Eigenschaften/WirkungenATC-Code
N05AE05
Wirkungsmechanismus
Wie auch bei anderen Arzneimitteln mit Wirksamkeit bei Schizophrenie und bipolarer Depression ist der Wirkmechanismus von Lurasidon unbekannt. Die Wirksamkeit von Lurasidon bei Schizophrenie und bipolarer Depression wird auf die Kombination einer antagonistischen Aktivität an zentralen Dopamin-Typ-2-(D2-)Rezeptoren und Serotonin-Typ-2-(5HT2A-)Rezeptoren zurückgeführt.
Pharmakodynamik
In-vitro-Rezeptorbindungsstudien haben gezeigt, dass Lurasidon ein Antagonist mit hoher Affinität zu Dopamin-D2-Rezeptoren (Ki = 0,994 nM) und die 5-Hydroxytryptamin-(5-HT-, Serotonin-)Rezeptoren 5-HT2A (Ki = 0,47 nM) und 5-HT7 (Ki = 0,495 nM) sowie ein Antagonist mit moderater Affinität zu humanen α2C-adrenergen Rezeptoren (Ki = 10,8 nM), ein partieller Agonist von Serotonin-5-HT1A-Rezeptoren (Ki = 6,38 nM) und ein Antagonist von α2A-adrenergen Rezeptoren (Ki = 40,7 nM) ist. Lurasidon besitzt eine geringe bzw. keine Affinität zu Histamin-H1- und Muskarin-(M1-)Rezeptoren (IC50 ≥1000 nM bzw. >1000 nM).
Klinische Wirksamkeit
Schizophrenie
Die Wirksamkeit von Latuda bei der Behandlung von Schizophrenie wurde im Rahmen von fünf kurzfristigen (6 Wochen), placebokontrollierten Studien mit erwachsenen Patienten (mittleres Alter 38.4 Jahre, Bereich 18-72) nachgewiesen, welche die DSM-IV-Kriterien für Schizophrenie erfüllten. Ein Arm mit aktiver Kontrolle (Olanzapin oder Quetiapin XR) wurde in zwei Studien eingeschlossen, um die Sensitivität der Assays zu untersuchen.
Studienergebnisse:
Tabelle 2: Zusammenfassung der Ergebnisse für die primären Wirksamkeitsendpunkte
Studien-Nr.
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Primärer Endpunkt
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Mittlerer Unterschieda gegenüber Placebo hinsichtlich der Veränderung gegenüber Baseline
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Latuda 40 mg/Tag
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Latuda 80 mg/Tag
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Latuda 120 mg/Tag
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Latuda 160 mg/Tag
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Olanzapin 15 mg/Tag
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Quetiapin XR 600 mg/Tag
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1
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BPRSd
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-5.6* (2.1)
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-
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-6.7* (2.2)
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-
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-
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-
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2
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BPRSd
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-
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-4.7* (1.8)
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-
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-
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-
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-
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3
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PANSS
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-9.7* (2.9)
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-
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-7.5* (3.0)
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-
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-12.6** (2.8)
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-
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4
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PANSS
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-2.1 (2.5)
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-6.4* (2.5)
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-3.5 (2.5)
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-
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-
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-
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5
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PANSS
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-
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-11.9* (2.6)
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-
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-16.2* (2.5)
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-
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-17.5** (2.6)
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a Least Squares Mean [Mittelwert der kleinsten Quadrate] (Standardfehler)
* Adjustierter p-Wert <0.05 (ausser für Olanzapin)
** nicht adjustierter p-Wert <0.05
Damit wurde die Wirksamkeit von Latuda bei Dosen von 40, 80, 120 und 160 mg/Tag nachgewiesen (Tabelle 2). In gepoolten Analysen schien die 120 mg Dosierung keinen zusätzlichen Nutzen gegenüber der 40 mg Dosierung aufzuweisen, aber die 160 mg Dosierung tendierte einen zusätzlichen Nutzen über alle tieferen Dosierungen aufzuzeigen. Die Trennung vom Placebo wurde zunächst zwischen Tag 3 und 14, mit persistierender Verbesserung bis zum Studienendpunkt jedes klinischen Versuchs beobachtet.
Eine Untersuchung von Subpopulationen auf Grundlage von Alter (es gab wenige Patienten im Alter von über 65 Jahren), Geschlecht und Rasse ergab keine eindeutigen Hinweise auf eine unterschiedliche Responsivität.
Daten zu pädiatrischen Patienten
Die kurzfristige Wirksamkeit von Lurasidon wurde in einer 6-wöchigen, randomisierten, doppelblinden placebokontrollierten Studie mit jugendlichen Patienten (im Alter von 13 bis 17 Jahren) (N=326) untersucht, welche die DSM-IV-Kriterien für Schizophrenie erfüllten. Die Patienten wurden randomisiert mit einer von zwei Fixdosen von Lurasidon (40 oder 80 mg) einmal täglich oder Placebo behandelt.
Der primäre Wirksamkeitsendpunkt war definiert als die mittlere Veränderung vom Ausgangswert bis zur Woche 6 in der Gesamtpunktzahl auf der PANSS-Skala (Positive and Negative Syndrome Scale). Als wichtigster sekundärer Endpunkt wurde die Veränderung vom Ausgangswert bis zur Woche 6 in der Punktzahl auf der Skala «Klinischer Gesamteindruck - Schwere der Erkrankung» (CGI-S, Clinical Global Impression-Severity) erhoben. Für diese Endpunkte konnten für die untersuchte Gesamtpopulation statistisch signifikante Unterschiede zugunsten von Lurasidon gegenüber Placebo gezeigt werden. Diese Unterschiede setzten in Woche 2 ein und blieben bei jedem Studienbesuch bis zum Ende der Studie erhalten. Im Durchschnitt ergab sich für die Dosis 80 mg/Tag kein zusätzlicher Nutzen gegenüber 40 mg/Tag. Die Resultate für den primären Wirksamkeitsendpunkt sind in Tabelle 3 dargestellt.
Tabelle 3: Zusammenfassung der Resultate für den primären Endpunkt
Primärer Endpunkt
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LS Mean (SE)a Unterschied gegenüber Placebo hinsichtlich der Veränderung gegenüber Baseline
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Lurasidon
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40 mg/Tag
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80 mg/Tag
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PANSS
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-8.0 (2.21)*
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-7.7 (2.22)*
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* Adjustierter p-Wert ≤0.001
a Least Squares Mean [Mittelwert der kleinsten Quadrate] (Standardfehler)
PANSS: Positive and Negative Syndrome Scale
Bipolare Depression
Monotherapie
Die Wirksamkeit von Latuda als Monotherapie wurde in einer 6-wöchigen randomisierten, placebokontrollierten Doppelblindstudie mit erwachsenen Patienten (mittleres Alter 41,5 Jahre; Bereich 18–74), welche die DSM-IV-TR-Kriterien für depressive Episoden im Zusammenhang mit einer bipolaren Störung Typ I erfüllten (mit oder ohne Rapid-Cycling und ohne psychotische Symptome), nachgewiesen (N=485). Die Patienten wurden randomisiert einer flexiblen Dosierung von Latuda 20–60 mg/Tag, Latuda 80–120 mg/Tag oder Placebo ausgesetzt. Die primären und sekundären Wirksamkeitsendpunkte wurden bei der Baseline-Untersuchung sowie in den Wochen 1 bis 6 untersucht.
In dieser Studie diente zur Beurteilung depressiver Symptome als primäre Bewertungsskala die «Montgomery Asberg Depression Scale» (MADRS), eine 10 Items umfassende, vom Arzt beurteilte Skala, die einen Gesamtscore von 0 (keine depressiven Merkmale) bis 60 (Höchstwert) liefert. Primärer Endpunkt war die Änderung im MADRS-Score in Woche 6 gegenüber dem Baseline-Wert. Das wichtigste sekundäre Beurteilungsinstrument war die Skala «Clinical Global Impression-Bipolar-Severity of Illness» (CGI-BP-S), einen durch den Arzt erfassten Fragebogen, auf dem der aktuelle Krankheitszustand des Patienten anhand einer 7-Punkte-Skala beurteilt wird, wobei höhere Werte einen höheren Schweregrad der Erkrankung anzeigen.
Latuda war Placebo bezüglich der Reduktion des MADRS- und des CGI-BP-S-Scores in Woche 6 überlegen (Tabelle 4). In der hoch dosierten Gruppe (80–120 mg) wurde durchschnittlich keine bessere Wirksamkeit nachgewiesen als in der niedrig dosierten (20–60 mg). Unter Latuda 20–60 mg wurde in Woche 2 eine signifikante Differenz in Bezug auf den MADRS- und den CGI-BP-S-Score nachgewiesen, die für den Rest der Studie erhalten blieb. In beiden Gruppen mit flexibler Latuda-Dosierung fiel der Anteil der Patienten mit einer Verbesserung ≥50% im MADRS-Score signifikant höher aus (p < 0,001) als unter Placebo (Latuda 20–60 mg: 53%; Latuda 80–120 mg: 51%; Placebo: 30%). In beiden Latuda-Dosisgruppen wurde bei sieben der 10 MADRS-Items eine signifikant höhere Verbesserung erzielt als unter Placebo (p < 0,05). Die sekundären Endpunkte unterstützten die Überlegenheit von Latuda gegenüber Placebo.
Begleittherapie
Die Wirksamkeit von Latuda als Begleittherapie zu Lithium oder Valproat wurde in zwei (N=340 und 342) 6-wöchigen randomisierten, placebokontrollierten Doppelblindstudien mit erwachsenen Patienten (mittleres Alter 42,6 Jahre; Bereich 18–74), welche die DSM-IV-TR-Kriterien für depressive Episoden im Zusammenhang mit einer bipolaren Störung Typ I erfüllten (mit oder ohne Rapid-Cycling und ohne psychotische Symptome), nachgewiesen. Patienten, die während einer Behandlung mit Lithium oder Valproat fortbestehende Symptome hatten, wurden randomisiert einer flexiblen Dosierung von Latuda 20–120 mg/Tag oder Placebo ausgesetzt. Die primären und sekundären Wirksamkeitsendpunkte wurden bei der Baseline-Untersuchung sowie in den Wochen 1 bis 6 untersucht.
Das primäre Instrument für die Beurteilung depressiver Symptome war in dieser Studie die MADRS-Skala. Primärer Endpunkt war die Änderung im MADRS-Score in Woche 6 gegenüber dem Baseline-Wert. Das wichtigste sekundäre Instrument war die CGI-BP-S-Skala.
In einer Studie war Latuda als Begleittherapie zu Lithium oder Valproat dem Placebo bezüglich der Reduktion des MADRS- und des CGI-BP-S-Scores in Woche 6 überlegen. Unter Latuda + Lithium oder Valproat wurde in Woche 3 eine signifikante Differenz in Bezug auf den MADRS-Score und in Woche 2 eine signifikante Differenz in Bezug auf den CGI-BP-S-Score nachgewiesen. Beide Differenzen blieben für den Rest der Studie fortbestehen. Der Anteil der Patienten mit einer Verbesserung ≥50% im MADRS-Score war in der Gruppe mit Latuda + Lithium oder Valproat (57%) signifikant höher (p = 0,008) als unter Placebo (42%). Latuda ging bei sechs der 10 MADRS-Punkte mit einer signifikant höheren Verbesserung einher als Placebo (p < 0,05). Die sekundären Endpunkte unterstützten die Überlegenheit von Latuda gegenüber Placebo.
Tabelle 4: Wirksamkeit von Latuda als Monotherapie und Begleittherapie in 6-wöchigen Studien
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Studie D1050236 (Monotherapie) (N = 485)
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Studie D1050235 (Begleittherapie) (N = 340)
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Latuda 20-60 mg (N = 161)
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Latuda 80-120 mg (N = 162)
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Placebo (N = 162)
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Latuda 20-120 mg + Li/VPA (N = 179)
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Placebo + Li/VPA (N = 161)
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Baseline
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30.3 (5.02)
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30.6 (4.93)
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30.5 (4.95)
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30.6 (5.30)
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30.8 (4.81)
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Schätzung der Veränderung gegenüber der Baseline
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Woche 6
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-15.4 (0.83)**
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-15.4 (0.83)**
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-10.7 (0.83)
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-17.1 (0.87)**
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-13.5 (0.91)
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N = Anzahl der Probanden; VPA = Valproat
** P ≤0.01 relativ zu Placebo
In einer weiteren Studie zur Begleittherapie mit Lithium oder Valproat wurde in Woche 6 kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen Latuda und Placebo im Hinblick auf den primären Endpunkt (MADRS) beobachtet
Daten zu pädiatrischen Patienten
Die kurzfristige Wirksamkeit von Lurasidon wurde in einer 6-wöchigen, multizentrischen, randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studie mit Kindern und Jugendlichen (im Alter von 10 bis 17 Jahren) untersucht, welche die Kriterien des Diagnostischen und Statistischen Manuals Psychischer Störungen, fünfte Ausgabe (DSM-V) für eine Episode einer Major Depression im Zusammenhang mit einer Bipolar-I-Störung mit oder ohne schnellem Episodenwechsel (Rapid Cycling) erfüllten und keine psychotischen Merkmale (N=350) aufwiesen. Die Patienten wurden randomisiert mit flexibel dosiertem Lurasidon 18–74 mg einmal täglich oder Placebo behandelt.
Der primäre Wirksamkeitsendpunkt war definiert als die mittlere Veränderung vom Ausgangswert bis zur Woche 6 in der Gesamtpunktzahl auf der überarbeiteten Skala zur Bewertung von Depression bei Kindern (CDRS-R, Children's Depression Rating Scale, Revised). Der wichtigste sekundäre Endpunkt war der Depressions-Score auf der Skala „Klinischer Gesamteindruck – Version für eine Bipolar-Störung, Schwere der Erkrankung“ (CGI-BP-S, Clinical Global Impression – Bipolar Version, Severity of Illness). Für diese Endpunkte konnten für die untersuchte Gesamtpopulation statistisch signifikante Unterschiede zugunsten von Lurasidon gegenüber Placebo gezeigt werden. Diese Unterschiede setzten in Woche 2 ein und blieben bei jedem Studienbesuch bis zum Ende der Studie erhalten. Jedoch wurden der primäre und der wichtigste sekundäre Wirksamkeitsendpunkt von jüngeren Patienten (unter 15 Jahren) nicht erfüllt. Die um Placebo bereinigte LS Mean [Mittelwert der kleinsten Quadrate] Veränderung (95%-KI) vom Ausgangswert bis zur Woche 6 unter Verwendung der LOCF (Last Observation Carried Forward)-Methode bei der CDRS-R-Gesamtpunktzahl für die Lurasidon-Gruppe betrug -1.8 (-5.6, 2.0) für 10- bis 14-jährige Patienten und -8.6 (-12.4, -4.8) für 15- bis 17-jährige Patienten.
Tabelle 5: Pädiatrische Studie zur depressiven Phase einer bipolaren Störung: Gesamtpunktzahl auf der Skala CDRS-R und Depressions-Score (Depression) auf der CGI-BP-S-Skala - Veränderung vom Ausgangswert bis zur Woche 6 - gemischtes Modell mit wiederholten Messungen (MMRM) für die Studie D1050326: Intent-to-Treat-Analyseset
Parameter
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Studienstatistik
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Placebo
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Lurasidon-Dosis 18.5-74 mg(a) (b)
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Primärer Endpunkt: CDRS-R-Gesamtpunktzahl
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N=170
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N=173
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Ausgangswert, Mittelwert (SD)
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58.6 (8.26)
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59.2 (8.24)
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LS Mean [Mittelwert der kleinsten Quadrate] Veränderung (SE)
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-15.3 (1.08)
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-21.0 (1.06)
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Behandlungsunterschied vs. Placebo
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Schätzung (SE; 95%-KI)
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--
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-5.7 (1.39; -8.4 bis -3.0)
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p-Wert
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--
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<0.0001
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Wichtigster sekundärer Endpunkt: CGI-BP-S-Depressions-Score
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N=170
|
N=173
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Ausgangswert, Mittelwert (SD)
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4.5
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4.6
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LS Mean [Mittelwert der kleinsten Quadrate] Veränderung (SE)
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-1.05 (0.087)
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-1.49 (0.085)
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Behandlungsunterschied vs. Placebo
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Schätzung (SE; 95%-KI)
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--
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-0.44 (0.112; -0.66 bis -0.22)
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p-Wert
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--
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<0.0001
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N ist die Anzahl Studienteilnehmer.
(a) p-Werte für Lurasidon vs. Placebo wurden um multiple Vergleiche bereinigt.
(b) Lurasidon-Dosen von 18.5, 37, 55.5, 74 mg entsprechen 20, 40, 60 resp. 80 mg Lurasidonhydrochlorid.
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