliche VTE-Fälle pro 1000 Frauen in der Altersgruppe 60–69 Jahre auf.
Die WHI-Studie zeigte eine erhöhte Inzidenz von Lungenembolien. Das absolute Zusatzrisiko bei den mit kombinierter Hormonsubstitution behandelten Frauen betrug 8 Fälle pro 10'000 Personenjahre (15 versus 7), das relative Risiko 2.13 (95% CI 1.39-3.25). Das erhöhte Risiko wurde nur bei Frauen unter HRT gefunden und bestand nicht bei früheren Anwenderinnen. Das Risiko scheint in den ersten Jahren der Anwendung am höchsten zu sein.
Auch im Östrogen-Monotherapie-Arm der WHI-Studie war das Risiko einer venösen Thromboembolie tendenziell erhöht. Das relative Risiko einer tiefen Venenthrombose war 1.47 (95% CI 0.87-2.47), jenes einer Lungenembolie 1.34 (95% CI 0.70-2.55).
Bei Auftreten entsprechender Symptome oder Verdacht einer thromboembolischen Erkrankung muss das Präparat sofort abgesetzt werden. Patientinnen mit Risikofaktoren für thromboembolische Ereignisse sollen sorgfältig überwacht werden. Wenn möglich sollten andere Therapien in Betracht gezogen werden. Die Risikofaktoren für venöse Thromboembolien umfassen eine entsprechende Eigen- oder Familienanamnese mit thromboembolischen Erkrankungen, Rauchen, Adipositas (BMI über 30 kg/m2), systemischer Lupus erythematodes und maligne Erkrankungen. Das Risiko für venöse Thromboembolien erhöht sich ausserdem mit zunehmendem Alter. Es gibt keinen Konsensus über die mögliche Rolle von Varizen bei der Entwicklung von venösen Thromboembolien.
Eine Anamnese mit wiederholten Spontanaborten sollte abgeklärt werden, um eine Thrombophilie-Prädisposition auszuschliessen. Bei Frauen mit dieser Diagnose ist die Anwendung einer HRT kontraindiziert.
Bei Frauen, welche eine Kombination von Risikofaktoren oder einen höheren Schweregrad eines einzelnen Risikofaktors aufweisen, sollte berücksichtigt werden, dass das Risiko überadditiv erhöht sein kann. Daraus kann sich unter Umständen eine Kontraindikation für eine HRT ergeben.
Das Risiko venöser Thromboembolien kann vorübergehend erhöht sein bei längerer Immobilisierung, grösseren operativen Eingriffen oder nach einem schweren Trauma. Bei Frauen unter Hormonsubstitution ist grösste Beachtung auf prophylaktische Massnahmen zu legen, um venöse Thromboembolien nach einem chirurgischen Eingriff zu vermeiden. Abhängig von der Art des Eingriffs und der Dauer der Immobilisierung sollte eine vorübergehende Unterbrechung der HRT in Betracht gezogen werden, falls möglich einige Wochen vor dem Eingriff. Die Behandlung soll erst dann wieder aufgenommen werden, wenn die Frau vollständig mobil ist.
Es gibt Daten, die darauf hindeuten, dass eine transdermale Östrogen-Applikation mit einem geringeren Risiko thromboembolischer Ereignisse assoziiert ist als eine orale Anwendung.
Demenz
In der Women's Health Initiative Memory Study (WHIMS), einer randomisierten,placebokontrollierten, der WHI untergeordneten Studie, wurden über 2'000 Frauen im Alter von >65 Jahren (Durchschnittsalter 71 Jahre) mit oralen konjugierten equinen Östrogenen und MPA behandelt und während durchschnittlich 4 Jahren überwacht. Zudem wurden 1'464 hysterektomierte Frauen im Alter von 65 bis 79 Jahren mit oralen konjugierten equinen Östrogenen allein behandelt und während durchschnittlich 5.2 Jahren überwacht.
Weder die Behandlung mit konjugierten Östrogenen und MPA noch die Östrogen-Monotherapie zeigte einen günstigen Effekt auf die kognitive Funktion. Das Risiko für das Auftreten einer wahrscheinlichen Demenz war für die kombinierte HRT sogar erhöht (RR 2.05 [95% CI 1.21-3.48]). Dies bedeutet in absoluten Zahlen pro Jahr 23 zusätzliche Fälle pro 10'000 behandelte Frauen.
Obschon noch unklar ist, wie weit diese Resultate auf eine jüngere Population oder auf HRT-Präparate mit anderen Wirkstoffen und/oder Verabreichungswegen extrapoliert werden können, sollten sie vom Arzt bei der Beurteilung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses einer HRT berücksichtigt werden.
Weitere Vorsichtsmassnahmen
Östrogene können eine Flüssigkeitsretention verursachen, deshalb sollten Patientinnen mit Herz- oder Nierenfunktionsstörungen sorgfältig überwacht werden.
Ein definitiver Zusammenhang zwischen der Anwendung einer HRT und dem Entstehen einer klinischen Hypertonie wurde bisher nicht dokumentiert. Eine leichte Erhöhung des Blutdruckes wurde bei Frauen unter einer HRT beobachtet, eine klinisch relevante Erhöhung ist jedoch selten. Wenn es während der HRT zu dauerhaft erhöhten Blutdruckwerten kommt, sollte ein Abbruch der HRT in Erwägung gezogen werden. Bei Patientinnen, die zusätzlich zu Oestrogel Antihypertensiva anwenden, ist eine regelmässige Überwachung des Blutdrucks notwendig.
Klinische Studien zeigten einen Einfluss einer HRT auf die periphere Insulinresistenz und die Glukosetoleranz. Im Allgemeinen ist jedoch trotzdem keine Anpassung der antidiabetischen Therapie erforderlich. Bei Diabetikerinnen unter einer HRT sollte aber der Blutzuckerspiegel sorgfältig überwacht werden.
Frauen mit vorbestehender (insbesondere familiärer) Hypertriglyceridämie benötigen während einer HRT eine engmaschige Überwachung, da unter einer oralen Östrogentherapie in seltenen Fällen ein starker Anstieg der Triglyceridwerte beobachtet wurde, welcher zu einer Pankreatitis führte.
Östrogene können die Lithogenität der Galle erhöhen. Mehrere epidemiologische Studien fanden unter einer HRT eine geringe, aber statistisch signifikante Risikoerhöhung für Gallenblasenerkrankungen (v.a. Cholelithiasis) bzw. eine erhöhte Inzidenz von Cholezystektomien. Dies sollte insbesondere bei Patientinnen beachtet werden, welche zusätzlich weitere Risikofaktoren für eine Cholelithiasis aufweisen (wie z.B. Adipositas, Hyperlipidämie).
Bei Patientinnen mit vorbestehendem Prolaktinom ist eine engmaschige ärztliche Überwachung erforderlich (einschliesslich regelmässiger Bestimmung des Prolaktinspiegels), da in Einzelfällen unter einer Östrogentherapie über eine Grössenzunahme von Prolaktinomen berichtet wurde. Besteht der Verdacht auf ein Prolaktinom (z.B. bei Vorliegen von Galaktorrhoe, Kopfschmerzen, Sehstörungen oder auch bei vorzeitiger Menopause), sollte ein solches vor einer Behandlung mit Oestrogel ausgeschlossen werden.
Während einer HRT können bei einigen Patientinnen infolge der Östrogenstimulation unerwünschte Wirkungen auftreten, wie z.B. ungewöhnlich starke Blutungen. Häufige und anhaltende irreguläre Blutungen sind Zeichen einer endometrialen Aktivität und müssen durch geeignete diagnostische Massnahmen abgeklärt werden, um organische Erkrankungen auszuschliessen.
Uterusmyome können unter einer Östrogen-Therapie an Grösse zunehmen. Falls dies beobachtet wird, sollte die Therapie abgebrochen werden.
Sollte unter einer HRT eine Endometriose reaktiviert werden, wird empfohlen, die Therapie abzubrechen.
Eine exogene Östrogenzufuhr führt zu einem Anstieg der Serumkonzentrationen des Thyroxin-bindenden Globulins (TBG). Bei Frauen mit normaler Schilddrüsenfunktion ist dies ohne klinische Relevanz. Studien deuten jedoch darauf hin, dass bei Patientinnen unter einer Substitutionstherapie mit Schilddrüsenhormonen die zusätzliche Gabe eines Östrogenpräparates (wie Oestrogel) zu einem erhöhten Thyroxinbedarf führen könnte. Bei Patientinnen unter einer Substitutionsbehandlung mit Schilddrüsenhormonen sollte daher die Schilddrüsenfunktion regelmässig überwacht werden (mittels TSH-Bestimmung), insbesondere in den ersten Monaten einer HRT.
Bei Frauen mit hereditärem Angioödem können exogen zugeführte Östrogene die Symptome induzieren oder verschlimmern.
Gelegentlich kann ein Chloasma auftreten, v.a. bei Frauen mit Chloasma gravidarum in der Anamnese. Frauen mit Neigung zu Chloasmata sollten sich während einer HRT nicht der Sonne oder anderer ultravioletter Strahlung aussetzen.
Die oben angegebenen Risiken einer HRT wurden überwiegend bei der Behandlung von Frauen im Alter ≥50 Jahren beschrieben. Über die Übertragbarkeit dieser Erfahrungen auf Patientinnen mit vorzeitiger Menopause (d.h. Ausfall der Ovarialfunktion vor Vollendung des 40. Lebensjahres infolge endokriner/genetischer Erkrankungen, Ovarektomie, Malignomtherapie etc.) bis zum Erreichen des normalen Menopausenalters liegen keine Daten vor. In dieser Altersgruppe sollte eine spezielle Nutzen-Risiko-Bewertung durchgeführt werden, wobei auch die Ätiologie der vorzeitigen Menopause (chirurgisch versus andere Ursachen) berücksichtigt werden sollte. Diagnostik und Einleitung der Therapie sollten bei Patientinnen mit vorzeitiger Menopause möglichst in einem entsprechenden Zentrum erfolgen, welches Erfahrung in der Behandlung dieses Krankheitsbildes besitzt.
Es wird empfohlen, innerhalb einer Stunde nach der Anwendung von Oestrogel keine Sonnencreme aufzutragen, da dies die Resorption von Estradiol um 15-20% reduzieren kann (siehe «Pharmakokinetik»).
Oestrogel besitzt keine kontrazeptive Wirkung.
Mögliche Übertragung von Estradiol auf Kinder
Estradiol-Gel kann versehentlich von der Hautregion, auf die es aufgetragen wurde, auf Kinder übertragen werden. Nach Markteinführung wurden bei präpubertären Mädchen Brustentwicklung und Raumforderungen in der Brust, bei präpubertären Jungen frühzeitige Pubertät, Gynäkomastie und Raumforderungen in der Brust nach einer unabsichtlichen Sekundärexposition gegenüber Estradiol berichtet. In den meisten Fällen gingen diese Symptome nach dem Beenden der Estradiol-Exposition wieder zurück.
Die Patientinnen sollten angewiesen werden:
·anderen Personen, insbesondere Kindern, nicht zu erlauben, mit der exponierten Hautregion in Berührung zu kommen und die Anwendungsstelle gegebenenfalls mit Kleidung zu bedecken. Im Falle eines Kontakts sollte die Haut des Kindes umgehend mit Wasser und Seife gewaschen werden.
·bei Anzeichen und Symptomen (Brustentwicklung oder andere sexuelle Veränderungen) bei einem Kind, das möglicherweise versehentlich Estradiol-Gel ausgesetzt war, einen Arzt aufzusuchen.

Interaktionen

Es wurden keine Interaktionsstudien mit Oestrogel durchgeführt.
Einfluss anderer Arzneimittel auf die Pharmakokinetik von Estradiol
Enzyminduktoren: Der Metabolismus von Östrogenen kann durch die gleichzeitige Anwendung von Substanzen verstärkt werden, die arzneistoffmetabolisierende Enzyme (insbesondere Cytochrom P450-Enzyme 3A4, 3A5, 3A7 und 2B6) induzieren. Zu solchen Substanzen gehören z.B. Barbiturate, Bosentan, Carbamazepin, Efavirenz, Felbamat, Nevirapin, Oxcarbazepin, Phenytoin, Primidon, Rifabutin, Rifampicin und Topiramat sowie Präparate, welche Johanniskraut (Hypericum perforatum) enthalten.
Obwohl Ritonavir und Nelfinavir eigentlich als starke Enzym-Inhibitoren bekannt sind, haben sie zusammen mit Steroidhormonen verabreicht ebenfalls enzyminduzierende Eigenschaften. Klinisch kann ein gesteigerter Metabolismus der Östrogene zu einer verminderten Wirksamkeit und zu Veränderungen des uterinen Blutungsmusters führen.
Enzyminhibitoren: Arzneimittel, welche die Wirkung metabolisierender Enzyme hemmen (wie z.B. Azol-Antimykotika oder Makrolide), können die Estradiol-Plasmaspiegel erhöhen und dadurch dessen erwünschte und unerwünschte Wirkungen verstärken.
Bei transdermaler HRT wird der First-Pass-Effekt in der Leber umgangen. Transdermal applizierte Östrogene werden deshalb durch pharmakokinetische Interaktionen möglicherweise weniger beeinflusst als oral eingenommene Hormone.
Einfluss von Estradiol auf die Pharmakokinetik anderer Arzneimittel
Umgekehrt können Sexualhormone auch die Metabolisierung anderer Arzneimittel beeinflussen. Entsprechend können deren Plasmakonzentrationen entweder erhöht (z.B. Benzodiazepine, Cyclosporin, Imipramin, Metoprolol) oder vermindert (z.B. Lamotrigin) werden. Klinisch kann dies zu einem erhöhten Plasmaspiegel der betroffenen Substanzen bis hin zu toxischen Konzentrationen führen. Ein sorgfältiges Drug Monitoring kann notwendig sein und eine Dosisreduktion der betroffenen Substanz sollte in Betracht gezogen werden. Dies muss insbesondere bei gleichzeitiger Verabreichung mit Substanzen mit enger therapeutischer Breite beachtet werden, wie z.B. Cyclosporin A, Tacrolimus, Fentanyl oder Theophyllin.
Interaktionen mit unbekanntem Mechanismus
In klinischen Studien kam es bei gleichzeitiger Gabe Ethinylestradiol-haltiger kombinierter Kontrazeptiva zusammen mit bestimmten in der Therapie von HCV-Infektionen eingesetzten Wirkstoffkombinationen (Ombitasvir/Paritaprevir/Ritonavir mit oder ohne Dasabuvir; Glecaprevir/Pibrentasvir; Sofosbuvir/Velpatasvir/Voxilaprevir) gegenüber Patientinnen, welche ausschliesslich mit den antiviralen Wirkstoffen behandelt wurden, signifikant häufiger zu einer klinisch relevanten Erhöhung der ALT (einschliesslich Fällen eines Anstiegs auf über das Fünffache der oberen Grenze des Normbereiches). Bei Anwendung anderer Östrogene (insbesondere Estradiol und Estradiolvalerat) war hingegen die Inzidenz einer Transaminasenerhöhung nicht höher als bei Patientinnen ohne Östrogentherapie. Aufgrund der begrenzten Anzahl Frauen, welche derartige andere östrogenhaltige Arzneimittel einnahmen, ist jedoch bei gleichzeitiger Verabreichung von Östrogenen mit einer der drei genannten Wirkstoffkombinationen grundsätzlich Vorsicht geboten.

Schwangerschaft, Stillzeit

Die Anwendung von Oestrogel ist während Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert. Tritt unter der Anwendung eine Schwangerschaft ein oder wird eine solche vermutet, ist das Arzneimittel sofort abzusetzen und der Arzt / die Ärztin zu konsultieren.
Es gibt Hinweise auf foetale Risiken basierend auf tierexperimentellen Untersuchungen. Die meisten bis heute durchgeführten epidemiologischen Studien haben jedoch keine eindeutigen Hinweise auf eine embryotoxische oder teratogene Wirkung ergeben, wenn Östrogene versehentlich während der Schwangerschaft verabreicht wurden.
Das Arzneimittel sollte nicht in der Stillzeit angewendet werden, da die Milchproduktion reduziert und die Milchqualität verändert sein kann. Zudem können geringe Wirkstoffmengen in die Milch übertreten.

Wirkung auf die Fahrtüchtigkeit und auf das Bedienen von Maschinen

Es wurden keine entsprechenden Studien durchgeführt.

Unerwünschte Wirkungen

Die schwerwiegendsten unerwünschten Wirkungen im Zusammenhang mit der Anwendung einer HRT werden auch in der Rubrik «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen» beschrieben (siehe dort).
Nachfolgend sind die unerwünschten Wirkungen nach Organsystem und Häufigkeit angegeben, welche unter einer Östrogen-Substitutionstherapie auftreten können.
Definition der Häufigkeiten: Sehr häufig (≥1/10), häufig (≥1/100, <1/10), gelegentlich (≥1/1000, <1/100), selten (≥1/10'000, <1/1000), sehr selten (<1/10'000).
Gutartige, bösartige und unspezifische Neubildungen (einschl. Zysten und Polypen)
Gelegentlich: Brustkrebs.
Selten: Endometriumkarzinom.
Erkrankungen des Immunsystems
Sehr selten: anaphylaktoide/anaphylaktische Reaktionen.
Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen
Häufig: Gewichtszunahme oder -abnahme.
Erkrankungen des Nervensystems
Gelegentlich: Kopfschmerzen, Migräne.
Selten: Schwindel.
Augenerkrankungen
Sehr selten: Kontaktlinsen-Unverträglichkeit.
Herzerkrankungen
Selten: venöse thromboembolische Ereignisse (tiefe Venenthrombose, Lungenembolie), Myokardinfarkt, Schlaganfall.
Sehr selten: Verschlimmerung einer Varikosis, Blutdruckanstieg.
Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts
Gelegentlich: Übelkeit, Blähungen, Bauchkrämpfe.
Leber- und Gallenerkrankungen
Gelegentlich: Cholelithiasis.
Selten: Leberfunktionsstörungen, Cholestase, cholestatischer Ikterus.
Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes
Gelegentlich: Chloasma.
Selten: polymorphes Erythem, Erythema nodosum, vaskuläre Purpura.
Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrankungen
Gelegentlich: Schweregefühl in den Beinen.
Selten: Schmerzen in den Beinen.
Erkrankungen der Geschlechtsorgane und der Brustdrüse
Gelegentlich: Spannungsgefühl in den Brüsten, Metrorrhagien, Entzugsblutung, Veränderungen der Vaginalflora, Endometriumhyperplasie.
Selten: Verschlimmerung einer Mastopathie, Grössenzunahme von Myomen des Uterus.
Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort
Gelegentlich: Reaktionen an der Applikationsstelle (wie Erythem, Pruritus oder Hautausschlag), Ödeme.
Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von grosser Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdacht einer neuen oder schwerwiegenden Nebenwirkung über das Online-Portal ElViS (Electronic Vigilance System) anzuzeigen. Informationen dazu finden Sie unter www.swissmedic.ch.

Überdosierung

Aufgrund der Darreichungsform ist eine akute Überdosierung mit Estradiol unwahrscheinlich. Die häufigsten Symptome einer Überdosierung bei der klinischen Anwendung von Östrogenen sind Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Spannungsgefühl in den Brüsten und Vaginalblutungen. Die Behandlung besteht in einer Dosisreduktion bzw. ggf. einer Unterbrechung der Therapie. Infolge der verzögerten Elimination aus dem subkutanen Estradiol-Depot kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich allfällige Überdosierungssymptome nach dem Absetzen von Oestrogel nur relativ langsam zurückbilden.

Eigenschaften/Wirkungen

ATC-Code
G03CA03
Wirkungsmechanismus
Oestrogel ist ein farbloses Gel, das als Wirkstoff das physiologische Hormon 17β-Estradiol enthält. Das perkutane Gel ermöglicht, dass das Hormon die Haut durchdringt, im subkutanen Bereich ein Depot bildet und in unveränderter Form direkt in die Blutbahn gelangt.
Der Angriffsort für die metabolischen Wirkungen der Östrogene liegt, wie der aller Steroidhormone, intrazellulär. In den Zellen der Zielorgane bilden die Östrogene mit einem spezifischen Rezeptor einen Komplex, der die DNS- und Proteinsynthese anregt. Solche Rezeptoren wurden in verschiedenen Organen nachgewiesen, wie z.B. in Mammae, Uterus, Vagina und Urethra sowie in Osteoblasten.
Estradiol, das bei der Frau von der Menarche bis zur Menopause vorwiegend vom Ovarfollikel produziert wird, ist auf Rezeptorebene das wirksamste Östrogen. Nach der Menopause produziert der weibliche Organismus nur noch sehr geringe Mengen Estradiol, insbesondere durch Umwandlung von Nebennierenrindensteroiden in Estradiol in Fettgewebe, Leber und Muskelgewebe.
Der Ausfall des ovariellen Estradiols führt bei vielen Frauen zu vasomotorischer und thermoregulatorischer Instabilität (Hitzewallungen), Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen sowie einer zunehmenden Atrophie des Urogenitalsystems. Diese Störungen können durch Östrogensubstitution grösstenteils behoben werden.
Infolge des durch den Östrogenmangel bedingten Knochenabbaus kann sich nach der Menopause eine Osteoporose entwickeln. Durch eine frühzeitige Hormonsubstitution in geeigneter Dosierung kann der postmenopausale Verlust der Knochenmasse vermieden bzw. die Entwicklung einer postmenopausalen Osteoporose verzögert werden.
Durch die Behandlung können Estradiolkonzentrationen ähnlich jener während der ersten Hälfte der Follikelphase erreicht werden. Dabei ändert sich das Konzentrationsverhältnis von Estradiol (E2) zu Estron (E1) im Plasma von <1 auf ca. 1:1, d.h. auf Werte, wie sie bei Frauen mit normal funktionierenden Ovarien vor der Menopause gemessen werden. Somit gewährleistet Oestrogel eine physiologische Östrogensubstitution. Diese Konzentrationen bleiben so lange erhalten, dass eine einzige tägliche Applikation von Estradiol ausreichend ist.
Pharmakodynamik
Siehe «Wirkungsmechanismus».
Klinische Wirksamkeit
Siehe «Wirkungsmechanismus».
Sicherheit
In einer Studie rief Oestrogel eine mässige Verminderung der Thrombozytenaggregation hervor, veränderte jedoch die Blutgerinnung nicht im Sinne einer Hyperkoagulabilität.
Unabhängig von der Art der Verabreichung üben die Östrogendosierungen, die eine Besserung menopausaler Beschwerden bewirken und zur Erhaltung der Knochenmasse erforderlich sind, auch eine stark anregende Wirkung auf Mitose und Proliferation des Endometriums aus. Eine Östrogen-Monotherapie ohne ergänzende sequentielle Gestagenbehandlung erhöht die Häufigkeit von Endometriumhyperplasien und somit das Risiko eines Endometriumkarzinoms. Auch bei der Applikation des Gels ohne ergänzende sequentielle Gestagentherapie kommt es zu einer übermässigen Proliferation des Endometriums.

Pharmakokinetik

Absorption
Ca. 10% der applizierten Dosis werden resorbiert und bilden ein subkutanes Depot. Estradiol wird kontinuierlich aus dem subkutanen Depot freigesetzt und langsam resorbiert.
Nach einer Einzelapplikation von 2,5 g Oestrogel, entsprechend 1,5 mg Estradiol, wird innerhalb von ca. 12 h eine Plasmakonzentration von 80 pg/ml (295 pmol/l) erreicht. Die Bioverfügbarkeit von Estradiol beträgt 32-50% einer vergleichbaren, p.o. verabreichten Estradiol-Dosis.
Die Pharmakokinetik von Estradiol nach Anwendung von Oestrogel ist nicht dosisproportional. Nach 1 Behandlungswoche wurden unter einer Dosis von 1,5 mg pro Tag Plasmakonzentrationen von 68 pg/ml (250 pmol/l) gemessen, unter einer Dosis von 3 mg pro Tag 103 pg/ml (380 pmol/l). Diese Werte blieben bis zur nächsten Oestrogel-Applikation stabil.
Das Auftragen einer Sonnencreme 1 Stunde nach Applikation von Oestrogel führte zu einer Reduktion der AUC von Estradiol um durchschnittlich 15-20%. Ein möglicher Einfluss von Sonnencreme bei Anwendung vor Applikation von Oestrogel wurde nicht untersucht.
Distribution
Estradiol wird zu einem hohen Anteil an Plasmaproteine (Albumin und Sexualhormon-bindendes Globulin) gebunden; nur 1-2% des zirkulierenden Estradiols liegen in freier Form vor.
Estradiol ist plazentagängig, und es tritt in sehr geringen Mengen in die Muttermilch über.
Metabolismus
Estradiol wird, unter wesentlicher Beteiligung von CYP3A4, hauptsächlich in der Leber metabolisiert.
Die wichtigsten Metaboliten sind Estriol und Estron sowie deren Konjugate (Glukuronide, Sulfate). Diese sind pharmakologisch weniger aktiv als Estradiol.
Elimination
Die metabolische Plasma-Clearance von Estradiol liegt zwischen 650 und 900 l/Tag/m². Die Ausscheidung erfolgt überwiegend in Form der Konjugate, grösstenteils mit dem Urin. Die Eliminationshalbwertszeit beträgt ca. einen Tag. Östrogenmetaboliten unterliegen einem enterohepatischen Kreislauf.

Präklinische Daten

Präklinische Untersuchungen mit Estradiol zur Toxizität nach wiederholter Gabe und Genotoxizität ergaben keine eindeutigen Hinweise auf besondere Risiken für Frauen, wenn auch in epidemiologischen Studien sowie in Tierstudien mit Estradiol ein erhöhtes Karzinogenitätsrisiko nachgewiesen werden konnte.
Bei Versuchstieren zeigte Estradiol bereits in geringer Dosierung einen embryoletalen Effekt sowie eine dosisabhängige Reduktion der Fertilität in Ratten. Reproduktionstoxikologische Studien in Ratten, Mäusen und Kaninchen erbrachten keine Hinweise auf eine teratogene Wirkung. Für Erfahrungen beim Menschen siehe Kapitel «Schwangerschaft/Stillzeit».

Sonstige Hinweise

Haltbarkeit
Das Arzneimittel darf nur bis zu dem auf der Packung mit «EXP» bezeichneten Datum verwendet werden.
Besondere Lagerungshinweise
Oestrogel soll bei Raumtemperatur (15-25 °C) und ausser Reichweite von Kindern aufbewahrt werden.
Hinweise für die Handhabung
Oestrogel ist farblos, geruchlos und erzeugt keine Flecken.
Dispenser
Verschlusskappe entfernen, Dispenser mit einer Hand ergreifen und die andere Hand unter die Öffnung halten. Pumpe ganz niederdrücken und mit der anderen Hand austretendes Gel aufnehmen. Bei jedem Erstgebrauch eines Dispensers kann ein 1- bis 2-maliges Betätigen der Pumpe erforderlich sein, bis das Gel freigesetzt wird. Die erste Gel-Dosis kann ungenau bemessen sein; es wird deshalb empfohlen, sie nicht anzuwenden. Nach 1-monatiger Anwendung einer Dosierung von 2 Hüben/Tag (entspricht ca. 64 Hüben) kann sich die abgegebene Gel-Dosis verringern. Es wird empfohlen, den Dispenser dann nicht länger zu verwenden.
Tube
Oestrogel-Tube durch Einstechen der Verschlusskappe mit dem speziell dafür vorgesehenen Stopfen öffnen. Gel durch leichten gleichmässigen Druck auf die Tube in die Rille des Dosierungsmasses geben. Diese Menge entspricht einer Dosis von 2,5 g Oestrogel (1,5 mg Estradiol).

Zulassungsnummer

46638 (Swissmedic).

Packungen

Dispenser zu 80 g: 1 und 3. [B]
Tube zu 80 g mit Dosierungsmass: 1. [B]

Zulassungsinhaberin

Vifor (International) Inc., St. Gallen

Stand der Information

März 2023.