Eigenschaften/WirkungenATC-Code: J05AE04
Wirkungsmechanismus/Pharmakodynamik Die HIV-Protease ist ein Enzym, das für die proteolytische Spaltung viraler Polyproteinvorläufer in die einzelnen Proteine benötigt wird, um infektiöse Viruspartikel zu bilden. Die Spaltung dieser viralen Polyproteine ist für den Reifungsprozess des pathogenen Virus eine wesentliche Voraussetzung. Nelfinavir bindet an das aktive Zentrum der HIV-Protease und verhindert auf diese Weise die Spaltung der Polyproteine, was zur Bildung unreifer, nichtinfektiöser Viruspartikel führt.
Antivirale Aktivität in vitro Eine antivirale Aktivität von Nelfinavir in vitro wurde sowohl bei akuten als auch bei chronischen HIV-Infektionen in lymphoblasto-iden Zelllinien, peripheren Blutlymphozyten und Monozyten/Makrophagen nachgewiesen. Nelfinavir erwies sich gegen ein breites Spektrum von Laborerregerstämmen und gegen klinische Isolate von HIV-1 und des HIV-2-Stammes ROD als wirksam. Die
EC 95 (95%-Wirkkonzentration) von Nelfinavir lag zwischen 7 und 196 nM (Mittelwert: 58 nM). Nelfinavir zeigte in Zweier- und Dreierkombinationsschemata mit den Reverse-Transkriptase-Hemmern Zidovudin (ZDV), Lamivudin (3TC), Didanosin (ddI), Zal-citabin (ddC) und Stavudin (d4T) additive bis synergistische Wirkungen gegen HIV, ohne dass eine Zunahme der Zytotoxizität zu beobachten war.
Resistenzbildung HIV-Isolate mit reduzierter Empfindlichkeit gegenüber Nelfinavir wurden in vitro ausgewählt.
Genotyp-Analysen einer Variante, die eine neunfache Verringerung der Empfindlichkeit aufwies, zeigten, dass eine einzige Sub-stitution einer Asparaginsäure (D) durch Asparagin (N) am Aminosäurerest 30 (D30N) der HIV-Protease vorlag. Bei 58 Patienten, die in Phase-I/II-Prüfungen aufgenommen worden waren, wurden ebenfalls Genotyp-Veränderungen von HIV-Protease-Genen ausgewertet. Übereinstimmend mit den in-vitro -Ergebnissen wurde am häufigsten eine D30N-Substitution beobachtet. Bei einer Untergruppe dieser Patienten, die bis zu 44 Wochen nachbeobachtet wurde, blieb diese Substitution erhalten. Mutationen, die unter anderen Proteasehemmern beschrieben wurden, wurden entweder nicht (G48V, V82F/T, I84V) oder nur selten beobachtet (L90M). Mit Protease-Genen, die aus Proben stammten, die nach 16wöchiger Behandlung von 113 zufällig ausgewählten Patienten entnommen worden waren, die in für die Zulassung ausschlaggebenden Studien (pivotal studies) Nelfinavir entweder als Mono-therapie oder in Kombination mit ZDV und 3TC erhalten hatten, wurden Sequenzanalysen durchgeführt.
Die Inzidenz genotypischer Resistenzen gegen Nelfinavir war nach 16 Wochen im Vergleich zur Monotherapie (56%) signifikant geringer, wenn Nelfinavir in Kombination mit ZDV und 3TC verwendet wurde (6%).
Kreuzresistenzen gegen andere antivirale Substanzen Eine Kreuzresistenz zwischen Nelfinavir und Reverse-Transkriptase-Hemmern ist wegen des unterschiedlichen Wirkungsmecha-nismus der verschiedenen Substanzen unwahrscheinlich. HIV-Isolate, die gegen Nukleosidanaloga und Nichtnukleosidale-Reverse-Transkriptase-Hemmer resistent sind, sind in vitro gegenüber Nelfinavir weiterhin empfindlich. Die Möglichkeit einer HIV-Kreuzresistenz gegen andere Proteasehemmer wurde für Nelfinavir untersucht. Sechs klinische Isolate, die die D30N-Substitution aufwiesen, zeigten in vitro keine Veränderung ihrer Empfindlichkeit gegenüber Saquinavir, Ritonavir, Indinavir oder Amprenavir. Diese fehlende Kreuzresistenz wurde mit einem rekombinanten HIV-Virus bestätigt, das die D30N-Substitution aufwies. Das rekombinante Virus zeigte eine verminderte Empfindlichkeit gegenüber Nelfinavir, die Empfindlichkeit gegenüber den anderen Proteasehemmern war jedoch voll erhalten. Daher ist eine Kreuzresistenz gegen andere Proteasehemmer bei Patienten, die gegen Nelfinavir resistent werden, unwahrscheinlich. Darüber hinaus blieb die Empfindlichkeit gegenüber Nelfinavir bei 14 von 23 klini-schen Isolaten (61%) erhalten, die von Patienten stammten, die auf eine Behandlung mit Ritonavir, Indinavir und/oder Saquinavir nicht angesprochen hatten.
Beeinflussung des QT-Intervalls Untersuchungen der Elektrokardiogramme in Gesunden und Patienten mit HIV zeigten unter Nelfinavir keine Hinweise auf eine Verlängerung des QT-Intervalls und damit einhergehenden Nebenwirkungen.
Klinische Wirksamkeit Klinische Wirksamkeit bei Erwachsenen und Jugendlichen >=13 Jahren Die klinische Wirksamkeit von Nelfinavir wurde bei 2× täglicher Verabreichung von 1250 mg im Vergleich zu 3× täglicher Verab-reichung von 750 mg in einer offenen randomisierten Studie untersucht.
Die Ergebnisse präsentieren sich wie folgt (siehe Abbildung 1 und Tabelle 1):
Abbildung 1 Prozentsatz der Patienten, bei denen die HIV-RNA-Konzentration im Plasma unterhalb der Nachweisgrenze des Standard-PCR-Tests (400 Kopien/ml) lag; ITT (NC= F)*.

Tabelle 2 Anteil der Patienten, bei denen die HIV-RNA-Konzentration im Plasma nach 24 bzw. 48 Wochen jeweils <400 Kopien/ml respektive <50 Kopien/ml betrug.
Parameter Viracept Viracept Paarvergleich
2×tägl. 3×tägl. 2×tägl.- 95%-Ver-
1250 mg* 750 mg* 3×tägl. trauens-
(n= 291) (n= 156) (%) bereich
24 Wochen:
<400 Kopien/ml
ITT NC=F 259/335 164/204 -3 (-10, 4)*
(77%) (80%)
On-Treatment 259/310 164/185 -5 (-11, 1)*
Analyse (84%) (89%)
----------------------------------------------------
<50 Kopien/ml
ITT NC=F 209/335 125/204 1 (-7, 10)*
(62%) (61%)
On-Treatment 209/309 125/185 <1 (-9, 9)*
Parameter Viracept Viracept Paarvergleich
2×tägl. 3×tägl. 2×tägl.- 95%-Ver-
1250 mg* 750 mg* 3×tägl. trauens-
(n= 291) (n= 156) (%) bereich
Analyse (68%) (68%)
48 Wochen:
<400 Kopien/ml
ITT NC=F 224/337 146/206 -4 (-12, 4)*
(67%) (71%)
On-Treatment 224/275 146/169 -5 (-12, 2)*
Analyse (82%) (86%)
ITT LOCF** 244/337 161/206 -6 (-13, 2)
(72%) (78%)
----------------------------------------------------
<50 Kopien/ml
ITT NC=F 193/337 125/206 -3 (-12, 5)*
(57%) (61%)
On-Treatment 193/274 125/169 -4 (-12, 5)*
Analyse (70%) (74%)
ITT LOCF 206/337 136/206 -5 (-13, 3)
(61%) (66%)
* Erfüllt das im Protokoll vordefinierte Äquivalenzkriterium (untere Grenze des 95%-Vertrauensbereichs [VB] >=-2,5%).
** Intent-to-treat-Analyse, Last-observation-carried-forward-Methode (LOCF - der letzte von einem Studienabbrecher bekannte Wert wird registriert).
Der Abfall der mittleren HIV RNA betrug - 2,18 Log 10 unter dem BID-Schema bzw. - 2,29 Log 10 unter dem TID-Schema nach 48 Wochen (Standard-PCR). Bei Verwendung eines ultrasensitiven Assays wurde ein Abfall der HIV RNA Kopien von - 2,88 Log 10 (BID) bzw. - 3,03 Log 10 (TID) beobachtet.
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