Eigenschaften/WirkungenATC-Code
L03AX16
Pharmakotherapeutische Gruppe: Andere Immunstimulanzien.
Wirkungsmechanismus
Plerixafor ist ein Bicyclamderivat und ein selektiver reversibler Antagonist des CXCR4-Chemokinrezeptors. Es blockiert die Bindung seines analogen Liganden, des Stromal Cell-derived Factor-1α (SDF-1α), auch bekannt als CXCL12. Man geht davon aus, dass eine Plerixafor-induzierte Leukozytose und Erhöhungen der Spiegel von zirkulierenden hämatopoetischen Progenitorzellen aus einer Trennung der CXCR4- Bindung an seinen analogen Liganden hervorgehen, was zum Auftreten von reifen und von pluripotenten Zellen im systemischen Kreislauf führt. CD34+-Zellen, die durch Plerixafor mobilisiert werden, sind funktional, ermöglichen die hämatopoetische Rekonstitution und weisen eine langfristige Selbsterneuerungsfähigkeit auf.
Pharmakodynamik
In pharmakodynamischen Studien an gesunden Probanden mit Plerixafor alleine wurde die höchste Mobilisierung von CD34+-Zellen 6 bis 9 Stunden nach der Anwendung beobachtet. In den pharmakodynamischen Studien an gesunden Probanden mit Plerixafor zusammen mit G-CSF unter Zugrundelegung desselben Dosisregimes wie bei Studien an Patienten wurde eine nachhaltige Erhöhung der CD34+-Zellen im peripheren Blut zwischen 4 und 18 Stunden nach der Anwendung von Plerixafor beobachtet, wobei der höchste Wert zwischen 10 und 14 Stunden eintrat.
Klinische Wirksamkeit
In den zwei randomisierten kontrollierten Phase-III-Studien erhielten Patienten mit Non-Hodgkin-Lymphom oder multiplem Myelom an jedem Abend vor der Zytapherese Mozobil 0,24 mg/kg bzw. Plazebo. Die Patienten bekamen jeden Tag morgendliche Dosen von G-CSF 10 μg/kg an 4 Tagen vor der ersten Plerixafor- oder Plazebo-Dosis und an jedem Morgen vor der Zytapherese. Optimale (5 oder 6 x 106 Zellen/kg) und minimale (2 x 106 Zellen/kg) Anzahlen von CD34+-Zellen/kg innerhalb einer bestimmten Anzahl von Tagen sowie die primären Kombinationsendpunkte, zu denen die erfolgreiche Transplantation gehörte, sind in Tabellen 2 und 4 dargestellt; der Anteil der Patienten, die je Zytapheresetag die optimale Anzahl von CD34+-Zellen/kg erreichten, findet sich in den Tabellen 3 und 5.
Tabelle 2. Wirksamkeitsergebnisse von Studie AMD3100-3101 – CD34+-Zellenmobilisierung bei Patienten mit Non-Hodgkin-Lymphom
Endpunkt zur Wirksamkeitb
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Mozobil und G-CSF (n = 150)
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Plazebo und G-CSF (n = 148)
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p-Werta
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Patienten, die ≥5 x 106 Zellen/kg in ≤4 Zytapheresetagen und eine erfolgreiche Transplantation erreichten
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86 (57,3%)
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28 (18,9%)
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<0,001
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Patienten, die ≥2 x 106 Zellen/kg in ≤4 Zytapheresetagen und eine erfolgreiche Transplantation erreichten
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126 (84,0%)
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64 (43,2%)
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<0,001
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a p-Wert berechnet anhand des χ²-(Chi-Quadrat-)Tests nach Pearson
b Statistisch signifikant mehr Patienten erreichten ≥5 x 106 Zellen/kg in ≤4 Zytapheresetagen mit Mozobil und G-CSF (n = 89; 59,3%) als mit Plazebo und G-CSF (n = 29; 19,6%), p <0,001; statistisch signifikant mehr Patienten erreichten ≥2 x 106 Zellen/kg in ≤4 Zytapheresetagen mit Mozobil und G-CSF (n = 130; 86,7%) als mit Plazebo und G-CSF (n = 70; 47,3%), p <0,001.
Tabelle 3. Studie AMD3100-3101 – Anteil von Patienten mit Non-Hodgkin-Lymphom, die ≥5 x 106 CD34+-Zellen/kg je Zytapheresetag erreichten
Tage
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Anteil der Patientena in der Mozobil- und G-CSF-Gruppe (n = 147b)
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Anteil der Patientena in der Plazebo- und G-CSF-Gruppe (n = 142b)
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1
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27,9%
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4,2%
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2
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49,1%
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14,2%
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3
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57,7%
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21,6%
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4
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65,6%
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24,2%
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a Prozentwerte ermittelt nach der Kaplan-Meier-Methode
b n beinhaltet alle Patienten mit mindestens einer Zytapherese
Tabelle 4. Wirksamkeitsergebnisse von Studie AMD3100-3102 – CD34+-Zellenmobilisierung bei Patienten mit multiplem Myelom
Endpunkt zur Wirksamkeitb
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Mozobil und G-CSF (n = 148)
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Plazebo und G-CSF (n = 154)
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p-Werta
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Patienten, die ≥6 x 106 Zellen/kg in ≤2 Zytapheresetagen und eine erfolgreiche Transplantation erreichten
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104 (70,3%)
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53 (34,4%)
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<0,001
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Patienten, die ≥2 x 106 Zellen/kg in ≤4 Zytapheresetagen und eine erfolgreiche Transplantation erreichten
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141 (95,3%)
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136 (88,3%)
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0,031
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a p-Wert berechnet anhand der Cochran-Mantel-Haenszel-Statistik mit Blockbildung nach Thrombozytenanzahl im Ausgangszustand
b Statistisch signifikant mehr Patienten erreichten ≥6 x 106 Zellen/kg in ≤2 Zytapheresetagen mit Mozobil und G-CSF (n = 106; 71,6%) als mit Plazebo und G-CSF (n = 53; 34,4%), p <0,001; statistisch signifikant mehr Patienten erreichten ≥6 x 106 Zellen/kg in ≤4 Tagen mit Mozobil und G-CSF (n = 112; 75,7%) als mit Plazebo und G-CSF (n = 79; 51,3%), p <0,001; statistisch signifikant mehr Patienten erreichten ≥2 x 106 Zellen/kg in ≤4 Zytapheresetagen mit Mozobil und G-CSF (n = 141; 95,3%) als mit Plazebo und G-CSF (n = 136; 88,3%), p = 0,031.
Tabelle 5. Studie AMD3100-3102 – Anteil von Patienten mit multiplem Myelom, die ≥6 x 106 CD34+-Zellen/kg je Zytapheresetag erreichten
Tage
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Anteil der Patientena in der Mozobil- und G-CSF-Gruppe (n = 144b)
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Anteil der Patientena in der Plazebo- und G-CSF-Gruppe (n = 150b)
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1
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54,2%
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17,3%
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2
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77,9%
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35,3%
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3
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86,8%
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48,9%
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4
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86,8%
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55,9%
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a Prozentwerte ermittelt nach der Kaplan-Meier-Methode
b n beinhaltet alle Patienten mit mindestens einer Zytapherese
In einer Langzeitstudie mit 55% der Patienten mit multiplem Myelom, die an der randomisierten Studie 3102 teilgenommen hatten, wiesen die Patienten, die bei ihrer autologen Transplantation Plerixafor erhalten hatten, eine kürzere Remissionszeit als die Patienten der Kontrollgruppe auf. Die Überlebenszeit war jedoch in beiden Gruppen vergleichbar.
Rescue-Patienten
In der Studie AMD3100-3101 wurden 62 Patienten (10 in der Mozobil+G-CSF-Gruppe und 52 in der Plazebo+G-CSF-Gruppe), die keine ausreichenden Anzahlen von CD34+-Zellen mobilisieren und deswegen nicht transplantiert werden konnten, in ein offenes Rescue-Verfahren mit Mozobil und G-CSF aufgenommen. Von diesen Patienten mobilisierten 55% (34 von 62) ≥2 x 106 CD34+-Zellen/kg und wurden erfolgreich transplantiert. In der Studie AMD3100-3102 zu Patienten mit multiplem Myelom nahmen 7 Patienten (alle aus der Gruppe Plazebo + G-CSF) am Rescue-Verfahren teil. 100% der Patienten (7 von 7) mobilisierten ≥2 x 106 CD34+-Zellen/kg und wurden erfolgreich transplantiert.
Die Dosis der transplantierten hämatopoetischen Stammzellen bestimmte der Prüfer. Nicht alle gewonnenen hämatopoetischen Stammzellen wurden notwendigerweise transplantiert. In den Phase-III-Studien waren die mittlere Zeit bis zum Anwachsen (engraftment) der Neutrophilen (10 - 11 Tage), die mittlere Zeit zum Anwachsen (engraftment) der Thrombozyten (18 - 20 Tage) und die Stabilität der Transplantation bis zu 12 Monate im Anschluss an die Transplantation in den Mozobil- und Plazebo-Gruppen gleich.
Die Daten zur Mobilisierung und Transplantation aus Phase-II-Studien (Plerixafor 0,24 mg/kg dosiert am Abend oder Morgen vor der Zytapherese) bei Patienten mit Non-Hodgkin-Lymphom, Morbus Hodgkin oder multiplem Myelom entsprachen den Daten aus den Phase-III-Studien.
In den plazebokontrollierten Studien wurde die Zunahme der CD34+-Zellen im peripheren Blut (Zellen/µl) über den 24-Stunden-Zeitraum vom Tag vor der ersten Zytapherese bis zur ersten Zytapherese (Tabelle 6) untersucht. In diesen 24 Stunden wurde die erste Dosis Plerixafor 0,24 mg/kg oder Plazebo 10 - 11 Stunden vor der Apherese gegeben.
Tabelle 6. Zunahme der CD34+-Zellenzahl im peripheren Blut nach der Gabe von Mozobil
Studie
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Mozobil und G-CSF
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Plazebo und G-CSF
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Median
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Mittel (SD)
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Median
|
Mittel (SD)
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AMD3100-3101
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5,0
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6,1 (5,4)
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1,4
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1,9 (1,5)
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AMD3100-3102
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4,8
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6,4 (6,8)
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1,7
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2,4 (7,3)
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Sicherheit und Wirksamkeit bei pädiatrischen Patienten
Kinder und Jugendliche
Die Wirksamkeit und Sicherheit von Mozobil wurde in einer kontrollierten, multizentrischen, offenen Studie bei Patienten mit soliden Tumoren (einschliesslich Neuroblastom, Sarkom, Ewing-Sarkom) oder Lymphomen untersucht, die für eine autologe hämatopoetische Stammzelltransplantation geeignet waren (DFI12860).
Patienten mit Leukämie, einer umfangreichen Knochenmarkbeteiligung oder einer bereits erfolgten Stammzelltransplantation wurden von der Studie ausgeschlossen.
Fünfundvierzig pädiatrische Patienten (im Alter von 1 bis unter 18 Jahren) wurden im Verhältnis von 2:1 randomisiert und erhielten entweder 0,24 mg/kg Mozobil plus Standardmobilisierung (G-CSF mit oder ohne Chemotherapie) oder nur eine Standardmobilisierung (Kontrollarm). Das mediane Alter lag im Mozobil-Arm bei 5,3 Jahren (Minimum: 1, Maximum: 18) und im Kontrollarm bei 4,7 Jahren (Minimum: 1, Maximum: 17). Nur ein Patient unter 2 Jahren wurde in den Plerixafor-Behandlungsarm randomisiert. Am Tag vor der ersten Zytapherese (d.h. vor der ersten Verabreichung von Plerixafor im Behandlungsarm) gab es zwischen den beiden Behandlungsarmen ein Ungleichgewicht hinsichtlich der Anzahl der CD34+-Zellen im peripheren Blut mit einem Median von 15 Zellen/μl im Mozobil-Arm gegenüber 35 Zellen/μl im Kontrollarm. Die primäre Analyse ergab, dass sich bei 80% der Patienten im Mozobil-Arm die Anzahl der CD34+-Zellen im peripheren Blut zwischen dem Morgen des Tages vor der ersten Zytapherese bis zum Morgen der ersten Zytapherese mindestens verdoppelte, während dies nur bei 28,6% der Patienten im Kontrollarm (p = 0,0019) zu beobachten war. Die Anzahl der CD34+-Zellen im peripheren Blut stieg vom Morgen des Tages vor der ersten Zytapherese bis zum Morgen der ersten Zytapherese im Mozobil-Arm im Median um das 3,2-fache an, während sie sich im Kontrollarm im Median um das 1,4-fache erhöhte.
Dagegen gab es keine klinisch relevanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen bezüglich der Gesamtzahl der im Verlauf der Studie geernteten CD34+-Stammzellen sowie bezüglich des Anteils der anschliessend transplantierten Patienten.
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