Eigenschaften/WirkungenATC-Code: G04CB02
Wirkmechanismus:
Dutasterid hemmt die 5α-Reduktase-Isoenzyme des Typs 1 und 2, die für die Umwandlung von Testosteron zu 5α-Dihydrotestosteron (DHT) verantwortlich sind, und bewirkt dadurch eine Senkung des DHT-Spiegels im Blutkreislauf und in der Prostata. DHT ist für die Hyperplasie des glandulären Prostatagewebes das hauptverantwortliche Androgen.
Avodart reduziert die Grösse der Prostata, lindert die Symptome, verbessert den Harnfluss und verringert das Risiko eines akuten Harnverhaltes sowie den Bedarf für einen operativen Eingriff.
Wirkungen auf DHT/Testosteron:
Der maximale Effekt von Avodart im Sinne einer Senkung des DHT ist dosisabhängig und tritt innerhalb von 1-2 Wochen ein. Nach 1- bzw. 2-wöchiger Einnahme von Avodart (0,5 mg/Tag) waren die mittleren DHT-Konzentrationen im Serum um 85% bzw. 90% gesenkt, nach einem Jahr um 94% und nach zwei Jahren um 93%. Nach Absetzen der Behandlung kehren die mit den klinischen Wirkungen korrelierten DHT-Serumkonzentrationen innerhalb von ungefähr 4 Monaten auf die Ausgangswerte zurück.
Der mittlere Anstieg des Serum-Testosteronspiegels lag sowohl nach einem als auch nach 2 Jahren bei 19%. Die Testosteronkonzentrationen bewegten sich innerhalb des physiologischen Normbereichs.
KLINISCHE WIRKSAMKEIT:
Monotherapie mit Dutasterid
Die klinische Wirksamkeit von Avodart (0,5 mg/Tag) resp. Placebo wurde im Rahmen von drei placebokontrollierten, doppelblinden Multizenterstudien an 4'325 BPH-Patienten mit einer Prostatagrösse ≥30 cm3 und einem PSA-Wert im Bereich zwischen 1,5 und 10 ng/ml über einen Zeitraum von 2 Jahren untersucht.
Die Resultate dieser Studien zeigten für Avodart gegenüber Placebo (1) eine Reduktion des Risikos eines akuten Harnverhalts sowie der Notwendigkeit für operative Eingriffe, (2) eine statistisch signifikante Zunahme des maximalen Harnflusses (Qmax), (3) eine ebenfalls statistisch signifikante Besserung der Symptomatik im unteren Harntrakt (lower urinary tract symptoms, LUTS) sowie (4) eine Reduktion des Prostatavolumens.
LUTS
Eine signifikante Verbesserung gegenüber den Ausgangswerten unter Dutasterid im Vergleich zu Placebo zeigte sich erstmals nach 6 Monaten (p<0,001). Die Symptomatik besserte sich auch danach fortlaufend bis zum Monat 24.
Qmax (maximaler Harnfluss)
Qmax stieg über 24 Monate kontinuierlich an; bereits nach einem Monat war ein signifikanter Anstieg des Qmax-Wertes festzustellen. Nach 2 Jahren hatte die Qmax unter Avodart im Mittel um 2,4 ml/sec zugenommen (von 10,1 ml/sec Baseline auf 12,5 ml/sec) im Vergleich zu einer mittleren Zunahme um 0,8 ml/sec (von 10,4 ml/sec auf 11,2 ml/sec) in der Placebogruppe.
Akuter Harnverhalt und chirurgische Eingriffe
Nach zweijähriger Behandlung betrug die Häufigkeit eines akuten Harnverhalts 4,2% in der Placebogruppe gegenüber 1,8% in der Avodart-Gruppe. Dies entspricht einer Risiko-Reduktion um 57% (95% CI: 38%-71%) und war statistisch signifikant (p<0,001).
Der Bedarf für einen chirurgischen Eingriff nach zweijähriger Behandlung betrug 4,1% in der Placebogruppe und 2,2% in der Avodart-Gruppe. Dies entspricht einer Risiko-Reduktion um 48% (95% CI: 26-63%) und war ebenfalls statistisch signifikant (p<0,001).
Prostatavolumen
Eine signifikante Verringerung des Prostatavolumens war bereits einen Monat nach Therapiebeginn und auch noch nach 24 Monaten zu erkennen (p<0,001). Avodart bewirkte nach 12 Monaten eine mittlere Reduktion des Prostatavolumens um 23,6% (von 54,9 cm3 Baseline auf 42,1 cm3) gegenüber 0,5% in der Placebogruppe (von 54,0 cm3 auf 53,7 cm3). Die Verringerung des Prostatavolumens war von einer zunehmenden Besserung der Symptomatik begleitet.
Kombinationstherapie von Dutasterid und Tamsulosin
Dutasterid (0,5 mg/Tag), Tamsulosin (0,4 mg/Tag) und die Kombination von Dutasterid 0,5 mg und Tamsulosin 0,4 mg wurden an 4'844 Patienten mit Prostatavergrösserung (≥30 cm3) in einer multizentrischen, doppelblinden Parallelgruppenstudie (pivotale Studie: CombAT) über 4 Jahre untersucht. Primärer Wirksamkeitsendpunkt nach 4 Jahren war die Zeit bis zum ersten Ereignis eines akuten Harnverhalts oder eines BPH-assoziierten chirurgischen Eingriffs. Nach 4-jähriger Behandlungsdauer führte die Kombinationstherapie gegenüber der Tamsulosin-Monotherapie zu einer signifikanten Reduktion (um 65,8% [95% CI 54,7%-74,1%]) des Risikos für akuten Harnverhalt oder BPH-assoziierte chirurgische Eingriffe (p<0,001). Gegenüber der Dutasterid-Monotherapie betrug die Risikoreduktion 19,6% (95% CI -10,9% -41,7%), hier war der Unterschied zwischen den beiden Behandlungsgruppen nicht signifikant. Nach 4 Jahren lag die Inzidenz von akutem Harnverhalt oder BPH-assoziierten chirurgischen Eingriffen bei 4,2% für die Kombination, 11,9% für die Tamsulosin-Monotherapie (p<0,001) und 5,2% für die Dutasterid-Monotherapie. Die Befunde für die Sekundärendpunkte (International Prostate Symptom Score, maximaler Harnfluss) waren hierzu konsistent (zu weiteren Einzelheiten siehe Fachinformation des Kombinationspräparates Duodart).
Obwohl die Kombinationstherapie gegenüber der Dutasterid-Monotherapie über die gesamte vierjährige Studiendauer zu einer kontinuierlichen Verbesserung der Symptomatik führte, war der grösste Vorteil der Kombinationstherapie in den ersten 12 Behandlungsmonaten zu verzeichnen, was durch den bekannten raschen Wirkungseintritt von α-Rezeptorenblockern erklärt werden kann.
KLINISCHE SICHERHEIT:
Prostatakarzinom (insbesondere high grade-Tumoren)
In einem vierjährigen Vergleich zwischen Placebo und Avodart (REDUCE-Studie) an 8'231 Männern im Alter von 50 bis 75 Jahren mit vorausgehender negativer Prostatabiopsie und einem PSA-Ausgangswert zwischen 2,5 ng/ml und 10,0 ng/ml (Männer im Alter von 50 bis 60 Jahren) bzw. 3,0 ng/ml und 10,0 ng/ml (>60 Jahre) lagen für 6'706 Studienteilnehmer unter Therapie Daten einer Nadelbiopsie der Prostata für die Bestimmung des Gleason-Scores vor (hauptsächlich durch das Studienprotokoll vorgeschrieben, d.h. nicht aufgrund von Symptomen bzw. klinischem Verdacht durchgeführt). Bei 1'517 Studienteilnehmern wurde im Rahmen der Studie ein Prostatakarzinom diagnostiziert. Die Mehrzahl der durch die Biopsie nachgewiesenen Prostatakarzinome wurde in beiden Behandlungsgruppen als niedrig gradig (Gleason 5-6, 70%) diagnostiziert.
Es bestand eine höhere Inzidenz von Prostatakarzinomen mit Gleason-Score 8-10 in der Dutasterid-Gruppe (n=29, 0,9%) im Vergleich zur Placebo-Gruppe (n=19, 0,6%) (p=0,15). In den Jahren 1-2 war die Anzahl der Studienteilnehmer mit Karzinomen mit Gleason-Score 8-10 in der Dutasterid-Gruppe (n=17, 0,5%) jener in der Placebo-Gruppe (n=18, 0,5%) vergleichbar. In den Jahren 3-4 wurden in der Dutasterid-Gruppe (n=12, 0,5%) mehr Karzinome mit Gleason-Score 8-10 als in der Placebo-Gruppe (n=1, <0,1%) diagnostiziert (p=0,0035). Für eine längere Anwendungsdauer als 4 Jahre liegen keine Daten vor. Der prozentuale Anteil der Studienteilnehmer, bei denen Karzinome mit Gleason-Score 8-10 diagnostiziert wurden, war über beide Studienabschnitte (Jahre 1-2 und Jahre 3-4) in der Dutasterid-Gruppe konstant (0,5% in jedem Studienabschnitt), während in der Placebo-Gruppe in den Jahren 3-4 der prozentuale Anteil an Studienteilnehmern, bei denen Karzinome mit Gleason-Score 8-10 diagnostiziert wurden, niedriger war als in den Jahren 1-2 (<0,1% versus 0,5%). Für Karzinome mit Gleason-Score 7-10 bestand kein signifikanter Inzidenz-Unterschied zwischen Dutasterid und Placebo.
Die Patienten wurden nach Abschluss der REDUCE-Studie über weitere 2 Jahre nachbeobachtet. Die Mehrzahl der Patienten wurde dabei in diesem Zeitraum nicht weiter mit einem 5α-Reduktasehemmer behandelt. Bei 216 dieser Patienten wurde aufgrund eines entsprechenden Verdachtes eine Prostatabiopsie durchgeführt. In diesen beiden Jahren lag die Inzidenz eines Prostatakarzinomes in der ehemaligen Dutasterid-Gruppe bei 1.2%, in der ehemaligen Placebogruppe bei 0.7%. Fälle mit Gleason-Score 8-10 wurden in diesem Zeitraum nicht diagnostiziert.
In einer vierjährigen BPH-Studie (CombAT), in der das Protokoll keine Biopsien vorschrieb, sondern alle Diagnosen von Prostatakarzinomen auf Verdachtsbiopsien beruhten, waren die Raten von Karzinomen mit einem Gleason-Score von 8-10 für Dutasterid 0,5% (n=8), für Tamsulosin 0,7% (n=11) und für die Kombinationsbehandlung 0,3% (n=5).
Über einen möglichen Kausalzusammenhang zwischen Dutasterid und high grade-Karzinomen der Prostata ist bisher keine Aussage möglich, die klinische Bedeutung des gefundenen Ungleichgewichts ist nicht bekannt.
Mehrere epidemiologische Studien fanden unter der Anwendung von 5α-Reduktasehemmern keine erhöhte Prostatakarzinom-Mortalität.
Mammakarzinom
In den zweijährigen klinischen Studien mit Dutasterid-Monotherapie, in denen insgesamt eine Dutasterid-Exposition von 3'374 Patientenjahren erreicht wurde, sowie in der zweijährigen offenen Verlängerungsphase wurden bis zum Zeitpunkt der Registrierung 2 Brustkrebsfälle bei den mit Dutasterid behandelten Patienten sowie 1 Fall in der Placebo-Gruppe gemeldet. Auch aus der Marktüberwachung liegen entsprechende Beobachtungen vor. In den beiden 4-Jahres Studien CombAT und REDUCE (mit einer Gesamtexposition von insgesamt 17'489 Patienten-Jahren unter Dutasterid-Monotherapie sowie 5'027 Patienten-Jahren unter der Dutasterid-Tamsulosin-Kombination) wurde hingegen in keiner der Behandlungsgruppen über Mammakarzinome berichtet.
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