PharmakokinetikAbsorption
Odefsey
Die Emtricitabin- und Tenofoviralafenamid-Expositionen bei gesunden Probanden (n = 82) waren nach einer Einzeldosis einer Filmtablette Odefsey nach einer Mahlzeit bioäquivalent zur Fixkombinationstablette E/C/F/TAF (150/150/200/10 mg). Die Rilpivirin-Expositionen bei gesunden Probanden (n = 95) waren nach einer Einzeldosis einer Filmtablette Odefsey nach einer Mahlzeit bioäquivalent im Vergleich zu einer 25 mg Filmtablette Rilpivirin (als Hydrochlorid).
Emtricitabin
Nach oraler Verabreichung zum Essen wurden bei HIV-1-infizierten Patienten die maximalen Plasmakonzentrationen von Emtricitabin ca. 3 Stunden nach Einnahme erreicht. Cmax, AUCtau und Ctrough (Mittelwert ± SD) im Steady-state bei HIV-1-infizierten Patienten lagen bei 1,9 ± 0,5 µg/mL, 13 ± 4,5 µg•h/mL bzw. 0,14 ± 0,25 µg/mL.
Die mittlere Plasma-Talkonzentration im Steady-state 24 Stunden nach Dosisgabe war vergleichbar mit oder höher als der mittlere Invitro-IC90-Wert für die Anti-HIV-1-Aktivität. Die absolute Bioverfügbarkeit von Emtricitabin als 200mg-Kapsel wurde auf 93% geschätzt.
Die Emtricitabin-Exposition blieb durch eine leichte oder fettreiche Mahlzeit im Vergleich zum Nüchternzustand unverändert.
Nach oraler Anwendung wird die maximale Rilpivirin-Plasmakonzentration im Allgemeinen innerhalb von 4 bis 5 Stunden erreicht. Die absolute Bioverfügbarkeit von Rilpivirin ist nicht bekannt. Im Vergleich zur Anwendung im Nüchternzustand führte die Anwendung von Odefsey bei gesunden erwachsenen Probanden zum Essen zu einer erhöhten Rilpivirin-Exposition (AUC) in Abhängigkeit vom Fettgehalt der Mahlzeit: eine Mahlzeit mit moderaten Fettgehalt führte zu einer Erhöhung der mittleren Exposition (AUC) um 16% und des mittleren Cmax um 39% während eine Mahlzeit mit hohem Fettgehalt eine Erhöhung der mittleren Exposition (AUC) um 73% und des mittleren Cmax um 107% bewirkte.
Nach oraler Verabreichung zum Essen wurden bei HIV-1-infizierten Patienten die maximalen Plasmakonzentrationen von Tenofoviralafenamid ca. 1 Stunde nach Einnahme erreicht. Cmax und AUCtau (Mittelwert ± SD) im Steady-state lagen bei 0,16 ± 0,08 µg/mL bzw. 0,21 ± 0,15 µg•h/mL.
Im Vergleich zur Anwendung im Nüchternzustand führte die Anwendung von Odefsey bei gesunden erwachsenen Probanden zum Essen unabhängig vom Fettgehalt zu einer um 45-53% erhöhten Tenofoviralafenamid-Exposition (AUC).
Es wird empfohlen, Odefsey zum Essen einzunehmen.
Distribution
Die Invitro-Bindung von Emtricitabin an humane Plasmaproteine lag bei < 4% und war im Bereich von 0,02 bis 200 μg/mL konzentrationsunabhängig.
Rilpivirin ist in vitro zu etwa 99,7% an humane Plasmaproteine, vorwiegend Albumin, gebunden.
Die Invitro-Bindung von Tenofovir an humane Plasmaproteine liegt bei < 0,7% und ist im Bereich von 0,01 bis 25 μg/mL konzentrationsunabhängig. Die Exvivo-Bindung von Tenofoviralafenamid an humane Plasmaproteine in während klinischer Studien gesammelten Proben lag bei ungefähr 80%.
Metabolismus
Die Biotransformation von Emtricitabin umfasst die Oxidation des Thiol-Anteils zu 3'-Sulfoxid-Diastereomeren (ca. 9% der Dosis) sowie die Konjugation mit Glukuronsäure zum 2'-O-Glukuronid (ca. 4% der Dosis).
Invitro-Experimente deuten darauf hin, dass Rilpivirinhydrochlorid primär dem durch das CYP3A-System vermittelten oxidativen Metabolismus unterliegt.
Die Metabolisierung ist ein wichtiger Eliminationsweg für Tenofoviralafenamid beim Menschen und betrifft > 80% einer oralen Dosis. Invitro-Studien haben gezeigt, dass Tenofoviralafenamid durch Cathepsin A in PBMCs (einschliesslich Lymphozyten und andere HIV-Zielzellen) und Makrophagen sowie durch Carboxylesterase 1 in Hepatozyten zu Tenofovir (Hauptmetabolit) metabolisiert wird. In vivo wird Tenofoviralafenamid intrazellulär zu Tenofovir (Hauptmetabolit) hydrolysiert, welches zum aktiven Metaboliten Tenofovirdiphosphat phosphoryliert wird. In klinischen Studien am Menschen führte eine orale Dosis von 10 mg Tenofoviralafenamid, verabreicht mit Emtricitabin, Cobicistat und Elvitegravir, zu 3- bis 5fach höheren Konzentrationen von Tenofovirdiphosphat in PBMCs sowie zu ~ 90% geringeren Plasmakonzentrationen von Tenofovir im Vergleich zu einer oralen Dosis von 245 mg Tenofovirdisoproxil (als Fumarat), verabreicht mit Emtricitabin, Cobicistat und Elvitegravir.
In vitro wird Tenofoviralafenamid nicht durch CYP1A2, CYP2C8, CYP2C9, CYP2C19 oder CYP2D6 metabolisiert. Tenofoviralafenamid wird geringfügig durch CYP3A4 metabolisiert. Nach Anwendung von Tenofoviralafenamid zeigte die [14C]-Radioaktivität im Plasma ein zeitabhängiges Profil mit Tenofoviralafenamid als häufigster Art in den ersten 2 Stunden und Harnsäure in der restlichen Zeit.
Elimination
Emtricitabin wird primär über die Nieren eliminiert, wobei die Dosis vollständig mit dem Urin (ca. 86%) und den Fäzes (ca. 14%) ausgeschieden wird. 13% der Emtricitabin-Dosis wurden im Urin in Form von drei Metaboliten wiedergefunden. In den Fäzes war die Ausgangssubstanz für 96% der insgesamt wiedergefundenen Radioaktivität verantwortlich. Die systemische Clearance von Emtricitabin betrug im Durchschnitt 307 mL/min. Nach oraler Verabreichung liegt die Eliminations-Halbwertzeit von Emtricitabin bei ca. 10 Stunden.
Die terminale Eliminations-Halbwertzeit von Rilpivirin liegt bei etwa 45 Stunden. Nach oraler Gabe einer Einzeldosis von [14C]-Rilpivirin wurden im Durchschnitt 85% bzw. 6,1% der Radioaktivität in den Fäzes bzw. im Urin wiedergefunden. In den Fäzes machte unverändertes Rilpivirin durchschnittlich 25% der verabreichten Dosis aus. Im Urin wurden nur Spuren unveränderten Rilpivirins (< 1% der Dosis) nachgewiesen.
Tenofoviralafenamid wird hauptsächlich durch seine Metabolisierung zu Tenofovir eliminiert, dem in Fäzes und Urin vorherrschenden Metaboliten. Alle anderen in Fäzes und Urin nachgewiesenen Metaboliten kamen nur in Spuren vor. Tenofoviralafenamid und Tenofovir haben eine mediane Plasmahalbwertzeit von 0,51 bzw. 32,37 Stunden. Tenofovir wird über die Nieren sowohl durch glomeruläre Filtration als auch aktive tubuläre Sekretion aus dem Körper eliminiert. Die renale Ausscheidung von intaktem Tenofoviralafenamid ist von untergeordneter Bedeutung, da < 1% der Dosis über den Urin eliminiert werden. Der pharmakologisch aktive Metabolit, Tenofovirdiphosphat, hat in PBMCs eine Halbwertzeit von 150-180 Stunden.
Linearität/Nichtlinearität
Die Pharmakokinetik von Emtricitabin ist in einem Dosisbereich von 25 mg bis 200 mg nach wiederholter Anwendung proportional zur Dosis.
Die Exposition von Tenofoviralafenamid ist in einem Dosisbereich von 8 mg bis 125 mg proportional zur Dosis.
Kinetik spezieller Patientengruppen
Alter, Geschlecht und ethnische Zugehörigkeit
Es wurden keine klinisch relevanten pharmakokinetischen Unterschiede aufgrund des Geschlechts oder der ethnischen Zugehörigkeit für Emtricitabin, Rilpivirin oder Tenofoviralafenamid festgestellt. Die Pharmakokinetik von Rilpivirin, Emtricitabin und Tenofovir wurde bei älteren Patienten (im Alter von ≥65 Jahren) nicht vollständig untersucht. Da im Allgemeinen die Nierenfunktion mit zunehmendem Alter abnimmt, besteht bei älteren Patienten theoretisch ein Risiko für eine erhöhte Tenofovir-Exposition im Vergleich zu jüngeren Patienten.
Leberfunktionsstörungen
Die Pharmakokinetik von Emtricitabin wurde bei Patienten mit unterschiedlich stark ausgeprägter Leberinsuffizienz nicht untersucht. Allerdings wird Emtricitabin nicht signifikant durch Leberenzyme metabolisiert, so dass die Auswirkung einer Leberfunktionsstörung gering sein sollte.
Rilpivirinhydrochlorid wird primär über die Leber metabolisiert und eliminiert. In einer Studie, in der 8 Patienten mit leichter (Klasse A nach Child-Pugh) und 8 Patienten mit mittelschwerer Leberfunktionsstörung (Klasse B nach Child-Pugh) jeweils mit 8 entsprechenden Kontrollen verglichen wurden, war nach mehreren Dosen die Rilpivirin-Exposition bei Patienten mit leichter Leberfunktionsstörung um 47% höher und bei Patienten mit mittelschwerer Leberfunktionsstörung um 5% höher. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass die Exposition gegenüber pharmakologisch aktivem, ungebundenem Rilpivirin bei einer mittelschweren Funktionsstörung signifikant erhöht ist. Rilpivirin wurde bei Patienten mit schwerer Leberfunktionsstörung (Klasse C nach Child-Pugh) nicht untersucht (siehe «Dosierung/Anwendung»).
Klinisch relevante Änderungen der Pharmakokinetik von Tenofoviralafenamid oder seines Metaboliten Tenofovir wurden bei Patienten mit einer leichten oder mittelschweren Leberfunktionsstörung nicht beobachtet. Bei Patienten mit schwerer Leberfunktionsstörung sind die Gesamt-Plasmakonzentrationen von Tenofoviralafenamid und Tenofovir niedriger als bei Probanden mit normaler Leberfunktion. Die unter Berücksichtigung der Proteinbindung korrigierten Plasmakonzentrationen von ungebundenem (freiem) Tenofoviralafenamid bei schwerer Leberfunktionsstörung und normaler Leberfunktion sind ähnlich.
Hepatitis-B- und/oder Hepatitis-C-Koinfektion
Die Pharmakokinetik von Emtricitabin, Rilpivirin und Tenofoviralafenamid wurde bei Patienten mit einer Koinfektion mit Hepatitis B und/oder C nicht vollständig untersucht.
Nierenfunktionsstörungen
Die Pharmakokinetik von Emtricitabin, Tenofoviralafenamid und seinem Metaboliten Tenofovir bei HIV-1-infizierten Patienten mit normaler Nierenfunktion oder mit einer leichten bis mittelschweren Nierenfunktionsstörung (eGFR nach der Cockcroft-Gault-Methode: 30-69 mL/min) wurde an einer Untergruppe virologisch supprimierter Patienten in einer offenen Studie (GS-US-292-0112), in der die Patienten Cobicistat-geboostetes Elvitegravir, Emtricitabin und Tenfofoviralafenamid (150/150/200/10 mg) erhielten, untersucht. Die Pharmakokinetik von Emtricitabin, Tenofoviralafenamid und seinem Metaboliten Tenofovir wird in Tabelle 8 beschrieben (siehe auch «Unerwünschte Wirkungen/Patienten mit Nierenfunktionsstörungen»)
Tabelle 8: Pharmakokinetik bei HIV-infizierten Erwachsenen mit Nierenfunktionsstörung im Vergleich zu Patienten mit normaler Nierenfunktion
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AUCtau µg•h/mL Mittelwert (CV%)
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Kreatinin-Clearance (mL/min)
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≥90 (n = 18)a
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60-89 (n = 11)b
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30-59 (n = 18)c
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Emtricitabin
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11,4 (11,9)
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17,6 (18,2)
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23,0 (23,6)
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Tenofoviralafenamid*
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0,23 (47,2)
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0,24 (45,6)
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0,26 (58,8)
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Tenofovir
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0,32 (14,9)
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0,46 (31,5)
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0,61 (28,4)
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* AUClast
a Aus einer Phase-2-Studie mit HIV-infizierten Erwachsenen mit normaler Nierenfunktion.
b Diese Patienten aus der Studie GS-US-292-0112 hatten eine eGFR zwischen 60 und 69 mL/min.
c Studie GS-US-292-0112.
In einer Phase-1 Studie mit Tenofoviralafenamid war die mittlere systemische Exposition von Tenofoviralafenamid und Tenofovir bei Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung (geschätzte CrCl < 30 mL/min) höher (0,51 bzw. 2,07 µg•h/mL) als bei Probanden mit normaler Nierenfunktion (0,27 bzw. 0,34 µg•h/mL). In einer separaten Phase-1-Studie mit Emtricitabin allein war die mittlere systemische Exposition von Emtricitabin bei Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung (geschätzte CrCl < 30 mL/min) höher (33,7 µg•h/mL) als bei Probanden mit normaler Nierenfunktion (11,8 µg•h/mL) (siehe «Unerwünschte Wirkungen», «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen», «Dosierung/Anwendung»).
Die Emtricitabin- und Tenofovir-Expositionen bei 12 Patienten mit terminaler Nierenerkrankung (geschätzte CrCl < 15 mL/min) bei chronischer Hämodialyse, die in der Studie GS-US-292-1825 Emtricitabin + Tenofoviralafenamid in Kombination mit Elvitegravir + Cobicistat als Fixkombinationstablette (E/C/F/TAF) erhielten, waren signifikant höher als bei Patienten mit normaler Nierenfunktion. Dagegen zeigten sich keine klinisch relevanten Unterschiede hinsichtlich der Pharmakokinetik von Tenofoviralafenamid bei Patienten mit terminaler Nierenerkrankung bei chronischer Hämodialyse im Vergleich zu Patienten mit normaler Nierenfunktion (siehe «Unerwünschte Wirkungen», «Dosierung/Anwendung»).
Es liegen keine pharmakokinetischen Daten zu Emtricitabin oder Tenofoviralafenamid bei Patienten mit terminaler Nierenerkrankung (geschätzte CrCl < 15 mL/min) vor, die keine chronische Hämodialyse erhalten (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen», «Unerwünschte Wirkungen», «Dosierung/Anwendung»).
Die Pharmakokinetik von Rilpivirin wurde bei Patienten mit Niereninsuffizienz nicht untersucht. Die renale Elimination von Rilpivirin ist vernachlässigbar. Bei Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung oder terminaler Niereninsuffizienz könnten die Plasmakonzentrationen aufgrund einer Veränderung der Absorption, Distribution und/oder des Metabolismus des Wirkstoffes als Folge der Nierenfunktionsstörungen erhöht sein. Aufgrund der starken Plasmaproteinbindung von Rilpivirin ist es unwahrscheinlich, dass durch Hämo- oder Peritonealdialyse signifikante Mengen aus dem Blut entfernt werden können (siehe «Überdosierung»).
Kinder und Jugendliche
Die Sicherheit und Wirksamkeit von Odefsey bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren sind nicht erwiesen (siehe «Dosierung/Anwendung»).
Schwangerschaft und Postpartum
Die Gesamt-Rilpivirinexposition nach Einnahme von 25 mg Rilpivirin einmal täglich im Rahmen einer antiretroviralen Therapie war während der Schwangerschaft (gleichermassen im 2. und 3. Schwangerschaftstrimenon) niedriger als postpartal (siehe Tabelle 9).
Bei Frauen, die 25 mg Rilpivirin einmal täglich im 2. Schwangerschaftstrimenon erhielten, waren die mittleren intraindividuellen Werte in Bezug auf Cmax, AUC24h und Cmin von Rilpivirin gesamt um 21%, 29% und 35% niedriger als postpartal; im 3. Schwangerschaftstrimenon waren die Werte in Bezug auf Cmax, AUC24h und Cmin von Rilpivirin gesamt um 20%, 31% und 42% niedriger als postpartal.
Tabelle 9: Pharmakokinetische Ergebnisse für Gesamt-Rilpivirin nach Verabreichung von 25 mg Rilpivirin einmal täglich im Rahmen einer antiretroviralen Therapie im 2. Schwangerschaftstrimenon, im 3. Schwangerschaftstrimenon und postpartal
Pharmakokinetik von Rilpivirin gesamt (Mittelwert ± SD, tmax: Median [Bereich])
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Postpartal (6-12 Wochen) (n = 11)
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2. Schwangerschafts-trimenon (n = 15)
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3. Schwangerschafts-trimenon (n = 13)
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Cmin, ng/mL
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84,0 ± 58,8
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54,3 ± 25,8
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52,9 ± 24,4
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Cmax, ng/mL
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167 ± 101
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121 ± 45,9
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123 ± 47,5
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tmax, h
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4,00 (2,03 – 25,08)
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4,00 (1,00 – 9,00)
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4,00 (2,00 – 24,93)
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AUC24h, ng•h/mL
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2714 ± 1535
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1792 ± 711
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1762 ± 662
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